Reise ans Nordkap

Schon bald geht unsere neueste Reise los. Die Planung ist weit fortgeschritten. Wir probieren etwas neues Altes aus. Nicht per Fahrrad, nicht zu Fuss sind wir unterwegs, sondern mit ÖV. Der Inter- bzw. Eurail-Pass für Senioren ist gekauft, auf dem Handy installiert und wartet nur darauf, aktiviert zu werden.

Am 15. Juli machen wir uns auf. Per Bahn geht es nach Hamburg. Weitere Stationen auf unserer Reise, die etwa einen Monat dauern wird, sind Kopenhagen, Stockholm, Helsinki, Rovaniemi, Inari, Honningsvag, Nordkap, Trondheim, Oslo, Fredrikstad usw. Wir sind gespannt, wie und ob das alles klappt.

Derzeit heisst es, alle nötigen Utensilien zusammenstellen, zu packen, nichts zu vergessen und die noch nicht geplanten Fahrten und Unterkünfte fetzulegen und zu buchen. Falls Sie Lust haben, uns mindestens virtuell zu begleiten, rufen Sie immer wieder unseren Blog auf. Wir wünschen viel Vergnügen.

Montag, 15. Juli 2024 (Tag 1)

Unsere Reise startet. Das Gepäck steht bereit: zwei Rucksäcke und ein Koffer. Gestern haben wir endgültig zusammengestellt, was mitkommt, und gepackt.

Wir sind mit Eurail bzw. Interrail für Senioren 1. Klasse im Zug unterwegs. Von unserem Heimatbahnhof geht es nach Basel, wo wir den ICE nach Hamburg besteigen. Eine lange Fahrt steht uns bevor. Sie führt über Frankfurt, Köln, durchs Ruhrgebiet nach Bremen und dann Hamburg. Das Wetter ist prächtig. Die Sitze sind bequem, der Boden und die WCs sauber, der Service ausgezeichnet, das Klima angenehm, und bis zu diesem Zeitpunkt ist der Zug pünktlich unterwegs. Es gibt was zu trinken und zu knabbern. Wir betrachten die Landschaft, lesen die Zeitung, dösen vor uns hin und geniessen die Fahrt. Ca. um viertel nach fünf ist die Ankunft in Hamburg vorgesehen. Da alles zu klappen scheint, habe ich für heute Abend die Nachtwächtertour in Sankt Pauli gebucht, schliesslich ist auch WIFI im Angebot.

Wir kommen mit wenigen Minuten Verspätung in Hamburg an, sind schnell bei unserem Hotel und machen uns bereit für den abendlichen Ausgang. Ein fast stündiger Marsch zu den Landungsbrücken folgt, unterbrochen durch Fotografieren und Bestaunen von Sehenswürdigkeiten. Zum Znacht gibt es gerade mal ein Bratheringsbrötchen und ein paar Pommes, da vor dem dortigen Restaurant eine Menschenschlange auf freie Plätze wartet.

Kurz vor halb acht melden wir uns beim Nachtwächter Erwin für den Rundgang. Mit vielen wahren Geschichten führt er die Gruppe von geschätzten 30 bis 40 Personen auf unterhaltsame Art durch das verruchte Viertel. Im Boxkeller des Kultlokals „Zur Ritze“ singt er „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ und erntet damit grossen Applaus. Die Tour endet beim Beatles-Platz bzw. in einem nahe gelegenen Biergarten mit einem von Erwin gespendeten Lakritzenlikör und einem grossen Bier vom Fass. 

Ein nächtlicher Fussmarsch zum Hotel beendet den ersten Reisetag.

 

Dienstag, 16. Juli 2024 (Tag 2)

Nach einer kurzen und lauten Nacht erwache ich das xte Mal, relativ ausgeruht. Wir machen uns frisch für die heutige Bahnfahrt. Dann wird gepackt, das Zimmer nach vergessenen Gegenständen inspiziert, die Schlüsselkarte in die Rezeption gebracht und zum Bahnhof gegangen. Je ein Zimtgipfeli und ein Cappuccino in einer Bahnhofbar sind unser Frühstück.

Auf dem Perron wird schon bald der Zug Richtung Kopenhagen bereitgestellt, nicht das neueste Exemplar, ein „es alts Chlöpfschiit“ nennt ihn Margrit. Im Wagen 12 finden wir unsere reservierten Plätze und belegen sie. Schon bald steigt ein Schweizer Ehepaar zu, das die Plätze neben uns reserviert hat … und die Diskussionen über die vielen mehr oder weniger „spektakulären“ Ereignisse in Zügen der DB werden ausgetauscht und kommentiert. Und schon bald geht es um Energiefragen im Zusammenhang mit den aus dem fahrenden Zug beobachteten Solar- und Windanlagen. Wer macht’s besser: die Deutschen oder die Schweizer? Und was ist die gescheiteste und nicht die kostengünstigste Lösung?

Nach Nyborg fahren wir auf die Brücke über den grossen Belt nach Korsør. Bis zu einer kleinen Insel im Meeresarm ist das Geleise neben der Autobahnbrücke angelegt, doch auf der Insel kommt das Eisenbahntrassee in einen Tunnel unter dem Meeresarm zu liegen – ein eigenartiges Gefühl, sich so unter dem Meeresspiegel fortzubewegen.

Stressig wird es in Korsør. Da endet die Zugfahrt wegen Geleiseerneurung im nachfolgenden Streckenabschnitt. Alle Passagiere müssen mit allem Gepäck auf ca. ein halbes Dutzend Busse umsteigen, und in umgekehrter Reihefolge in Slagelse in einen bereitstehenden Zug einsteigen. Und die ganze Aktion wird beeinträchtigt durch den gleichzeitig stattfindenden Umstieg der Passagiere der Gegenseite. Mit einigem Gedränge und den mehr oder weniger freundlichen MitarbeiterInnen gelang das Manöver mit wenigen Ausnahmen.

Wohlbehalten, fast pünktlich und ohne weiteren Stress erreichen wir Kopenhagen, wo wir schnurstracks unser Hotel anpeilen und nach dem fast selbständigen Einchecken unser Zimmer bzw. Kämmerchen beziehen. Hier drin ist es nur mit grösstem Aufwand möglich, sich nicht gegenseitig im auf die Füsse zu treten. Aber wir schaffen’s und nehmen eine erste Sightseeing-Tour unter die Füsse. Kopenhagen hat einiges zu bieten. Darüber mehr am morgigen Tag.

 

Mittwoch, 17. Juli 2024 (3. Reisetag)

Nach einer etwas mühsamen Nacht mit mehrmaligem Erwachen und schlaflosen Abschnitten begeben wir uns ca. um sieben Uhr in die Hotelhalle, wo an der Rezeption verschiedene Esswaren und Getränke erhältlich sind. Wir bestellen uns zwei Cappuccini, ein Croissant und ein Sandwich und vertilgen diese in der Hotelhalle. Darauf machen wir uns auf einen auf dem Stadtplan vorgeschlagenen Rundgang. Dabei kommen wir an verschiedenen Sehenswürdigkeiten vorbei. Über 10 km legen wir zu Fuss zurück. Im Königspark machen wir eine Pause, um einen Cappucino bzw. eine Glace  zu geniessen. Gerade richtig, denn unterdessen beginnt es leicht zu regnen. Als der Regen aufhört, setzen wir unsere Tour fort. Wir sind beide der Meinung, dass der Parcours sehr gut ausgewählt wurde, da er ganz verschiedene Seiten der dänischen Hauptstadt berücksichtigt. Wir gehen Kanälen entlang, die die Verbindung zum Hafen und zur Ostsee herstellen. Unterwegs kommen wir an Bauten vorbei, die aus früheren Zeiten stammen und den Reichtum des dänischen Königreichs dokumentieren. Wir treffen aber auch einfachste Siedlungen für arme Leute. Verschiedene Pärke und grosszügig gestaltete Plätze mit neckischen Kiosken zeugen von viel Lebensqualität. Für die zahlreichen Radfahrer bestehen breite, vom motorisierten Verkehr abgetrennte Routen. Aber leider scheint auch hier Littering ein Problem zu sein. Kulturellen Institutionen wird ein besonderer Wert beigemessen. Theater, Museen zu verschiedenen Themen, Konzerthallen, Kinos u.a. begegnen wir allenthalben. Da allerdings wieder Regen droht, gehen wir zurück zu unserem Hotel, wo ich jetzt diese Zeilen schreibe und ein paar Fotos zur Dokumentation aufbereite.

Der Regen hält über längere Zeit an. Unterdessen habe ich für 17:30 Uhr eine stündige Bootstour durch in Hafenkanäle Kopenhagens gebucht. Um ca. 16 Uhr verlassen wir das Hotel mit Schirmen und Regenjacken ausgerüstet und begeben uns zum neuen Hafen, wo die Rundfahrtboote starten. Immer wieder müssen wir die Schirme öffnen. Hier wimmelt es von Touristen aus allen Gegenden unserer Erde. Nach einem Drink in der Nähe der Anlegestelle können wir zusammen mit vielen anderen Gästen, die vor uns bereits anstanden, das Boot betreten. Wir fassen die Kopfhörer für den Audioguide und ergattern uns zwei der verbleibenden Plätze an der Reling, so dass wir eine gute Sicht hinaus auf die Sehenswürdigkeiten haben. Der Regen hat definitiv aufgehört, die Rundfahrt kann beginnen. An der ans KKL erinnernden Oper vorbei fahren wir zum Standplatz der bekannten kleinen Meerjungfrau auf dem Felsen, ein Geschenk von Carl Jacobsen, dem Sohn des Gründers der Carlsberg Brauerei. Ihre Geschichte ist geprägt von mehreren Vandalismusakten. Dann führt uns das Schiff an der Papierinsel mit modernen, extravaganten Häusen vorbei in den Christianshavn Kanal, unter Brücken hindurch, wo Kopf, Arme und Beine eingezogen werden müssen. Die Frau, die die Fahrt kommentiert, übrigens eine Afrkanerin, stimmt dabei jedesmal Gesangestöne an und stiftet damit viele Nachahmer zum Mitsingen und –johlen an, was die Stimmung im Boot anheizt. Nach einer Stunde erreichen wir wieder die Anlegestelle in gelöster Stimmung.

Mit dem halbstündigen Rückmarsch und anschliessendem Nachtessen im Hotel verabschieden wir uns gedanklich von Kopenhagen und befassen uns noch kurz mit der morgigen Fahrt nach Stockholm.

 

Donnerstag, 18. Juli 2024 (4. Reisetag)

Heute fahren wir mit dem Zug nach Stockholm. Die erste Etappe führt zuerst unter und dann über dem Öresund hinüber nach Malmö in Schweden. Schon kurz nach unserem Einstieg in Kopenhagen fährt der Zug in einen Tunnel ein und kommt auf einer kleinen Insel wieder ans Tageslicht. Die Weiterfahrt erfolgt von da ab unter der Autobahn. Beide, Autobahn und Zugsgeleise, führen auf einer doppelstöckigen Brücke von Dänemark nach Schweden hinüber.

In Malmö steigen wir in einen Hochgeschwindigkeitszug der Schwedischen Eisebahngesellschaft. Zwei Schwierigkeiten sind dabei zu bewältigen. Einerseits haben wir per SMS die Mitteilung erhalten, dass die Fahrt unseres fahrplanmässigen Zugs durch einen Zwischenfall auf dem Schienennetz beeinträchtigt sein könnte, andererseits habe ich die Nummern der obligatorisch reservierten Sitzplätze nie erhalten, weil ich bei der online-Bestellung einen Tippfehler in der Mailadresse machte. Aber beide Problemchen lösten sich auf wunderbare Weise. Die Schwedische Bahn gab bekannt, dass sie die Beeiträchtigung beseitigen konnte und eine beim Einstieg anwesende Angestellte fand aufgrund der Quittung online unsere Sitzplatznummern. Und nun sind wir in einem komfortabel ausgestatteten Wagon unterwegs Richtung schwedische Hauptstadt. Allerdings hat die Sache einen Haken. Die vor uns sitzende Passagierin telefoniert fast ununterbrochen und mit lauter Stimme und ebensolchem Lachen. Zum Glück verstehen wir nichts, aber von Zeit zu Zeit erheben auch wir unsere Stimme, mit dem Gefühl dadurch kurzfristig gedämpftere Laute zu initiieren. Margrit meint: „Dere sett mer s’Händy wäggnäh!“

Wir erreichen Stockholm pünktlich. Mit Google Maps habe ich bereits im Zug den Weg zum Hotel festgelegt, so dass wir uns am Bahnhof nur noch darum kümmern müssen, wie wir zu einem City-Ticket kommen, um mit der U-Bahn zum Fährehafen zu gelangen, wo unser gebuchtes Hotel steht. Eine freundliche Einheimische, die uns Auskunft gibt, wo was zu finden ist, hilft uns weiter. So erreichen wir den Ticketschalter, können unser Anliegen vorbringen und lösen eine 24-Stundenkarte für den ÖV. Mit der T13 (Tunnelbana) erreichen wir Värtahamnen und wegen Baustellen über einen weiten Weg unser Hotel, wo wir ein grosszügiges Zimmer im 15. Stock zugewiesen bekommen.

Nach dem Einchecken und Bereitmachen für den folgenden City-Gang genehmigen wir uns einen Drink in der Sky Bar des Hotels und fahren anschliessend, nachdem wir einen kürzeren Weg zur Station recherchiert haben, in die Gamla Stan (Altstadt). Dort spazieren wir zusammen mit vielen Touristen durch die engen Gassen, gewinnen einen ersten Eindruck und geniessen im Aussenbereich eines alten und gut besuchten Restaurants das Nachtessen. Und dann geht es zurück in unser Hotel, wo wir in der Sky Bar den Tag Revue passieren lassen. 



Freitag, 19. Juli 2024 (5. Reisetag)

Den heutigen Tag wollen wir dazu verwenden, uns in Stockholm umzusehen. Was sicher dazugehören soll, sind das Königsschloss, der Stockholmer Dom und eine Schifffahrt in den Schären.

Nach dem Frühstück begeben wir uns per U-Bahn in die Altstadt und spazieren dort durch die Gassen mit oben genanntem Augenmerk. Dabei lassen wir uns ablenken und kommen am Reichstagsgebäude vorbei in die Drottninggatan mit vielen Geschäften, die allerdings zu dieser Zeit noch nicht geöffnet sind. Auf dem Rückweg kommen wir an der Riddarholmskirche vorbei, wo neben schwedischen Königen weitere berühmte Leute ihre Ruhestätte fanden. Im Dom, den wir auch im Innern besuchen, machen einige spezielle Kunstwerke auf sich aufmerksam.

Um die Mittagszeit fahren wir mit einer riesigen Menge Leute zur Insel Djugarden, wo sich ein Freizeitpark mit verschiedensten Attraktionen wie Achterbahn, Freifalltürme u. A.  befinden. Da leert sich das Boot, wir aber fahren direkt wieder zurück zur Ausgangsstation Slussen. Dort besteigen wir ein anderes Boot des öffentlichen Verkehrs und sind nun rund 2 ½ Stunden in den Schären unterwegs bis nach Alstecket und wieder zurück. Ein Zwischenfall im Schiff, bei dem offenbar Ammoniak ausgetreten ist, dessen Dämpfe sich ausbreiten, verlängert den Aufenthalt an einer der Haltestellen und bewirkt, dass fast alle Passagiere auf Deck kommen. Aber die Fahrt kann weitergehen. So erreichen wir im späteren Nachmittag wieder Slussen. Hier müssen wir nun noch eine zweite 24 Stundenkarte für den ö.V. lösen. Damit können wir ins Hotel zurückfahren, wo es zu schreiben und Fotos zu verarbeiten gibt.

 

Fürs Nachtessen fahren wir bis Gamla Stan. In einem traditionellen Lokal bestelle ich die typisch schwedische Mahlzeit: Köttbullar, pressad potatis, krämig konjaksås, rårorda lingon och inlagd gurka. Und die schmeckt ganz gut.

 

Samstag, 20. Juli 2024 (6. Reisetag)

Der heutige Tag bringt uns weiter. Aber vorerst haben wir noch einige Zeit in Stockholm zur Verfügung.

Nach dem Frühstück und nach dem Packen bringen wir unser Gepäck in den separaten Aufbewahrungsraum im Parterre unseres Hotels, checken aus und gehen zur U-Bahnstation. Wir fahren zur Gamla Stan und erkunden als nächstes die Oper und die Kirche St.Jakob. Beide Gebäude sind in Renovation, also nichts zu machen. Unser Weg führt uns zum Nationalmuseum und über die Brücke nach Skettsholmen. Dort ist der Dreimaster „Af Chapman“ vertäut, der in neuerer Zeit lange als Jugendherberge diente. Entlang des Strandes gelangen wir auf die Kastellinsel, wo sich eine alte Festng befindet, die im 2. Weltkrieg als Fliegerbeobachtungsort diente und nun für die Abhaltung von Kongressen und Konferenzen dient. Wir gelangen zurück zur Insel Skettsholmen und können hier das Linienschiff nach Slussen besteigen.

Nun kommt noch mein Wunsch zum Tragen, die Fahrt zur Endstation der U-Bahn Nr. 17 nach Hässelby Strand. Was gibt es dort zu sehen? Rein gar nichts! Aber wir geniessen im Restaurant Nya Piccola Rosa einen griechischen Salat, Falafel im Brot, ein Glas Rosé und ein grosses Bier aus dem Fass zu einem guten Preis in guter Qualität, und der Wirt, wahrscheinlich ein Muslim, spendet mir zuletzt den Kaffee.

 

Sonntag, 21. Juli 2024 (7. Reisetag)
Nach einer fast stündigen Rückfahrt zu unserem Hotel gehen wir mit unserem Gepäck zum Einchecken zu der im Fährhafen Värtahamnen angelegten Fähre Silja Symphony, bekommen dort unsere Kajüte zugeteilt und geniessen nun die ruhige und gemütliche Überfahrt nach Helsinki.

Nach einer ruhigen Nacht und einem reichhaltigen Frühstück erreichen wir schon bald Helsinki. Unsere Fähre legt im Olympiaterminal an. Eine riesige Menge Leute und ein paar Hunde stehen vor dem Ausgang an. Nach einiger Zeit beginnt sich dann die Menge zu bewegen, und auch wir beide erreichen den Ausgang. Im Internet haben wir uns schon vor dem Anlegen klug gemacht, wie wir zum Hotel kommen. Nach ca. einer halben Stunde stehen wir in der Halle und melden uns an der Rezeption. Unser Zimmer ist noch nicht bereit, wir können aber unser Gepäck in den Gepäckraum stellen.

Auf dem Hinweg zum Hotel kamen wir an einem Riesenrad vorbei. Margrit schwärmt immer für Riesenräder. Also führt unser zweiter Gang zu diesem. Zwei Fläschchen Cider werden gekauft und die Tickets fürs Rad. Und so verschaffen wir uns einen ersten Überblick über die Stadt.

Im Restaurant daneben schauen wir uns im Internet an, was für Angebote für Touristen gemacht werden und entschliessen uns für eine Schifffahrt auf die Insel Suomenlinna, eine Festungsinsel mit bewegter Geschichte und heute im Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Ich buche die Tickets, schnell finden wir den Abfahrtsort und das Boot fährt schon bald. Nach einer halbstündigen Fahrt durch die Hafenbucht Helsinkis legt es am gewählten Ort an. Einen Info-Prospekt finden wir im Souvenirshop. Die Festung wurde ab 1748 von den Schweden geplant und erstellt,1809 von der russischen Armee besetzt und 110 Jahre lang alsMarinestützpunkt benützt. Nach der Russischen Revolution wurde sie finnisches Staatsgebiet und diente als Kriegsgefangenenlager. Im zweiten Weltkrieg diente sie als Stützpunkt für unterschiedliche Truppeneinheiten. 1973 wurde sie dem finnischenBildungs- und Kulturministerium übergeben und 1991 ins UNESCOWeltkulturerbe aufgenommen. Wir machen einen ausgedehnten Spaziergang durch die Anlage und kommen zum Schluss, dass es menschenfreundlichere Projekte gäbe. Aber  eben: Wir können bei diesem Rundgang beobachten, wie eine freche Möwe einem unbescholtenen Menschen die Glace, die er gerade am Geniessen ist, im Flug aus der Hand reisst. Und wir können uns ein schadenfreudiges Lächeln nicht verkneifen.

Nach der Rückkehr von der Insel können wir unser Zimmer beziehen, ich kann diese Zeilen schreiben und draussen regnet es in Strömen.

Für das Nachtessen gehen wir dann nochmals ins Zentrum und finden ein gutes Lokal. Danach besuchen wir den Bahnhof und treffen Abklärungen bezüglich Platzreservierung für die bevorstehenden Zugfahrten. Den Abend lassen wir in einer Bar ausklingen, wo sich mit fortschreitender Zeit immer mehr hübsche jugendliche Gäste einfinden und die Musik immer lauter wird. Beim Abschied winken uns einige dieser Gäste freundlich lachend zu.

Montag, 22. Juli 2024 (8. Reisetag)

Für den heutigen Tag haben wir auf unserer Interrail-App eine Retour-Reise nach Riihimäki eingegeben. Margrit möchte wissen, wie es nach gut 50 Jahren in diesem Städtchen aussieht und was aus der Schule geworden ist, die sie dort damals als Gastschülerin während acht Wochen besuchte. Übrigens befand sich diese in einem ausgedienten Wasserturm, der eigentlich recht markant damals die umgebenden Bauten überragte. Beim Verlassen des Bahnhofs sind keine Erkennungsmale sichtbar. Zwar steht das alte Bahnhofsgebäude noch, daneben wurde unterdessen ein neues erstellt. In der Nähe steht ein riesiges Einkaufszentrum…??? Dazu kommen die vielen neuen vielstöckigen Wohnbauten. Wo ist das alte Riihimäki geblieben. Irgendwie gelangen wir zu Fuss zur Kirche. Eine ältere Frau, die wir nach der Schule und dem alten Wasserturm fragen, kann uns auch nicht weiterhelfen. Und da stossen wir, wieder in der Nähe des Bahnhofs, auf eine Orientierungstafel, auf der ein paar markante Gebäude des Ortes benannt sind. Aufgrund des Hotels, das hervorgehoben ist, kommt Margrit die Idee, einen anderen Weg einzuschlagen. Da plötzlich werden Erinnerungen wach, und wir finden wirklich trotz der gewaltigen Veränderungen den Standort der Schule. Am Turm angebaut wurde ein Treppenhaus, eingebaut ein Lift, auf dem Dach eine Roofbar, die Storen der grossen Schulzimmerfenster sind heruntergelassen, die Schule ist nicht mehr hier, aber die Erinnerungen werden klarer. Auf dem Dach geniessen wir nach der heissen Suche ein kühles Getränk, und Margrit weiss viel zu erzählen vom Herbst 1973.

Danach kehren wir per Zug nach Helsinki zurück, besuchen kurz die Luttherische und die orthodoxe Uspenski-Kathedrale, die erstere auch im Innern, die zweite ist geschlossen, und begeben uns zum täglichen Markt im Hafengebiet. Lachs und Falafel mit verschiedenen Gemüsen und Kartoffeln sind unsere Renner, beide köstlich zu essen.

Und nun steht noch der abendliche Ausgang an.


Dienstag, 23. Juli 2024 (9. Reisetag)

Wir fahren heute weiter. Der Zug fährt erst um 12:19 Uhr.

Wir geniessen den Vormittag noch in Helsinki. Da wir erst spät auschecken müssen im Hotel, können wir unser Gepäck im Zimmer lassen. Margrit möchte noch eine andere Seite Helsinkis kennen lernen. Also spazieren wir über den Hügel in nordöstlicher Richtung und gelangen in den Stadtteil Kruununhakaund an das Hafenbecken mit dem unaussprechlichen Namen Pohjoissatama (Nordhafen). Wir umrunden die Insel Tervasaari, die sich als grünes Erholungsgebiet für die nahen Stadtbewohner anbietet. Jedefalls begegnen wir hier Joggern und Hundehaltern, die ihre Lieblinge zum sich hier befindlichen Hunde-WC-Areal spazieren führen. Zudem sind hier auch wieder die Weisswangengänse heimisch. Nun geht es an der Finnischen Nationalbank vorbei, wo sich gerade eine Touristengruppe von einem Guide instruieren lässt, zurück zum Hotel.

Nach diesem Ausflug gehen wir zu Fuss zum Bahnhof. Derzeit sitzen wir im bequemen, aber heissen Ekstra Class-Abteil, Wälder, abgeholzte und noch stehende, Wiesen, Felder, Höfe, vereinzelte grössere Siedlungen ziehen an uns vorbei. Die Sonne strahlt vom wolkigen Himmel in unser Abteil und hinterlässt Wärme. Der Zug ist doppelstöckig, modern ausgestattet. Wasser, Kaffee und Tee stehen zur freien Verfügung. Und die Reise dauert…, die Klimaanlage schafft es nicht zu kühlen. Um 20:23 Uhr sollen wir in Rovaniemi sein. Dort wartet der Schlüssel für unsere reservierte Wohnung in einem Schlüsseltresor, und weitere Anweisungen haben wir per E-Mail erhalten. Wir haben das Glück, dass der Tag lange anhält und der Einkaufsladen bis 23 Uhr offen ist.

Wir haben Rovaniemi rund 20 Minuten verspätet erreicht. Mit der Wohnung klappt alles. In einem nahegelegenen Restaurant versuchen wir noch etwas zu essen zu kriegen. Ausser Chips und Erdnüsschen gibt es nichts mehr. Aber ein Bierchen und ein Glas Wein für Margrit liegt noch drin. Danach kaufen wir im unter uns befindlichen Selbstbedienungsladen noch etwa zu essen und zu trinken ein. Aber da haben wir die Rechnung ohne Wirt gemacht. Die Verkäuferin sortiert Bier und Wein aus und erklärt uns, dass der Verkauf von alkoholischen Getränken nur von morgen neun bis abends neun gestattet sei, und das auch bei Lightgetränken (Bier 2.75 %, Wein 8 % Alkoholgehalt). Ja, und da wird halt das lang ersehnte Znacht mit purem Wasser heruntergespült.

 

Mittwoch, 24. Juli 2024 (10. Reisetag)

Heute werden wir selber aktiv zur Bereitstellung des Frühstücks. Ich geh schnell in den Laden, um Milch und Butter zu besorgen, die beide beim gestrigen Einkauf vergessen gingen. Wieder in der Wohnung, schneide ich ein Brötchen von gestern auf, um es mit Butter und Käse im Innern zu verfeinern. Aber da stellt sich zu unserem Erstaunen heraus, dass schon etwas drin ist. Ob es ein Würstchen oder eine Gemüserolle ist, stellt sich heute Abend heraus. Jedenfalls gehe ich nochmals in den Laden und kaufe mir noch Brötchen ein. Damit ist das perfekte Zmorge, bestehend aus einem Buttersandwich mit Käse, einem Glas Preiselbeersaft und einer Tasse Milchkaffee perfekt.

Danach suchen wir die Touristeninfomation auf, um uns mit den nötigen Unterlagen und Auskünften einzudecken. Aber daraus wird nichts. Die Angestellte muss einem älteren Ehepaar noch und noch erklären, was wo wie und warum möglich oder nötig ist und was nicht geht. Jedenfalls verlieren wir die Geduld und verlassen das Büro mit ein paar Plänen und Broschüren und merken dann an der Haltestelle, dass wir den Bus zum Arctic Circle gerade knapp verpasst haben. Also begeben wir uns zum nahen Kemijoki (-Fluss) und lassen uns anhand der dort stehenden Tafel über seine Bedeutung informieren. Brücke, Wassermengen, Kraftwerke, erzeugter Strom u.a. Themen sind hier aufgeführt. Zudem sind Wanderwege in seinem Bereich eingezeichnet und spezifiziert, was uns die Programmierung des morgigen Tages weitgehend abnimmt.

Unterdessen ist die knappe Stunde Wartezeit verflogen und wir können den Bus nehmen, der uns auf verschlungenen Wegen zum Santa Claus-Dorf und zum Nördlichen Wendekreis führt. Was sich hier abspielt, ist touristisches Theater „erster Klasse“. Weihnachtsbäume stehen herum, durch ein Labyrinth mit Tausenden Geschenkpäckchen gelangt man zum Weihnachtsmann, Lieder von Schnee, Kälte und Glocken klingen ertönen und im Café der Santa Clausin gibt es bei heimeliger Wärme einen Kaffee mit Wihnachtsgebäck. Und das alles bei sommerlichen 26Grad Celsius im Schatten.

Jedenfalls verlassen wir schon bald diesen „festlichen“ Ort, fahren mit dem Bus zurück nach Rovaniemi, erkunden dort den Busterminal für übermorgen und besichtigen noch die Kirche und das Ehremal, das an die gefallenen Einheimischen im 2. Weltkrieg erinnert.

Nach einer längeren Mittagspause in unserer Wohnung beschliessen wir, an den Fluss Kemijoki zu gehen. Ich nehme Badehose und -tuch mit. In der Stadt mit Asphaltstrassen und Betonmauern ist es unangenehm heiss. So komme ich zu einer willkommenen Abkühlung im Wasser, das hier rötlich gefärbt und trüb ist, und zum Schwimmen. Gemütlich spazieren wir danach dem Fluss entlang und gelangen ins Zentrum, wo viele Restaurants hinausgestuhlt haben und viele Leute lm Schatten an den Tischen sitzen. Da setzen wir uns dazu, genehmigen uns einen Aperitiv und gehen anschliessend fürs Abendessen in unsere Wohnung. Und da stellt sich dann heraus, dass unsere Brötchen gut schmeckende Wurstweggen sind.

Donnerstag, 25. Juli 2024 (11. Reisetag)

Bei strahlend blauem Himmel und angenehmer Temperatur erwache ich um fünf Uhr. Heute wollen wir wandern. Gestern schon haben wir festgelegt, wohin es gehen soll. Unser Ziel ist das Gebiet Ounasvaara.

Nach dem Frühstück und dem Packen der notwendigen Dinge für eine leichte Wanderug von etwa 20 km machen wir uns auf den Weg. Nur die Karte haben wir liegen gelassen. Bereits in der Stadt verlaufen wir uns und landen auf der falschen Brücke über den Kemijoki. Kein Problem, das lässt sich mit einem Marsch durch Strassenbaustellen korrigieren.

Nun sind wir auf dem richtigen Weg. Über eine breite Holztreppe gelangen wir auf den Wanderweg Richtung Aussichtsturm durch einen lichten Wald aus Föhren und Birken oben auf der Kuppe. Es geht weiter zu einem nächsten Aussichtspunkt, der sich als Bergstation eines Skilifts erweist. Wir sehen weit in die Umgebung, u.a. einen weiteren Flussabschnitt des Kemijoki. Gelegentlich zeigen sich ein Hase und ein Buntspecht. Der Elch, den sich Margrit wünscht, lässt sich nicht blicken. Ein beträchtliches Stück Weg legen wir auf einem Naturweg zurück, der aus dicken Holzbrettern besteht, die auf querliegenden Rugeln gelagert sind. Die Umgebung ist sehr feucht, und hier machen sich die ersten Stechmücken bemerkbar. Wir jedenfalls packen den Mückenspray hervor und sprühen uns ein. Das wirkt. So gelangen wir an unsern Ausgangspunkt zurück. Ein Taucher im nahen Kemijoki lässt mich abkühlen, denn immerhin 27 Grad warm soll es sein.

Das heutige Abendessen nehmen wir in einem Restaurant ein, das spezielle Menüs anbietet. Margrit bestellt sich TOMMATIA & VIKKUNNA (Tomaten und Feigen), für mich gibt es PAISTETTU KALA (Gebratener Fisch). Beide Mahlzeiten werden mit speziellen Zutaten und Gewürzen serviert, und sie schmecken uns sehr. Der Schöpfer dieser Speisen ist persönlich anwesend, bereitet zu, serviert und überwacht den Betrieb. Wir staunen, dass wir so etwas hier, fast am Ende der Welt, essen und geniessen dürfen.

Und danach geht’s ab in die Klappe oder mindestens in die Wohnung. Morgen ist die Weiterfahrt geplant. Was erwartet uns?

 

Freitag, 26. Juli 2024 (12. Reisetag) 

Nun sitzen wir im Bus Richtung Ivalo. Vor rund einer Stunde sind wir abgefahren. Jetzt gerade fahren wir an einer Abzweigung vorbei, die zur Amethystmine von Lampivaara hinführt. Ausweichen musste unser Fahrer bisher einem Rentier, zwei Radfahrern, und jetzt stehen wir vor einem Rotlicht bei einer Strassenbaustelle. Überholen musste er bisher einen Bus und einen irr langen Lastwagen mit Anhänger. Die Strasse verläuft in langgezogenen Kurven durch hügeliges Gelände mit viel Wald, aber auch Moore und Wiesen, durch kleine Siedlungen, oft nach Ferienresorts aussehend, mit kleinen Hüttchen, zum Teil an Seen gelegen, und vorbei an Bauernhöfen mit davor gelagerten Siloballen. Vieh sieht man selten.

In Sodankylä machen wir kurz Halt. Toilettenbesuch und der Kauf einer süssen Zwischenverpflegung machen uns fit für die nächste Etappe. Danach macht der Bus noch Umwege, um Passagiere an ihren Destinationen abzusetzen. Dazwischen habe ich noch Gelegenheit, zwei Rentiere am Strassenrand aus dem Bus zu fotografieren.

Derzeit warten wir an der Busstation etwas ausserhalb von Ivalo auf unseren Bus nach Inari.

Unterdessen sind wir in Inari angekommen, haben die Gegend etwas erkundet, etwas gegessen und getrunken und sind dann früh schlafen gegangen. Die Gegend ist wunderschön und vor allem sehr ruhig. Es gibt wenig Gebäude, einen grossen Bootshafen und viel Wald. Vor unserem Hotel sind am Seeufer zwei kleine Wasserflugzeuge vertäut und auf dem Parkplatz stehen mehrere Tesla-Ladestationen für Elektroautos. Ein riesiger Souvenirshop bietet neben den üblichen Erinnerunsartikeln an schöne Ferien ein reichhaltiges Sortiment von Anglerutensilien an. Ein ausgestopfter Bär steht auch noch im Laden. Wir sind gespannt, was uns hier alles erwartet.

 

Samstag, 27. Juli 2024 (13. Reisetag)

Was ist denn los heute? Beim Erwachen nach einer langen, taghellen Nacht regnet es. Beim Frühstück besprechen wir das Tagesprogramm. Die Wetterprognose sieht verheissungsvoll aus: Abklingender Regen im Verlauf des Vormittags, Sonne und warm am Nachmittag. Unsere Folgerung: Museum am Vormittag, Schifffahrt auf dem Inarisee am Nachmittag.

Wir suchen das Museum SIIDA auf, müssen noch etwas warten, bis es öffnet, und bezahlen den Eintritt. Das Museum ist neu und hat dieses Jahr eine europäische Auszeichnung erhalten, ist also ein preisgekröntes Haus. Und die Ausstellung ist wirklich spitze. Da werden die verschiedensten Aspekte zum Leben der Samen, d.h. der indigenen Bevölkerung des nördlichen Skandinaviens, dokumentiert und sehr kritisch betrachtet. Fantastische Bilder und Kommentare zeigen die Problematik auf, die das Leben als samische Volksangehörige mit sich brachte und immer noch bringt. Es werden aber auch die Schönheiten und Qualitäten aufgezeigt. Im Outdoorbereich kann der Besuchende die Lebensumstände in früheren Jahren nachvollziehen. Wir sind begeistert von diesem Besuch und können ihn allen Interessierten weiterempfehlen. Das Salatbuffet im Museumscafé deckt unsere Essbedürfnisse bestens ab.

Danach begeben wir uns zur nahen Anlegestelle des Elektrokatamarans, der uns zur Insel Ukonkivi bringt. Die Schifffahrt auf dem Inarisee dauert rund zweieinhalb Stunden und wird kommentiert. Unser Boot ist das einzige Passagierschiff, das an diesem Tag auf dem See verkehrt. Vorbei an unzähligen Inseln, grösstenteils unbewohnt, schippern wir zur heiligen Insel der Samen, wo offenbar zu früheren Zeiten und bis ins 20. Jahrhundert religiöse Zeremonien stattfanden. Sie hebt sich gegenüber anderer Inseln durch ihre Höhe ab. Ursprünglich war sie dem finnischen Gott Ukko, dem Herrn des Himmels, des Wetters und der Gewitter geweiht. Die Zeremonien fanden ohne Beisein von Frauen statt. Wir werden rund um die Insel gefahren und darauf wieder nach Inari zurückgeführt. Der Inarisee ist übrigens der drittgrösste See Finnlands, fast doppelt so gross wie der Bodensee und hat rund 3000 Inseln.

Und jetzt geniesst Margrit ein Glas Wein und ich ein grosses Bier. Schon bald gibt es ein Nachtessen aus der Hotelküche.

 

Sonntag, 28. Juli 2024 (14. Reisetag)

Beim Morgenessen sind plötzlich viele Schweizer am Buffet. Die einen kommen mit uns ins Gespräch, sind dann aber nicht sicher, ob wir auch zur Reisegesellschaft gehören. Sie haben Pech, denn ihr Hurtigrutenschiff ab Kirkenes fällt wegen eines Defektes aus. Nun müssen sie einen Tag früher dort sein. Wir sind froh, dass wir es gemütlich nehmen können.

Auf unserem Programm steht heute Wandern. Beim Touristik-Infobüro haben wir uns eine Karte besorgt und den Vorschlag für eine Wanderung zur Pielpajärvi Wilderness Church ausgewählt. Der erste Teil des Wegs führt etwa 3.5 km einer Strasse entlang. Da aber praktisch kein Verkehr herrscht und der Strassenrand weitgehend betretbar ist, geht das sehr gut. Danach führt er durch lockeren Föhrenwald. Allerdings geht es wirklich über Stock und Stein. Aber wunderschön ist es, hier zu wandern. An Seen vorbei, die praktisch unberührt sind, geht es „obsi und nedsi, linggs und rächts“. Überall gibt es etwas zu betrachten, genauer hinzuschauen. Da spiegeln sich die Bäume im Wasser, gewaltige Felsblöcke aus der letzten Eiszeit versperren den Weg, Beerensträucher mit reifen Früchten verlocken gepflückt und gegessen zu werden. Wir lassen uns verführen und geniessen die süss-sauren Heidel- und Moltebeeren.

Die Kirche, die wir besuchen, liegt in einer Waldlichtung. Sie besteht aus Holz und hat einen kreuzförmigen Grundriss. Sie wurde in der heutigen Form zwischen 1752 und 1760 im ehemaligen Winterdorf der samischen Urbevölkerung erstellt und gehört zu den ältesten Gebäuden Finnisch Lapplands. Als die Samen sesshaft wurden, wurde das Winterdorf aufgegeben und die Bauten rund um die Kirche zerfielen. Dafür wurde im neu entstehenden Inari eine Kirche erbaut. Die Holzkirche von Pielpajärvi wurde 1940 wieder reaktiviert, nachdem die Kirche von Inari von den Sowjets zerstört worden war. Heute findet jährlich nur noch ein Gozttesdienst darin statt.

Am in der Nähe bestehenden Grillplatz nehmen wir unser Picknick ein. Eine junge Familie mit einem etwa achtjährigen Mädchen kommt ebenfalls hierher. Wir kommen ins Gespräch mit ihnen, und der Vater schwärmt uns vor, dass der Inarisee der einzig grössere See Finnlands sei, dessen Ufer mit Ausnahme bei Inari unverbaut seien. Und wir nehmen es auch so wahr, dass der See rundum von Wäldern umgeben ist. Zudem will er seinem Töchterchen näherbringen, was Wildnis und Natur ist.

Nachdem wir uns von den Leuten verabschiedet haben, marschieren wir praktisch ohne Unterbruch zurück in unser Hotel. Da es warm macht und ist und die Sonne scheint, nehme ich anschliessend noch ein angenehm kühles Bad im See.

Schon bald ist wieder Abend. Das Nachtessen ist nah. Gerne will ich’s mal mit Rentierfleisch versuchen. Ich habe einen Rentierhamburger bestellt und finde ihn sehr gut. Er schmeckt allerdings für mich kaum anders als ein Rindshamburger.

 

Montag, 29. Juli 2024 (15. Reisetag)

Nach dem Morgenessen packen wir wieder einmal unsere Sachen, achten darauf, dass nichts liegen bleibt, checken aus und können unser Gepäck bei der Rezeption deponieren. Danach machen wir einen Spaziergang entlang des Juutuanjoki. Wir steigen nach der Brücke über den Fluss in einen Waldweg ein und folgen diesem flussaufwärts. Schon bald gelangen wir an eine Stelle, wo wir ein unüberhörbares Rascheln, begleitet von eigenartigen Zisch- und Quietschlauten, vernehmen. Unten am Flussufer ist etwas los. Und da sehen wir, dass dort marderartige Tiere im Wasser schwimmen und an Land gehen. Wir steigen hinunter und verhalten uns still. Da raschelt es im Dickicht der Pflanzen ein paar Meter weiter flussaufwärts. Zwischen diesen jagen sich wirklich wieder diese putzigen Tierchen und kommen uns ganz nahe. Ich kann sie sogar filmen. Aber dann verschwinden sie flussaufwärts hinweg über Steine und zwischen den Pflanzen. Wir identifizieren sie als Nerze.

Unser Spaziergang führt uns in ein Gelände mit verschiedenen Pfaden und Privathäusern. Und da steht plötzlich eine Fussgänger-Verbotstafel am Weg. Wir kehren um und gelangen nach wenigen Versuchen auf den markierten Weg. Darauf gelangen wir zu imposanten Stromschnellen und zur Hängebrücke, die sich hier darüber spannt. Der Rückweg gestaltet sich nicht mehr so spannend. Zum Abschluss statten wir dem samischen Kulturzentrum noch einen Besuch ab. Es ist ein imposantes Gebäude mit Kongressräumen, Sitzungszimmern, einer Bibliothek, einem Restaurant, wo wir einen Cappucino und ein Stück Heidelbeer-Quarktorte geniessen, und einem Souvenirladen mit samischen Designstücken, die zumeist einen stolzen Preis haben.

 

Und nun sitzen wir in der Hotelhalle bei einem Glas Wein und erwarten unseren Bus, der uns nach Nuorgam bringen wird.

Der Bus ist pünktlich eingetroffen und hat uns um ca. eine halbe Stunde verspätet vor unserer Unterkunft in Nuorgam abgeliefert. Grund dafür ist eine Belagserneuerung an der Strasse nach Nuorgam. Dort sitzen wir jetzt in unserem Bungalow und geniessen die Ruhe und den schönen Abend. Die Sonne hat noch geschienen, als wir hier angekommen sind. Die Temperatur ist etwas kühler hier im nördlichst gelegenen Dorf Finnlands.

 

Dienstag, 30. Juli 2024 (16. Reisetag)

Gestern löste ich noch online die Tickets für die heutige Busfahrt. Dabei stellte sich definitiv heraus, dass der Busbetrieb zwischen Nuorgam in Finnland und Tana bru in Norwegen eingestellt ist und erst nach Mitte August wieder aufgenommen wird. Der Betreiber unserer Unterkunft anerbot sich, heute den Taxidienst für uns anzubieten. Mal schauen, wie das weitergeht.

Jedenfalls sind wir früh wach und machen uns bereit für die lange Reise nach Honningsvåg. Nach dem Morgenessen werden wir gemäss gestriger Abmachung ohne jegliche Grenzkontrolle nach Tana bru gefahren und passieren dabei das Denkmal, das bezeugt, dass hier der nördlichste Ort der EU ist. Der Bus nach Oldefjord kommt rechtzeitig trotz einer Verspätungsmeldung auf dem Handy-App – ein grosser Bus, wenig Passagiere. Und dennoch kommt er mit uns nicht ins Ziel. Nach einem Halt will er nicht mehr richtig, und der Chauffeur fährt ihn bei einer breiteren Stelle auf die rechte Seite hinaus. Und ab diesem Zeitpunkt tut er keinen Wank mehr. „Kapput!“; gibt er durch, mehr nicht, und wir stellen uns mit den anderen beiden Passagieren darauf ein, dass wir in diesem Bus die Fahrt nach Honnigsvåg heute nicht mehr schaffen. Bitter ist es für unseren Sitznachbarn, denn er möchte in Lakselv in einen Flieger nach Tromsø einsteigen. Aber auch er nimmt den unfreiwilligen Stopp gelassen hin. So warten wir rund anderthalb Stunden, bis ein Kleibus da ist und uns weiter Richtung Ziel bringt. Nach einer längeren Strecke steht ein grosser Bus der Betriebsgesellschaft auf der anderen Seite der Strasse bereit. Wir wechseln den Bus und fahren weiter. In Olderfjord, wo der Umstieg auf den Kurs nach Honningsvåg erfolgt, steht ebenfalls ein Bus nach dorthin bereit. So kommen wir mit grosser Verspätung an und können im Hotel gleich einchecken. Es ist kühl geworden.

Im Hotel erleben wir eine nächste Überraschung. Wir stellen im Zimmer fest, dass uns ein Preis berechnet wurde, der massiv über dem angebotenen Preis liegt. Sofort gehen wir zurück zur Rezeption und bringen unsere Reklamation an. Der von der Rezeptionistin gerufenen Managerin ist das sehr peinlich, und nach längerer Diskussion, wie das Problem gelöst werden könnte, macht sie uns das Angebot, dass wir das Nachtessen zum zuviel bezahlten Betrag beziehen könnten. Wir gehen darauf ein und werden sehr kulant behandelt. Jedenfalls hat sich dieser Handel vor allem kulinarisch gelohnt. Das Sirloinsteak vom Rentier auf fantastische Art zubereitet ist sowohl eine Augenweide wie eine Gaumenfreude.

Vor dem Essen erkunden wir noch etwas das Städtchen, das mit seinem Hafen, dem gerade eingetroffenen Kreuzfahrtschiff bzw. mit den Hunderten von Gästen, den teilweise vernachlässigten Gebäuden und den teuren Angeboten für Königskrabben zum Essen einen zwiespältigen Eindruck macht. Wir sehen dann morgen weiter. Aber vorerst möchten wir uns aus dem Reiseführer noch etwas klüger machen.

 

Mittwoch, 31. Juli 2024 (17. Reisetag)

Der heutige Tag wird sicher ein Höhepunkt unserer Reise werden. Der Himmel ist fast wolkenlos blau, die Sonne scheint, der Fall ist klar: Heute geht’s zum Nordkap.

Nach dem Morgenessen, das wiederum sehr reichhaltig ist, schauen wir uns etwas im Dorf um, besuchen die Touristeninformation und überlegen uns dabei, wi wir die drei Tage hier genau verbringen werden. Um viertel vor elf fährt der Bus zum Nordkap. Wegen unterschiedlicher Auffassung über den Abfahrtsort verpassen wir ihn beinahe. Wir warten an der falschen Haltestelle, und der leere Bus fährt vor der fahrplanmässigen Abfahrt in umgekehrter Richtung an uns vorbei und biegt zum Hafenareal hinunter ab. Als er darauf nicht mehr erscheint, geht Margrit nachschauen und winkt da wie verrückt, dass ich nachkommen soll. Der Bus steht nämlich vor dem Info-Büro. Wir schaffen den Zustieg knapp vor der Abfahrt.

Das Nordkapp, wie es die Norweger schreiben, liegt im Norden der Insel Magerøya und ist korrekt genommen weder der nördlichste Punkt des Festlandes noch derjenige der Insel. Aber wahrscheinlich ist es die spektakuläre Position, die das Kap einnimmt, was ihm zu dieser Popularität verhalf. Wir beide finden sowohl die Fahrt dorthin wie auch den Ort selber höchst sehens- und erlebenswert. Die Landschaft ist hügelig, teilweise felsig, kahl ohne Bäume und spärlich mit Kräutern bewachsen. Dazu bläst heute ein ständiger Wind mit beträchtlicher Stärke. Überall weiden Rentiere unterschiedlichen Alters und halten die vielen Autofahrer, vor allem Wohnmobile, zum Bremsen an. Als wir ankommen, ist der Besucheransturm noch im Rahmen. Je weiter die Zeit fortschreitet, desto mehr Besucher treffen ein. Beim Fotografieren treffen wir ein Paar, das uns aufnimmt, wir halten Gegenrecht, und dabei kommt es zu einem länger dauernden Gespräch über Reiseerlebnisse. Da kommt zum Ausdruck, dass Probleme beim Reisen länger haften bleiben als Abläufe, wo alles schön am Schnürchen läuft. Wir spazieren dem Abgrenzungszaun zum steilen Abhang zum Wasser entlang und suchen Stellen, wo man aufs Ufer hinuntersieht. Solche Stellen slnd rar. Aber da tauchen plötzlich kleine Vögel auf, die sich auf den Boden ducken, um nicht weggeweht zu werden. Wir bestimmen sie als Schneeammern. Plötzlich kommt uns eine Frau entgegen, die uns zwei Tickets fürs Kapzenrum mit dem Kommentar in die Hand drückt, sie brauche diese nicht mehr. Wir kommen damit ins Zentrum hinein, schauen uns etwas um und geniessen im Cinema den Film, der den Verlauf eines Jahres im Gebiet recht eindrücklich zusammenfasst. Danach ist es Zeit für die Rückkehr nach Honningsvåg.

Zurück in Honingsvåg legen wir eine Pause ein und gehen danach auf einen erweiterten Rundgang durch das Dorf. Da finden wir richtig grosszügig gebaute Wohnhäuser in guten Lagen. In einem Restaurant geniessen wir ein Glas Wein bzw. Bier. Und nun steht schon bald das Abendessen an.

Donnerstag, 1. August 2024 (18. Reisetag)

Nationalfeiertag – und wir sind nicht daheim! Keine Höhenfeuer – aber wir haben im Sinn, Höhen zu erklimmen. Dazu sind wir jetzt bereit.

Wir steigen empor, wo wir den Wegweiser zum Hausberg Honningsvås, den Storvjellet, sehen. Kurz danach kommen wir zu einer Hütte mit mehreren Arbeitern, die hier einen Steinplattenweg erstellen. Wir müssen die Baustelle umgehen. Alle sind relativ dunkelhäutig und recht vermummt, ich denke, wegen der Kälte und eventuell der Staubentwicklung. Sie tragen hellgrüne Jacken und schieben mit Stemmeisen schwere Steinplatten herum. Etwa hundert Meter weiter oben beginnt eine mit riesigen, teilweise unförmigen Steinplatten erstellte Treppe, die sich steil den Berghang hinaufzieht. Margrit hat im Verkehrsbüro mitbekommen, dass sie 1000 Stufen hat. Wir nehmen die Treppe in Angriff, und da Margrit ein leichtes Kribbeln im Bauch verspürt – nicht Liebe, sondern Höhenangst – nehme ich ihr den Rucksack ab und führe sie an der Hand höher und höher. Wir begegnen einem weiteren grün bejackten Arbeiter, der die Treppe sauber wischt und Unkraut und lose Steine beseitigt. So überwinden wir wirklich 1000 Stufen, Margrit zählt mit, und gelangen auf etwas mehr als 300 m ü. M. Da sehen wir eine Schutzhütte, die wir natürlich gleich inspizieren. Hier besteht die Möglichkeit, in einem Holzofen ein Feuer anzuzünden. Wir lassen das sein, ich entflamme aber für kurze Zeit den beigelegten Feueranzünder, Ersatz für das in der Heimat entzündete Höhenfeuer. Selbstverständlich tragen wir uns ins Hüttenbuch ein und zeichnen noch ein Kreuzlein dazu, es ist ja 1. August.

Danach führt der Weg über gewaltige Geröllhalden noch ein Stück weiter hinauf zu einem dort errichteten Steinturm, der als Wegmarkierung dient. Dahinter, wieder etwas tiefer gelegen, folgen die nächsten Steintürme. Von einem Weg ist nicht mehr viel zu sehen. Bei einem der nächsten Türme führt dann der Weg steil abwärts auf eine Terrasse und dann dem Hang entlang in ein Tälchen, das sich gegen Honningswåg hinunter öffnet. Hier können wir Steinschmätzer, Silbermöwen und Kolkraben beobachten. An einen Tisch mit zwei Bänken setzen wir uns, um unser mitgenommenes Picknick zu geniessen. Schon bald setzt sich eine englischsprachige Touristin dazu, die uns vorschwärmt, wie sie hier in Norwegen tolle Plätzchen vorfand und eigentlich jedesmal gerne länger geblieben wäre. Ein einheimscher Wanderer, der etwas später zu uns stösst, berichtet, dass er hier in dieses Tälchen komme, um vom frischen, kühlen Quellwasser zu trinken, das auf der anderen Talseite entspringe und verjüngende Wirkung habe. Zudem erzählt er uns, nachdem wir ihm von unseren Treppenaufstieg berichtet haben, dass die dort arbeitenden Männer aus Tibet stammen, hier zwei drei Monate am Weg bauen, einiges Geld verdienen und dann wieder in ihre Heimat zurückkehrten. So gelangen wir zurück ins Hotel, wo uns eine warme Dusche erwartet, denn recht kühl und windig verlief der heutige Vormittag.

Als nächstes besuchen wir das Nordkapp Museet.  Wir bekommen hier einen Überklick über die Besiedlung der Finnmark, d.h. des Landstrichs entlang der Barentssee in Norwegen, über die Geschichte, die Lebensumstände der Menschen hier und über die Zukunftsaussichten. Besonders eingefahren sind mir die Ereignisse in dieser Gegend während und nach dem zweiten Weltkrieg, als sich die deutsche Armee aus dem Norden zurückzog und die Taktik der verbrannten Erde anwandte. Da blieb praktisch kein Gebäude verschont und die einheimische Bevölkerung wurde gnadenlos evakuiert. Eindrücklich ist auch, mit was für Hilfsmitteln die Fischerei und die Verarbeitung der Ausbeute betrieben wurde. Eindrückliches Bild- und Filmmaterial erlaubt einen Einblick ins harte und karge Leben der samischen Indigenen.

Bei Kaffee und schmackhaften Zimtschnecken im nahen Café lassen wir den Tag ausklingen. Der nächste Termin ist das Abendessen im Restaurant unseres Hotels. Da gibt es als Festtagsmenu nochmals Rentier Sirloin Steaks. (Sehr empfehlenswert!)

 

Freitag, 2. August 2024 (19. Reisetag)

Nach dem Aufstehen, beim Anziehen ruft Margrit unerwartet ganz aufgeregt: „Komm schnell ans Fenster! Das musst du unbedingt sehen!„ Und sie zeigt ganz aufgeregt nach draussen. Dort sind wirklich vier ausgewachsene Rentiere zu sehen, die im Bord neben dem Hotel mitten in den wuchernden Waldweidenröschen stehen und genüsslich die reichlich vorhandenen Kräuter abweiden. Wir fotografieren und filmen durch die Fensterscheibe, weil sich das Fenster eh nicht so weit öffnen lässt. Wenige Minuten später sind die scheuen Tiere wieder verschwunden.

Heute gehen wir nochmals wandern. Das Seelein Prestvatnet ist unser erstes Ziel. Der Weg führt erst recht steil in das Tal hinein, in dem wir gestern zum Hotel zurückkehrten. Auf dem höchsten Politischen Not angelangt, sehen wir etwas weiter unten dieses Gewässer. Eine Tafel macht uns darauf aufmerksam, dass wir jede Verschmutzung zu vermeiden haben, da der See als Trinkwasserspeicher diene. Auf dem Wasser schwimmen ein paar Möwen, die Morgentoilette machen. Unser Weg, den in Google Earth ausfindig machte, führt nun rechts weg auf die Strasse hinunter, die Honningsvåg mit Nordvågen verbindet. Hier ist Fischen und Fischverarbeitung die Haupteinnahmequelle. Daneben gibt es einen Skilift, der praktisch vom Meer her in die Höhe führt. Neben vielen Fischerbooten im Hafen steht hier ein recht grosser Fischverarbeitungsbetrieb. Aus dem Touristikbüro haben wir einen Prospekt dieses Betriebs mitgenommen, worauf eine Betriebsbesichtigung angeboten wird. Wir gehen zum Eingang und treten ein. In einer Ecke einer grossen Halle steht zwischen Ausstellungsgegenständen ein Tisch, dahinter sitzt eine junge Frau. Sie beantwortet unsere Frage nach der Ausstellung positiv und macht darauf aufmerksam, dass dies eine Schaufischfabrik sei. Wir bezahlen den Eintrittspreis und lassen uns zeigen, wie die Ausstellung organisiert ist. Mir dem Handy können dir einen QR-Code einlesen und werden mit den Aussrellunstafeln in deutscher Sprache bedient. Schon bald erscheint der Direktor (CEO) der Firma und erzählt uns einiges zum Betrieb. 70 Fischerboote sin für die Firma unterwegs, die Belegschaft stammt aus 22 Nationen, der Winter ist die fangreichste Zeit, die Fische werden grösstenteils luftgetrocknet, alle Organe der Fische werden verwertet, der Betrieb gilt als mittelgross… Wir bewundern die zwei Königskrabben im grossen Aquarium mitten im Ausstellungsraum. Jedefalls beschliesse ich danach, auf den Verzehr solch urtümlicher und fantastischer Lebewesen zu verzichten. Wir bekommen Einblick in die Verarbeitungsstätten, wo übrigens viele Frauen arbeiten. Und es riecht natürlich überall nach Fisch. Deshalb klagt Margrit nach einiger Zeit über ein flaues Gefühl im Magen und über Übelkeit. Ich probiere noch getrockneten Fisch in Spanform und Fischrogen (Kaviar) auf Brötchen. Es ist ein eindrückliches Erlebnis, mal zu sehen, was die Fischerei für einen Beitrag an die Ernährung vieler Menschen leistet.

Mit dem Bus fahren wir zurück und leisten uns einen gemütlichen Nachmittag an der Sonne. In der Bäckerei mit Café im Freien, die übrigens von einem Afrikaner aus Guinea geführt wird, geniessen wir einen Cappucino und eine Zimtschnecke, in einem weiteren Restaurant ein Glas Rosé bzw. ein Bier, wo die Chefin noch ein „Probiererli“ Bruschetta mit Rentierfleisch auftischt.

Und dann müssen wir uns noch etwas mit der Planung für morgen befassen. Die Reise geht mit dem Hurtigrutenschiff „Kong Harald“ um sechs Uhr morgens weiter.

Samstag, 3. August 2024 (20. Reisetag)

Schon um vier Uhr sind wir wach. Wir müssen früh bereit sein. Unser Schiff fährt um sechs Uhr. Eine Viertelstunde vorher sollen wir uns aufs Schiff begeben, damit es pünktlich abfahren kann. Um halb sechs wollen wir das Hotel verlassen und uns an den Anlegekai begeben.  Wir sind auch diesmal früher dran, und das Hurtigrutenschiff „Kong Harald“ trifft verspätet ein. Die Zeit reicht jedenfalls, um die Sandwiches, die uns vom Hotel bereitgelegt wurden, zu verzehren und den Apfelsaft zu trinken.

Unterdessen hat das Schiff angelegt. Einige Passagiere verlassen es, und wir können zusammen mit anderen Reisenden einsteigen.  Wir melden uns bei einer der beiden Empfangsdamen an, bekommen die Verhaltensregeln auf Papier, die Nummer der zugeteilten Kabine und die Schlüsselkarten. Frohen Mutes begeben wir uns zur Türe, Margrit öffnet sie, und oh Schreck, die Betten sind zerwühlt, im hinteren scheint noch jemand zu schlafen, und sie schliesst die Türe wieder rassig – ein Fauxpas des Personals. Ich bringe die beiden Karten der einen Empfangsdame zurück und melde ihr den Sachverhalt. Sie entschuldigt sich, programmiert die beiden Garten um, streicht die Kabinennummer, schreibt eine neue drauf und gibt sie mir zurück. Und diesmal klappt es.

In Hammerfest gibt es einen längeren Aufenthalt. Margrit und ich nutzen ihn, um hier einen Augenschein zu nehmen.  Wir finden auf dem halbstündigen Marsch bei schönstem Wetter Richtung Zentrum kein Restaurant, nur einen Extra-Markt, wo wir uns etwas zu trinken, eine Schale Brombeeren, Knäckebrot und ein Lachssandwich kaufen. Auf einer nahen Bank an einem ins Meer mündenden Bach verzehren wir unseren Einkauf und kommen dabei mit zwei in etwa gleichaltrigen Männern ins Gespräch. Auch sie betonen, wie das Wetter ausserordentlich warm und sonnig sei und dass es auch Sommer gebe, in denen nur ein einziger Tag mit solchem Wetter wie heute auftrete. Und sie beneiden uns ein Stück weit um unser Reiseprojekt, als wir ihnen den Verlauf schildern.

Danach geht’s aufs Schiff zurück. Die Weiterfahrt führt uns zwischen recht öden und felsigen Inseln und Festlandgebieten immer weiter Richtung Südwesten. Wir sitzen in bequemen Postersesseln, schauen hinaus und geniessen die Fahrt, obschon von links und rechts und von hinten mal leisere oder lautere Schnarchlaute ertönen.

Links von unserer Route sehen wir immer wieder Berge mit grossen Schneefeldern und fragen uns, ob das Gletscher oder nur Überreste des letzten Winters sind. Zudem fallen uns immer wieder Vögel auf, die je nachdem näher oder weiter weg von uns fliegen. Die Entfernungen sind aber zu gross, um sie definitiv zu bestimmen.

Über den Lautsprecher wird Reklame gemacht für spezielle Angebote. Ich bekomme etwas mit über eine Seeadler-Safari, die morgen Nachmittag stattfinden soll. Das fasziniert mich, und umgehend mache ich mit Margrit ab, dass ich mich an der Rezeption genauer informiere. Ich buche dann diesen Ausflug gleich für uns beide und bin gespannt, was wir da wirklich beobachten können.

Kurz vor Mitternacht fahren wir bei dämmerigem Licht unter einer hohen Strassenbrücke durch in Tromsø ein und legen an.

 

Sonntag, 4. August 2024 (21. Reisetag)

Der Tag beginnt mit einem nächtlichen Streifzug durch Tromsø. Im Auftrag eine guten Kollegen soll ich einer Verkäuferin/Serviererin in einem Café hier Grüsse überbringen. Ich habe auf dem Handy ein Foto des Gebäudes. Mit diesem haue ich eine Gruppe angesäuselter Männer und eine Frau an, ob sie den Laden kennen. Die Frau weiss sofort, wo der ist und sagt, ich solle ihnen folgen. Und wirklich, wir landen vor dem Café. Es ist noch ziemlich hell hier, aber im Laden ist niemand mehr. Schade! Unverrichteter Dinge kehren wir zum Schiff zurück und legen uns schlafen.

Gewohnt früh erwachen wir. Eine Dusche weckt die Lebensgeister. In einem 24h-Geschäft haben wir uns nachts zwei Zimtschnecken und einen Becher Hüttenkäse gekauft, die nun zum Verschlingen bereit sind. Den Kaffee dazu können wir uns in der Kabine machen, die Vorrichtung dazu ist vorhanden und die Kaffeebar öffnet eh erst um neun. Nach dieser Stärkung ist Aufräumen angesagt.

Um acht Uhr legt unser Schiff in Harstad an. Dann geht es weiter durch den fast fünf Kilometer langen und sieben Meter tiefen Risøy-Kanal, der im Jahr 1922 eröffnet wurde und den Hafen von Risøyhamn besser erreichbar machte. Die Gegend ist ein bekanntes Vogelschutzgebiet. Wir können zwar sehr viele gefiederte Lebewesen erkennen, aber die Entfernungen sind zu gross, um sie zu bestimmen.

Beim nächsten, längeren Halt in Stokmaknes befindet sich das Hurtigruten-Museum. Da ist das 1956 in Dienst gestellte Schiff dieser Gesellschaft, die „Finnmarken“, in einem modernen Bau ausgestellt. Wir verzichten zu Gunsten lukullischer Bedürfnisse auf einen Museumsbesuch, müssen aber konstatieren, dass der Sonntag in Norwegen, mindestens in ländlicher Gegend, Ruhetag ist. So kehren wir unverrichteter Dinge auf die „Kong Harald“ zurück und holen uns an der Bar etwas zu beissen und zu trinken.

Auf 16 Uhr ist die gebuchte Sea eagle-Safari angesetzt. Mit einigen Teilnehmenden treffen wir uns auf Deck drei und steigen dann weiter hinunter im Schiff. Dort unten, im Frachtraum, gibt es eine Klappe, die angehoben wird. Draussen legt ein Ausflugsboot an, in das wir während der Fahrt umsteigen können. Damit werden wir zu verschiedenen Orten geführt, wo Seeadler auftreten könnten. Spektakulär ist aber vorerst der Umstand, dass ein junger Angestellter des Bootsunternehmens Möwen, zumeist Silbermöwen, füttert, die unser Boot laut kreischend begleiten und dem Futterspender dabei auf Arme und Kopf sitzen. Als dann ein Seeadler in der Höhe erscheint, wirft er Fische weit hinaus ins Meer. Der Adler nimmt das aus grosser Höhe wahr und stürzt sich hinunter aufs Wasser, greift sich den toten Fisch und fliegt damit Richtung Land. Spektakulär ist aber auch die Gegend. Wir fahren in den Trollfjord hinein, rechts und links ragen die Felswände in die Höhe, die Sohle ist vielleicht 30 bis 50 m breit, und plötzlich taucht hinter uns auch die „Kong Harald“ auf, die sich in diesen Canyon hineinwagt. Weitere Begegnungen mit Seeadlern, gemäss Moderator der Safari 31, und ein Besuch in einem in den Fünzigerjahren verlassenen Fischerdorf runden diese Soezialtour ab. Wir erreichen praktisch mit unserem Mutterschiff Svolvær, wo ein längerer Halt vorgesehen ist.

Wir nutzen diesen Halt, um uns etwas umzusehen und um in einem Restaurant im Aussenbereich unser Abendessen zu geniessen, übrigens in kurzen Hosen und T-Shirt, und das nördlich des Polarkreises.

 

Montag, 5. August 2024 (22. Reisetag)

Schon früh sind wir auf. SRF-6 Uhr-Nachrichten (Wie geht es im Nahen Osten weiter?), LZ lesen, Kaffee mit Bisquits und Knäckebrot beschäftigen uns. Danach gehen wir aufs Deck 7, wo um neun Uhr die Bar aufgeht. Bericht schreiben, Fotos und Filme begutachten und Verfolgung der Weiterfahrt sind auf unserem Programm. Wir fahren am Inselchen mit dem Denkmal für den nördlichen Wendekreis vorbei, stoppen kurz in Nesna und sichten danach auf einer Inselkuppe einen ausgewachsenen Seeadler.

Als wir unseren Platz wechseln und im obersten Stock am Bug vorne unsere Plätze einnehmen, deutet mir eine ältere Sitznachbarin, dass sie einmal durch meinen Feldstecher gucken möchte. Wir kommen ins Gespäch. Da stellt sich heraus, dass die Dame in Paris zuhause ist, zum zweiten Mal in ihrem Leben auf der Hurtigruten mifährt und dass sie 90 Jahre alt ist. Ob wir mit 90 auch noch solche Reisen unternehmen?

In Sandnessjøenlegt das Schiff nur für eine halbe Stunde an. Ich möchte zur Abwechslung gerne eine Frucht essen. Also eilen wir zum nächsten Supermarkt, den Margrit beim Anlegen sah, nehmen uns zwei Birnen aus der Obstharasse, rasen zur einzigen offenen Kasse. Aber, oh Schreck, der Kassier hat mit dem Kunden gerade in Problem zu lösen, und wir müssen uns beeilen. Wir überlegen uns schon, die Birnen zurückzulegen, das bewegt sichbtas an der Kasse. Der Kreditkarte wir vom Lesegerät erkannt, und der Code kanneingtippt werden. Der nächste akunde hat nur gerade einen Artikel zu zahlen. Wir sind dran. Es klappt. Wi eilen, teilweise im Laufschritt, zurück. Die Gangway ist noch unten. Wir sind nicht einmal die Letzten. Die Birne schmeckt ausgezeichnet.

In Brønnøysund dauert der Stop gute zwei Stunden, gut für eine kleine Sightseeing-Runde und für eine Mahlzeit. Ein Einkaufscenter ohne Kunden, eine alte Kirche, tipptopp renoviert, wenige Gastrobetriebe ohne Gäste treffen wir an. Ein altes Restaurant, die Cash Bar mit einem Outdoor-Bereich spricht uns an, und dort essen und trinken wir etwas. Danach kaufen wir uns im grossen Extra-Shop noch Proviant für den morgigen Tag. Denn morgen geht es weiter per Bahn. Die Tickets und die notwendigen Platzreservationen sind gebucht.

Im Verlauf des Abends sind alle Schiffspassagiere zu einem Abschiedsdrink des Kapitäns geladen. Dieser gibt einen kurzen Überblick über die Geschichte der Hurtigruten, die seit 1893 existiert und sich zur Touristenattraktion entwickelt hat, dankt allen, dass sie mitreisten, und hofft, dass viele wieder kämen. Dann stossen alle auf die tolle Reise an. Musikalisch wird der Anlass von einer Sängerin und einem Sänger abgerundet.

 

Dienstag, 6. August 2024 (23. Reisetag)

Schon früh bin ich wieder wach. Während Margrit noch schläft, gehe ich unter die Dusche und mache mich reisebereit. Danach ist die nun erwachte Margritvan der Reihe. Wir packen unsere Sachen, kontrollieren, ob wir wirklich an alles gedacht haben. Unterdessen hat unser Schiff in Trondheim angelegt, und wir können es verlassen.

Der Weg zum Bahnhof ist etwas länger als wir das auf Google Maps wahrgenommen haben, aber wir schaffen es problemlos. Auf dem Bahnhof ist nicht sehr viel los. Wir finden einen Verpflegungsladen, wo wir uns einen Kaffee herauslassen können und wo es ein Croissant gibt. Auf einer Wartebank geniessen wir nun unser “Zmorge“. Etwa um viertel vor acht begeben wir uns auf den Bahnsteig, wo schon bald unser Zug hereingestellt wird. Wir finden schnellender reservierten Plätze und richten uns ein. Der Zug fährt pünktlich ab. Die Plätze neben uns bleiben frei. So können wir beide Fensterplätze einnehmen.

Unsere Zugfahrt bis Oslo dauert bis gegen 15 Uhr. Wir fahren durch ganz unterschiedliche Landschaften. Zum Teil führt die Strecke durch wilde Gegenden mit reissenden Flüssen und natürlichen Wäldern, dann wieder durch intensiv genutzte Landwirtschaftszonen mit viel Ackerbau. Wir fahren aber auch an Orten vorbei wie Lillehammer und Kvitfiell, die uns vom Wintersport her  bekannt sind. Die Strecke geht an grossen Seen mit Campinganlagen und Bootshäfen vorbei, die touristisch eine Rolle spielen, und immer wieder gibt es etwa zu sehen und zu kommentieren. Die Gleisanlagen sind teilweise in die Jahre gekommen, so dass unser Zug relativ langsam und ruckelnd vorwärts kommt. Wo die Gleise neu verlegt wurden, geht es komfortabler und schneller vorwärts.

In Oslo steigen wir um und fahren mit einem Zug aus den Stadler-Betrieben weiter nach Fredrikstad. Da erwarten uns Margrits Bruder Beat und seine Frau Doris. Sie nehmen uns mit in ihr Feriendomizil Gressvik, eine Hytte mitten im Wald, von Bäumen, einem Kletterfelsen und Heidebeersträuchern umgeben. Da unternehmen wir einen kleinen Spaziergang und bewundern die tolle Umgebung am Oslofjord. Danach gibt es Abendessen, viel zu berichten und dann Olympische Spiele mit Kambundji, Ehammer und dem Duo Brunner/Hüberli.

Mittwoch, 7. August 2024 (24. Reisetag)

Bereits vor dem Frühstück machen wir mit Beat einen rund 7½ km langen Marsch zusammen mit Hündin Grace. Durch schmale Waldwege, über Felsflächen und Fahrwege gelangen wir an die Meeresküste und wieder zurück zur Hütte. Es ist stark bewölkt, aber im Laufe der Wanderung hellt es auf, und die Sonne scheint. Daheim erwartet uns ein reichhaltiges Zmorge, das uns einige Zeit beansprucht.

Danach fährt uns Beat im Auto auf die Insel Hlaven. Wir befinden uns hier in einem Naturpark. Durch einen Hohlweg, links und rechts durch Felswände begrenzt, gelangen wir zur Küste. Übrigens kann es Beat dabei nicht lassen, noch ein paar schöne Eierschwämme und einen Steinpilz, die am Wegrand stehen, zu pflücken. Danach führt der Weg zu einem Badestrand, der aber wenig besucht ist. Weiter geht es über von den Eiszeitgletschern blank geschliffene Felspartien, die gegen das Meer hin geneigt sind und mehr oder weniger steil abfallen. Erstaunlich ist, dass überall in Spalten und Vertiefungen, wo sich einige Krümel Erde im Laufe der Zeit ansammelten, Pflanzen gedeihen. Sogar Nadelbäume wachsen, aber nicht in die Höhe, sondern in die Breite. Verschiedene Blümchen blühen. Während die Frauen den markierten Weg benutzen, führt mich Beat nach unten ans Wasser, wo dann auch auf allen Vieren geklettert werden kann. Darauf steigen wir in eine Bucht ab, wo ein paar Fischerhäuschen stehen. Von da weg geht es auf guten Pfaden zurück zum Auto.
Unsere Heimfahrt führt zu einem Restaurant, wo wir essen gehen möchten. Aber dieses Restaurant ist geschlossen und nicht mehr in Betrieb. Und ein weiteres Esslokal, das Doris telefonisch anfragt, ist leider ausgebucht. Es scheint allgemein nicht ganz einfach, hier in der Gegend ein solches  zu finden. Also essen wir daheim, und das schmeckt auch.

 

Donnerstag, 8. August 2024 (25. Reisetag)

Vor dem Vergnügen die Leistung! Beat, Margrit und ich begeben uns mit Grace auf den obligaten Morgenspaziergan zum Aussichtspunkt Walhallrøisa. Zuerst durch Kulturland, dann durch Wald und anschliessend auf Felsplatten mit spärlicher Vegetation erreichen wir nach rund einer Stunde einen gedeckten Grillplatz mit prächtiger Sicht auf den Oslofjord und danach einen gewaltigen Geröllhafen, eine Grabstätte aus der Bronzezeit. Auf einem anderen Weg marschieren wir nach Hause und finden dabei noch ein paar köstliche Steinpilze zum Mitnehmen. Daheim wartet das reichhaltige Zmorge auf uns, und wir lassen es uns schmecken.

Am Nachmittag unternehmen wir eine stürmische Bootsfahrt der Küste entlang Richtung Norden. Da sehen wir sehr schön die Beschaffenhit der Küste und wie sie von den Menschen genutzt wird. Lange Stücke sind meist frei zugänglich und oft sehr wild. Andere Abschnitte sind überbaut mit Ferienhütten und Wohnhäusern ganz unterschiedlicher Stile. Da das Wetter nicht optimal ist, verzichte ich auf den Sprung ins Wasser.

Am Abend sind wir beide von Doris und Beat zum Abendessen eingeladen. Wir werden dazu nach Engelsviken gefahren, wo sich ein Restaurant befindet, das für seine Meeresspezialitäten bekannt ist. Hier bestellen Beat und ich als Vorspeise eine Portion frische Reker, zu deutsch Garnelen, und als Hauptspeise eine Fischsuppe. Diese wird als beste der Welt angepriesen. Und sie schmeckt wirklich vorzüglich. Darin hat es Stücke von verschiedenen Fischen sowie Garnelen und unterschiedliche Sorten von kleingeschnittenem Gemüse. Basis für die Suppe scheint mir Rahm zu sein. Eine feine Gewürzmischung rundet das ganze wunderbar ab.

Nach dem Essen und der Rückkehr in unser Heim, holt Doris ihre Tochter, den Schwiegersohn und ihren Enkel vom Bahnhof Fredrikstad ab. Sie haben ein paar Tage in Oslo verbracht und sind heute per Bahn nach Fredrikstad unterwegs.

Die Verfolgung der Olympischen Spiele am Fernseher wiegt uns in den Schlaf ein.

 

Freitag, 9. August 2024 (26. Reisetag)

Es regnet! Rundum ist es grau. Beat muss sich allein mit Grace auf den Weg machen. Niemand hat Lust, die beiden zu begleiten. Sein Spaziergang führt nicht allzu weit. So bleibt Zeit für ein ausgedehntes und leckeres Zmorge.

Danach heisst es packen. Mit etwas Wehmut verlassen wir unsere Gastgeber und lassen uns von Doris zum Bahnhof in Fredrikstad fahren, froh darüber, dass wir bei diesem unfreundlichen Regenwetter nicht zu Fuss unterwegs sein müssen.

In mehreren Etappen geht die Reise nach Trelleborg in Südschweden:
–    Bahnfahrt bis Halden
–    Bahnersatzbus bis Göteborg
–    S-Bahn bis Helsingborg
–    Regiozug nach Trelleborg

In der ausgestorbenen Fussgängerzone finden wir ein Thairestaurant, das geöffnet hat. Das Essen schmeckt. Danach heisst es Geduld haben. Eine Hinweistafel im Bahnhof von Trelleborg zeigt uns an, wo der Check in-Schalter für die Fähre nach Rostock zu finden ist. Aber im Gebäude, wo er sich befinden sollte, wird darauf hingewiesen, dass der Self Check in-Automat im Bahnhofgebäude sei. Also umgekehrt und sich auf die Suche machen. Und siehe da, wir finden ihn. Das Self Check in klappt nach dem zweiten oder dritten Anlauf, und der Automat spuckt die Boarding-Karten für uns aus mit dem Hinweis, dass uns in ca. 30 Minuten ein Shuttlebus vor dem Bahnhof abhole. Die 30 Minuten verstreichen: kein Bus da! Beim Fährhafeneinfang neben dem Bahnhof steht auf einer Tafel, der Bus käme eine halbe Stunde vor Abfahrtszeit der Fähre, was dann wirklich zutrifft. So gelangen wir auf das Schiff, das uns nach Rostock bringen wird. Da erleben wir dann noch ein Derby wegen der Kabine, was zuletzt dann gut herauskommt. Jedenfalls schlafe ich ausgezeichnet, wenn auch kurz.

 

Samstag, 10. August 2024 (27. Reisetag)

Wir erwachen, als wir uns Rostock nähern. Eine wunderschöne Morgenstimmung erwartet uns nach dem grauen, verregneten gestrigen Tag. Unser Schiff fährt nach sechs Uhr in den riesigen, modernen Hafen von Rostock ein und legt an. Wir Zufuss-Passagiere werden an Land begleitet und von einem Shuttle-Bus zu einer ÖV-Haltestelle gebracht. Allerdings stellen wir hier fest, dass ein Bus am Samstag nur selten fährt. Ein junges Paar, das mit uns von der Fähre kommt, schlägt uns vor, ein Taxi zu rufen und die Kosten zu teilen. Damit sind wir einverstanden. Die Fahrt zum Bahnhof dauert dann doch länger, als wir uns das vorstellen, denn auf einem Bahngleis, das überquert werden muss, wird gerade rangiert. Ein langer Zug mit Güterwagen wird verschoben und bleibt längere Zeit auf der Strasse stehen, bewegt sich darauf in die umgekehrte Richtung, bleibt, kurz bevor er die Strasse frei geben könnte, wiederum stehen und ändert neuerdings die Fahrtrichtung. Endlich können wir doch noch das Gleis überqueren und gelangen zum Bahnhof. Von dort ist es ein Katzensprung zum Hotel. Dort angekommen, können wir unser Gepäck einstellen, die Gästekarte in Empfang nehmen, die unter anderem als ÖV-Ticket gilt, und in die Altstadt gehen.

Auf unserem Stadtbummel schauen wir uns die verschiedenen Sehenswürdigkeiten an. Da an diesem Wochenende ein grosses Fest ansteht, Hanse Sail genannt, wird da und dort noch am Aufstellen von Attraktionen gearbeitet. Je länger der Tag dauert, desto mehr Leute finden sich ein. Die Altstadt wird von einem Besucherstrom überschwemmt.

Am frühen Nachmittag kehren wir per Tram in unser Hotel zurück, wo wir nun unser Zimmer beziehen und uns einrichten. Und dann geht’s zum Stadthafen, dem hauptsächlichen Standort des Hanse Sail-Anlasses. Eine Unmenge von Leuten bevölkert die Kais, sitzt, steht und spaziert zwischen Verpflegungs- und Marktständen sowie Jahrmarktsattraktionen. Auf dem Becken des Stadthafens gleiten neuere und ältere Segelschiffe vorbei, die zum Teil am Kai anlegen und besichtigt werden können. Das Riesenrad am Ende der Route ist Pflicht: Herrlicher Ausblick auf die angelegten und vorbeileitenden Segler. Eine Tambourengruppe verbreitet lautstark rhythmisch gestalteten Krach und aus Lautsprechern ertönt Musik verschiedener Radiostationen. Wir geniessen dieses Treiben eine längere Zeit und kehren danach in die Altstadt zurück, wo es unterdessen etwas gemächlicher und ruhiger zugeht.

Im Aussenbereich eines Restaurants bestellen wir unser Abendessen und geniessen die Ruhe. Danach kehren wir ins Hotel zurück.

 

Sonntag, 11. August 2024 (28. Reisetag)

In unserem Hotel gibt es erst um acht Uhr Frühstück. Das ist die Gelegenheit, die Homepage zu aktualisieren.

Danach gehen wir zum Bahnhof und nehmen die S1, um nach Warnemünde zu fahren. Dort ist ebenfalls Seglerfest und zudem der Badestrand. Wegen des starken Windes verzichte ich auf die Mitnahme der Badehose. Der Zug ist sehr stark belegt, und an den folgenden Stationen steigen noch mehr Leute ein. Viele Passagiere müssen in die Gänge vorrücken und die Fahrt durch stehen. 

In Warnemünde liegen zwei riesige Kreuzfahrtschiffe an der Mole angelegt. Aus ihnen strömen weitere Leute, so dass die Zahl der Wochenendtouristen noch zunimmt. Wir schlendern zuerst dem Kai entlang, begeben uns dann ins Städtchen und später an den Strand. Dabei gibt es viel Interessantes zu sehen. Am Kai sind Kunstwerke von Sandplastikern ausgestellt, die Meeresgottheiten und -fabelwesen darstellen. Im Warnow-Kanal, der die Ostsee mit dem Rostocker Hafen verbindet gleiten historische Segelschiffe und höchst moderne Fähren zum und vom Hafen weg. Ausflugsboote sind unterwegs. Bei hohem Wellengang und starkem Wind sind etwas ausserhalb im Wasser Wind- und Kitesurfer unterwegs, die sich zum Teil spektakulär in die Luft heben lassen und manchmal ebenso im Wasser landen.

Wir steigen auf den Leuchtturm bei der Mündung des Warnow und bestaunen die Gegend von oben. Danach gönnen wir uns eine Pause, kaufen beim Türken Birnen und Aprikosen, geniessen die auf einer Bank im Schatten und geniessen im Anschluss daran in einem der zahlreich vorhandenen Strassencafés einen Kaffee und ein Dessert. Irgendwann dazwischen stelle ich fest, dass mein Sonnenbrillenaufsatz fehlt. Ich laufe ein Stück des Weges, den wir gemacht haben, ebenso Margrit, aber der Aufsatz bleibt vermisst. Als wir uns dann zurück zum Bahnhof begeben, schauen wir uns nochmals gut um und, siehe da, auf einem Elektrokasten nahe bei der Kirche liegt er. Glücklichste ich wieder auf meine Brille, und Margrit bringt einen Obulus in die in der Kirche angebrachte Kasse. Sie berichtet mir nämlich, dass sie versprochen habe, ein solches Opfer zu bringen, wenn wir den Sonnenschutzaufsatz wieder fänden. Wir fahren zurück nach Rostock und begeben uns ins Hotel, um uns erholen.

Danach fahren wir mit dem Tram nochmals ins Hafengebiet, um dort an einem der zahlreichen Stände noch etwa zu trinken und zu essen zu kaufen. Wir sitzen an einem Tisch an der Sonne und geniessen das letzte Abendessen hier in Norddeutschland, denn morgen geht es weiter südwärts Richtung Heimat.

Montag, 12. August 2024 (29. Reisetag)

Unser Ziel heute heisst Friedrichshafen. Eine Monsterreise steht uns bevor. Über Berlin, Augsburg und Ulm wollen wir bis heute Abend den Bodensee erreichen. Ob das die DB schafft. Unser Zug in Rostock fährt um 08:21 Uhr. Zu denken gibt uns allerdings die Ankündigung per Pushmeldung, dass sowohl der Intercity von Rostock nach Berlin wie auch der ICE von Berlin nach Augsburg durch andere Kompositionen mit unterschiedlichen Formationen ersetzt werden. Beim ersten genannten Zug handelt es sich um einen ICE mit grösserem Platzangebot. Aber unsere Reservation gilt hier nicht mehr. Wir finden einen guten Platz und kommen auch fast pünktlich in Berlin an. Der weiterführende Zug ist auch ein ICE, wo unsere Plätze garantiert sind. Er wartet am gleichen Perron, wie unser Zug ankommt. Die reservierten Plätze befinden sich aber am Schwanz des Zuges, was bedeutet, dass wir die ganze Länge abschreiten müssen, um sie zu erreichen. Wir schaffen das. In Augsburg, wo wir als nächstes umsteigen müssen, wir es eng, denn eine Signalstörung wegen Bauarbeiten haben unser Vorwärtskommen beeinträchtigt. Aber auch hier schaffen’s wir, müssen uns aber schon sehr beeilen. In Ulm reicht es dann nicht mehr, da der Zug mehrmals das Tempoarg drosseln muss. Zum Glück fährt  widerceiner eine halbe Stunde später. Und bei jeder Vespätung gibt es ein Trostkonfekt, freundlich verteilt von einer Zugsbegleiterin. So kommen wir doch noch ans Ziel.

Der Aufenthalt in Friedrichshafen wird zu einem Highlight unserer Reise. Eine gewaltige Menge Leute ist hier unterwegs. Wir spazieren gemütlich den Quai entlang. Die Tische der strassenrestsurants sind sehr gut besetzt, und bei einigen stehen die Kunden Schlange. Aufgrund meiner Internetrecherche möchte ich ins Wirtshaus. Ein Pärchen steht dort an, lässt uns aber grosszügigerweise vor, und wir erhalten einen Tisch in der zweitvordersten Reihe vom Seeufer. Käsespätzle mit einem Salat sind meine Wahl. Margrit bestellt sich einen bunten Salat mit Pilzen. Dazu trinken wir ein Glas Wein. Da es der letzte Abend unserer Reise ist, liegt auch ein Dessert drin, ein Eiskaffee und ein Stück Schokokuchen mit Himbeeren. Danach besteigen wir noch den Aussichtsturm im Hafen und geniessen das Panorama mit heftigem Wetterleuchten auf der Schweizer und festlicher Beleuchtung auf deutscher Seite.

 

Dienstag, 13. August 2024 (30. Reisetag)

Alles hat ein Ende, so auch unsere tolle Reise. Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht machen wir uns bereit. Nachdem unser Gepäck erstellt ist, suchen wir ein Café auf und geniessen ein Gebäck und einen Cappuccino. Dann spazieren wir dem ausgestorbenen Seeufer entlang zurück zu Unterkunft, holen unser Gepäck ab und gehen zur Anlegestelle der Autofähre nach Romanshorn. Die Überfahrt wird uns dadurch verkürzt, dass sich zwei Kundinnen eines Cars zu uns setzen und wir uns miteinander etwas austauschen können. Sie machen einen Ausflug auf einen Aussichtsberg bei Dornbirn, wir sind auf dem Heimweg von einer ereignisreichen Reise ans Nordkap.

Mit dem Zug nach St. Gallen und ab da mit dem Voralpenexpress fahren wir nach Luzern und darauf nach Sempach Station.

Und nun sind wir wieder zuhause, voller neuer Eindrücke, glücklich und dankbar, dass alles gut gelaufen ist und unsere Erwartungen grossmehrheitlich erfüllt, sogar teilweise übertroffen wurden.

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