Übrige Reisen

Reise ans Nordkap

Schon bald geht unsere neueste Reise los. Die Planung ist weit fortgeschritten. Wir probieren etwas neues Altes aus. Nicht per Fahrrad, nicht zu Fuss sind wir unterwegs, sondern mit ÖV. Der Inter- bzw. Eurail-Pass für Senioren ist gekauft, auf dem Handy installiert und wartet nur darauf, aktiviert zu werden.

Am 15. Juli machen wir uns auf. Per Bahn geht es nach Hamburg. Weitere Stationen auf unserer Reise, die etwa einen Monat dauern wird, sind Kopenhagen, Stockholm, Helsinki, Rovaniemi, Inari, Honningsvag, Nordkap, Trondheim, Oslo, Fredrikstad usw. Wir sind gespannt, wie und ob das alles klappt.

Derzeit heisst es, alle nötigen Utensilien zusammenstellen, zu packen, nichts zu vergessen und die noch nicht geplanten Fahrten und Unterkünfte fetzulegen und zu buchen. Falls Sie Lust haben, uns mindestens virtuell zu begleiten, rufen Sie immer wieder unseren Blog auf. Wir wünschen viel Vergnügen.

Montag, 15. Juli 2024 (Tag 1)

Unsere Reise startet. Das Gepäck steht bereit: zwei Rucksäcke und ein Koffer. Gestern haben wir endgültig zusammengestellt, was mitkommt, und gepackt.

Wir sind mit Eurail bzw. Interrail für Senioren 1. Klasse im Zug unterwegs. Von unserem Heimatbahnhof geht es nach Basel, wo wir den ICE nach Hamburg besteigen. Eine lange Fahrt steht uns bevor. Sie führt über Frankfurt, Köln, durchs Ruhrgebiet nach Bremen und dann Hamburg. Das Wetter ist prächtig. Die Sitze sind bequem, der Boden und die WCs sauber, der Service ausgezeichnet, das Klima angenehm, und bis zu diesem Zeitpunkt ist der Zug pünktlich unterwegs. Es gibt was zu trinken und zu knabbern. Wir betrachten die Landschaft, lesen die Zeitung, dösen vor uns hin und geniessen die Fahrt. Ca. um viertel nach fünf ist die Ankunft in Hamburg vorgesehen. Da alles zu klappen scheint, habe ich für heute Abend die Nachtwächtertour in Sankt Pauli gebucht, schliesslich ist auch WIFI im Angebot.

Wir kommen mit wenigen Minuten Verspätung in Hamburg an, sind schnell bei unserem Hotel und machen uns bereit für den abendlichen Ausgang. Ein fast stündiger Marsch zu den Landungsbrücken folgt, unterbrochen durch Fotografieren und Bestaunen von Sehenswürdigkeiten. Zum Znacht gibt es gerade mal ein Bratheringsbrötchen und ein paar Pommes, da vor dem dortigen Restaurant eine Menschenschlange auf freie Plätze wartet.

Kurz vor halb acht melden wir uns beim Nachtwächter Erwin für den Rundgang. Mit vielen wahren Geschichten führt er die Gruppe von geschätzten 30 bis 40 Personen auf unterhaltsame Art durch das verruchte Viertel. Im Boxkeller des Kultlokals „Zur Ritze“ singt er „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ und erntet damit grossen Applaus. Die Tour endet beim Beatles-Platz bzw. in einem nahe gelegenen Biergarten mit einem von Erwin gespendeten Lakritzenlikör und einem grossen Bier vom Fass. 

Ein nächtlicher Fussmarsch zum Hotel beendet den ersten Reisetag.

 

Dienstag, 16. Juli 2024 (Tag 2)

Nach einer kurzen und lauten Nacht erwache ich das xte Mal, relativ ausgeruht. Wir machen uns frisch für die heutige Bahnfahrt. Dann wird gepackt, das Zimmer nach vergessenen Gegenständen inspiziert, die Schlüsselkarte in die Rezeption gebracht und zum Bahnhof gegangen. Je ein Zimtgipfeli und ein Cappuccino in einer Bahnhofbar sind unser Frühstück.

Auf dem Perron wird schon bald der Zug Richtung Kopenhagen bereitgestellt, nicht das neueste Exemplar, ein „es alts Chlöpfschiit“ nennt ihn Margrit. Im Wagen 12 finden wir unsere reservierten Plätze und belegen sie. Schon bald steigt ein Schweizer Ehepaar zu, das die Plätze neben uns reserviert hat … und die Diskussionen über die vielen mehr oder weniger „spektakulären“ Ereignisse in Zügen der DB werden ausgetauscht und kommentiert. Und schon bald geht es um Energiefragen im Zusammenhang mit den aus dem fahrenden Zug beobachteten Solar- und Windanlagen. Wer macht’s besser: die Deutschen oder die Schweizer? Und was ist die gescheiteste und nicht die kostengünstigste Lösung?

Nach Nyborg fahren wir auf die Brücke über den grossen Belt nach Korsør. Bis zu einer kleinen Insel im Meeresarm ist das Geleise neben der Autobahnbrücke angelegt, doch auf der Insel kommt das Eisenbahntrassee in einen Tunnel unter dem Meeresarm zu liegen – ein eigenartiges Gefühl, sich so unter dem Meeresspiegel fortzubewegen.

Stressig wird es in Korsør. Da endet die Zugfahrt wegen Geleiseerneurung im nachfolgenden Streckenabschnitt. Alle Passagiere müssen mit allem Gepäck auf ca. ein halbes Dutzend Busse umsteigen, und in umgekehrter Reihefolge in Slagelse in einen bereitstehenden Zug einsteigen. Und die ganze Aktion wird beeinträchtigt durch den gleichzeitig stattfindenden Umstieg der Passagiere der Gegenseite. Mit einigem Gedränge und den mehr oder weniger freundlichen MitarbeiterInnen gelang das Manöver mit wenigen Ausnahmen.

Wohlbehalten, fast pünktlich und ohne weiteren Stress erreichen wir Kopenhagen, wo wir schnurstracks unser Hotel anpeilen und nach dem fast selbständigen Einchecken unser Zimmer bzw. Kämmerchen beziehen. Hier drin ist es nur mit grösstem Aufwand möglich, sich nicht gegenseitig im auf die Füsse zu treten. Aber wir schaffen’s und nehmen eine erste Sightseeing-Tour unter die Füsse. Kopenhagen hat einiges zu bieten. Darüber mehr am morgigen Tag.

 

Mittwoch, 17. Juli 2024 (3. Reisetag)

Nach einer etwas mühsamen Nacht mit mehrmaligem Erwachen und schlaflosen Abschnitten begeben wir uns ca. um sieben Uhr in die Hotelhalle, wo an der Rezeption verschiedene Esswaren und Getränke erhältlich sind. Wir bestellen uns zwei Cappuccini, ein Croissant und ein Sandwich und vertilgen diese in der Hotelhalle. Darauf machen wir uns auf einen auf dem Stadtplan vorgeschlagenen Rundgang. Dabei kommen wir an verschiedenen Sehenswürdigkeiten vorbei. Über 10 km legen wir zu Fuss zurück. Im Königspark machen wir eine Pause, um einen Cappucino bzw. eine Glace  zu geniessen. Gerade richtig, denn unterdessen beginnt es leicht zu regnen. Als der Regen aufhört, setzen wir unsere Tour fort. Wir sind beide der Meinung, dass der Parcours sehr gut ausgewählt wurde, da er ganz verschiedene Seiten der dänischen Hauptstadt berücksichtigt. Wir gehen Kanälen entlang, die die Verbindung zum Hafen und zur Ostsee herstellen. Unterwegs kommen wir an Bauten vorbei, die aus früheren Zeiten stammen und den Reichtum des dänischen Königreichs dokumentieren. Wir treffen aber auch einfachste Siedlungen für arme Leute. Verschiedene Pärke und grosszügig gestaltete Plätze mit neckischen Kiosken zeugen von viel Lebensqualität. Für die zahlreichen Radfahrer bestehen breite, vom motorisierten Verkehr abgetrennte Routen. Aber leider scheint auch hier Littering ein Problem zu sein. Kulturellen Institutionen wird ein besonderer Wert beigemessen. Theater, Museen zu verschiedenen Themen, Konzerthallen, Kinos u.a. begegnen wir allenthalben. Da allerdings wieder Regen droht, gehen wir zurück zu unserem Hotel, wo ich jetzt diese Zeilen schreibe und ein paar Fotos zur Dokumentation aufbereite.

Der Regen hält über längere Zeit an. Unterdessen habe ich für 17:30 Uhr eine stündige Bootstour durch in Hafenkanäle Kopenhagens gebucht. Um ca. 16 Uhr verlassen wir das Hotel mit Schirmen und Regenjacken ausgerüstet und begeben uns zum neuen Hafen, wo die Rundfahrtboote starten. Immer wieder müssen wir die Schirme öffnen. Hier wimmelt es von Touristen aus allen Gegenden unserer Erde. Nach einem Drink in der Nähe der Anlegestelle können wir zusammen mit vielen anderen Gästen, die vor uns bereits anstanden, das Boot betreten. Wir fassen die Kopfhörer für den Audioguide und ergattern uns zwei der verbleibenden Plätze an der Reling, so dass wir eine gute Sicht hinaus auf die Sehenswürdigkeiten haben. Der Regen hat definitiv aufgehört, die Rundfahrt kann beginnen. An der ans KKL erinnernden Oper vorbei fahren wir zum Standplatz der bekannten kleinen Meerjungfrau auf dem Felsen, ein Geschenk von Carl Jacobsen, dem Sohn des Gründers der Carlsberg Brauerei. Ihre Geschichte ist geprägt von mehreren Vandalismusakten. Dann führt uns das Schiff an der Papierinsel mit modernen, extravaganten Häusen vorbei in den Christianshavn Kanal, unter Brücken hindurch, wo Kopf, Arme und Beine eingezogen werden müssen. Die Frau, die die Fahrt kommentiert, übrigens eine Afrkanerin, stimmt dabei jedesmal Gesangestöne an und stiftet damit viele Nachahmer zum Mitsingen und –johlen an, was die Stimmung im Boot anheizt. Nach einer Stunde erreichen wir wieder die Anlegestelle in gelöster Stimmung.

Mit dem halbstündigen Rückmarsch und anschliessendem Nachtessen im Hotel verabschieden wir uns gedanklich von Kopenhagen und befassen uns noch kurz mit der morgigen Fahrt nach Stockholm.

 

Donnerstag, 18. Juli 2024 (4. Reisetag)

Heute fahren wir mit dem Zug nach Stockholm. Die erste Etappe führt zuerst unter und dann über dem Öresund hinüber nach Malmö in Schweden. Schon kurz nach unserem Einstieg in Kopenhagen fährt der Zug in einen Tunnel ein und kommt auf einer kleinen Insel wieder ans Tageslicht. Die Weiterfahrt erfolgt von da ab unter der Autobahn. Beide, Autobahn und Zugsgeleise, führen auf einer doppelstöckigen Brücke von Dänemark nach Schweden hinüber.

In Malmö steigen wir in einen Hochgeschwindigkeitszug der Schwedischen Eisebahngesellschaft. Zwei Schwierigkeiten sind dabei zu bewältigen. Einerseits haben wir per SMS die Mitteilung erhalten, dass die Fahrt unseres fahrplanmässigen Zugs durch einen Zwischenfall auf dem Schienennetz beeinträchtigt sein könnte, andererseits habe ich die Nummern der obligatorisch reservierten Sitzplätze nie erhalten, weil ich bei der online-Bestellung einen Tippfehler in der Mailadresse machte. Aber beide Problemchen lösten sich auf wunderbare Weise. Die Schwedische Bahn gab bekannt, dass sie die Beeiträchtigung beseitigen konnte und eine beim Einstieg anwesende Angestellte fand aufgrund der Quittung online unsere Sitzplatznummern. Und nun sind wir in einem komfortabel ausgestatteten Wagon unterwegs Richtung schwedische Hauptstadt. Allerdings hat die Sache einen Haken. Die vor uns sitzende Passagierin telefoniert fast ununterbrochen und mit lauter Stimme und ebensolchem Lachen. Zum Glück verstehen wir nichts, aber von Zeit zu Zeit erheben auch wir unsere Stimme, mit dem Gefühl dadurch kurzfristig gedämpftere Laute zu initiieren. Margrit meint: „Dere sett mer s’Händy wäggnäh!“

Wir erreichen Stockholm pünktlich. Mit Google Maps habe ich bereits im Zug den Weg zum Hotel festgelegt, so dass wir uns am Bahnhof nur noch darum kümmern müssen, wie wir zu einem City-Ticket kommen, um mit der U-Bahn zum Fährehafen zu gelangen, wo unser gebuchtes Hotel steht. Eine freundliche Einheimische, die uns Auskunft gibt, wo was zu finden ist, hilft uns weiter. So erreichen wir den Ticketschalter, können unser Anliegen vorbringen und lösen eine 24-Stundenkarte für den ÖV. Mit der T13 (Tunnelbana) erreichen wir Värtahamnen und wegen Baustellen über einen weiten Weg unser Hotel, wo wir ein grosszügiges Zimmer im 15. Stock zugewiesen bekommen.

Nach dem Einchecken und Bereitmachen für den folgenden City-Gang genehmigen wir uns einen Drink in der Sky Bar des Hotels und fahren anschliessend, nachdem wir einen kürzeren Weg zur Station recherchiert haben, in die Gamla Stan (Altstadt). Dort spazieren wir zusammen mit vielen Touristen durch die engen Gassen, gewinnen einen ersten Eindruck und geniessen im Aussenbereich eines alten und gut besuchten Restaurants das Nachtessen. Und dann geht es zurück in unser Hotel, wo wir in der Sky Bar den Tag Revue passieren lassen. 



Freitag, 19. Juli 2024 (5. Reisetag)

Den heutigen Tag wollen wir dazu verwenden, uns in Stockholm umzusehen. Was sicher dazugehören soll, sind das Königsschloss, der Stockholmer Dom und eine Schifffahrt in den Schären.

Nach dem Frühstück begeben wir uns per U-Bahn in die Altstadt und spazieren dort durch die Gassen mit oben genanntem Augenmerk. Dabei lassen wir uns ablenken und kommen am Reichstagsgebäude vorbei in die Drottninggatan mit vielen Geschäften, die allerdings zu dieser Zeit noch nicht geöffnet sind. Auf dem Rückweg kommen wir an der Riddarholmskirche vorbei, wo neben schwedischen Königen weitere berühmte Leute ihre Ruhestätte fanden. Im Dom, den wir auch im Innern besuchen, machen einige spezielle Kunstwerke auf sich aufmerksam.

Um die Mittagszeit fahren wir mit einer riesigen Menge Leute zur Insel Djugarden, wo sich ein Freizeitpark mit verschiedensten Attraktionen wie Achterbahn, Freifalltürme u. A.  befinden. Da leert sich das Boot, wir aber fahren direkt wieder zurück zur Ausgangsstation Slussen. Dort besteigen wir ein anderes Boot des öffentlichen Verkehrs und sind nun rund 2 ½ Stunden in den Schären unterwegs bis nach Alstecket und wieder zurück. Ein Zwischenfall im Schiff, bei dem offenbar Ammoniak ausgetreten ist, dessen Dämpfe sich ausbreiten, verlängert den Aufenthalt an einer der Haltestellen und bewirkt, dass fast alle Passagiere auf Deck kommen. Aber die Fahrt kann weitergehen. So erreichen wir im späteren Nachmittag wieder Slussen. Hier müssen wir nun noch eine zweite 24 Stundenkarte für den ö.V. lösen. Damit können wir ins Hotel zurückfahren, wo es zu schreiben und Fotos zu verarbeiten gibt.

 

Fürs Nachtessen fahren wir bis Gamla Stan. In einem traditionellen Lokal bestelle ich die typisch schwedische Mahlzeit: Köttbullar, pressad potatis, krämig konjaksås, rårorda lingon och inlagd gurka. Und die schmeckt ganz gut.

 

Samstag, 20. Juli 2024 (6. Reisetag)

Der heutige Tag bringt uns weiter. Aber vorerst haben wir noch einige Zeit in Stockholm zur Verfügung.

Nach dem Frühstück und nach dem Packen bringen wir unser Gepäck in den separaten Aufbewahrungsraum im Parterre unseres Hotels, checken aus und gehen zur U-Bahnstation. Wir fahren zur Gamla Stan und erkunden als nächstes die Oper und die Kirche St.Jakob. Beide Gebäude sind in Renovation, also nichts zu machen. Unser Weg führt uns zum Nationalmuseum und über die Brücke nach Skettsholmen. Dort ist der Dreimaster „Af Chapman“ vertäut, der in neuerer Zeit lange als Jugendherberge diente. Entlang des Strandes gelangen wir auf die Kastellinsel, wo sich eine alte Festng befindet, die im 2. Weltkrieg als Fliegerbeobachtungsort diente und nun für die Abhaltung von Kongressen und Konferenzen dient. Wir gelangen zurück zur Insel Skettsholmen und können hier das Linienschiff nach Slussen besteigen.

Nun kommt noch mein Wunsch zum Tragen, die Fahrt zur Endstation der U-Bahn Nr. 17 nach Hässelby Strand. Was gibt es dort zu sehen? Rein gar nichts! Aber wir geniessen im Restaurant Nya Piccola Rosa einen griechischen Salat, Falafel im Brot, ein Glas Rosé und ein grosses Bier aus dem Fass zu einem guten Preis in guter Qualität, und der Wirt, wahrscheinlich ein Muslim, spendet mir zuletzt den Kaffee.

 

Sonntag, 21. Juli 2024 (7. Reisetag)
Nach einer fast stündigen Rückfahrt zu unserem Hotel gehen wir mit unserem Gepäck zum Einchecken zu der im Fährhafen Värtahamnen angelegten Fähre Silja Symphony, bekommen dort unsere Kajüte zugeteilt und geniessen nun die ruhige und gemütliche Überfahrt nach Helsinki.

Nach einer ruhigen Nacht und einem reichhaltigen Frühstück erreichen wir schon bald Helsinki. Unsere Fähre legt im Olympiaterminal an. Eine riesige Menge Leute und ein paar Hunde stehen vor dem Ausgang an. Nach einiger Zeit beginnt sich dann die Menge zu bewegen, und auch wir beide erreichen den Ausgang. Im Internet haben wir uns schon vor dem Anlegen klug gemacht, wie wir zum Hotel kommen. Nach ca. einer halben Stunde stehen wir in der Halle und melden uns an der Rezeption. Unser Zimmer ist noch nicht bereit, wir können aber unser Gepäck in den Gepäckraum stellen.

Auf dem Hinweg zum Hotel kamen wir an einem Riesenrad vorbei. Margrit schwärmt immer für Riesenräder. Also führt unser zweiter Gang zu diesem. Zwei Fläschchen Cider werden gekauft und die Tickets fürs Rad. Und so verschaffen wir uns einen ersten Überblick über die Stadt.

Im Restaurant daneben schauen wir uns im Internet an, was für Angebote für Touristen gemacht werden und entschliessen uns für eine Schifffahrt auf die Insel Suomenlinna, eine Festungsinsel mit bewegter Geschichte und heute im Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Ich buche die Tickets, schnell finden wir den Abfahrtsort und das Boot fährt schon bald. Nach einer halbstündigen Fahrt durch die Hafenbucht Helsinkis legt es am gewählten Ort an. Einen Info-Prospekt finden wir im Souvenirshop. Die Festung wurde ab 1748 von den Schweden geplant und erstellt,1809 von der russischen Armee besetzt und 110 Jahre lang alsMarinestützpunkt benützt. Nach der Russischen Revolution wurde sie finnisches Staatsgebiet und diente als Kriegsgefangenenlager. Im zweiten Weltkrieg diente sie als Stützpunkt für unterschiedliche Truppeneinheiten. 1973 wurde sie dem finnischenBildungs- und Kulturministerium übergeben und 1991 ins UNESCOWeltkulturerbe aufgenommen. Wir machen einen ausgedehnten Spaziergang durch die Anlage und kommen zum Schluss, dass es menschenfreundlichere Projekte gäbe. Aber  eben: Wir können bei diesem Rundgang beobachten, wie eine freche Möwe einem unbescholtenen Menschen die Glace, die er gerade am Geniessen ist, im Flug aus der Hand reisst. Und wir können uns ein schadenfreudiges Lächeln nicht verkneifen.

Nach der Rückkehr von der Insel können wir unser Zimmer beziehen, ich kann diese Zeilen schreiben und draussen regnet es in Strömen.

Für das Nachtessen gehen wir dann nochmals ins Zentrum und finden ein gutes Lokal. Danach besuchen wir den Bahnhof und treffen Abklärungen bezüglich Platzreservierung für die bevorstehenden Zugfahrten. Den Abend lassen wir in einer Bar ausklingen, wo sich mit fortschreitender Zeit immer mehr hübsche jugendliche Gäste einfinden und die Musik immer lauter wird. Beim Abschied winken uns einige dieser Gäste freundlich lachend zu.

Montag, 22. Juli 2024 (8. Reisetag)

Für den heutigen Tag haben wir auf unserer Interrail-App eine Retour-Reise nach Riihimäki eingegeben. Margrit möchte wissen, wie es nach gut 50 Jahren in diesem Städtchen aussieht und was aus der Schule geworden ist, die sie dort damals als Gastschülerin während acht Wochen besuchte. Übrigens befand sich diese in einem ausgedienten Wasserturm, der eigentlich recht markant damals die umgebenden Bauten überragte. Beim Verlassen des Bahnhofs sind keine Erkennungsmale sichtbar. Zwar steht das alte Bahnhofsgebäude noch, daneben wurde unterdessen ein neues erstellt. In der Nähe steht ein riesiges Einkaufszentrum…??? Dazu kommen die vielen neuen vielstöckigen Wohnbauten. Wo ist das alte Riihimäki geblieben. Irgendwie gelangen wir zu Fuss zur Kirche. Eine ältere Frau, die wir nach der Schule und dem alten Wasserturm fragen, kann uns auch nicht weiterhelfen. Und da stossen wir, wieder in der Nähe des Bahnhofs, auf eine Orientierungstafel, auf der ein paar markante Gebäude des Ortes benannt sind. Aufgrund des Hotels, das hervorgehoben ist, kommt Margrit die Idee, einen anderen Weg einzuschlagen. Da plötzlich werden Erinnerungen wach, und wir finden wirklich trotz der gewaltigen Veränderungen den Standort der Schule. Am Turm angebaut wurde ein Treppenhaus, eingebaut ein Lift, auf dem Dach eine Roofbar, die Storen der grossen Schulzimmerfenster sind heruntergelassen, die Schule ist nicht mehr hier, aber die Erinnerungen werden klarer. Auf dem Dach geniessen wir nach der heissen Suche ein kühles Getränk, und Margrit weiss viel zu erzählen vom Herbst 1973.

Danach kehren wir per Zug nach Helsinki zurück, besuchen kurz die Luttherische und die orthodoxe Uspenski-Kathedrale, die erstere auch im Innern, die zweite ist geschlossen, und begeben uns zum täglichen Markt im Hafengebiet. Lachs und Falafel mit verschiedenen Gemüsen und Kartoffeln sind unsere Renner, beide köstlich zu essen.

Und nun steht noch der abendliche Ausgang an.


Dienstag, 23. Juli 2024 (9. Reisetag)

Wir fahren heute weiter. Der Zug fährt erst um 12:19 Uhr.

Wir geniessen den Vormittag noch in Helsinki. Da wir erst spät auschecken müssen im Hotel, können wir unser Gepäck im Zimmer lassen. Margrit möchte noch eine andere Seite Helsinkis kennen lernen. Also spazieren wir über den Hügel in nordöstlicher Richtung und gelangen in den Stadtteil Kruununhakaund an das Hafenbecken mit dem unaussprechlichen Namen Pohjoissatama (Nordhafen). Wir umrunden die Insel Tervasaari, die sich als grünes Erholungsgebiet für die nahen Stadtbewohner anbietet. Jedefalls begegnen wir hier Joggern und Hundehaltern, die ihre Lieblinge zum sich hier befindlichen Hunde-WC-Areal spazieren führen. Zudem sind hier auch wieder die Weisswangengänse heimisch. Nun geht es an der Finnischen Nationalbank vorbei, wo sich gerade eine Touristengruppe von einem Guide instruieren lässt, zurück zum Hotel.

Nach diesem Ausflug gehen wir zu Fuss zum Bahnhof. Derzeit sitzen wir im bequemen, aber heissen Ekstra Class-Abteil, Wälder, abgeholzte und noch stehende, Wiesen, Felder, Höfe, vereinzelte grössere Siedlungen ziehen an uns vorbei. Die Sonne strahlt vom wolkigen Himmel in unser Abteil und hinterlässt Wärme. Der Zug ist doppelstöckig, modern ausgestattet. Wasser, Kaffee und Tee stehen zur freien Verfügung. Und die Reise dauert…, die Klimaanlage schafft es nicht zu kühlen. Um 20:23 Uhr sollen wir in Rovaniemi sein. Dort wartet der Schlüssel für unsere reservierte Wohnung in einem Schlüsseltresor, und weitere Anweisungen haben wir per E-Mail erhalten. Wir haben das Glück, dass der Tag lange anhält und der Einkaufsladen bis 23 Uhr offen ist.

Wir haben Rovaniemi rund 20 Minuten verspätet erreicht. Mit der Wohnung klappt alles. In einem nahegelegenen Restaurant versuchen wir noch etwas zu essen zu kriegen. Ausser Chips und Erdnüsschen gibt es nichts mehr. Aber ein Bierchen und ein Glas Wein für Margrit liegt noch drin. Danach kaufen wir im unter uns befindlichen Selbstbedienungsladen noch etwa zu essen und zu trinken ein. Aber da haben wir die Rechnung ohne Wirt gemacht. Die Verkäuferin sortiert Bier und Wein aus und erklärt uns, dass der Verkauf von alkoholischen Getränken nur von morgen neun bis abends neun gestattet sei, und das auch bei Lightgetränken (Bier 2.75 %, Wein 8 % Alkoholgehalt). Ja, und da wird halt das lang ersehnte Znacht mit purem Wasser heruntergespült.

 

Mittwoch, 24. Juli 2024 (10. Reisetag)

Heute werden wir selber aktiv zur Bereitstellung des Frühstücks. Ich geh schnell in den Laden, um Milch und Butter zu besorgen, die beide beim gestrigen Einkauf vergessen gingen. Wieder in der Wohnung, schneide ich ein Brötchen von gestern auf, um es mit Butter und Käse im Innern zu verfeinern. Aber da stellt sich zu unserem Erstaunen heraus, dass schon etwas drin ist. Ob es ein Würstchen oder eine Gemüserolle ist, stellt sich heute Abend heraus. Jedenfalls gehe ich nochmals in den Laden und kaufe mir noch Brötchen ein. Damit ist das perfekte Zmorge, bestehend aus einem Buttersandwich mit Käse, einem Glas Preiselbeersaft und einer Tasse Milchkaffee perfekt.

Danach suchen wir die Touristeninfomation auf, um uns mit den nötigen Unterlagen und Auskünften einzudecken. Aber daraus wird nichts. Die Angestellte muss einem älteren Ehepaar noch und noch erklären, was wo wie und warum möglich oder nötig ist und was nicht geht. Jedenfalls verlieren wir die Geduld und verlassen das Büro mit ein paar Plänen und Broschüren und merken dann an der Haltestelle, dass wir den Bus zum Arctic Circle gerade knapp verpasst haben. Also begeben wir uns zum nahen Kemijoki (-Fluss) und lassen uns anhand der dort stehenden Tafel über seine Bedeutung informieren. Brücke, Wassermengen, Kraftwerke, erzeugter Strom u.a. Themen sind hier aufgeführt. Zudem sind Wanderwege in seinem Bereich eingezeichnet und spezifiziert, was uns die Programmierung des morgigen Tages weitgehend abnimmt.

Unterdessen ist die knappe Stunde Wartezeit verflogen und wir können den Bus nehmen, der uns auf verschlungenen Wegen zum Santa Claus-Dorf und zum Nördlichen Wendekreis führt. Was sich hier abspielt, ist touristisches Theater „erster Klasse“. Weihnachtsbäume stehen herum, durch ein Labyrinth mit Tausenden Geschenkpäckchen gelangt man zum Weihnachtsmann, Lieder von Schnee, Kälte und Glocken klingen ertönen und im Café der Santa Clausin gibt es bei heimeliger Wärme einen Kaffee mit Wihnachtsgebäck. Und das alles bei sommerlichen 26Grad Celsius im Schatten.

Jedenfalls verlassen wir schon bald diesen „festlichen“ Ort, fahren mit dem Bus zurück nach Rovaniemi, erkunden dort den Busterminal für übermorgen und besichtigen noch die Kirche und das Ehremal, das an die gefallenen Einheimischen im 2. Weltkrieg erinnert.

Nach einer längeren Mittagspause in unserer Wohnung beschliessen wir, an den Fluss Kemijoki zu gehen. Ich nehme Badehose und -tuch mit. In der Stadt mit Asphaltstrassen und Betonmauern ist es unangenehm heiss. So komme ich zu einer willkommenen Abkühlung im Wasser, das hier rötlich gefärbt und trüb ist, und zum Schwimmen. Gemütlich spazieren wir danach dem Fluss entlang und gelangen ins Zentrum, wo viele Restaurants hinausgestuhlt haben und viele Leute lm Schatten an den Tischen sitzen. Da setzen wir uns dazu, genehmigen uns einen Aperitiv und gehen anschliessend fürs Abendessen in unsere Wohnung. Und da stellt sich dann heraus, dass unsere Brötchen gut schmeckende Wurstweggen sind.

Donnerstag, 25. Juli 2024 (11. Reisetag)

Bei strahlend blauem Himmel und angenehmer Temperatur erwache ich um fünf Uhr. Heute wollen wir wandern. Gestern schon haben wir festgelegt, wohin es gehen soll. Unser Ziel ist das Gebiet Ounasvaara.

Nach dem Frühstück und dem Packen der notwendigen Dinge für eine leichte Wanderug von etwa 20 km machen wir uns auf den Weg. Nur die Karte haben wir liegen gelassen. Bereits in der Stadt verlaufen wir uns und landen auf der falschen Brücke über den Kemijoki. Kein Problem, das lässt sich mit einem Marsch durch Strassenbaustellen korrigieren.

Nun sind wir auf dem richtigen Weg. Über eine breite Holztreppe gelangen wir auf den Wanderweg Richtung Aussichtsturm durch einen lichten Wald aus Föhren und Birken oben auf der Kuppe. Es geht weiter zu einem nächsten Aussichtspunkt, der sich als Bergstation eines Skilifts erweist. Wir sehen weit in die Umgebung, u.a. einen weiteren Flussabschnitt des Kemijoki. Gelegentlich zeigen sich ein Hase und ein Buntspecht. Der Elch, den sich Margrit wünscht, lässt sich nicht blicken. Ein beträchtliches Stück Weg legen wir auf einem Naturweg zurück, der aus dicken Holzbrettern besteht, die auf querliegenden Rugeln gelagert sind. Die Umgebung ist sehr feucht, und hier machen sich die ersten Stechmücken bemerkbar. Wir jedenfalls packen den Mückenspray hervor und sprühen uns ein. Das wirkt. So gelangen wir an unsern Ausgangspunkt zurück. Ein Taucher im nahen Kemijoki lässt mich abkühlen, denn immerhin 27 Grad warm soll es sein.

Das heutige Abendessen nehmen wir in einem Restaurant ein, das spezielle Menüs anbietet. Margrit bestellt sich TOMMATIA & VIKKUNNA (Tomaten und Feigen), für mich gibt es PAISTETTU KALA (Gebratener Fisch). Beide Mahlzeiten werden mit speziellen Zutaten und Gewürzen serviert, und sie schmecken uns sehr. Der Schöpfer dieser Speisen ist persönlich anwesend, bereitet zu, serviert und überwacht den Betrieb. Wir staunen, dass wir so etwas hier, fast am Ende der Welt, essen und geniessen dürfen.

Und danach geht’s ab in die Klappe oder mindestens in die Wohnung. Morgen ist die Weiterfahrt geplant. Was erwartet uns?

 

Freitag, 26. Juli 2024 (12. Reisetag) 

Nun sitzen wir im Bus Richtung Ivalo. Vor rund einer Stunde sind wir abgefahren. Jetzt gerade fahren wir an einer Abzweigung vorbei, die zur Amethystmine von Lampivaara hinführt. Ausweichen musste unser Fahrer bisher einem Rentier, zwei Radfahrern, und jetzt stehen wir vor einem Rotlicht bei einer Strassenbaustelle. Überholen musste er bisher einen Bus und einen irr langen Lastwagen mit Anhänger. Die Strasse verläuft in langgezogenen Kurven durch hügeliges Gelände mit viel Wald, aber auch Moore und Wiesen, durch kleine Siedlungen, oft nach Ferienresorts aussehend, mit kleinen Hüttchen, zum Teil an Seen gelegen, und vorbei an Bauernhöfen mit davor gelagerten Siloballen. Vieh sieht man selten.

In Sodankylä machen wir kurz Halt. Toilettenbesuch und der Kauf einer süssen Zwischenverpflegung machen uns fit für die nächste Etappe. Danach macht der Bus noch Umwege, um Passagiere an ihren Destinationen abzusetzen. Dazwischen habe ich noch Gelegenheit, zwei Rentiere am Strassenrand aus dem Bus zu fotografieren.

Derzeit warten wir an der Busstation etwas ausserhalb von Ivalo auf unseren Bus nach Inari.

Unterdessen sind wir in Inari angekommen, haben die Gegend etwas erkundet, etwas gegessen und getrunken und sind dann früh schlafen gegangen. Die Gegend ist wunderschön und vor allem sehr ruhig. Es gibt wenig Gebäude, einen grossen Bootshafen und viel Wald. Vor unserem Hotel sind am Seeufer zwei kleine Wasserflugzeuge vertäut und auf dem Parkplatz stehen mehrere Tesla-Ladestationen für Elektroautos. Ein riesiger Souvenirshop bietet neben den üblichen Erinnerunsartikeln an schöne Ferien ein reichhaltiges Sortiment von Anglerutensilien an. Ein ausgestopfter Bär steht auch noch im Laden. Wir sind gespannt, was uns hier alles erwartet.

 

Samstag, 27. Juli 2024 (13. Reisetag)

Was ist denn los heute? Beim Erwachen nach einer langen, taghellen Nacht regnet es. Beim Frühstück besprechen wir das Tagesprogramm. Die Wetterprognose sieht verheissungsvoll aus: Abklingender Regen im Verlauf des Vormittags, Sonne und warm am Nachmittag. Unsere Folgerung: Museum am Vormittag, Schifffahrt auf dem Inarisee am Nachmittag.

Wir suchen das Museum SIIDA auf, müssen noch etwas warten, bis es öffnet, und bezahlen den Eintritt. Das Museum ist neu und hat dieses Jahr eine europäische Auszeichnung erhalten, ist also ein preisgekröntes Haus. Und die Ausstellung ist wirklich spitze. Da werden die verschiedensten Aspekte zum Leben der Samen, d.h. der indigenen Bevölkerung des nördlichen Skandinaviens, dokumentiert und sehr kritisch betrachtet. Fantastische Bilder und Kommentare zeigen die Problematik auf, die das Leben als samische Volksangehörige mit sich brachte und immer noch bringt. Es werden aber auch die Schönheiten und Qualitäten aufgezeigt. Im Outdoorbereich kann der Besuchende die Lebensumstände in früheren Jahren nachvollziehen. Wir sind begeistert von diesem Besuch und können ihn allen Interessierten weiterempfehlen. Das Salatbuffet im Museumscafé deckt unsere Essbedürfnisse bestens ab.

Danach begeben wir uns zur nahen Anlegestelle des Elektrokatamarans, der uns zur Insel Ukonkivi bringt. Die Schifffahrt auf dem Inarisee dauert rund zweieinhalb Stunden und wird kommentiert. Unser Boot ist das einzige Passagierschiff, das an diesem Tag auf dem See verkehrt. Vorbei an unzähligen Inseln, grösstenteils unbewohnt, schippern wir zur heiligen Insel der Samen, wo offenbar zu früheren Zeiten und bis ins 20. Jahrhundert religiöse Zeremonien stattfanden. Sie hebt sich gegenüber anderer Inseln durch ihre Höhe ab. Ursprünglich war sie dem finnischen Gott Ukko, dem Herrn des Himmels, des Wetters und der Gewitter geweiht. Die Zeremonien fanden ohne Beisein von Frauen statt. Wir werden rund um die Insel gefahren und darauf wieder nach Inari zurückgeführt. Der Inarisee ist übrigens der drittgrösste See Finnlands, fast doppelt so gross wie der Bodensee und hat rund 3000 Inseln.

Und jetzt geniesst Margrit ein Glas Wein und ich ein grosses Bier. Schon bald gibt es ein Nachtessen aus der Hotelküche.

 

Sonntag, 28. Juli 2024 (14. Reisetag)

Beim Morgenessen sind plötzlich viele Schweizer am Buffet. Die einen kommen mit uns ins Gespräch, sind dann aber nicht sicher, ob wir auch zur Reisegesellschaft gehören. Sie haben Pech, denn ihr Hurtigrutenschiff ab Kirkenes fällt wegen eines Defektes aus. Nun müssen sie einen Tag früher dort sein. Wir sind froh, dass wir es gemütlich nehmen können.

Auf unserem Programm steht heute Wandern. Beim Touristik-Infobüro haben wir uns eine Karte besorgt und den Vorschlag für eine Wanderung zur Pielpajärvi Wilderness Church ausgewählt. Der erste Teil des Wegs führt etwa 3.5 km einer Strasse entlang. Da aber praktisch kein Verkehr herrscht und der Strassenrand weitgehend betretbar ist, geht das sehr gut. Danach führt er durch lockeren Föhrenwald. Allerdings geht es wirklich über Stock und Stein. Aber wunderschön ist es, hier zu wandern. An Seen vorbei, die praktisch unberührt sind, geht es „obsi und nedsi, linggs und rächts“. Überall gibt es etwas zu betrachten, genauer hinzuschauen. Da spiegeln sich die Bäume im Wasser, gewaltige Felsblöcke aus der letzten Eiszeit versperren den Weg, Beerensträucher mit reifen Früchten verlocken gepflückt und gegessen zu werden. Wir lassen uns verführen und geniessen die süss-sauren Heidel- und Moltebeeren.

Die Kirche, die wir besuchen, liegt in einer Waldlichtung. Sie besteht aus Holz und hat einen kreuzförmigen Grundriss. Sie wurde in der heutigen Form zwischen 1752 und 1760 im ehemaligen Winterdorf der samischen Urbevölkerung erstellt und gehört zu den ältesten Gebäuden Finnisch Lapplands. Als die Samen sesshaft wurden, wurde das Winterdorf aufgegeben und die Bauten rund um die Kirche zerfielen. Dafür wurde im neu entstehenden Inari eine Kirche erbaut. Die Holzkirche von Pielpajärvi wurde 1940 wieder reaktiviert, nachdem die Kirche von Inari von den Sowjets zerstört worden war. Heute findet jährlich nur noch ein Gozttesdienst darin statt.

Am in der Nähe bestehenden Grillplatz nehmen wir unser Picknick ein. Eine junge Familie mit einem etwa achtjährigen Mädchen kommt ebenfalls hierher. Wir kommen ins Gespräch mit ihnen, und der Vater schwärmt uns vor, dass der Inarisee der einzig grössere See Finnlands sei, dessen Ufer mit Ausnahme bei Inari unverbaut seien. Und wir nehmen es auch so wahr, dass der See rundum von Wäldern umgeben ist. Zudem will er seinem Töchterchen näherbringen, was Wildnis und Natur ist.

Nachdem wir uns von den Leuten verabschiedet haben, marschieren wir praktisch ohne Unterbruch zurück in unser Hotel. Da es warm macht und ist und die Sonne scheint, nehme ich anschliessend noch ein angenehm kühles Bad im See.

Schon bald ist wieder Abend. Das Nachtessen ist nah. Gerne will ich’s mal mit Rentierfleisch versuchen. Ich habe einen Rentierhamburger bestellt und finde ihn sehr gut. Er schmeckt allerdings für mich kaum anders als ein Rindshamburger.

 

Montag, 29. Juli 2024 (15. Reisetag)

Nach dem Morgenessen packen wir wieder einmal unsere Sachen, achten darauf, dass nichts liegen bleibt, checken aus und können unser Gepäck bei der Rezeption deponieren. Danach machen wir einen Spaziergang entlang des Juutuanjoki. Wir steigen nach der Brücke über den Fluss in einen Waldweg ein und folgen diesem flussaufwärts. Schon bald gelangen wir an eine Stelle, wo wir ein unüberhörbares Rascheln, begleitet von eigenartigen Zisch- und Quietschlauten, vernehmen. Unten am Flussufer ist etwas los. Und da sehen wir, dass dort marderartige Tiere im Wasser schwimmen und an Land gehen. Wir steigen hinunter und verhalten uns still. Da raschelt es im Dickicht der Pflanzen ein paar Meter weiter flussaufwärts. Zwischen diesen jagen sich wirklich wieder diese putzigen Tierchen und kommen uns ganz nahe. Ich kann sie sogar filmen. Aber dann verschwinden sie flussaufwärts hinweg über Steine und zwischen den Pflanzen. Wir identifizieren sie als Nerze.

Unser Spaziergang führt uns in ein Gelände mit verschiedenen Pfaden und Privathäusern. Und da steht plötzlich eine Fussgänger-Verbotstafel am Weg. Wir kehren um und gelangen nach wenigen Versuchen auf den markierten Weg. Darauf gelangen wir zu imposanten Stromschnellen und zur Hängebrücke, die sich hier darüber spannt. Der Rückweg gestaltet sich nicht mehr so spannend. Zum Abschluss statten wir dem samischen Kulturzentrum noch einen Besuch ab. Es ist ein imposantes Gebäude mit Kongressräumen, Sitzungszimmern, einer Bibliothek, einem Restaurant, wo wir einen Cappucino und ein Stück Heidelbeer-Quarktorte geniessen, und einem Souvenirladen mit samischen Designstücken, die zumeist einen stolzen Preis haben.

 

Und nun sitzen wir in der Hotelhalle bei einem Glas Wein und erwarten unseren Bus, der uns nach Nuorgam bringen wird.

Der Bus ist pünktlich eingetroffen und hat uns um ca. eine halbe Stunde verspätet vor unserer Unterkunft in Nuorgam abgeliefert. Grund dafür ist eine Belagserneuerung an der Strasse nach Nuorgam. Dort sitzen wir jetzt in unserem Bungalow und geniessen die Ruhe und den schönen Abend. Die Sonne hat noch geschienen, als wir hier angekommen sind. Die Temperatur ist etwas kühler hier im nördlichst gelegenen Dorf Finnlands.

 

Dienstag, 30. Juli 2024 (16. Reisetag)

Gestern löste ich noch online die Tickets für die heutige Busfahrt. Dabei stellte sich definitiv heraus, dass der Busbetrieb zwischen Nuorgam in Finnland und Tana bru in Norwegen eingestellt ist und erst nach Mitte August wieder aufgenommen wird. Der Betreiber unserer Unterkunft anerbot sich, heute den Taxidienst für uns anzubieten. Mal schauen, wie das weitergeht.

Jedenfalls sind wir früh wach und machen uns bereit für die lange Reise nach Honningsvåg. Nach dem Morgenessen werden wir gemäss gestriger Abmachung ohne jegliche Grenzkontrolle nach Tana bru gefahren und passieren dabei das Denkmal, das bezeugt, dass hier der nördlichste Ort der EU ist. Der Bus nach Oldefjord kommt rechtzeitig trotz einer Verspätungsmeldung auf dem Handy-App – ein grosser Bus, wenig Passagiere. Und dennoch kommt er mit uns nicht ins Ziel. Nach einem Halt will er nicht mehr richtig, und der Chauffeur fährt ihn bei einer breiteren Stelle auf die rechte Seite hinaus. Und ab diesem Zeitpunkt tut er keinen Wank mehr. „Kapput!“; gibt er durch, mehr nicht, und wir stellen uns mit den anderen beiden Passagieren darauf ein, dass wir in diesem Bus die Fahrt nach Honnigsvåg heute nicht mehr schaffen. Bitter ist es für unseren Sitznachbarn, denn er möchte in Lakselv in einen Flieger nach Tromsø einsteigen. Aber auch er nimmt den unfreiwilligen Stopp gelassen hin. So warten wir rund anderthalb Stunden, bis ein Kleibus da ist und uns weiter Richtung Ziel bringt. Nach einer längeren Strecke steht ein grosser Bus der Betriebsgesellschaft auf der anderen Seite der Strasse bereit. Wir wechseln den Bus und fahren weiter. In Olderfjord, wo der Umstieg auf den Kurs nach Honningsvåg erfolgt, steht ebenfalls ein Bus nach dorthin bereit. So kommen wir mit grosser Verspätung an und können im Hotel gleich einchecken. Es ist kühl geworden.

Im Hotel erleben wir eine nächste Überraschung. Wir stellen im Zimmer fest, dass uns ein Preis berechnet wurde, der massiv über dem angebotenen Preis liegt. Sofort gehen wir zurück zur Rezeption und bringen unsere Reklamation an. Der von der Rezeptionistin gerufenen Managerin ist das sehr peinlich, und nach längerer Diskussion, wie das Problem gelöst werden könnte, macht sie uns das Angebot, dass wir das Nachtessen zum zuviel bezahlten Betrag beziehen könnten. Wir gehen darauf ein und werden sehr kulant behandelt. Jedenfalls hat sich dieser Handel vor allem kulinarisch gelohnt. Das Sirloinsteak vom Rentier auf fantastische Art zubereitet ist sowohl eine Augenweide wie eine Gaumenfreude.

Vor dem Essen erkunden wir noch etwas das Städtchen, das mit seinem Hafen, dem gerade eingetroffenen Kreuzfahrtschiff bzw. mit den Hunderten von Gästen, den teilweise vernachlässigten Gebäuden und den teuren Angeboten für Königskrabben zum Essen einen zwiespältigen Eindruck macht. Wir sehen dann morgen weiter. Aber vorerst möchten wir uns aus dem Reiseführer noch etwas klüger machen.

 

Mittwoch, 31. Juli 2024 (17. Reisetag)

Der heutige Tag wird sicher ein Höhepunkt unserer Reise werden. Der Himmel ist fast wolkenlos blau, die Sonne scheint, der Fall ist klar: Heute geht’s zum Nordkap.

Nach dem Morgenessen, das wiederum sehr reichhaltig ist, schauen wir uns etwas im Dorf um, besuchen die Touristeninformation und überlegen uns dabei, wi wir die drei Tage hier genau verbringen werden. Um viertel vor elf fährt der Bus zum Nordkap. Wegen unterschiedlicher Auffassung über den Abfahrtsort verpassen wir ihn beinahe. Wir warten an der falschen Haltestelle, und der leere Bus fährt vor der fahrplanmässigen Abfahrt in umgekehrter Richtung an uns vorbei und biegt zum Hafenareal hinunter ab. Als er darauf nicht mehr erscheint, geht Margrit nachschauen und winkt da wie verrückt, dass ich nachkommen soll. Der Bus steht nämlich vor dem Info-Büro. Wir schaffen den Zustieg knapp vor der Abfahrt.

Das Nordkapp, wie es die Norweger schreiben, liegt im Norden der Insel Magerøya und ist korrekt genommen weder der nördlichste Punkt des Festlandes noch derjenige der Insel. Aber wahrscheinlich ist es die spektakuläre Position, die das Kap einnimmt, was ihm zu dieser Popularität verhalf. Wir beide finden sowohl die Fahrt dorthin wie auch den Ort selber höchst sehens- und erlebenswert. Die Landschaft ist hügelig, teilweise felsig, kahl ohne Bäume und spärlich mit Kräutern bewachsen. Dazu bläst heute ein ständiger Wind mit beträchtlicher Stärke. Überall weiden Rentiere unterschiedlichen Alters und halten die vielen Autofahrer, vor allem Wohnmobile, zum Bremsen an. Als wir ankommen, ist der Besucheransturm noch im Rahmen. Je weiter die Zeit fortschreitet, desto mehr Besucher treffen ein. Beim Fotografieren treffen wir ein Paar, das uns aufnimmt, wir halten Gegenrecht, und dabei kommt es zu einem länger dauernden Gespräch über Reiseerlebnisse. Da kommt zum Ausdruck, dass Probleme beim Reisen länger haften bleiben als Abläufe, wo alles schön am Schnürchen läuft. Wir spazieren dem Abgrenzungszaun zum steilen Abhang zum Wasser entlang und suchen Stellen, wo man aufs Ufer hinuntersieht. Solche Stellen slnd rar. Aber da tauchen plötzlich kleine Vögel auf, die sich auf den Boden ducken, um nicht weggeweht zu werden. Wir bestimmen sie als Schneeammern. Plötzlich kommt uns eine Frau entgegen, die uns zwei Tickets fürs Kapzenrum mit dem Kommentar in die Hand drückt, sie brauche diese nicht mehr. Wir kommen damit ins Zentrum hinein, schauen uns etwas um und geniessen im Cinema den Film, der den Verlauf eines Jahres im Gebiet recht eindrücklich zusammenfasst. Danach ist es Zeit für die Rückkehr nach Honningsvåg.

Zurück in Honingsvåg legen wir eine Pause ein und gehen danach auf einen erweiterten Rundgang durch das Dorf. Da finden wir richtig grosszügig gebaute Wohnhäuser in guten Lagen. In einem Restaurant geniessen wir ein Glas Wein bzw. Bier. Und nun steht schon bald das Abendessen an.

Donnerstag, 1. August 2024 (18. Reisetag)

Nationalfeiertag – und wir sind nicht daheim! Keine Höhenfeuer – aber wir haben im Sinn, Höhen zu erklimmen. Dazu sind wir jetzt bereit.

Wir steigen empor, wo wir den Wegweiser zum Hausberg Honningsvås, den Storvjellet, sehen. Kurz danach kommen wir zu einer Hütte mit mehreren Arbeitern, die hier einen Steinplattenweg erstellen. Wir müssen die Baustelle umgehen. Alle sind relativ dunkelhäutig und recht vermummt, ich denke, wegen der Kälte und eventuell der Staubentwicklung. Sie tragen hellgrüne Jacken und schieben mit Stemmeisen schwere Steinplatten herum. Etwa hundert Meter weiter oben beginnt eine mit riesigen, teilweise unförmigen Steinplatten erstellte Treppe, die sich steil den Berghang hinaufzieht. Margrit hat im Verkehrsbüro mitbekommen, dass sie 1000 Stufen hat. Wir nehmen die Treppe in Angriff, und da Margrit ein leichtes Kribbeln im Bauch verspürt – nicht Liebe, sondern Höhenangst – nehme ich ihr den Rucksack ab und führe sie an der Hand höher und höher. Wir begegnen einem weiteren grün bejackten Arbeiter, der die Treppe sauber wischt und Unkraut und lose Steine beseitigt. So überwinden wir wirklich 1000 Stufen, Margrit zählt mit, und gelangen auf etwas mehr als 300 m ü. M. Da sehen wir eine Schutzhütte, die wir natürlich gleich inspizieren. Hier besteht die Möglichkeit, in einem Holzofen ein Feuer anzuzünden. Wir lassen das sein, ich entflamme aber für kurze Zeit den beigelegten Feueranzünder, Ersatz für das in der Heimat entzündete Höhenfeuer. Selbstverständlich tragen wir uns ins Hüttenbuch ein und zeichnen noch ein Kreuzlein dazu, es ist ja 1. August.

Danach führt der Weg über gewaltige Geröllhalden noch ein Stück weiter hinauf zu einem dort errichteten Steinturm, der als Wegmarkierung dient. Dahinter, wieder etwas tiefer gelegen, folgen die nächsten Steintürme. Von einem Weg ist nicht mehr viel zu sehen. Bei einem der nächsten Türme führt dann der Weg steil abwärts auf eine Terrasse und dann dem Hang entlang in ein Tälchen, das sich gegen Honningswåg hinunter öffnet. Hier können wir Steinschmätzer, Silbermöwen und Kolkraben beobachten. An einen Tisch mit zwei Bänken setzen wir uns, um unser mitgenommenes Picknick zu geniessen. Schon bald setzt sich eine englischsprachige Touristin dazu, die uns vorschwärmt, wie sie hier in Norwegen tolle Plätzchen vorfand und eigentlich jedesmal gerne länger geblieben wäre. Ein einheimscher Wanderer, der etwas später zu uns stösst, berichtet, dass er hier in dieses Tälchen komme, um vom frischen, kühlen Quellwasser zu trinken, das auf der anderen Talseite entspringe und verjüngende Wirkung habe. Zudem erzählt er uns, nachdem wir ihm von unseren Treppenaufstieg berichtet haben, dass die dort arbeitenden Männer aus Tibet stammen, hier zwei drei Monate am Weg bauen, einiges Geld verdienen und dann wieder in ihre Heimat zurückkehrten. So gelangen wir zurück ins Hotel, wo uns eine warme Dusche erwartet, denn recht kühl und windig verlief der heutige Vormittag.

Als nächstes besuchen wir das Nordkapp Museet.  Wir bekommen hier einen Überklick über die Besiedlung der Finnmark, d.h. des Landstrichs entlang der Barentssee in Norwegen, über die Geschichte, die Lebensumstände der Menschen hier und über die Zukunftsaussichten. Besonders eingefahren sind mir die Ereignisse in dieser Gegend während und nach dem zweiten Weltkrieg, als sich die deutsche Armee aus dem Norden zurückzog und die Taktik der verbrannten Erde anwandte. Da blieb praktisch kein Gebäude verschont und die einheimische Bevölkerung wurde gnadenlos evakuiert. Eindrücklich ist auch, mit was für Hilfsmitteln die Fischerei und die Verarbeitung der Ausbeute betrieben wurde. Eindrückliches Bild- und Filmmaterial erlaubt einen Einblick ins harte und karge Leben der samischen Indigenen.

Bei Kaffee und schmackhaften Zimtschnecken im nahen Café lassen wir den Tag ausklingen. Der nächste Termin ist das Abendessen im Restaurant unseres Hotels. Da gibt es als Festtagsmenu nochmals Rentier Sirloin Steaks. (Sehr empfehlenswert!)

 

Freitag, 2. August 2024 (19. Reisetag)

Nach dem Aufstehen, beim Anziehen ruft Margrit unerwartet ganz aufgeregt: „Komm schnell ans Fenster! Das musst du unbedingt sehen!„ Und sie zeigt ganz aufgeregt nach draussen. Dort sind wirklich vier ausgewachsene Rentiere zu sehen, die im Bord neben dem Hotel mitten in den wuchernden Waldweidenröschen stehen und genüsslich die reichlich vorhandenen Kräuter abweiden. Wir fotografieren und filmen durch die Fensterscheibe, weil sich das Fenster eh nicht so weit öffnen lässt. Wenige Minuten später sind die scheuen Tiere wieder verschwunden.

Heute gehen wir nochmals wandern. Das Seelein Prestvatnet ist unser erstes Ziel. Der Weg führt erst recht steil in das Tal hinein, in dem wir gestern zum Hotel zurückkehrten. Auf dem höchsten Politischen Not angelangt, sehen wir etwas weiter unten dieses Gewässer. Eine Tafel macht uns darauf aufmerksam, dass wir jede Verschmutzung zu vermeiden haben, da der See als Trinkwasserspeicher diene. Auf dem Wasser schwimmen ein paar Möwen, die Morgentoilette machen. Unser Weg, den in Google Earth ausfindig machte, führt nun rechts weg auf die Strasse hinunter, die Honningsvåg mit Nordvågen verbindet. Hier ist Fischen und Fischverarbeitung die Haupteinnahmequelle. Daneben gibt es einen Skilift, der praktisch vom Meer her in die Höhe führt. Neben vielen Fischerbooten im Hafen steht hier ein recht grosser Fischverarbeitungsbetrieb. Aus dem Touristikbüro haben wir einen Prospekt dieses Betriebs mitgenommen, worauf eine Betriebsbesichtigung angeboten wird. Wir gehen zum Eingang und treten ein. In einer Ecke einer grossen Halle steht zwischen Ausstellungsgegenständen ein Tisch, dahinter sitzt eine junge Frau. Sie beantwortet unsere Frage nach der Ausstellung positiv und macht darauf aufmerksam, dass dies eine Schaufischfabrik sei. Wir bezahlen den Eintrittspreis und lassen uns zeigen, wie die Ausstellung organisiert ist. Mir dem Handy können dir einen QR-Code einlesen und werden mit den Aussrellunstafeln in deutscher Sprache bedient. Schon bald erscheint der Direktor (CEO) der Firma und erzählt uns einiges zum Betrieb. 70 Fischerboote sin für die Firma unterwegs, die Belegschaft stammt aus 22 Nationen, der Winter ist die fangreichste Zeit, die Fische werden grösstenteils luftgetrocknet, alle Organe der Fische werden verwertet, der Betrieb gilt als mittelgross… Wir bewundern die zwei Königskrabben im grossen Aquarium mitten im Ausstellungsraum. Jedefalls beschliesse ich danach, auf den Verzehr solch urtümlicher und fantastischer Lebewesen zu verzichten. Wir bekommen Einblick in die Verarbeitungsstätten, wo übrigens viele Frauen arbeiten. Und es riecht natürlich überall nach Fisch. Deshalb klagt Margrit nach einiger Zeit über ein flaues Gefühl im Magen und über Übelkeit. Ich probiere noch getrockneten Fisch in Spanform und Fischrogen (Kaviar) auf Brötchen. Es ist ein eindrückliches Erlebnis, mal zu sehen, was die Fischerei für einen Beitrag an die Ernährung vieler Menschen leistet.

Mit dem Bus fahren wir zurück und leisten uns einen gemütlichen Nachmittag an der Sonne. In der Bäckerei mit Café im Freien, die übrigens von einem Afrikaner aus Guinea geführt wird, geniessen wir einen Cappucino und eine Zimtschnecke, in einem weiteren Restaurant ein Glas Rosé bzw. ein Bier, wo die Chefin noch ein „Probiererli“ Bruschetta mit Rentierfleisch auftischt.

Und dann müssen wir uns noch etwas mit der Planung für morgen befassen. Die Reise geht mit dem Hurtigrutenschiff „Kong Harald“ um sechs Uhr morgens weiter.

Samstag, 3. August 2024 (20. Reisetag)

Schon um vier Uhr sind wir wach. Wir müssen früh bereit sein. Unser Schiff fährt um sechs Uhr. Eine Viertelstunde vorher sollen wir uns aufs Schiff begeben, damit es pünktlich abfahren kann. Um halb sechs wollen wir das Hotel verlassen und uns an den Anlegekai begeben.  Wir sind auch diesmal früher dran, und das Hurtigrutenschiff „Kong Harald“ trifft verspätet ein. Die Zeit reicht jedenfalls, um die Sandwiches, die uns vom Hotel bereitgelegt wurden, zu verzehren und den Apfelsaft zu trinken.

Unterdessen hat das Schiff angelegt. Einige Passagiere verlassen es, und wir können zusammen mit anderen Reisenden einsteigen.  Wir melden uns bei einer der beiden Empfangsdamen an, bekommen die Verhaltensregeln auf Papier, die Nummer der zugeteilten Kabine und die Schlüsselkarten. Frohen Mutes begeben wir uns zur Türe, Margrit öffnet sie, und oh Schreck, die Betten sind zerwühlt, im hinteren scheint noch jemand zu schlafen, und sie schliesst die Türe wieder rassig – ein Fauxpas des Personals. Ich bringe die beiden Karten der einen Empfangsdame zurück und melde ihr den Sachverhalt. Sie entschuldigt sich, programmiert die beiden Garten um, streicht die Kabinennummer, schreibt eine neue drauf und gibt sie mir zurück. Und diesmal klappt es.

In Hammerfest gibt es einen längeren Aufenthalt. Margrit und ich nutzen ihn, um hier einen Augenschein zu nehmen.  Wir finden auf dem halbstündigen Marsch bei schönstem Wetter Richtung Zentrum kein Restaurant, nur einen Extra-Markt, wo wir uns etwas zu trinken, eine Schale Brombeeren, Knäckebrot und ein Lachssandwich kaufen. Auf einer nahen Bank an einem ins Meer mündenden Bach verzehren wir unseren Einkauf und kommen dabei mit zwei in etwa gleichaltrigen Männern ins Gespräch. Auch sie betonen, wie das Wetter ausserordentlich warm und sonnig sei und dass es auch Sommer gebe, in denen nur ein einziger Tag mit solchem Wetter wie heute auftrete. Und sie beneiden uns ein Stück weit um unser Reiseprojekt, als wir ihnen den Verlauf schildern.

Danach geht’s aufs Schiff zurück. Die Weiterfahrt führt uns zwischen recht öden und felsigen Inseln und Festlandgebieten immer weiter Richtung Südwesten. Wir sitzen in bequemen Postersesseln, schauen hinaus und geniessen die Fahrt, obschon von links und rechts und von hinten mal leisere oder lautere Schnarchlaute ertönen.

Links von unserer Route sehen wir immer wieder Berge mit grossen Schneefeldern und fragen uns, ob das Gletscher oder nur Überreste des letzten Winters sind. Zudem fallen uns immer wieder Vögel auf, die je nachdem näher oder weiter weg von uns fliegen. Die Entfernungen sind aber zu gross, um sie definitiv zu bestimmen.

Über den Lautsprecher wird Reklame gemacht für spezielle Angebote. Ich bekomme etwas mit über eine Seeadler-Safari, die morgen Nachmittag stattfinden soll. Das fasziniert mich, und umgehend mache ich mit Margrit ab, dass ich mich an der Rezeption genauer informiere. Ich buche dann diesen Ausflug gleich für uns beide und bin gespannt, was wir da wirklich beobachten können.

Kurz vor Mitternacht fahren wir bei dämmerigem Licht unter einer hohen Strassenbrücke durch in Tromsø ein und legen an.

 

Sonntag, 4. August 2024 (21. Reisetag)

Der Tag beginnt mit einem nächtlichen Streifzug durch Tromsø. Im Auftrag eine guten Kollegen soll ich einer Verkäuferin/Serviererin in einem Café hier Grüsse überbringen. Ich habe auf dem Handy ein Foto des Gebäudes. Mit diesem haue ich eine Gruppe angesäuselter Männer und eine Frau an, ob sie den Laden kennen. Die Frau weiss sofort, wo der ist und sagt, ich solle ihnen folgen. Und wirklich, wir landen vor dem Café. Es ist noch ziemlich hell hier, aber im Laden ist niemand mehr. Schade! Unverrichteter Dinge kehren wir zum Schiff zurück und legen uns schlafen.

Gewohnt früh erwachen wir. Eine Dusche weckt die Lebensgeister. In einem 24h-Geschäft haben wir uns nachts zwei Zimtschnecken und einen Becher Hüttenkäse gekauft, die nun zum Verschlingen bereit sind. Den Kaffee dazu können wir uns in der Kabine machen, die Vorrichtung dazu ist vorhanden und die Kaffeebar öffnet eh erst um neun. Nach dieser Stärkung ist Aufräumen angesagt.

Um acht Uhr legt unser Schiff in Harstad an. Dann geht es weiter durch den fast fünf Kilometer langen und sieben Meter tiefen Risøy-Kanal, der im Jahr 1922 eröffnet wurde und den Hafen von Risøyhamn besser erreichbar machte. Die Gegend ist ein bekanntes Vogelschutzgebiet. Wir können zwar sehr viele gefiederte Lebewesen erkennen, aber die Entfernungen sind zu gross, um sie zu bestimmen.

Beim nächsten, längeren Halt in Stokmaknes befindet sich das Hurtigruten-Museum. Da ist das 1956 in Dienst gestellte Schiff dieser Gesellschaft, die „Finnmarken“, in einem modernen Bau ausgestellt. Wir verzichten zu Gunsten lukullischer Bedürfnisse auf einen Museumsbesuch, müssen aber konstatieren, dass der Sonntag in Norwegen, mindestens in ländlicher Gegend, Ruhetag ist. So kehren wir unverrichteter Dinge auf die „Kong Harald“ zurück und holen uns an der Bar etwas zu beissen und zu trinken.

Auf 16 Uhr ist die gebuchte Sea eagle-Safari angesetzt. Mit einigen Teilnehmenden treffen wir uns auf Deck drei und steigen dann weiter hinunter im Schiff. Dort unten, im Frachtraum, gibt es eine Klappe, die angehoben wird. Draussen legt ein Ausflugsboot an, in das wir während der Fahrt umsteigen können. Damit werden wir zu verschiedenen Orten geführt, wo Seeadler auftreten könnten. Spektakulär ist aber vorerst der Umstand, dass ein junger Angestellter des Bootsunternehmens Möwen, zumeist Silbermöwen, füttert, die unser Boot laut kreischend begleiten und dem Futterspender dabei auf Arme und Kopf sitzen. Als dann ein Seeadler in der Höhe erscheint, wirft er Fische weit hinaus ins Meer. Der Adler nimmt das aus grosser Höhe wahr und stürzt sich hinunter aufs Wasser, greift sich den toten Fisch und fliegt damit Richtung Land. Spektakulär ist aber auch die Gegend. Wir fahren in den Trollfjord hinein, rechts und links ragen die Felswände in die Höhe, die Sohle ist vielleicht 30 bis 50 m breit, und plötzlich taucht hinter uns auch die „Kong Harald“ auf, die sich in diesen Canyon hineinwagt. Weitere Begegnungen mit Seeadlern, gemäss Moderator der Safari 31, und ein Besuch in einem in den Fünzigerjahren verlassenen Fischerdorf runden diese Soezialtour ab. Wir erreichen praktisch mit unserem Mutterschiff Svolvær, wo ein längerer Halt vorgesehen ist.

Wir nutzen diesen Halt, um uns etwas umzusehen und um in einem Restaurant im Aussenbereich unser Abendessen zu geniessen, übrigens in kurzen Hosen und T-Shirt, und das nördlich des Polarkreises.

 

Montag, 5. August 2024 (22. Reisetag)

Schon früh sind wir auf. SRF-6 Uhr-Nachrichten (Wie geht es im Nahen Osten weiter?), LZ lesen, Kaffee mit Bisquits und Knäckebrot beschäftigen uns. Danach gehen wir aufs Deck 7, wo um neun Uhr die Bar aufgeht. Bericht schreiben, Fotos und Filme begutachten und Verfolgung der Weiterfahrt sind auf unserem Programm. Wir fahren am Inselchen mit dem Denkmal für den nördlichen Wendekreis vorbei, stoppen kurz in Nesna und sichten danach auf einer Inselkuppe einen ausgewachsenen Seeadler.

Als wir unseren Platz wechseln und im obersten Stock am Bug vorne unsere Plätze einnehmen, deutet mir eine ältere Sitznachbarin, dass sie einmal durch meinen Feldstecher gucken möchte. Wir kommen ins Gespäch. Da stellt sich heraus, dass die Dame in Paris zuhause ist, zum zweiten Mal in ihrem Leben auf der Hurtigruten mifährt und dass sie 90 Jahre alt ist. Ob wir mit 90 auch noch solche Reisen unternehmen?

In Sandnessjøenlegt das Schiff nur für eine halbe Stunde an. Ich möchte zur Abwechslung gerne eine Frucht essen. Also eilen wir zum nächsten Supermarkt, den Margrit beim Anlegen sah, nehmen uns zwei Birnen aus der Obstharasse, rasen zur einzigen offenen Kasse. Aber, oh Schreck, der Kassier hat mit dem Kunden gerade in Problem zu lösen, und wir müssen uns beeilen. Wir überlegen uns schon, die Birnen zurückzulegen, das bewegt sichbtas an der Kasse. Der Kreditkarte wir vom Lesegerät erkannt, und der Code kanneingtippt werden. Der nächste akunde hat nur gerade einen Artikel zu zahlen. Wir sind dran. Es klappt. Wi eilen, teilweise im Laufschritt, zurück. Die Gangway ist noch unten. Wir sind nicht einmal die Letzten. Die Birne schmeckt ausgezeichnet.

In Brønnøysund dauert der Stop gute zwei Stunden, gut für eine kleine Sightseeing-Runde und für eine Mahlzeit. Ein Einkaufscenter ohne Kunden, eine alte Kirche, tipptopp renoviert, wenige Gastrobetriebe ohne Gäste treffen wir an. Ein altes Restaurant, die Cash Bar mit einem Outdoor-Bereich spricht uns an, und dort essen und trinken wir etwas. Danach kaufen wir uns im grossen Extra-Shop noch Proviant für den morgigen Tag. Denn morgen geht es weiter per Bahn. Die Tickets und die notwendigen Platzreservationen sind gebucht.

Im Verlauf des Abends sind alle Schiffspassagiere zu einem Abschiedsdrink des Kapitäns geladen. Dieser gibt einen kurzen Überblick über die Geschichte der Hurtigruten, die seit 1893 existiert und sich zur Touristenattraktion entwickelt hat, dankt allen, dass sie mitreisten, und hofft, dass viele wieder kämen. Dann stossen alle auf die tolle Reise an. Musikalisch wird der Anlass von einer Sängerin und einem Sänger abgerundet.

 

Dienstag, 6. August 2024 (23. Reisetag)

Schon früh bin ich wieder wach. Während Margrit noch schläft, gehe ich unter die Dusche und mache mich reisebereit. Danach ist die nun erwachte Margritvan der Reihe. Wir packen unsere Sachen, kontrollieren, ob wir wirklich an alles gedacht haben. Unterdessen hat unser Schiff in Trondheim angelegt, und wir können es verlassen.

Der Weg zum Bahnhof ist etwas länger als wir das auf Google Maps wahrgenommen haben, aber wir schaffen es problemlos. Auf dem Bahnhof ist nicht sehr viel los. Wir finden einen Verpflegungsladen, wo wir uns einen Kaffee herauslassen können und wo es ein Croissant gibt. Auf einer Wartebank geniessen wir nun unser “Zmorge“. Etwa um viertel vor acht begeben wir uns auf den Bahnsteig, wo schon bald unser Zug hereingestellt wird. Wir finden schnellender reservierten Plätze und richten uns ein. Der Zug fährt pünktlich ab. Die Plätze neben uns bleiben frei. So können wir beide Fensterplätze einnehmen.

Unsere Zugfahrt bis Oslo dauert bis gegen 15 Uhr. Wir fahren durch ganz unterschiedliche Landschaften. Zum Teil führt die Strecke durch wilde Gegenden mit reissenden Flüssen und natürlichen Wäldern, dann wieder durch intensiv genutzte Landwirtschaftszonen mit viel Ackerbau. Wir fahren aber auch an Orten vorbei wie Lillehammer und Kvitfiell, die uns vom Wintersport her  bekannt sind. Die Strecke geht an grossen Seen mit Campinganlagen und Bootshäfen vorbei, die touristisch eine Rolle spielen, und immer wieder gibt es etwa zu sehen und zu kommentieren. Die Gleisanlagen sind teilweise in die Jahre gekommen, so dass unser Zug relativ langsam und ruckelnd vorwärts kommt. Wo die Gleise neu verlegt wurden, geht es komfortabler und schneller vorwärts.

In Oslo steigen wir um und fahren mit einem Zug aus den Stadler-Betrieben weiter nach Fredrikstad. Da erwarten uns Margrits Bruder Beat und seine Frau Doris. Sie nehmen uns mit in ihr Feriendomizil Gressvik, eine Hytte mitten im Wald, von Bäumen, einem Kletterfelsen und Heidebeersträuchern umgeben. Da unternehmen wir einen kleinen Spaziergang und bewundern die tolle Umgebung am Oslofjord. Danach gibt es Abendessen, viel zu berichten und dann Olympische Spiele mit Kambundji, Ehammer und dem Duo Brunner/Hüberli.

Mittwoch, 7. August 2024 (24. Reisetag)

Bereits vor dem Frühstück machen wir mit Beat einen rund 7½ km langen Marsch zusammen mit Hündin Grace. Durch schmale Waldwege, über Felsflächen und Fahrwege gelangen wir an die Meeresküste und wieder zurück zur Hütte. Es ist stark bewölkt, aber im Laufe der Wanderung hellt es auf, und die Sonne scheint. Daheim erwartet uns ein reichhaltiges Zmorge, das uns einige Zeit beansprucht.

Danach fährt uns Beat im Auto auf die Insel Hlaven. Wir befinden uns hier in einem Naturpark. Durch einen Hohlweg, links und rechts durch Felswände begrenzt, gelangen wir zur Küste. Übrigens kann es Beat dabei nicht lassen, noch ein paar schöne Eierschwämme und einen Steinpilz, die am Wegrand stehen, zu pflücken. Danach führt der Weg zu einem Badestrand, der aber wenig besucht ist. Weiter geht es über von den Eiszeitgletschern blank geschliffene Felspartien, die gegen das Meer hin geneigt sind und mehr oder weniger steil abfallen. Erstaunlich ist, dass überall in Spalten und Vertiefungen, wo sich einige Krümel Erde im Laufe der Zeit ansammelten, Pflanzen gedeihen. Sogar Nadelbäume wachsen, aber nicht in die Höhe, sondern in die Breite. Verschiedene Blümchen blühen. Während die Frauen den markierten Weg benutzen, führt mich Beat nach unten ans Wasser, wo dann auch auf allen Vieren geklettert werden kann. Darauf steigen wir in eine Bucht ab, wo ein paar Fischerhäuschen stehen. Von da weg geht es auf guten Pfaden zurück zum Auto.
Unsere Heimfahrt führt zu einem Restaurant, wo wir essen gehen möchten. Aber dieses Restaurant ist geschlossen und nicht mehr in Betrieb. Und ein weiteres Esslokal, das Doris telefonisch anfragt, ist leider ausgebucht. Es scheint allgemein nicht ganz einfach, hier in der Gegend ein solches  zu finden. Also essen wir daheim, und das schmeckt auch.

 

Donnerstag, 8. August 2024 (25. Reisetag)

Vor dem Vergnügen die Leistung! Beat, Margrit und ich begeben uns mit Grace auf den obligaten Morgenspaziergan zum Aussichtspunkt Walhallrøisa. Zuerst durch Kulturland, dann durch Wald und anschliessend auf Felsplatten mit spärlicher Vegetation erreichen wir nach rund einer Stunde einen gedeckten Grillplatz mit prächtiger Sicht auf den Oslofjord und danach einen gewaltigen Geröllhafen, eine Grabstätte aus der Bronzezeit. Auf einem anderen Weg marschieren wir nach Hause und finden dabei noch ein paar köstliche Steinpilze zum Mitnehmen. Daheim wartet das reichhaltige Zmorge auf uns, und wir lassen es uns schmecken.

Am Nachmittag unternehmen wir eine stürmische Bootsfahrt der Küste entlang Richtung Norden. Da sehen wir sehr schön die Beschaffenhit der Küste und wie sie von den Menschen genutzt wird. Lange Stücke sind meist frei zugänglich und oft sehr wild. Andere Abschnitte sind überbaut mit Ferienhütten und Wohnhäusern ganz unterschiedlicher Stile. Da das Wetter nicht optimal ist, verzichte ich auf den Sprung ins Wasser.

Am Abend sind wir beide von Doris und Beat zum Abendessen eingeladen. Wir werden dazu nach Engelsviken gefahren, wo sich ein Restaurant befindet, das für seine Meeresspezialitäten bekannt ist. Hier bestellen Beat und ich als Vorspeise eine Portion frische Reker, zu deutsch Garnelen, und als Hauptspeise eine Fischsuppe. Diese wird als beste der Welt angepriesen. Und sie schmeckt wirklich vorzüglich. Darin hat es Stücke von verschiedenen Fischen sowie Garnelen und unterschiedliche Sorten von kleingeschnittenem Gemüse. Basis für die Suppe scheint mir Rahm zu sein. Eine feine Gewürzmischung rundet das ganze wunderbar ab.

Nach dem Essen und der Rückkehr in unser Heim, holt Doris ihre Tochter, den Schwiegersohn und ihren Enkel vom Bahnhof Fredrikstad ab. Sie haben ein paar Tage in Oslo verbracht und sind heute per Bahn nach Fredrikstad unterwegs.

Die Verfolgung der Olympischen Spiele am Fernseher wiegt uns in den Schlaf ein.

 

Freitag, 9. August 2024 (26. Reisetag)

Es regnet! Rundum ist es grau. Beat muss sich allein mit Grace auf den Weg machen. Niemand hat Lust, die beiden zu begleiten. Sein Spaziergang führt nicht allzu weit. So bleibt Zeit für ein ausgedehntes und leckeres Zmorge.

Danach heisst es packen. Mit etwas Wehmut verlassen wir unsere Gastgeber und lassen uns von Doris zum Bahnhof in Fredrikstad fahren, froh darüber, dass wir bei diesem unfreundlichen Regenwetter nicht zu Fuss unterwegs sein müssen.

In mehreren Etappen geht die Reise nach Trelleborg in Südschweden:
–    Bahnfahrt bis Halden
–    Bahnersatzbus bis Göteborg
–    S-Bahn bis Helsingborg
–    Regiozug nach Trelleborg

In der ausgestorbenen Fussgängerzone finden wir ein Thairestaurant, das geöffnet hat. Das Essen schmeckt. Danach heisst es Geduld haben. Eine Hinweistafel im Bahnhof von Trelleborg zeigt uns an, wo der Check in-Schalter für die Fähre nach Rostock zu finden ist. Aber im Gebäude, wo er sich befinden sollte, wird darauf hingewiesen, dass der Self Check in-Automat im Bahnhofgebäude sei. Also umgekehrt und sich auf die Suche machen. Und siehe da, wir finden ihn. Das Self Check in klappt nach dem zweiten oder dritten Anlauf, und der Automat spuckt die Boarding-Karten für uns aus mit dem Hinweis, dass uns in ca. 30 Minuten ein Shuttlebus vor dem Bahnhof abhole. Die 30 Minuten verstreichen: kein Bus da! Beim Fährhafeneinfang neben dem Bahnhof steht auf einer Tafel, der Bus käme eine halbe Stunde vor Abfahrtszeit der Fähre, was dann wirklich zutrifft. So gelangen wir auf das Schiff, das uns nach Rostock bringen wird. Da erleben wir dann noch ein Derby wegen der Kabine, was zuletzt dann gut herauskommt. Jedenfalls schlafe ich ausgezeichnet, wenn auch kurz.

 

Samstag, 10. August 2024 (27. Reisetag)

Wir erwachen, als wir uns Rostock nähern. Eine wunderschöne Morgenstimmung erwartet uns nach dem grauen, verregneten gestrigen Tag. Unser Schiff fährt nach sechs Uhr in den riesigen, modernen Hafen von Rostock ein und legt an. Wir Zufuss-Passagiere werden an Land begleitet und von einem Shuttle-Bus zu einer ÖV-Haltestelle gebracht. Allerdings stellen wir hier fest, dass ein Bus am Samstag nur selten fährt. Ein junges Paar, das mit uns von der Fähre kommt, schlägt uns vor, ein Taxi zu rufen und die Kosten zu teilen. Damit sind wir einverstanden. Die Fahrt zum Bahnhof dauert dann doch länger, als wir uns das vorstellen, denn auf einem Bahngleis, das überquert werden muss, wird gerade rangiert. Ein langer Zug mit Güterwagen wird verschoben und bleibt längere Zeit auf der Strasse stehen, bewegt sich darauf in die umgekehrte Richtung, bleibt, kurz bevor er die Strasse frei geben könnte, wiederum stehen und ändert neuerdings die Fahrtrichtung. Endlich können wir doch noch das Gleis überqueren und gelangen zum Bahnhof. Von dort ist es ein Katzensprung zum Hotel. Dort angekommen, können wir unser Gepäck einstellen, die Gästekarte in Empfang nehmen, die unter anderem als ÖV-Ticket gilt, und in die Altstadt gehen.

Auf unserem Stadtbummel schauen wir uns die verschiedenen Sehenswürdigkeiten an. Da an diesem Wochenende ein grosses Fest ansteht, Hanse Sail genannt, wird da und dort noch am Aufstellen von Attraktionen gearbeitet. Je länger der Tag dauert, desto mehr Leute finden sich ein. Die Altstadt wird von einem Besucherstrom überschwemmt.

Am frühen Nachmittag kehren wir per Tram in unser Hotel zurück, wo wir nun unser Zimmer beziehen und uns einrichten. Und dann geht’s zum Stadthafen, dem hauptsächlichen Standort des Hanse Sail-Anlasses. Eine Unmenge von Leuten bevölkert die Kais, sitzt, steht und spaziert zwischen Verpflegungs- und Marktständen sowie Jahrmarktsattraktionen. Auf dem Becken des Stadthafens gleiten neuere und ältere Segelschiffe vorbei, die zum Teil am Kai anlegen und besichtigt werden können. Das Riesenrad am Ende der Route ist Pflicht: Herrlicher Ausblick auf die angelegten und vorbeileitenden Segler. Eine Tambourengruppe verbreitet lautstark rhythmisch gestalteten Krach und aus Lautsprechern ertönt Musik verschiedener Radiostationen. Wir geniessen dieses Treiben eine längere Zeit und kehren danach in die Altstadt zurück, wo es unterdessen etwas gemächlicher und ruhiger zugeht.

Im Aussenbereich eines Restaurants bestellen wir unser Abendessen und geniessen die Ruhe. Danach kehren wir ins Hotel zurück.

 

Sonntag, 11. August 2024 (28. Reisetag)

In unserem Hotel gibt es erst um acht Uhr Frühstück. Das ist die Gelegenheit, die Homepage zu aktualisieren.

Danach gehen wir zum Bahnhof und nehmen die S1, um nach Warnemünde zu fahren. Dort ist ebenfalls Seglerfest und zudem der Badestrand. Wegen des starken Windes verzichte ich auf die Mitnahme der Badehose. Der Zug ist sehr stark belegt, und an den folgenden Stationen steigen noch mehr Leute ein. Viele Passagiere müssen in die Gänge vorrücken und die Fahrt durch stehen. 

In Warnemünde liegen zwei riesige Kreuzfahrtschiffe an der Mole angelegt. Aus ihnen strömen weitere Leute, so dass die Zahl der Wochenendtouristen noch zunimmt. Wir schlendern zuerst dem Kai entlang, begeben uns dann ins Städtchen und später an den Strand. Dabei gibt es viel Interessantes zu sehen. Am Kai sind Kunstwerke von Sandplastikern ausgestellt, die Meeresgottheiten und -fabelwesen darstellen. Im Warnow-Kanal, der die Ostsee mit dem Rostocker Hafen verbindet gleiten historische Segelschiffe und höchst moderne Fähren zum und vom Hafen weg. Ausflugsboote sind unterwegs. Bei hohem Wellengang und starkem Wind sind etwas ausserhalb im Wasser Wind- und Kitesurfer unterwegs, die sich zum Teil spektakulär in die Luft heben lassen und manchmal ebenso im Wasser landen.

Wir steigen auf den Leuchtturm bei der Mündung des Warnow und bestaunen die Gegend von oben. Danach gönnen wir uns eine Pause, kaufen beim Türken Birnen und Aprikosen, geniessen die auf einer Bank im Schatten und geniessen im Anschluss daran in einem der zahlreich vorhandenen Strassencafés einen Kaffee und ein Dessert. Irgendwann dazwischen stelle ich fest, dass mein Sonnenbrillenaufsatz fehlt. Ich laufe ein Stück des Weges, den wir gemacht haben, ebenso Margrit, aber der Aufsatz bleibt vermisst. Als wir uns dann zurück zum Bahnhof begeben, schauen wir uns nochmals gut um und, siehe da, auf einem Elektrokasten nahe bei der Kirche liegt er. Glücklichste ich wieder auf meine Brille, und Margrit bringt einen Obulus in die in der Kirche angebrachte Kasse. Sie berichtet mir nämlich, dass sie versprochen habe, ein solches Opfer zu bringen, wenn wir den Sonnenschutzaufsatz wieder fänden. Wir fahren zurück nach Rostock und begeben uns ins Hotel, um uns erholen.

Danach fahren wir mit dem Tram nochmals ins Hafengebiet, um dort an einem der zahlreichen Stände noch etwa zu trinken und zu essen zu kaufen. Wir sitzen an einem Tisch an der Sonne und geniessen das letzte Abendessen hier in Norddeutschland, denn morgen geht es weiter südwärts Richtung Heimat.

Montag, 12. August 2024 (29. Reisetag)

Unser Ziel heute heisst Friedrichshafen. Eine Monsterreise steht uns bevor. Über Berlin, Augsburg und Ulm wollen wir bis heute Abend den Bodensee erreichen. Ob das die DB schafft. Unser Zug in Rostock fährt um 08:21 Uhr. Zu denken gibt uns allerdings die Ankündigung per Pushmeldung, dass sowohl der Intercity von Rostock nach Berlin wie auch der ICE von Berlin nach Augsburg durch andere Kompositionen mit unterschiedlichen Formationen ersetzt werden. Beim ersten genannten Zug handelt es sich um einen ICE mit grösserem Platzangebot. Aber unsere Reservation gilt hier nicht mehr. Wir finden einen guten Platz und kommen auch fast pünktlich in Berlin an. Der weiterführende Zug ist auch ein ICE, wo unsere Plätze garantiert sind. Er wartet am gleichen Perron, wie unser Zug ankommt. Die reservierten Plätze befinden sich aber am Schwanz des Zuges, was bedeutet, dass wir die ganze Länge abschreiten müssen, um sie zu erreichen. Wir schaffen das. In Augsburg, wo wir als nächstes umsteigen müssen, wir es eng, denn eine Signalstörung wegen Bauarbeiten haben unser Vorwärtskommen beeinträchtigt. Aber auch hier schaffen’s wir, müssen uns aber schon sehr beeilen. In Ulm reicht es dann nicht mehr, da der Zug mehrmals das Tempoarg drosseln muss. Zum Glück fährt  widerceiner eine halbe Stunde später. Und bei jeder Vespätung gibt es ein Trostkonfekt, freundlich verteilt von einer Zugsbegleiterin. So kommen wir doch noch ans Ziel.

Der Aufenthalt in Friedrichshafen wird zu einem Highlight unserer Reise. Eine gewaltige Menge Leute ist hier unterwegs. Wir spazieren gemütlich den Quai entlang. Die Tische der strassenrestsurants sind sehr gut besetzt, und bei einigen stehen die Kunden Schlange. Aufgrund meiner Internetrecherche möchte ich ins Wirtshaus. Ein Pärchen steht dort an, lässt uns aber grosszügigerweise vor, und wir erhalten einen Tisch in der zweitvordersten Reihe vom Seeufer. Käsespätzle mit einem Salat sind meine Wahl. Margrit bestellt sich einen bunten Salat mit Pilzen. Dazu trinken wir ein Glas Wein. Da es der letzte Abend unserer Reise ist, liegt auch ein Dessert drin, ein Eiskaffee und ein Stück Schokokuchen mit Himbeeren. Danach besteigen wir noch den Aussichtsturm im Hafen und geniessen das Panorama mit heftigem Wetterleuchten auf der Schweizer und festlicher Beleuchtung auf deutscher Seite.

 

Dienstag, 13. August 2024 (30. Reisetag)

Alles hat ein Ende, so auch unsere tolle Reise. Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht machen wir uns bereit. Nachdem unser Gepäck erstellt ist, suchen wir ein Café auf und geniessen ein Gebäck und einen Cappuccino. Dann spazieren wir dem ausgestorbenen Seeufer entlang zurück zu Unterkunft, holen unser Gepäck ab und gehen zur Anlegestelle der Autofähre nach Romanshorn. Die Überfahrt wird uns dadurch verkürzt, dass sich zwei Kundinnen eines Cars zu uns setzen und wir uns miteinander etwas austauschen können. Sie machen einen Ausflug auf einen Aussichtsberg bei Dornbirn, wir sind auf dem Heimweg von einer ereignisreichen Reise ans Nordkap.

Mit dem Zug nach St. Gallen und ab da mit dem Voralpenexpress fahren wir nach Luzern und darauf nach Sempach Station.

Und nun sind wir wieder zuhause, voller neuer Eindrücke, glücklich und dankbar, dass alles gut gelaufen ist und unsere Erwartungen grossmehrheitlich erfüllt, sogar teilweise übertroffen wurden.

Guatemala – Rundreise

Montag, 22. Oktober 2018: Flug nach Guatemala City
Nachdem wir seit Wochen die Route unserer Reise studiert, die einschlägigen Internetseiten und unsere Impfausweise studiert, uns mit den nötigen Medikamenten eingedeckt, unsere Sachen alle gepackt und immer wieder überlegt haben, was wir noch zu wenig beachtet haben, ist der Tag der Abreise gekommen. Die Kleider, Koffer und Rucksäcke liegen bereit. Zwei Handys wecken uns um viertel vor vier. Fast stressfrei schaffen wir es, eine gute halbe Stunde später abreisebereit vor dem Haus zu stehen. Da ist auch bereits unsere Reiseorganisatorin, Beatrice, eingetroffen. Und schon bald steht Judiths Wagen da. Sie bringt uns drei nach Zürich Flughafen.
Nahe der bye-bye-Bar lernen wir die meisten anderen Mitreisenden kennen. Weitere drei Teilnehmer stossen in Guatemala City zu uns.
Unser Flug geht über Madrid. Da heisst es rund drei Stunden warten. Etwas verspätet startet unsere Maschine nach Guatemala City. Und wie halt so Langstreckenflüge sind: Sie dauern und dauern. Die Zeit vertreibe ich mir mit Essen, Lesen, vor mich hin Dösen und hie und da die Füsse etwas Vertreten. Der Flug verläuft unspektakulär. Einzig vor der Landung dreht der Flieger zwei drei aussichtsreiche Kurven. Da der Flugplatz nahe bei unserem Hotel liegt, sind wir nach der Landung, den Zollformalitäten, dem Geldwechsel und der Begrüssung durch unseren Reiseleiter René schon bald im Hotel. Als Folge hören wir aber die startenden und landenden Flugzeuge sehr gut in unserem Zimmer. Aber da bis zu diesem Zeitpunkt wenig Flugverkehr herrscht, wird das wohl kaum zum Problem werden.

Nach einer längeren Erholungspause treffen wir uns in der Hotelhalle zur Besprechung des weiteren Programms.
In nahe gelegenen Restaurant Cacao geniessen wir einheimische Gerichte. Die schmecken uns sehr. Und darauf ist Nachtruhe nach einem langen Tag angesagt. 

Dienstag, 23. Oktober: Museumsbesuch und Fahrt nach Copán (Honduras)
Schon frühmorgens macht sich der Jetlag bemerkbar. Ab vier Uhr bin ich pudelmunter. Dafür habe ich Zeit, um die Tageszeitung herunter zu laden und zu lesen.

Für heute ist zuerst ein Museumsbesuch in Guatemala Stadt, kurz Guate, vorgesehen, anschliessend fahren wir nach Copan in Hoduras. Aber zuallererst werden unsere Augen und Gaumen mit einem reichhaltigen Frühstücksbuffet verwöhnt. Nach einem kurzen Rundgang in der Umgebung des Hotels starten wir das Tagesprogramm.
Mit unserem Bus erreichen wir nach verschiedenen Staus das Gelände der Fancisco Marroquin-Universität, wo sich das Popol Vuh-Museum befindet. Hier erhalten wir anhand von Keramikfunden, Zeichnungen, Grafiken und zugehörigen Texten einen Überblick über die verschiedenen Phasen der Mayageschichte. Eindrückliche Fundgegenstände lassen uns erahnen, wie die Mayas gelebt haben, aber auch feststellen, dass noch viele Rätsel ungelöst sind. Popol Vuh ist übrigens das heilige Buch der Quiché-Maya. Mehr darüber könnt ihr im Internet erfahren.
Anschliessend geht unsere Fahrt weiter mit Zwischehalten in El Rancho und Chiquimula an die guatemaltekisch-honduranische Grenze. In einem Dorf kurz davor beobachte ich noch eine auffällig grosse Menschenmenge und ein grosses Polizeiaufgebot. Unser Chauffeur erklärt mir, dass das honduranische Flüchtlinge seien, die weiter nach Mexiko und die USA wollten. Die zu erfüllenden Formalitäten sind wesentlich umständlicher als im Westen Europas. Doch können wir die Grenze nach Erledigung derselben problemlos passieren.
Für die Strecke Grenze-Copán ist unsere Geduld gefordert, denn wir müssen zwei riesigen Sattelschleppern folgen, die einfach nicht vorwärts kommen, da die Strasse verbreitert wird, der Belag aufgerissen wurde und an vielen engen Stellen auch der Gegenverkehr durchgelassen werden muss. Entschädigt werden wir durch tolle Sonnenuntergangs- und Dämmerungsbilder in diesem wilden Berggebiet. Über fast halsbrecherische anmutende Natur- und Kopfstieinpflasterstrassen erreichen wir bei Dunkelheit unser Hotel – ein Juwel. In einem Innenhof voller Pflanzen liegt ein Swimmingpool, verschiedene Treppen führen zu den grosszügigen Zimmern, da und dort plätschert Wasser in ein Becken und ein prachtvoller Garten gehört ebenfalls dazu.
In einem heimeligen Restaurant, auf der gedeckten Terrasse, geniessen wir das Nachtessen. Der Schlaf stellt sich nach diesem abwechslungsreichen Tag sehr schnell ein.

Mittwoch, 24. Oktober: Maya-Ruinen und Thermalbad
Nach einem vorzüglichen Frühstück fahren wir um acht zum Maya-Bezirk in Copán. René führt uns zusammen mit einem einheimischen Guide durch die Ruinen. Er weiss sehr viel zu erzählen. Es ist wirklich erstaunlich, was die Mayas hier hinterlassen haben. Mit einigen Reiseteilnehmern zusammen wagen wir noch einen Blick in die Tunnels, die von den ausgrabenden Archäologen angeregt und unter den Ruinen gegraben wurden. So können wir hier die Bauten verschiedener aufeinanderfolgender Herrscher besichtigen, denn jeder dieser Maya-Könige liess über den Gebäuden seiner Vorfahren eigene Bauten nach seinem Gusto erstellen, ohne allerdings die bestehenden abzureissen.

Den Besuch runden wir im Museum ab, wo eines der älteren, verschwundenen Gebäude in Originalgrösse nachgebildet wurde. Zudem stehen hier viele Originale, die im Freien nachgebildet wurden. Wir erhalten auf diese Weise einen recht umfassenden Einblick in diese für uns fremde und bizarre Kultur. Sogar die Wissenschafter scheinen sich noch nicht in allen Belangen auszukennen, und so werden wahrscheinlich in den nächsten Jahrzehnten noch einige neuere Erkenntnisse auftauchen. Von ausserirdischer Mithilfe, von der bei gewissen Autoren die Rede ist, steht allerdings nirgendwas.
Um halb eins kehren wir ins Hotel zurück, um uns zu verpflegen und etwas Siesta zu halten.
Um halb drei stehen wir alle mit Badezeug bereit bei der Hotelreception. In zwei Kleinbussen führt die Fahrt in die Berge. Nach einer guten Stunde erreichen wir den Standort einer hoch gelegenen, ergiebigen Thermalwasserquelle mit dem Namen Luna Jaguar. Mitten im Wald ist hier ein Thermalbad mit verschieden warmen Becken, mit romantisch angelegten Wegen und mit einer Hängebrücke über den Bach. Hier vergnügen und entspannen wir uns. Der Höhepunkt ist dann das gemeinsame Nachtessen, das uns im intgrierten Restaurant serviert wird. Danach fahren wir bei Nacht und bei aufgehendem Vollmond auf der zum Teil steil abfallenden Strasse zum Hotel zurück, wo die meisten von uns schon bald ins Bett steigen und den wohlverdienten Schlaf geniessen.

Donnerstag, 25. Oktober: Fahrt über Quiriguá nach Livingston
Heute ist eine längere Fahrt zu bewältigen. Ziel ist Livingston an der Karibikküste. Nach dem üppigen Frühstück fahren wir um acht Uhr los. Die Rucksäcke sind so gepackt, dass wir die kommende Nacht ohne Koffer auskommen. Ein guter Teil der Fahrt ist uns bekannt von der Hinfahrt. Die Grenze passieren wir wieder etwas umständlich, aber problemlos. In Chiquimulá machen wir einen Halt, um in einem Einkaufszentrum unser Picknick einzukaufen. Margrit und ich entscheiden uns für Babybananen, eine Avocada, Äpfel und Maischips. Zudem kommt noch ein Kilo schwarze Bohnen dazu zum Heimnehmen, schliesslich soll es dann nach unserer Reise einmal ein guatemaltekisches Essen geben.
Der nächste Halt findet in Quiriguá statt. Wir fahren hier mitten durch eine Bananenplantage von riesigen Ausmassen. Am Strassenrand halten wir an und begeben uns ein paar Schritte zwischen die Bananenstauden. Die Fruchtstände sind an den Stauden in blaue Plastiksäcke eingepackt, um sie vor Schädlingen zu schützen. Da führt ein Luftseilbähnchen zwischen den Stauden hindurch. Anstelle der Kabinen hängen ganze Fruchtstände am Seil und werden durch eine Sprinkleranlage, die offenbar der Reinigung dient, vom Pflückort zur Sammelstelle geführt.
Nach kurzer Weiterfahrt kommen wir zum Eintrittsportal der archäologischen Stätte. Aber hier in dieser parkähnlichen Anlage geniessen wir zuerst unser Picknick. Dann führt uns René zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten und erklärt uns in gewohnt sachkundiger Art die Zusammenhänge und die historische Abfolge. Interessant ist insbesondere die Verknüpfung mit der Fundstelle in Copán. Es ist heiss, die Sonne brennt auf unsere Köpfe, so dass nach dieser anstrenenden Führung ein kühles Getränk wohltut.

Die Fahrt führt weiter durch riesige Weidegebiete nach Puerto Barrios. Speziell an diesen Rinderweiden ist, dass überall Palmen drin stehen. Die Rinder der Rasse Brahman bieten einen ungewohnten Anblick mit ihren Hängeohren und ihrem Zebubuckel. Vor unserem Ziel geraten wir noch in einen veritablen Stau. Aber als dann schon die Dämmerung einzusetzen beginnt, erreichen wir den Hafen, wo die ganze Reisegesellschaft in zwei Motorboote einsteigt. Livingston ist nur auf dem Wasserweg erreichbar. So gelangen wir nach rasanter Fahrt zu unserem Hotel, direkt an der Mündung des Dulce River gelegen. Und wiederum hat René ein fantastisches Hotel ausgewählt. Wir werden mit einem kühlen Begrüssungsdrink und einem kühl-feuchten Waschlappen zur Erfrischung empfangen.
Wir geniessen den Aperitif in der Budubar und das Essen in einem einfachen Restaurante, das von Garífunas betrieben wird. Diese sind Abkömmlinge schwarzer Sklaven, die sich hier an der Küste ansiedelten. Den Gute Nacht-Drink schlürfen wir auf der Hotelterrasse – ein echter Karibik-Traum.

Freitag, 26. Oktober: Transfer von Livingston nach Flores
Kurz nach fünf Uhr bin ich wach. Draussen ist bereits Betrieb. Man hört die Motoren einiger Boote, Musik von einem Radio und verschiedene andere Tätigkeiten. Schon bald stimmen auch verschiedene Vogelarten ein. Da drängt sich auf, den Feldstecher zu aktivieren. Auf der Zimmerterrasse können wir wunderbar das Getue rund eines Dutzends Rabengeier auf einer nahen Palme beobachten. Unmittelbar vor uns, auf einer anderen Palme, singen und karisieren bis zu vier kleinere Vögel mit gelber Brust, einem schwarzen Augenstreif und darüber einem weissen Streifen. Am Wasser unten sind Braunpelikane, Kormorane und Silberreiher zu beobachten. Und plötzlich taucht neben anderen unbestimmten Vögeln ein Yucatánspecht auf. So vergeht die Zeit schnell bis zur Morgentoilette und zum Frühstück.

Mit zwei Booten fahren wir nun den Dulce River hoch Richtung Lago de Izabal. Unser Schiffführer fährt ans Ufer und in Buchten, wo sich unter anderen auch ein Leguan und die bereits vor dem Frühstück gesehenen Vögel beobachten lassen. Dazu kommt noch ein Gelbstirn-Blatthühnchen.
Bei einem Halt lernen wir noch eine initiative guatemaltekische Familie kennen, die den vorbeifahrenden Touristen kühle Getränke, selbstgemachte Tortillas und Souvenirs anbietet. Wir sind nicht die einzigen Touristen, die dort Halt machen. Wir fahren anschliessend weiter bis zum Castillo de San Felipe de Lara, von dem aus früher der Zugang zum See kontrolliert werden konnte.
In der Ortschaft Rio Dulce geniessen die meisten von uns ein Tabado, ein typisches Gericht dieser Region. Es ist eine Art Fischsuppe mit einem ganzen Fisch und verschiedenen Meeresfrüchten, mit Kokosmilch zubereitet. Schmeckt wirklich lecker!
Die Weiterfahrt mit dem Bus in die Nähe von Flores verläuft ohne Stau. Allerdings ist bei unserer Ankunft die Sonne bereits untergegangen, aber die Stimmung ist grandios. Nachtessen brauchen wir nach diesem Mittagessen nicht mehr. So lassen wir den Tag bei einem Drink auf der Terrasse unseres Hotels ausklingen.

Samstag, 27. Oktober: Fahrt zur Chiminos Island Lodge und Besuch von Aguatecá
Vor dem Morgenessen unternehmen wir einen Spaziergang am Seeufer. Da gibt es schon etwas zu sehen. Auf dem gegenüberliegenden Ufer besetzt eine Kolonie Silberreiher mehrere Bäume und auf unserer Seite macht sich einer der bisher unbestimmten Vögel bemerkbar. Auf dem Spaziergang hören wir immer wieder das Klopfen eines Spechtes und begegnen einem scheuen Hühnchen, wahrscheinlich ein Sumpfhuhn. Nach dem Morgenessen, das aus einem Früchtecocktail, einer Omelette mit Garnitur, Toastbrot, Butter und Marmelade sowie Kaffee mit Milch besteht, werden wir noch ans Seeufer gerufen. Da zeigt sich ein Krokodil im Wasser, das allerdings vom Kellner mit Brot gefüttert wird.

Danach geht unsere Reise im Bus weiter. Wir haben für die kommende Nacht den Rucksack gepackt, denn der Koffer bleibt im Bus. Über Flores werden wir an den Rio Pasion gefahren, wo wir in ein Langboot umsteigen. Dieses führt uns zur Chiminos Island Lodge am Ufer der Laguna Petexbatún, wo wir zum Mittagessen erwartet werden. Auf der Fahrt begegnen wir u.a. einem rotbraun gefärbten Adler mit hellem Kopf und zweimal je einer Gruppe Brüllaffen. Sie bewegen sich in den Kronen hoher Bäume und geben mit lautem Brüllen und Knurren kund, dass ihnen unsere Anwesenheit in ihrem Revier absolut missfällt. In der Lodge angekommen, gibt es eine leckere Guisquilsuppe, eine Art Kohlgemüse, fein zubereitetes Hühnchenfleisch mit Reis und Gemüse und zum Dessert Wassermelone.
Nach dem Bezug unserer zugeteilten Hütten starten wir zum Ausflug zur Mayasiedlung Aguatecá. Mit dem Langboot fahren wir über den See und den Arroyo Petexbatún zu einer Landestelle. Hier kündigen alte, verblichene und teilweise zerstörte Hinweistafeln an, dass sich hier in der Nähe die archäologische Mayastätte Aguatecá befindet. Über eine mit halb verfaulten Brettern, zum Teil notdürftig geflickt, und unregelmässig hohen Stufen gelangen wir zum Eingangsgebäude, dessen Dach ganz fehlt, dessen Fensterscheiben weitgehend zerstört sind und dessen Mobiliar mir Ausnahme eines halb verfaulten Stehpultes inexistent ist. Immerhin ist ein Museumswächter da, der seinen Dienst hier weit abgeschieden von jeglicher Zivilisation wahrnimmt. René erklärt uns anhand eines Übersichtsplans die Anlage und die geschichtlichen Hintergründe. Dann machen wir uns auf den Rundgang, der zuerst am Fuss einer rund 50 m hohen Kalkwand entlang durch dichten Wald führt. Der Weg ist mit glitschigen feuchten Steinen übersät und Baumwurzeln überqueren ihn in alle Richtungen. Wir gelangen zu einem Unterstand, einem Aussichtspunkt hoch über dem See und der Ebene. Nach einem weiteren Aufstieg teilen wir uns in zwei Gruppen auf. Die eine nimmt den etwas einfacher angelegten Pfad zum Wohnsitz des damals hier herrschenden Mayafürsten. Zu sechst steigen wir in einen bis zu dreissig Meter hohen, engen Canyon hinunter und gehen einige hundert Meter der Sohle entlang bis zum Aufstieg, der uns wieder zur anderen Gruppe zurückführt. Und natürlich begegnen wir wiederum den Brüllaffen, deren lauthalse Proteste uns schon die ganze Zeit aus der Ferne begleiteten. Wir treffen nach kurzer Zeit unsere Gefährten, und René gibt uns die Erklärungen zu den hier stehenden Ruinen, die bis zur Zeit des Niedergangs der Mayakultur im 9. Jahrhundert bewohnt und dann als Folge feindlicher Angriffe verlassen wurden.
Die Rückfahrt zur Lodge erfolgt mit dem Boot. Und da offeriert René uns allen noch einen Cuba libre. Dabei werden wir aufgefordert, mal ganz stille zu werden und den Stimmen der Natur bei untergehender Sonne zu lauschen. Das animiert darauf einige Teilnehmer, ein Lied anzustimmen. So kommen wir bei Dunkelheit in der Lodge an, gehen duschen und geniessen anschliessend das in der Lodge-Küche zubereitete köstliche Abendessen. Da bereits kurz nach neun das Licht ausgeht und das Bier alle ist, kehrt schon bald Nachtruhe ein.

Sonntag, 28. Oktober: Fahrt nach Tikal
Margrit und und ich unternehmen bei Sonnenaufgang eine Entdeckungstour im Gelände der Lodge. Wir entdecken einen kleinen Frosch, der ähnlich aussieht wie ein Grasfrosch, sowie ein eichhörnchenähnliches Tier am Fusse eines Baumes. Bei einer Weggabelung steht ein Wegweiser, der zur Akropolis führt. Wir folgen ihm und erkennen auf einem Hügel eine Lichtung. Und da steht wiederum ein Wegweiser, der den Weg zum Ballspielplatz der Mayas führt. Dort sind noch zwei parallel verlaufene Wälle sichtbar. Ein weiterer Wegweiser führt uns zu einer Mauer und einem Kanal. Da scheint der Weg am Ende zu sein. Begleitet werden wir vom Fauchen und Knurren der Brüllaffen und vielen anderen Tönen und Geräuschen.

Nach unserer Rückkehr zur Hütte, müssen wir uns mit Zusammenräumen und Packen beeilen, denn das Morgenessen steht auf dem Programm: Omelette mit Bohnenmus, Tortillas, gebeites Brot, Butter und Hibiskuskonfi, Kaffee.
Die Bootsfahrt zurück zum Rio de la Passion, wo unser Bus uns erwartet verläuft ohne spezielle Höhepunkte. Mit dem Bus fahren wir nach Flores, wo wir uns etwas die Füsse vertreten und etwas essen können. Das Städtchen liegt auf einer Insel des Lago Petén Itza, die über einen Damm und über eine Brücke mit dem Festland verbunden ist, Enge Gässchen führen durch das Städtchen. Die Häuser sind verschiedenfarbig gestrichen. Auf der höchsten Erhebung befindet sich ein Kleiner Park und die Kirche. Eine Strasse führt dem Wasser entlang rund um die Insel. Sie steht aber zurzeit zum Teil unter Wasser, da jetzt, am Ende der Regenzeit, der Seespiegel sehr hoch steht.
Anschliessend führt die Fahrt weiter nach Tikal, wo unser Hotel für die nächste Nacht steht. Schon kurz nach unserer Ankunft können wir die Zimmer beziehen und uns im Pool abkühlen. Ein Platzregen kühlt dann auch die Luft ab, so dass der von Beatrice gespendete Cuba Libre bereits wieder nötig wird, uns geht nervlich zu wärmen. Um halb sechs gibt es Strom, warmes Wasser und Internet, und ab jetzt sind alle anderweitig beschäftigt. Ein leckeres Abendessen im Hotelrestaurant rundet den Tag ab. Um halb zehn werden die Annehmlichkeiten unserer Zivilisation wieder abgeschaltet. So bleibt nicht viel anderes übrig als schlafen zu gehen und sich auf den Morgen zu freuen, denn um halb sieben wird alles wieder eingeschaltet. Jetzt ist es so weit: Ich kann meinen Text hochladen.

Montag, 29. Oktober: Besuch von Tikal und Fahrt nach Flores
Der heutige Tag ist zur Hauptsache der Besichtigung von Tikal gewidmet. Nach dem Packen unserer Koffer und dem Frühstück starten wir mit dem Rundgang durch das archäologische Gelände um halb neun Uhr zusammen mit René und einem lokalen Guide. René erklärt uns die geschichtlichen Zusammenhänge, der Guide macht uns immer wieder auf besondere Pflanzen und Tiere aufmerksam. Es tönt einfach fantastisch, wenn wir durch diese von den Maya hinterlassenen Monumente gehen, mit welchen Mitteln und mit welchem Aufwand sie erstellt wurden, welche Stellung die Mayafürsten einnahmen und wie wenig Wissen über das Leben in den politischen Gebilden vorhanden ist. Das Denken und die Lebensweise dieser Menschen ist uns sehr fremd.

Wir besteigen Pyramiden, deren Spitzen wohl Tempel beherbergten, gehen durch Paläste mit meterdicken Steinmauern, bewundern die Bauweise, bei der jeder Herrscher seine Gebäude über die Bauten seines Vorfahren erstellte, und geniessen die Aussicht und die weite dieser Anlage. Einfach sagenhaft. Um viertel nach eins ist unser Rundgang abgeschlossen, nachdem wir als Höhepunkt unserer Besichtigungstour die zentrale Akropolis und die Gran Plaza besuchen.
Bis drei Uhr haben wir noch Zeit, uns hier im Gelände aufzuhalten. Margrit und ich nutzen die Zeit, indem wir noch eine Klammeraffengruppe hoch in den Baumwipfeln beobachten, gemütlich Richtung Ausgang schlendern, Ausschau nach Vögeln halten, uns in den Souvenirshops noch etwas umsehen und kleine Geschenke für die Daheimgebliebenen posten.
Anschliessend erfolgt per Bus der Transfer nach Flores, wo für uns das Hotel gebucht ist. Nach dem Poolbesuch, einem Drink auf der Seeterrasse gehen wir alle in einem Lokal am See gemeinsam essen. Da kommen noch ein paar Musikanten vorbei und bringen uns alle dazu, ein paar wenige Worte mitzusingen. Danach sind die meisten Reiseteilnehmer bettreif, denn morgen ist früh Tagwache. Nur ein paar Unentwegte genehmigen sich noch einen Schlummertrunk in der Terrassenbar.

Dienstag, 30. Oktober: Flug nach Guate, Busfahrt nach Quetzaltenango
Um 05.45 Uhr ist Tagwache, eine halbe Stunde später Morgenessen, und um 06.45 Uhr fährt der Bus zum Flughafen von Flores. Mit einer Maschine des Typs Embraer-145 fliegen wir in gut einer halben Stunde nach Guatemala-Stadt. Per Bus geht die Reise weiter durch gebirgiges Gelände ins Hochland von Guatemala. René versorgt uns unterwegs immer wieder mit interessanten Informationen zu Bevölkerung, Wirtschaft und Politik der aktuellen Gegend.
Einen ersten Halt machen wir auf rund 2600 m Höhe und geniessen die Aussicht auf den Atitlan-See.
Auf der Weiterfahrt halten wir noch bei einer «Kleinziegelei» an. Hier werden einfache Bausteine und Ziegel in Schwerstarbeit aus Lehm, Sand und Wasser von Hand hergestellt und auch gebrannt. Zwei Buben sind bei diesem Prozess neben ein paar Männern beteiligt. Zwei dieser Männer stampfen mit den nackten Füssen, fast bis zu den Knien in der Masse steckend. René nennt uns die Preise für diese Backsteine und Ziegel. Solche Preise sind in unseren Augen das Betteln versäumt.

Den Mittagshalt beim Restaurante Katok nutzen wir für eine Zwischenverpflegung. Ich geniesse eine für die Gegend typische Spezialität, spezielle Würstchen auf schwarzen Maistortillas.
Der nächste Halt gibt uns einen Einblick, wie der ÖV hier funktioniert. Bei der Kreuzung Quattro Caminos beobachten wir eine Zeitlang, wie die Busse, übrigens bunt lackiert, mit imposanten Fronten und silbernen Hörnern versehen, am Strassenrand anhalten. Bunt gekleidete und schwer bepackte Passagiere, vorwiegend Indigenas, steigen ein und aus. Ausrufer dirigieren sie lautstark zum richtigen Bus und sorgen dafür, dass sie den Einstieg nicht verpassen, ein Chaos sondergleichen. Da schätzen wir es, dass wir ohne Eile und Drängen unseren Bus wieder besteigen können. Und der fährt uns als nächstes nach San Andrés Xecul.
Dort gibt es eine besondere Kirchenfront. René gibt uns das Rätsel auf, vier Jaguare darauf zu erkennen, was den gefitzteren Reiseteilnehmern leicht fällt, mir aber gewaltig Mühe bereitet. Zudem werde wir hier Zeugen einer Gesundheits-Präventionsveranstaltung. Mit lauter Musik und Zaubertricks gibt ein Clown den zuschauenden Kindern Tipps zur Gesundheit. Aufgestellte Plakatwände vertiefen die Darbietungen des Clowns.
Die Fahrt führt uns nun zum Hotel in Quetzaltenango. Hier führt uns René zuerst in den Palacio Municipal mit einem wunderschönen Sitzungssaal, wo von alle guatemaltekischen Präsidenten ein Portraitbild hängt und von den offiziellen Besuchern die Staatsflagge aufgestellt ist. Zum Abschluss besuchen wir einen Familienbetrieb, ein Café, wo heisse Schokolade in verschiedenen Variationen angeboten wird. Ich verlange eine Variante, die hier unbekannt ist, aber in den Pistenrestaurants in Österreich angeboten wird, einen Lumumba. Prompt wird nach längerem Warten Die österreichische Version serviert. Und sie schmeckt u.a. auch unserem Mitreisenden Sepp. Ob sie hier in Zukunft ins Angebot aufgenommen wird, ist noch hängig. Neben geschlagener Nidel gehört ein Schuss Rum hinein.
Das Tagesprogramm kann nun individuell abgeschlossen werden.

Mittwoch, 31. Oktober: Almolonga, Zunil, Thermalbad, Huehuetenango
Schon während des Frühstücks werden unsere Koffer in den Bus verladen. Die Reise führt uns nach Almolonga auf den Markt. Im Gewirr der praktisch nur einheimischen Marktbesucher lassen wir uns durch die Marktstände mit verschiedensten Gemüsen und Früchten treiben. Auf Allerheiligen sind ganz verschiedene Blumen, speziell auch Chrysanthemen, aktuelle Handelsware. Aber auch andere Güter wie Fleisch, Fische, Eier usw. werden angeboten. Die Einheimischen sind sehr kleine Leute, oft zwei und mehr Köpfe kürzer als wir. Die Frauen tragen bunte Trachten, tragen oft schwere Lasten auf dem Kopf, und wenn sie nichts tragen, haben sie ein buntes, zusammengelegtes Tuch drauf. Da ist wirklich viel los. In den Strassen neben dem Markt herrscht ein gewaltiges Verkehrschaos, denn da werden die oft en gros gekauften Waren auf Pickups und kleine Laster verladen, um sie an ihre Bestimmungsorte zu bringen. Wir kaufen uns ein paar süsse Bananen und Avocados und erfreuen uns am farbenprächtigen und geschäftigen Treiben.

Der nächste Höhepunkt findet in Zunil statt. Wir gehen da auf den Friedhof, wo sehr viele Leute damit beschäftigt sind, die Gräber ihrer verstorbenen Angehörigen für das bevorstehende Allerheiligen-Fest prunkvoll zu schmücken. Mit Blumen, Nadelholzästen und verschiedenen anderen Pflanzen werden zum Teil riesige und farbenprächtige Gebinde hergestellt. Ausserhalb des Friedhofs bieten Händler die Zutaten für den Schmuck und allerlei Esswaren an, teilweise frisch gekocht. Da herrscht ein reges, für uns ungewohntes Treiben. Mir macht unsere Fotografierwut zwischen den Gräbern einige Mühe, wobei ich allerdings den Eindruck habe, dass sich die Einheimischen nicht gross um unsere Anwesenheit kümmern.
Der Markt von Zunil bietet ebenfalls ein spezielles Bild. Neben den üblichen Artikeln wird hier aber von einer San Simon-Gemeinschaft ein «Erlösungsritual» angeboten. Wir können ein Ticket und zudem für zehn Quetzales eine Fotografiererlaubnis kaufen. Was hier geboten wird, passt mir gar nicht, und ich verlasse den Ort umgehend mit dem schlechten Gefühl, dass hier abergläubische Menschen über den Tisch gezogen werden.
Als nächstes besuchen wir über eine schmale und kurvenreiche Bergstrasse das Thermalbad Fuentes Georginas und lassen es uns im warmen Schwefelwasser wohl sein. Da hier dichter Nebel herrscht und das heisse Wasser zusätzliche Dampfwolken erzeugt, herrscht eine mystische Stimmung. Im Restaurant geniesse ich eine schwarze Bohnensuppe (Sopa de frijoles). Sie schmeckt mir.
Wohlbehalten langen wir bereits bei Dunkelheit bei unserem Hotel in Huehuetenango ein und gehen anschliessend gemeinsam essen. In der Stadt wird der Vorabend von Allerheiligen mit lauter Musik aus verschiedenen Lokalen, von einer Bühne auf der Gran Plaza und aus den riesigen Lautsprecherboxen in offenen Autos, die ständig in der Stadt herumkurven, gefeiert – für unsere Ohren zu laut, was uns ein ruhigeres Eckchen für den Schlummertrunk suchen lässt. Die Nachtruhe können wir auch nicht so richtig geniessen, da es überall sehr laut ist.

Donnerstag, 1. November: Todos Santos und Fahrt nach Chichicastenango
Da uns heute eine lange Fahrt bevorsteht, setzt René die Abfahrtszeit auf sieben Uhr an. Margrit hat den Wecker auf fünf eigestellt. Da ich aber aber eine praktisch schlaflose Nacht hinter mir habe, bin ich sowieso wach. Der starke Kaffee am Abend, das reichliche Nachtessen und damit einhergehende Verdauungsprobleme liessen mich nicht schlafen. Nun ist aber ein neuer Tag angebrochen. Jedenfalls sind wir um sieben im Bus und bereit auf ein neues Abenteuer.
Die Fahrt führt über die Kette der Cuchumantanes. Die Strasse ist steil und kurvenreich. Auf rund 3100 m ü.M. machen wir beim Aussichtspunkt Juan Diéguez Olaverri Halt. Die Aussicht ist fantastisch. Man sieht unheimlich weit. René nennt einige Namen, aber diese zu behalten, ist ein anderes Thema. Da sind Gebirge, Ebenen, Vulkane und Städte erkennbar, wirklich beeindruckend.

Die Fahrt führt weiter über die Hochebene der Cuchumantanes und dann wieder steil und weit hinunter nach Todos Santos. Gemäss Renés Ausführungen ist es ein reicher Ort,da viele Einwohner in die USA emigrierten und dort einen guten Verdienst erreichten, der in Form von Zahlungen an die Zurückgebliebebnen oder nach ihrer Rückkehr Todos Santos wieder zugut kam.
Wir steigen am Ortsrand aus und begeben uns zu Fuss ins Zentrum. Je näher wir kommen, desto mehr Leute treffen wir an: Frauen und Mädchen in traditionellen, bunten Trachten, Männer und Knaben in rotweiss gestreiften Hosen und mit goldweiss gestreiften Jacken mit den Frauentrachten nachempfundenen grossen Kragen.
Im Zentrum ist Hochbetrieb. Da gibt es Stände mit Esswaren, Souvenirartikeln, Spielsachen, Glücksspielen: Kilbi total. Ein Gedränge herrscht. Und in diesem Gedränge treffen wir Carolina, eine Schweizerin, deren Mutter hier in Todos Santos aufwuchs und die selbst ihre frühe Kindheit hier verbrachte: Die Welt ist doch klein!
Etwas ausserhalb des Dorfes finden Pferderennen der besonderen Art statt. Die Reiter in bunten Kostümen sind auf einer sandigen Piste unterwegs hin und her von einem Ende zum andern und müssen dort jeweils einen Schnaps trinken. Wann und wie das Rennen beendet wird, ist mir unbekannt. Auf jeden Fall müssen wir über schlafende «Alkoholleichen» steigen, um einen günstigen Beobachtunsplatz zu ergattern.
Zwei Riesenräder sind im Dorf aufgestellt. Margrit findet, das müssen wir nutzen. So steigen wir im Dorf zur Schule hoch, wo das eine Rad steht. Wir treffen noch Beatrice an, die ebenfalls mitmachen will. So lösen wir, ohne uns genauer zu informieren, drei Tickets für 25 Quetzales und besteigen die Sessel, Margrit und ich zusammen, Beatrice etwas später einen zweiten. Mit einer Stange vor unseren Bäuchen werden wir gesichert. Es versteht sich, dass ich den Bauch etwas einziehen muss, denn die Einheimischen sind wirklich Leichtgewichte. Und dann beginnt der Spass. In kleinen Schritten steigt der Sessel etwas höher, denn in den folgenden Sesseln werden die Passagiere ebenfalls ausgewechselt. Jedesmal schaukelt der Sessel etwas, und das in immer grösserer Höhe. Einmal sind ja dann alle Sessel neu besetzt. Jetzt geht der Spass erst recht los. Das Rad beschleunigt seine Fahrt, und zwar rückwärts zu unserer Sitzrichtung, und immer schneller. Uns wird es recht ungemütlich, wenn nicht sogar ungeheuer. Zum Glück erfolgen dann endlich die Verlangsamung der Drehung bis zum Stillstand. Wir haben’s geschafft. Da beginnt aber das Rad in engegengesetzter Richtung zu drehen und wird immer schneller. Zum Glück haben wir die Sicherunsstange, und sie hält. Mir wird langsam übel, Margrit erlebt Schrecksekunden. Sie schreit, andere allerdings auch. Und dann kommt der Halt. Endlich! Wir sind froh, als wir endlich dem Mordsgerät entsteigen können, zwar mit etwas zittrigen Beinen, ansonsten aber unversehrt. Nach diesem Schreck ist ein Cuba libre fällig.
Es gäbe noch viel zu berichten über diesen Ort, der den Namen des heutigen Tages trägt.
Die Rückfahrt verläuft ganz normal. Sie führt uns nach Chichicastenango zum Hotel, wo ich nach der letzten schlaflosen Nacht ohne Znacht ins Bett steige. Und das lohnt sich. Jedenfalls bekomme ich nicht mehr mit, wann Margrit zu Bett geht, trotz der Knallpetarden, die zu Ehren aller Heiligen rund ums Hotel abgefeuert werden.

Freitag, 2. November: Fahrt nach Santa Catarina am Atitlán-See
Schon früh werde ich durch Böllerschüsse geweckt. Es ist hier offensichtlich üblich, an Allerheiligen Knallkörper zu zünden. Zudem sind hupende Lastwagen unterwegs.
Heute steht uns ein gemütlicher Tag bevor. Um halb neun starten wir mit dem Programm. Gemeinsam gehen wir durch den Markt, besuchen die Thomaskirche, wo uns René fachkundig erklärt, wie die Spanier bei und nach der Eroberung der Urbevölkerung wirkten und wie sie das Christentum unter den Indigenas verbreiteten. Gegenüber steht eine Kalvarien-Kapelle, vor der gerade eine Zeremonie, ein Opfer stattfindet, bei der eine Frau das Feuer auf einem Altar mit verschiedenen Flüssigkeiten besprüht und beschwörende Worte spricht. Übrigens wurde das Buch Popol Vuh, das heilige Buch der Mayas in dieser Stadt gefunden und übersetzt.

Der nächste Besuch gilt dem Friedhof, wo heute, an Allerseelen, sehr viel los ist. Hier besuchen die Leute ihre Toten, lassen sich am reich geschmückten Grab nieder, picknicken und reden miteinander und hinterlassen auf den Gräbern Essen und Trinken. Auch hier sind Stände mit Esswaren und fliegende Händler mit Glace und Süssigkeiten unterwegs. Da und dort spielt eine Musikkapelle und beim Friedhofeingang wird eine Messe gelesen. Kinder lassen überall Drachen steigen. Ab hier sind wir frei und müssen um zwölf Uhr beim Hotel zurück sein fürs Auschecken und die Weiterreise.
Beim nächsten Halt in Panajachel am Atitlán-See geniessen wir freien Ausgang. Wir essen dort zuerst auf einer Seeterrasse etwas Kleines und erkunden dann die ganze Seeuferpromenade. Es windet ziemlich stark, der Wellengang ist als Folge davon entsprechend. Der Strasse zum Ortszentrum entlang gelangen wir gemächlich durch die vielen Souvenirstände zu unserem abgemachten Treffpunkt. Hier triff dann auch David, der Bekannte von Beatrice und Guide des morgigen Tages ein. Er überrascht uns alle mit einem Kugelschreiber mit einem bunten, textilen Überzug, auf dem unsere Namen zu lesen sind.
Die Weiterfahrt führt uns zu unserem Hotel in Santa Catarina, sehr nahe am Ufer des Atitlán-See. Hier kann man sich wohlfühlen in grosszügiger und stiller Umgebung. Wir machen zu zweit zu Fuss noch einen kleinen Abstecher zum See, um den Sonnenuntergang zu fotografieren, aber heute Abend findet dieser hinter dichten Wolken statt.

Samstag, 3. November: Schifffahrt auf dem Atitlán-See
Heute ist Ausschlafen angesagt. Aber ab morgens um vier bin ich bereits ausgeschlafen. Ab fünf krähen die Hähne im Dorf. Und so schreibe ich an diesem Bericht und lese noch etwas.
Wissen Sie, wie Kaffee hergestellt wird? Dies und anderes haben wir heute auf dem Programm.
Nach dem Frühstück besammeln wir uns vor der Rezeption draussen. David stösst ebenfalls zu uns und bringt die in Auftrag gegebenen Kugelschreiber mit. Wir gehen zum Bootssteg, wo uns bereits ein Ausflugsboot samt Kapitän erwartet. Die Reise geht quer über den See nach San SanJuan Laguna am Fuss des  Vulkans San Pedro. Hier steigen wir aus und «klettern» die steile Hauptstrasse hoch, vorbei an unzähligen Souvenirständen und -läden bis zur Kirche. Beatrice und Sepp legen die Steigung mit dem Mototaxi zurück.
Im Dorf besuchen wir ein Frauenkooperative, die sich der traditionellen Verarbeitung der Baumwolle verpflichtet fühlt und die alten Handwerkstechniken den jungen Frauen und Mädchen weiter vermittelt. Eine Frau führt uns vor und referiert darüber, wie aus den Baumwollfrüchten letztlich verschiedenfarbige Stoffe entstehen. Dabei wird wenn immer möglich auf früher praktizierte Methoden zurückgegriffen. Sie zeigt uns, wie die Reinigung der Baumwollkapseln, das Verknüpfen der Fasern, das Spinnen, das Färben mit natürlichen Produkten und das Weben erfolgen. Beeindruckt von ihren Vorführungen kaufen einige unserer Reiseteilnehmerinnen Schäle und andere Gegenstände.
Mit dem Schiff geht es darauf weiter nach Santiago La Laguna. In einem wunderschön gelegenen Beizli mit prachtvollem Garten bestellen wir uns etwas zu essen und trinken.

Nach dieser Mittagspause werden wir von einem Pickup abgeholt. Wir alle 17 Personen sollten da hintendrauf auf die Ladebrücke steigen. René will das aber nicht verantworten und ruft noch vier oder fünf Mototaxis. Margrit und mich trifft es auf ein solches. So tuckern wir mit unserem Fahrer durch das Städtchen und ein Stück aufs Land hinaus zu einer Kaffeeplantage, auf der Versuche mit verschiedenen Pflanzen aus Brasilien gemacht und die Kleinbauern aus der Umgebung geschult werden. Hier erfahren wir sehr viel über die Hege und Pflege der Kaffeesträucher, über die Ernte und die weitere Verarbeitung der Kaffeekirschen bzw. -bohnen. Zuletzt werden wir in der Rösterei von einer Barista, einer Kaffeespezialistin, zum Probieren eingeladen. Natürlich besteht die Möglichkeit, frisch geröstete Kaffeebohnen einzukaufen, was viel Anklang findet.
Auf einem grösseren Pickup, worauf wir alle Platz finden, fahren wir zu unserem Gaudi und zum Gaudi einiger Einheimischer zurück ins Städtchen, wo uns Beatrice zum Capuccino in ein Café einlädt. Der Mann hinter dem Tresen, ein 18-jähriger, kleiner, gedrungener Indigena ist ein wahrer Künstler in der Herstellung von Milchschaumbildern auf der Oberfläche der Cappuccinos. Mit verschiedenen Milchkrügchen, einer Schokoladencouvertüre-Tüte, Cacaopulver, einem Holzstäbchen und viel Geschick zaubert er Palmen, Herzen, Vögel, Gesichter, Spinnennetze und geometrische Figuren in die Tassen, einfach genial. Und zudem schmeckt der Kaffee ausgezeichnet.
Die Rückfahrt gerät zur Boatparty, dank Christas Musik auf dem Handy uns ihrer Cuba Libre-Spende an alle Mitreisenden. Das Wetter tut das Seine dazu. Hinter und über den drei Vulkanspitzen durchzucken Blitze den dunkler werdenden Himmel, das ferne Donnergrollen wird von der Musik übertönt. Bei Dunkelheit erreichen wir unser Hotel.

Sonntag, 4. November: Fahrt nach Monterrico am Pazifik
Um halb neun müssen wir bereit sein zur Abfahrt Richtung Pazifikküste. Die Zeit reicht, um sich noch etwas in Santa Catarina umzusehen. Auffällig ist, dass viele Häuser in gutem Zustand und farbig, speziell blau, bemalt sind. Der Ort ist auf Tourismus ausgerichtet und bietet den Eiheimischen entsprechende Verdienstmöglickeiten.
Mit dem Bus fahren wir nun zuerst hinauf zum Kraterrand des ehemals riesigen Vulkans, aus dem der Atitlánsee vor Jahrtausenden entstand. Der erste Halt findet bei einem Aussichtspunkt hoch über dem Atitlánsee statt, wo wir nochmals zurück blicken können auf die drei landschaftsprägenden Vulkane San Pedro, Atitlán und Tolimán. Von da an geht es praktisch nur noch abwärts Richtung Pazifikküste. Unterwegs machen wir noch zwei Halte, um etwas zu trinken und/oder zu essen. Die Vegetation und das Erscheinungsbild der Siedlungen hat sich gewaltig geändert. Wo vorher sorgfältig angelegte, kleinere Gemüse- und Maisfelder sowie Kaffeeplantagen vorherrschten, sind es jetzt Viehweiden, Bananenplantagen und in der Nähe der Küste eine riesige Crevettenzuchtanlage. Wenn wir den Bus verlassen, ist die Luft schwül-warm und schweisstreibend.

So erreichen wir schon bald einmal unser Domizil für die kommenden zwei Nächte, die Hotelanlage Utz Tzaba Beach, wo der Swimmig Pool zum kühlenden Bade einlädt. Der nächste Gang führt zum Pazifikstrand, wo schwarzer Sand liegt und sich die Wellen donnernd zehn Meter weiter draussen brechen. Vor dem Baden darin werden wir gewarnt, da eine kräftige Strömung aufs Meer hinaus wirkt. Ein Cuba Libre für alle Reiseteilnehmer, gespendet von Christa, hält uns davon ab, das Bad im Pazifik zu wagen.
Eine schmackhafte Ceviche für mich rundet den Tag gediegen ab.

Montag, 5. November: Hotel Utz Tzabo Beach, Monterrico
Heute ist Ruhetag. Strand- bzw. Pool-Betrieb steht auf dem Programm.
Um fünf Uhr stehen wir allerdings zusammen mit acht anderen Reiseteinehmern bereit für eine Bootsexkursion in den Mangrovenwald auf der anderen Seite der Küstenstrasse. Die Organisation und nötige Eklärungen sind verbesserunsfähig. Aber die Route ist eindrücklich.

Nach dem Morgenessen unternehme ich mit Margrit eine längere Strandwanderung Richtung Westen. Die Schuhe in den Händen, den Feldstecher umgehängt, marschieren wir los. Der schwarze Sand ist dort, wo er der Sonne ausgesetzt ist, glühend heiss. Die am Strand auslaufenden Wellen kühlen die Füsse angenehm. Ein Bad im Pool trägt zum Wohlbefinden bei. Bis am Abend hier am Pool liegen ist gar nicht meine Sache. Mein Vorschlag, nach Monterrico zu gehen stösst bei Margrit auf taube Ohren. So beschliesse ich nach Absprache mit Beatrice allein den Weg unter die Füsse zu nehmen.
Mit Feldstecher und Portemonnaie begebe ich mich auf den Weg. Da es heiss ist und zudem immer wieder Vögel vor mir auffliegen, die ich mir genauer anschaue, ohne sie bestimmen zu können, komme ich langsam vorwärts. Aber irgendwann erreiche ich das angepeilte Städtchen. Zuerst gehe ich zum Binnenhafen, zur Schiffsanlegestelle, nachher auf die andere Seite Richtung Strand. Da ist die Strasse blockiert, weil Kilbistände und -buden abgebaut werden. Der Durst meldet sich, habe ich doch rund 4.5 km zu Fuss zurückgelegt. In einem schattigen Beizli bestelle ich mir ein Bier, ein Gallo, und weil noch etwas Hunger dazu kommt einen Salat. Bis der Salat zubereitet ist, dauert es etwas. Da drängt sich ein zweites Bier auf. Mit dem Herrn am Nebentisch komme ich ins Gespräch auf Englisch und Französisch. Er stammt ursprünglich vom Atitlán-See und lernte Englisch und Französisch in Kanada. Mit ihm kann ich mich auf einfache Weise unterhalten und erfahre von ihm , wie und wo ich die Möglichkeit habe, zum Hotel zurück zu fahren.
Nachdem ich meine Konsumation bezahlt habe, begebe ich mich zur katholischen Kirche und erfahre dort, wo genau der Mikrobus in meine Richtung abfährt. Allzu lange muss ich nicht warten. Dem Chauffeur kann ich den Fahrpreis zahlen und einsteigen. Der Bus ist sehr gut frequentiert, mir wird ein Sitzplatz angeboten, und so fahren wir los, mit offener Schiebetüre und drei danebenstehenden Passagieren. An der dritten Haltestelle steige ich aus und gehe den Rest zum Hotel zu Fuss. Hier werde ich schon erwartet. Im Pool kann ich mich abkühlen. Ein interessanter Nachmittag ist damit vorbei.
Um halb sieben haben wir zum Nachtessen abgemacht. René gibt noch das genaue Programm für morgen und die Zahlungsmodalitäten für zusätzliche Getränke und Essen durch. Wir gehen anschliessend an die Rezeption, um unsere Rechnung zu begleichen. Und dann ist Nachtruhe.

Dienstag, 6. November: Fahrt nach Antigua, Stadtrundgang
Ein strahlend blauer Himmel begrüsst uns heute Morgen. Nach der Morgentoilette packen wir gleich unsere Koffer und stellen sie vor das Zimmer hinaus. Das Frühstück haben wir schon gestern Abend bestellt, damit wir das Essen rechtzeitig auf den Tisch bekommen. Gleich nach dem Essen fahren wir ab, zurück auf der Küstenstrasse bis Puerto Quetzal und dann auf der Autobahn Richtung Haupstadt. Schon bald erkennen wir am Horizont die drei Vulkane Fuego, Agua und Pacaya. Der Fuego stösst von Zeit zu Zeit eine Rauchwolke aus.
René teilt uns unterwegs mit, dass wir einen Umweg fahren müssen, weil die kürzeste Verbindung nach Antigua gesperrt sei. So fahren wir ab Esquintla auf der Autobahn weiter Richtung Guatemala Stadt und nehmen dann die Strasse nach Amatitlán über den Berg nach San Lucas. Und da kommen wir langsamer voran, weil sich der Verkehr immer wieder staut.

Mittags erreichen wir Antigua und beginnen vor dem Hotelbezug die Stadtbesichtigung. Unser Chauffeur lässt uns beim ehemaligen Dominikanerkloster aussteigen. Heute ist hier ein sehr gutes Hotel integriert. Mehrere Museen, Ruinen und Gärten geben einen Einblick in die Geschichte der Stadt, die Mitte des 16. Jahrhunderts gegründet wurde. Eigentlich sollte Antigua, damals als „Muy Noble y Muy Leal Ciudad de Santiago de Los Caballeros de Goathemala“ benannt, Hauptstadt von ganz Zentralamerika werden.
Nächste Station ist das Kapuzinerinnenkloser, heute ein Museum. René weiss viel zu erzählen über die Gebäude und ihre Bewohnerinnen, die als erste ein Frauenspital im Klosterareal betrieben.
Nun meldet sich allmählich der Hunger. Ein unmittelbar in der Nähe gelegenes Restaurante namens La Cuevita de los Urguizu mit einem speziellen Konzept kommt uns da gelegen. Beim Eingang werden verschiedene Speisen in Töpfen angeboten. Der Gast wählt ein Fleisch und zwei Beilagen aus, begibt sich darauf an einen Tisch und bestellt sich ein Getränk dazu. Dieses und der gefüllte Teller werden ihm an den Tisch gebracht. Nach dem Essen bezahlt der Gast seine Konsumation beim Ausgang.
Gestärkt besuchen wir anschliessend die öffentlichen Waschbecken (Tanque La Union), in denen noch heute Wäsche gewaschen wird. Das Wasser im zugehörigen Brunnen sieht aber gar nicht danach aus, dass damit die Wäsche sauber werden kann.
Einen weiteren Besuch statten wir der ehemaligen Kathedrale und dem Bischofspalast ab. Sie war einmal die grösste Kirche Zentralamerikas und wurde beim Erdbeben von 1773 erheblich beschädigt. Nur ein kleiner Teil der damaligen Gebäulichkeiten wurde renoviert. Die heutige Kirche ist wesentlich kleiner als die ursprüngliche, der Rest ist ein Ruinenfeld.
Der Parque Central bildet den Abschluss des Stadtrundgangs. Er ist ein sehr belebter Ort. Souvenirverkäufer, Schmuck- und Textilienschöpferinnen, Spielzeughändler, spielende Kinder, Liebespaare und Spaziergänger unterschiedlicher Herkunft agieren hier. Zudem sind die Gartenanlagen sehr gepflegt und hohe Bäume spenden kühlenden Schatten.
Anschliessend gehen wir zu Fuss zu unserem Hotel nahe beim als Stadtsymbol bekannten Bogen, El Arco de Santa Catalina. Wort bekommen wir unsere Zimmerschlüssel und müssen noch etwas auf unsere Koffer warten, da unser Chauffeur Carlos Probleme mit der Erlaubnis zur Zufahrt zum Hoteleingang hat. Unser Zimmer ist sehr gross, passend zum ebenfalls grossen und schweren Schlüssel. Den steckt niemand versehentlich in seine Hosentasche. Unser Zimmer hat über dem WC mit Dusche noch einen zweiten Boden mit zwei Stühlen und einem kleinen Tisch, erreichbar über eine steile Holztreppe. Das Fenster unseres Zimmers geht auf die Strasse hinaus und ist vergittert. Die Möbel sind antik.

Mittwoch, 7. November: Volcán Pacaya
Nach dem Frühstück stehen wir zu elft um acht Uhr bei der Rezeption bereit für eine Bergtour. Mit dem Bus fahren wir in fünf Viertelstunden nach San Francisco de Sales, wo uns Stecken und Pferde angeboten werden, um hinauf zum Lavakegel zu wandern. Ein obligatorischer Guide begleitet uns. Auf einem recht steil angelegten Waldpfad mit vielen interessanten Pflanzen steigen wir auf zum Fusse des Lavakegels. Unterwegs macht uns unser Guide immer wieder auf Besonderheiten aufmerksam. Begleitet werden wir in der ersten Phase von mehreren Jungs und Männern mit gesattelten Pferden. Immer wieder bestürmen Sie uns, doch ihr Angebot, in den Sattel auf ihr Pferd zu steigen, anzunehmen. Sie glauben offenbar nicht so recht daran, dass wir diese Wanderung schaffen. Einer schafft es dann doch, und abwechslungsweise sitzt nu jeweils eine unserer Teilnehmerinnen auf dem Pferd. Die anderen Pferdeknechte mit ihren Tieren geben auf.
Am Fuss des Lavakegels angekommen, können wir beobachten, wie immer wieder Rutsche von Lavabrocken ausgelöst werden. Zeitweise sehen wir auch weit oben fliessende, rotglühende Lava. Das ganze Geschehen wird von deutlich hörbaren Kullergeräuschen begleitet. Unser Guide führt uns noch ein gutes Stück hinein in die mit unterschiedlich grossen, scharfkantigen Brocken durchsetzte Fläche. Und plötzlich spüren wir die Wärme, die aus den Spalten heraus strahlt. Unser Guide packt Steckchen und ein Pack Marshmallows aus seinem Rucksack, zeigt uns, wie diese in den heissen Löchern grilliert werden können , und schon bald befolgen wir alle seinen Instruktionen. Nach rund einer Minute sind die süssen Mocken schön weich und schmecken uns.

Nun erfolgt der Abstieg zum etwas weiter unten liegenden Parkplatz. Hier erwartet uns unser Carlos mit dem Bus und bringt uns sicher zum Hotel zurück.
Den restlichen Nachmittag verbringen wir mit Duschen und einem kleinen Stadtbummel. Abends treffen wir uns alle zum gemeinsamen Nachtessen im Restaurant der Dominikanerkloster-Ruine. Das Essen ist sehr gut, allerdings ist die Lufttemperatur tief, so dass einige kühl haben. Auf jeden Fall schlüpfen wir nachher gerne unter die warme Bettdecke.

Donnerstag, 8. November: Antigua, Fahrt zum Flughafen und Rückflug
Margrit und ich sind die ersten beim Frühstück. Für lange Zeit gibt es zum letzten Mal schon am Morgen einen Fruchtteller mit Banane, Wassermelone, Ananas und Papaya, Spiegeleier mit schwarzem Bohnenmus und Toastbrot mit Butter und Marmelade. Sepp und Liselotte gesellen sich zu uns. Mit Liselotte machen wir ab, den Vormittag für den Besuch des Cerro de La Cruz im Norden und der Märkte im Westen der Stadt zu nutzen.
So marschieren wir gemeinsam los und finden den Weg problemlos zum Aussichtspunkt mit dem Kreuz. Unterwegs und oben haben wir eine prächtige Aussicht auf die Stadt hinunter, auf den inaktiven Vulkan Agua, und wir können mehrere Eruptionen mit Rauchausstoss auf dem Vulkan Fuego beobachten. Leider müssen wir denselben Weg in die Stadt zurück nehmen. Einen kurzen Halt legen wir bei der Kirche La Merced ein, aussen sehr hübsch aussehend, im Innern sehr nüchtern.
Für den Marktbesuch setzen wir am meisten Zeit ein. Zuerst ist der Handwerkermarkt an der Reihe, wo Margrit ein wunderschönes, handgewobenes Tischtuch kauft. Liselotte findet für ihren Sepp einen passenden Jadeanhänger. Im kommunalen Markt werden vorwiegend Esswaren, aber auch Gebrauchsgegenstände angeboten. In den engen Gassen wimmelt es nur so von Leuten. Oft scheint mir, dass mehr Leute etwas zu verkaufen haben, als Käufer vorhanden sind. Liselotte findet verschiedene Gewürze, von denen sie kleine Mengen kauft, Margrit erwirbt zwei rote Bananen. Aber mein Wunsch nach Macapulver lässt sich nicht erfüllen. Zum Abschluss reicht dann die Zeit doch noch, den letzten Cuba Libre in Guatemala zu geniessen, bevor wir ins Hotel zurückkehren, um auszuchecken und uns für die Fahrt zum Flughafen bereit zu machen.

Um zirka viertel vor eins fahren wir mit dem Bus nach Guatemala Stadt. Während der Fahrt lässt René die ganze Reise Revue passieren. Das ist zugleich der Abschied von uns, denn er wird erst später zurückfliegen. Sepp dankt im Namen der ganzen Gruppe Beatrice für ihren Anstoss, diese Guatemalareise zu organisieren, für die Werbung dafür und für ihren grossen Beitrag dazu, was mit grossem Beifall der Teilnehmer bekräftigt wird.
Am Flughafen folgen die üblichen Formalitäten. Wir schaffen es alle ins Flugzeug. Mit einer Zwischenlandung in San Salvador starten wir bereits nach Eindunkeln Richtung Madrid.

Freitag, 9. November: Ankunft in Madrid und Weiterflug in die Schweiz
Wir haben gerade das Frühstück serviert bekommen. Es ist sechs Uhr morgens in Guatemala, 13 Uhr in Madrid. In 40 Minuten landen wir. Es ist wolkig, am Boden braun und trocken.
Nun sitzen wir in der Maschine nach Zürich. Eigentlich sollte sie schon gestartet sein. Aber noch immer suchen später zugestiegene Passagiere einen Platz für ihr Gepäck, da die dafür vorhergesehen Fächer hoffnungslos gefüllt sind. Mit rund einer halben Stunde Verspätung können wir starten.
Damit endet mein Bericht nach einer eindrücklichen Reise durch ein Land, das mit gewaltigen Problemen zu kämpfen hat und wo Lösungen gesucht sind.

 

Übrigens finden Sie Beatrice‘ Reisebericht unter folgendem Link:
https://www.umdiewelt.de/Die-Amerikas/Mittelamerika/Guatemala/Reisebericht-9301/Kapitel-0.html

Viel Vergnügen beim Lesen!

Rundreise durch SW-Afrika (Namibia, Simbabwe, Botswana)

17. Oktober – 13. November 2017

Dienstag, 17. Oktober 2017: Flug nach Johannesburg

Um 22.45 geht unser Flug ab Zürich Richtung Johannesburg. Mit uns reisen Beat und Doris, Margrits Bruder und seine Frau. Wir treffen uns um viertel vor neun beim Checkin 1. Doris hat uns per Internet eingecheckt. So heisst es nur noch das Gepäck abgeben, alle Kontrollen über sich ergehen zu lassen und das richtige Gate aufzusuchen. Ziemlich pünktlich startet unsere Maschine.

Mittwoch, 18. Oktober 2017: Ankunft in Windhoek
Unterdessen sind wir nach einem ruhigen Nachtflug in Johannesburg gelandet und warten auf den Anschlussflug nach Windhoek. Ausser den Souvenirläden im Transferbereich erinnert wenig an Afrika. Die Zeit vergeht schnell und unser Flieger startet termingerecht. So landen wir um ca. 14 Uhr in Windhoek. Die Einreiseformalitäten nehmen recht Zeit in Anspruch, da sich vor den Einreisedesks lange Schlangen bilden. Wir wählen nach längerem Warten das Desk für Diplomaten, da dort die Schlange am kürzesten ist. 

Draussen werden wir von einem Taxichauffeur erwartet, der uns zum  Tamboti Guesthouse führt, das wir weit im Voraus schon gebucht haben. Wir beziehen unsere Zimmer und erholen uns etwas von den Strapazen. Anschliessend lassen wir uns per Taxi nach Kleiwindhoek fahren, essen dort etwas und kehren schon bald in unser Guesthaus zurück, wo wir schon bald einmal das Bett aufsuchen. Reisen macht müde! 

Donnerstag, 19. Oktober 2017: Ein Tag in Windhoek

Der heutige Tag dient dazu, uns mit Windhoek bekannt zu machen. So machen wir uns nach einem üppigen Frühstück auf den Weg. Nachdem Margrit von unserem Gastgeber ausdrücklich vor Taschendieben gewarnt wurde, verzichten wir auf die Mitnahme von Kameras, Rucksäcken und Handtaschen.
Unser erster Besuch gilt dem Office des Autovermieters, wo wir noch ein paar Details zur morgigen Übernahme unseres Mietwagens klären. Darauf begeben wir uns zu Fuss zum Indpendence-Monument. Da die Sonne heiss auf uns niederbrennt, beschliessen wie, als erstes mit dem Lift zum vierten Stock zu fahren und im dortigen Restaurant etwas zu trinken. Wunderschöne Terrassen laden zur Bewunderung der Aussicht ein. Wir geniessen den Blick auf die Stadt und ihre Umgebung: eindrücklich, wie hier Alt und Neu, Arm und Reich aufeinandertreffen. Moderne Hochhäuser und ältere, nledrige Gebäude stehen nah beieinander.
Das Museum zeigt mit eindrücklichen Bildern die qualvolle Geschichte des Staates Namibia, auf unglaubliche und unmenschliche Weise entstand aus einem recht unwirtlichen Gebiet eine moderne Demokratie nach europäischen Vostellungen, allerdings mit vielen, vielen Fragezeichen.
Die nächste Sehenswürdigkeit ist die Christuskirche. Eine Längswand enthält die Namen der in der Kolonialzeit gefallenen Deutschen, und zudem werden die Besucher gefragt, ob es richtig sei, dass diese Namen dort stehen – eine heikle Frage.
Wir besuchen noch das Parlamentsgebäude, den sogenannten Tintenpalast, den Parlamentspark mit wunderschönen Pflanzen und zahlreichen farbenprächtigen, aber sehr scheuen Geckos und Echsen, und ein Einkaufszentrum, wo wir uns mit wichtigen Utensilien für die morgen beginnende Safari (Kühlbox, Kühlelemente, Haushaltpapier u.a.) eindecken.
Bevor wir die Rückkehr zu unserem Guesthouse antreten, ist noch der Besuch des Bahnhofs angesagt. Es ist sozusagen ein historisches Gebäude mit allem, was zu einem Bahnhof gehört, aber Der nächste Zug fährt nach Angabe des dortigen Ausehers erst morgen wieder, und der nächste Desert-Express erst am Dienstag.

Freitag, 20. Oktober 2017: Fahrt von Windhoek nach Waterberg


Heute geht’s erst richtig los. Nach der Übernahme unseres Mietwagens, ein Ford Ranger, und nach dem Packen fahren wir los. Beat fährt, natürlich links, und da passiert es immer wieder, dass anstelle des Blinkers die Scheibenwischer den Betrieb aufnehmen. Aber sonst geht alles wie am Schnürchen, und so erreichen wir rassig den Stadtrand.
Auf der B2 fahren wir nun Richtung Norden. Der Verkehr ist mässig, so dass so wir schnell vorankommen. In Oahandja machen wir einen Zwischenhalt, denn es ist heiss und der Durst gross. Im gegenüberliegenden Holzschnitzermakt wollen wir uns etwas umsehen, aber die Verkäufer sind so aufdringlich, dass die Lust uns schnell vergeht. Die ausgestellten Stücke sind zum Teil sehr schön, aber wir haben zurzeit anderes vor. In einem nahegelegenen Selbstbedienungsgeschäft kaufen wir Wasser, grosse Platiksäcke und ein paar Früchte für die Weiterreise ein.
Bei einer weiteren Pause auf einem Rastplatz begegnen uns die ersten «Wildtiere», ein paar Rotschnabeltokos, denen wir unsere Beachtung schenken.
Einige Kilometer vor Otjiwarongo biegen wir rechts ab und gelangen nach mehreren weiteren Wildbeobachtungen zu unserer Lodge am Waterberg. Der Empfang ist nicht gerade motivierend, wir sind aber nach dem Bezug unserer Unterkunft und erst recht nach unserem anstrengenden Aufstieg zum Felsrand der Waterberghochebene begeistert. Wir werden mit einer spektakulären Aussicht auf die rund 200 Meter tiefer liegende Ebene belohnt. Beim Abstieg begegnen wir noch einigen Kleinantilopen, Papageien, einem Specht und anderen Vögeln.
Das Nachtessen, u.a. Oryxantilopensteaks, nehmen wir im Restaurant der Lodge ein.

Samstag, 21. 0ktober 2017: Erster Safari-Ausflug auf den Waterberg


Heute stehen wir früh auf. Um zehn vor sechs müssen wir vor der Rezeption sein für eine Gruppensafari auf die Hochebene des Waterbergs. Zusammen mit sechs anderen Leuten besteigen wir ein typisches Safarifahrzeug mit nach hinten höher gelegten Sitzen, offener Ladefläche und einem Dach. Wir besteigen die Sitze, nachdem unser Driver uns ein paar Anweisungen gegeben hat, und los geht die Fahrt. Zügig gelangen wir an die Eingangspforte des Naturparks, wobei wir bereits vor der Ankunft ein paar Impalas, verschiedene Hühner und Paviane beobachten konnten.
Nach Erledigung der administrativen Pflichten können wir weiterfahren. Eine recht steile Betonpiste führt hinauf aufs Hochplateau. Hier steigen wir aus und geniessen wie schon gestern den Ausblick. Ab nun führt unsere Rundfahrt über lauter Sandpisten. Gekonnt fährt der Driver durch den instabilen Untergrund, achtet bei Felspartien darauf, dass wir nicht allzu stark durchgeschüttelt werden und hält an, sobald er sehenswürdige Tiere erkennt. So wächst unser Palmares langsam an: Kudu, Pferdeantilope, Giraffe, Warzenschein u.a. tauchen auf, links und rechts der Strasse auf. Zudem führt er uns zu einem grosszügig angelegten Hide bei einer Wasserstelle, wo zuerst eine Herde Kaffernbüffel ihre Bedürfnisse befriedigen, dann kommen drei Pferdeantilopen dazu, was die Büffel zum Verlassen der Wasserstelle bewegt. Nachdem diese ihren Wasserbedarf gedeckt haben, kommen wieder andere Büffel daher getrottet. Da gibt es zwischendurch auch mal ein Gerangel, und einige ganz wenige Büffel legen sich sogar ins Wasser, um sich abzukühlen, obschon die Lufttemperatur vor allem wegen des Windes für uns nicht besonders angenehm ist. Wir kriegen unterdessen unser Morgenessen, das der Driver im Fahrzeug mitgeführt hat.
Danach geht die Fahrt weiter. Die Vegetation ist hier recht dicht, da offenbar genügend Wasser vorhanden ist.
In einem zweiten Hide können wir nochmals Büffel, Kudus, eine Giraffe, ein Warzenschwein und verschiedene Vögel und Hühner beobachten.
Danach bringt uns der Fahrer zurück, wo wir auf eigene Faust den deutschen Gefallenenfriedhof von 1904 besuchen. Beim Aufstieg zu unserem Bungalow begegnen wir nochmal einigen Vögeln und wieder einer ganz kleinen Gazellenart.
Unterdessen ist es recht heiss geworden. So beschliessen wir, bei unserem „Heim“ zu bleiben, uns hier im Schatten zu erholen, und dabei die Tiere in unserer Umgebung zu beobachten. Und so kommen die Paviane zu Besuch, eine Kleingazelle, der Rotschulterglanzstar, der Graulärmvogel, eine Kleiberart, ein Grauschnabeltoko u.a. Langweilig wird es uns nicht. Und dieser Bericht wird auch in dieser Zeit geschrieben. Da aber das WLAN fehlt, kann er nicht auf die Website hinaufgeladen werden.
Das Nachtessen geniessen wir im Camp, wo ein Restaurant gute Speisen serviert.

Sonntag, 22. Oktober 2017: Fahrt nach Khorixas
Heute ist Reisetag. Unser Ziel ist die Aabadi Mountain Lodge in der Nähe von Twyfefontein.
Wir packen unsere Sachen vor dem Morgenessen, packen unsere Koffer wegen des zu erwartenden Staubes in grosse Plastiksäcke, die wir gestern gekauft haben, und beladen unser Auto. So können wir direkt nach dem Frühstück losfahren. Beat fährt zurück auf die B1 und von dort weiter Richtung Norden. Ohne Zwischenhalt ausser wenn sich Wildtiere am Strassenrand zeigen, erreichen wir Otjiwarango und schon bald etwas weiter nordwestlich Outjo. Ab nun ist Staubstrecke angesagt. Wir fahren auf der C39 Richtung Khorixas.
Da wir gut vorwärtskommen, beschliessen wir, der Fingerklippe, auch etwa der Finger Gottes genannt, einen Besuch abzustatten. Wir zweigen dazu nach links auf die D2743 ein und sehen schon bald einmal dieses Naturdenkmal von weitem. Am Eingangstor bezahlen wir den Eintrittspreis und fahren zum nächsten Parkplatz. Der Aufstieg zum Fuss des Felsens ist wegen der grossen Hitze recht anstrengend, aber die Sicht von dort aus unwiederbringlich. So geniessen wir sowohl Ansicht wie Aussicht ganz intensiv, bestaunen die trockene und dennoch sehr abwechslungsreiche Gegend.
Nach dem Naturerlebnis statten wir der gleichnamigen Lodge noch einen Besuch ab, geniessen dort ein kühles Getränk. Da hier free WiFi angeboten wird, werden noch entsprechende Grussbotschaften und Fotos empfangen und abgeschickt.
Nachher fahren wir weiter auf der D2743, die gemäss Karte im grossen Bogen kurz vor Khorixas wieder in die C39 mündet. Aber wir verpassen die richtige Abzweigung und landen im Ghetto. Allerdings ist das eine sehr spannende Angelegenheit, da wir riesigen Kotballen an und auf der Strasse begegnen, die wir Elefanten oder Nashörnern zuschreiben. Damit ist Beats Jagdinstinkt geweckt. Allerdings will er nur Fotos schiessen und keine Kugeln. Jedenfalls gehen wir der Sache nach, leider ohne Erfolg. Als dann endlich eine Strassenabzweigung kommt, die eine Bezeichnung trägt, die weit entfernt von der ist, die wir erreichen müssten, kehren wir um, intensivieren aber unsere Suche nach Grosswild nochmals, ohne Erfolg.
So kommen wir dann doch noch nach Khorixas, wo wir tanken können, aber kein Bargeld kriegen, da der einzige Bancomat ausser Betrieb ist. Auch sonst sind wir alle von diesem Städtchen enttäuscht, weil alles so trostlos aussieht.
Wir fahren weiter. Obschon eigentlich unser Ziel, die Aabadi Lodge nahe sein sollte, zieht sich unsere Fahrt in die Länge.
Als wir sie dann endlich erreichen, ist der erste Eindruck sehr zwiespältig. Die zugewiesenen Zelte weisen verschiedene Mängel auf. Nach einer Intervention beim Chef der Lodge bekommen wir dann bessere Zelte.
Nun richten wir uns ein, erkunden noch etwas die Gegend, übrigens traumhaft, geniessen einen Amarula als Aperitif und anschliessend ein einfaches, aber schmackhaftes Nachtessen.
Den Amarulagenuss wiederholen wir nach dem Essen, dann sind wir reif fürs Bett.
Allerdings werde ich um zehn wieder geweckt. Margrit hört immer wieder ein Rascheln und Trippeln im Zelt. So zünde ich die Taschenlampe an: Da macht sich doch ein kleines, herziges Mäuslein an unserer Schokolade, die für unsere Gastgeber gedacht ist, zu schaffen. Es muss mehrmals vertrieben werden, obschon ich die Schokoladen bereits unerreichbar versorgt habe.
Aber danach finden wir beide den Schlaf. Es ist so ruhig hier, so ungewohnt.

Montag, 23. Oktober 2017: Twyfelfontein, Orgelpfeifen, Verbrannter Berg und Versteinerter Wald


Heute besuchen wir verschiedene Sehenswürdigkeiten in der Umgebung unserer Lodge.
In Twyfelfontein lassen wir uns von einer charmanten Damara-Dame durch den Park führen, der ins Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen wurde. Sie erklärt uns in sehr gepflegtem Englisch die einzelnen Gravuren, die zwischen 2000 und 6000 Jahre alt sind und von den Buschmännern stammen. Es ist erstaunlich, was diese Leute damals fertigbrachten. Speziell waren dann noch die Erklärungen zur Damara-Sprache, die vier verschiedene Arten von Klicklauten hat, die jeweils die Bedeutung eines Wortes bestimmen.
Die nächsten beiden Sehenswürdigkeiten sind die Orgelpfeifen und der verbrannte Berg. Beides sind Spielereien der Natur. Dass sich Gestein in fast exakt geometrischen Prismen anordnet und bricht, ist ja wirklich speziell, und dass ein ganzer Berg aussieht, als sei er eine gewaltige Brandruine, macht ebenfalls Eindruck.
Anschliessend fahren wir noch zum versteinerten Wald. Hier liegen Steine herum, die wie Holzstücke aussehen. Barnabas, unser Guide, führt uns zu ganzen Baumstämmen aus Stein. Aus sieben verschiedenen Mineralien bestehen diese Überbleibsel eines vor 280 Millionen Jahren überfluteten Waldstücks. Ausdrücklich macht er uns darauf aufmerksam, dass hier nichts ausgegraben wurde und wird, sondern dass diese Zeugen früherer Zeiten durch die Erosion frei gespült wurden und immer noch werden.
Als wir dann beim Eingang noch ein kühles Getränk geniessen, werden wir Zeuge eines heftigen Wortstreits zwischen den Angestellten und konzentrieren uns speziell darauf, die Klicklaute der Damarasprache mitzuhören. Und wirklich, sie werden nahtlos in den Ablauf der Rede eingefügt.
Eine warme Dusche in unserem Freiluftbadezimmer und das anschliessende Nachtessen schliessen diesen Tag ab.

Dienstag, 24. Oktober 2017: Fahrt nach Omuthiya durch den Etosha-Park


Wir stehen früh auf, um heute unsere längste Etappe in Angriff zu nehmen. Der Tag beginnt mit weniger angenehmen Überraschungen. Es gibt kein Wasser. Nach dem Packen und Morgenessen müssen wir erfahren, dass hier nicht mit Karte bezahlt werden kann. Wir kratzen alle unsere Reserven zusammen und bezahlen rund die Hälfte der anstehenden Kosten in bar, den Rest müssen wir dann per Bank überweisen.
Der Start unserer Fahrt verläuft dann problemlos und wir erreichen sogar etwas früher als geplant Outjo. Dort suchen wir die Standard Bank auf, um zuerst unsere Schulden zu begleichen. Wir müssen aber zuerst Bargeld vom Bancomaten beziehen, was zweimal gelingt, beim dritten Versuch ist offenbar der Notenvorrat aufgebraucht. Aber mit dem herausgelassenen Geld können wir unsere Schulden begleichen, was dann problemlos funktioniert. Um unsere Bargeldreserven etwas aufzustocken, müssen wir noch eine andere Bank suchen und finden sie nach einigem Nachfragen. Anschliessend kaufen wir noch ein paar Esswaren und natürlich Wasser, ein wichtiges Gut fürs Reisen in Namibia.
Mit einiger Verspätung auf unser Programm fahren wir weg und erreichen ca. um ein Uhr das Anderson Gate, den Eingang zum Etosha- Park. Hier beginnt nun ein Highlight unserer Reise. Schon bald begegnen wir nämlich den ersten Elefanten. Majestätisch nähern sich uns zwei Prachtsexemplare, die Fotoapparate und Handys laufen heiss. Zebras, Springböcke, Gnus, Impalas, Giraffen, Strausse folgen in grosser Zahl. Weitere Höhepunkte sind dann das Nashorn und eine Löwenfamilie, die sich gerade zum Wasserloch begeben, um sich dort zu laben. Zwei Schakale queren unsern Weg. Zudem tauchen immer wieder Vögel auf, die wir teilweise bestimmen können, so z.B. Nilgänse, Sekretär, Riesentrappe, Helmperlhuhn, Rotschopftrappe, Schildrabe, Rotschnabeltoko usw.
Wir müssen Beat immer wieder darauf aufmerksam machen, dass wir um sechs den Park verlassen müssen und dass wir eigentlich bei Tageslicht noch in Omuthiya eintreffen möchten.
Wir schaffen das und langen beim Eindunkeln bei unserem Hotel in Omuthiya an. Unser Gepäck ist staubig geworden auf der heutigen Fahrt, aber wir sind mit dem Ergebnis unseres ersten Aufenthalts im Etoshapark sehr zufrieden. Gespannt erwarten wir die morgigen Erlebnisse.

Mittwoch, 25. Oktober 2017: Etosha-Park
Heute fahren wir von Norden durch das King Nehale-Gate in den Etosha-Park. Die Bilder sprechen für sich:

 

Donnerstag, 26. Oktober 2017: Fahrt von Omuthiya nach Rundu


Heute fahren wir nach Rundu, ganz im Norden, an der namibisch-angolanischen Grenze, am Ufer des Okawango.
Die Fahrt führt zuerst ein Stück retour entlang der B1. Kurz nach Oshivelo zweigen wir auf die D3100 nach Osten ab. Rund 100 km folgen wir dieser Naturstrasse, bis sie auf die B 8 nach Rundu trifft. Von da an geht es Richtung Nordosten auf Asphalt weiter.
Hier fällt auf, wie viele Kinder in Namibia leben. Wir fahren gerade zu der Zeit durch, nachdem die Schulen aus haben. Gruppen von Kindern in verschiedenfarbeigen Schuluniformen, immer sehr sauber gekleidet, strömen nach Hause. Die Schulen sind eingefriedet, bestehen aus langgezogenen, gleichartigen, niedrigen Gebäuden mit Sportplätzen davor. Und wir machen uns Gedanken, was für Chancen diese Massen von Kindern für ihre Zukunft haben. Wie werden sie mal durchs Leben gehen, wenn heutzutage in Namibia gemäss Reiseführer eine 80%-ige Arbeitslosigkeit herrscht. Und dazu stellen wir fest, wieviel Abfall, Flaschen, Scherben, Aludosen, Plastiksäcke und anderes am Strassenrand herumliegen und zum Teil vom Wind vertragen werden.
Ich lasse Beat an einer Stelle, wo meiner Meinung nach Orangen zum Verkauf angeboten werden, anhalten und begebe mich zum Gefäss an der Strasse mit den vermeintlichen Orangen. Etwas weiter hinten steht ein junger Mann auf und kommt mir entgegen, ebenso ein Mädchen. Ich frage ihn, ob es sich wirklich um Orangen handle, weil mir die Früchte doch irgendwie fremd vorkommen. Er bejaht es, und ich nehme eine in die Hand. Die Schale ist aber sehr hart. Ich erkundige mich, wie die Frucht denn geschält werde. Er deutet dem Mädchen, dass es mir zeigen solle, wie ich zum Fruchtfleisch komme. Es packt die von mir gewählte Frucht und schlägt sie mehrmals auf den Strassenrand, worauf sie spaltet. Nun hebt es den kleineren Bruchteil der Schale weg. Im Innern zeigt sich ein graubrauner Inhalt von knolligem Aussehen. Dann zeigt es mir, wie der Inhalt zu geniessen ist. Ich nehme eine der Knollen heraus und schiebe sie in meinen Mund. Der Geschmack sagt mir sehr zu, aber es lässt sich nicht viel Fruchtfleisch ablösen, da der Knollen sehr hart ist. So spucke ich ihn halt wieder aus und versuche den nächsten Knollen. Ich kaufe für drei namibische Dollar drei dieser Früchte, Agumis genannt, gebe dann noch einen drauf und kehre zum Auto zurück. Natürlich möchten meine Begleiterinnen auch probieren, nachdem sie zuerst wegen des etwa abstossenden Aussehens des Fruchtinhalts nichts davon wissen wollen.
Wir finden problemlos unsere gebuchte Lodge, richten uns ein und unternehmen noch einen Spaziergang am Ufer des Okovangos. Da wird Wäsche gewaschen, der Gemüsegarten getränkt und gefischt. Und natürlich können wir auch ein paar Vögel beobachten.
Nach einem ausgezeichneten Nachtessen auf der Terrasse mit allerlei Geräuschen und Tönen von Vögeln, Fröschen und anderen Lebewesen geniessen wir unsere Betten.

Freitag, 27. Oktober 2017: Fahrt von Rundu nach Divundu
Nach dem Morgenessen gehen wir in Rundu tanken, frischen unsere Wasser- und Früchtevorräte auf, kaufen für Beat noch ein Güetzi. Mein Puls wird dadurch noch um einiges erhöht, da Margrit das gemeinsame Portemonnaie vermisst und mich dafür verantwortlich macht. Doch als wir dann alle zum Auto zurückkehren findet sie es glücklicherweise unversehrt in unserem Reiseordner drin. Mir ist wieder wohler!
Die Fahrt geht nun Richtung Osten dem Okovango entlang dem Caprivistreifen entgegen. Die erste Hälfte unserer Tagesetappe fahren wir auf der ungepflästerten Strasse durch viele Einheimischendörfer. Wir begegnen nur gerade zwei oder drei Autos auf diesem rund 100 km langen Abschnitt. Dann wechseln wir auf die Asphaltstrasse, wo es schneller weitergeht. In Divundu verfahren wir uns kurz, da uns die Wegweiser verwirren und ein Polzist noch eine falsche Auskunft gibt. Bei den Popafalls machen wir einen Zwischenhalt und gehen an den Fluss. Da ist nichts Spektakuläres zu sehen.
Nach einem kühlen Drink fahren wir weiter, verfahren uns nochmals und gelangen an die botswanische Grenze. Beat wendet das Auto, und nun finden wir die Lodge problemlos. Thorsten, der Receptionist, empfängt und mit einem Begrüssungsdrink, erklärt uns kurz, was uns dieser Ort zu bieten hat und zeigt uns unsere Unterkünfte, zwei sehr komfortabel ausgerüstete Zelte, das eine sogar mit Terrasse hinaus auf den Fluss, von wo aus wir das Gegenufer beobachten können, und da läuft einiges:
Flusspferde räkeln sich im Wasser und fressen an Land.
Ein Krokodil sonnt sich am Gegenstrand.
Ein Wasserbock und andere Antilopen tauchen auf und gehen wieder.
Eine kleine Büffelherde mit Kalb erscheint und verschwindet wieder.
Seeschwalben landen auf dem Sand und fliegen weiter.
Warzenschweine kommen ans Wasser.
Eine grosse Anzahl Vögel, u.a. Waffenkiebitze, Seidenreiher, Silberreiher, Bienenfresser, ein Storch, fliegen vorbei. Wir haben zu beobachten bis es dunkel wird.
Und nun freuen wir uns aufs Nachtessen.

Samstag, 28. Oktober 2017: In der Mahangu Safari Lodge


Der heutige Tag beginnt mit einem Super-Hit. Das Frühstück wird auf dem River-Boat Letaba 1 serviert. Wir begeben uns um halb acht aufs Schiff. Auf Tischen und Tischchen sind Geschirr und Besteck, Servietten, Butter, Konfitüre, Gewürze u.a. vorbereitet. Hinten ist das Buffet bereitgestellt. Wir ergattern uns die beiden Tischchen im Vorderteil des Schiffs. Eine Viertelstunde später legt es ab. Nun wird gespiesen, getrunken, aber die Hauptsache ist das Beobachten von Tieren. Ein Renner sind die Flusspferde im Wasser. Sie räkeln sich, tauchen auf und ab, schnauben hie und da. Auf einem Baum lauert ein Schreiseeadler auf Beute. Am Strand sonnen sich zwei Krokodile. Am Ufer äugen ein paar Kaffernbüffel misstrauisch hinter den Schilfrohren hervor. Nil- und Sporngänse stehen am Wasser. Auf einem schräg stehenden Schilfrohr sitzt ein Kingfisher. Die Zeit vergeht wie im Flug. Um halb zehn legt das Schiff wieder bei der Lodge an.
Wir beschliessen, unsere Zeit für weiteres Beobachten vom Land aus zu nutzen. Um halb drei haben wir eine Safari auf der Gegenseite des Okavango im Bwabwata Nationalpark gebucht.
Der Himmel hat sich unterdessen sehr stark überzogen. Uns scheint, Regen steht bevor. Entsprechend rüsten wir uns mit Regenschätzen aus und sind gewappnet. Um 14:30 Uhr besteigen wir das Boot, um die andere Seite des Okavango zu erreichen. Da begegnen wir einerseits Nilpferden, die nur gerade ihre Augen, Ohren und Nasen aus dem Wasser strecken, andererseits einer Gruppe von Frauen und Kindern, die am Ufer Wäsche waschen und trocknen. Es weht ein heftiger Wind. Auf der anderen Seite warten zwei Gefährte auf uns. Wir kriegen zu viert eines dieser Safarifahrzeuge mit Fahrer zugeteilt, während sich die übrigen sechs Teilnehmer auf das andere begeben.
Nun geht die Fahrt los. Der Wind wird stärker, die Wolken grauer, die Luft kühler und ferner Donner kündigt ein Gewitter an. Unser Fahrer lässt sich nicht beeindrucken und kurvt mit dem Geländefahrzeug zwischen Bäumen und Sträuchern durch, hält an, wo etwas Sehenswertes ist, und erklärt unermüdlich Zusammenhänge. Wir stossen auf Rotgesicht-Impalas, Kudus, Büffel, Rappenantilope, Geier, Marabus, Sporngänse und vieles mehr. Unterdessen beginnt es auch zu regnen, und wir ziehen unsere Regenschütze an. Der Regen wird heftiger, ebenso die Windböen, der Dunst vermindert die Sicht dramatisch, helle Blitze zucken über die Wolken und drohendes Donnergrollen folgt. Unser Fahrer zeigt sich wenig beeindruckt und fährt weiter. Fotografieren und Beobachten wird fast unmöglich. Endlich sieht das auch unser Fahrer und wendet nach Rücksprache mit uns das Fahrzeug. So kehren wir bei abnehmendem Regen und besser werdenden Sichtverhältnissen Richtung Flussufer. Wir kommen durch eine Ruinenstadt, ein ehemaliges Militärlager der Südafrikaner mit zivilen Bauten, aus der Zeit, als die SWAPO (South West Africa People’s Organsation). Und plötzlich steht da mitten auf der Fahrbahn eine Leopardenschildkröte, die wir natürlich auch noch näher betrachten und fotografieren müssen. Recht durchnässt und frierend erreichen wir den Bootsanlegeplatz und fahren zurück zur Lodge, wo wir schon bald zum Essen erwartet werden, diesmal unter Dach und nicht wie gewohnt draussen auf der Flussterrasse.

Sonntag, 29. Oktober 2017: Fahrt von Divundu nach Sangwali
Uns steht heute wieder eine längere Fahrt bevor, etwas über 300 km. Es ist bedeutend kühler als noch gestern, ein wahrer Temperatursturz, wir denken, dass er mehr als 20°C ausmacht. Nach kurzer Fahrt auf der C48 erreichen wir Divundu und den Trans-Caprivi Highway. Auf asphaltierter Strasse mit immer wieder auftauchenden Hinweisschildern auf Elefanten, die auf der Strasse auftauchen könnten, geht es Richtung Osten. Aber ausser ein paar Vögeln, einigen Ziegen und Schafen und immer wieder Einheimischen ist nichts Sehenswertes zu erkennen. Rund drei Autos begegnen wir auf der über 200 km langen Strecke.
In Kongola tanken wir und besuchen einen Einheimischen-Laden. Der ist nicht zu vergleichen mit den Selbstbedienungsgeschäften in den Städten. Das Sortiment ist sehr rudimentär, einige Gestelle sind leer, eine gekühlte Auslage für Fleisch und Käse ist ausser Betrieb. Das Leben hier ist viel einfacher. Ist es deswegen weniger glücklich?
Nun führt unser Weg Richtung Süden. Kurz vor Sangwali zweigen wir von der Hauptstrasse ab. Nun geht es auf einem abenteuerlichen Weg Richtung Nkasa Lupala Tented Lodge, unser Quartier für die nächsten zwei Nächte. In dieselbe Richtung weist auch ein Wegweiser für ein Livingstone-Museum. Wir beschliessen, diesem Museum einen Besuch abzustatten. So zweigen wir dann ab und gelangen zu einem kleinen, unscheinbaren Gebäude mit sauber gerechtem Sandplatz rundherum. Wir sind sicher die ersten Besucher heute, denn der Platz weist noch keine anderen menschlichen Spuren auf.
Eine einheimische Frau kommt schon bald gelaufen und begrüsst uns freudig, da wir Interesse am Museum zeigen. Sie führt uns ins Innere und erklärt und die darin befindlichen, handgezeichneten Karten, die Fotos und die verschiedenen Gegenstände. Sie zeigt auf, wie überhaupt dieses Museum, übrigens das kleinste ganz Afrikas, zustande kam. Wir hören interessiert zu, verstehen zwar nicht ganz alles, aber sind beeindruckt. So hinterlassen wir einen Obolus zugunsten der Gemeinde Sangwali, die offenbar dieses Museum betreibt und einen zugunsten der Frau, die gerade zum Fischen von blosser Hand im Bach stand, als wir ankamen. Sie ist sehr gerührt darüber und bedankt sich mit Verbeugungen.
Unsere abenteuerliche Fahrt geht weiter auf dieser 4×4-Route. In der Lodge werden wir mit Erfrischungstüchlein empfangen, dann gibt’s einen Begrüssungsdrink und Laura, die Empfangsdame, erklärt uns die Regeln. Da wir zeitig eintreffen, nehmen wir an der Nachmittagssafari teil und melden uns gleich noch für die morgige Frühsafari an.
Die Safari verläuft nicht ganz so erfolgreich, wie sich das unser Driver wohl wünscht. Elefant, Löwe, Leopard und weitere attraktive Vertreter im Nkasa Rupara Park halten sich fern. Aber er kann uns doch einige Leckerbissen zeigen. Neben einem grösseren Teich mit Nilpferden gibt es einen Apéro.
Nach wenigen km Rückfahrt stellt Beat fest, dass sein Handy fehlt. Alles Suchen im Safariauto bringt nichts. So kehrt der Fahrer mit uns allen zum Apéroplatz zurück, in der Hoffnung, das Verlustobjekt zu finden. Es dunkelt ein, aber das Handy ist nicht auffindbar.  Die Rückfahrt zur Lodge findet zum grossen Teil im Dunkel statt.
„Zuhause“ erwartet uns ein gutes Nachtessen, serviert auf der Terrasse. Wolldecken liegen auf, und ich brauche sie, denn es ist immer noch ungewohnt kühl.
Der Schlaf stellt sich nach diesem Tag schnell ein, die Nacht verläuft ruhig.

Montag, 30. Oktober 2017: Nkasa Rupara Nationalpark


Schon sehr früh stehen wir auf. Wir haben für heute die Combo-Tour gebucht. Dabei geht es zuerst über Land im Nkasa Rupara Park. Anschliessend folgt eine Schifffahrt auf dem Linyanti River und dann fahren wir zurück zur Lodge. Fünf Stunden soll der Ausflug dauern.
Pünktlich um sieben Uhr steht unser Fahrer bereit, es ist derselbe wie gestern. Zuerst erklärt er uns, wie der Vormittag ablaufen soll. Dann fahren wir los. Zuerst treffen wir wieder alle Tiere an, die wir schon gestern sahen. Wir starten nochmals eine Suchaktion, um Beats Handy zu finden, aber ergebnislos.
Nach über zwei Stunden Fahrt auf verschlungenen Wegen nähern wir uns allmählich dem Fluss. Und damit beginnt das grosse Event. In der Ferne sehen wir sehr viele Elefanten, die in gemütlichem Trott südwärts ziehen. Unser Fahrer bedeutet uns, dass er sich den Elefanten nähern wolle und dass wir bei der Begegnung mit diesen uns unbedingt ruhig verhalten sollen. Und wirklich, für uns unglaublich, zotteln die Elefanten rechts und links an uns vorbei. Dabei macht schon der eine oder andere Drohgebärden gegen uns, aber unser Guide bleibt ruhig und kann die Reaktionen der Elefanten offensichtlich bestens abschätzen. Und wir staunen einfach, schiessen Fotos und filmen, müssen unsere bewundernden Worte unterdrücken und… Als eine grosse Lücke in der sich vorwärtsbewegenden Herde ist und ein mächtiger Bulle noch etwa hintennach getrottet ist, fahren wir weiter zum Fluss.
Hier erfolgt der zweite Höhepunkt. Wir fahren mit dem Boot zur Furt, wo die Elefanten den Fluss Richtung Botswana überqueren. Und da sind wir noch näher dabei. Die Jumbos beachten uns nicht und stapfen ungebremst durch das fliessende Wasser, wobei der kleinste nur noch gerade seinen Rüssel über dem Wasser halten kann. Ein einmaliges Schauspiel. Die anderen Begegnungen verblassen daneben, z.B. das unter dem Boot durchtauchende Nilpferd, das auf der anderen Seite schnaubend wieder auftaucht oder die vielen Hippos, die sich im Wasser im Kreis einander zuwenden und einen Schwatz zu halten scheinen, wobei das eine oder andere auch mal sein riesiges Maul aufreisst und seine Zähne zeigt.
Die Fahrt zurück dient der Verarbeitung dieses einmaligen Erlebnisses. Mit rund einer Stunde Verspätung kehren wir in die Lodge zurück, sehr zufrieden, so ein Ereignis beobachten zu können.
Der Nachmittag verläuft ruhig mir Bericht schreiben, Beobachten von der Lodgeterrasse aus, mit Ausruhen und Diskussionen mit anderen Gästen.

Dienstag, 31. Oktober 2017: Fahrt von Sangwali nach Katima Mulilo
Unsere Reise geht heute weiter. Katima Mulilo ist das Ziel. Zuerst geht die Fahrt wieder über abenteuerlich anmutenden Wegen durch Sand, Feuchtstellen und um Bäume und Sträucher zurück auf die Hauptstrasse C48. Sie ist wider Erwarten asphaltiert. So kommen wir schnell vorwärts. Links und rechts der Strasse ist ein gewisser Wohlstand festzustellen. Die Siedlungen bestehen hier zum Teil aus gemauerten Häusern und da und dort steht auch ein Auto vor dem mit Holz oder Binsenzäunen eigefriedeten Areal. Zudem ist vielfach sauber aufgeräumt.
In Katima Mulilo langen wir kurz nach Mittag an und finden unser Hotel Protea problemlos. Nach einem Drink in der Bar können wir unsere Zimmer beziehen.
Nun steht uns ein Fussmarsch ins Zentrum des Städtchens bevor. Dort durchstreifen wir den offenen Markt und unsere Frauen kaufen nach intensiver Prüfung der Qualität und der angebotenen Muster je ein Stück Stoff afrikanischen Ursprungs. 

Darauf besuchen wir noch das moderne Shopping-Center, das sich vor allem durch die Hautfarbe der Besucher und durch lange Schlangen vor den Kassen von gleichartigen europäischen Centern unterscheidet. Zwei Dinge fallen auf: Gewisse Leute werden an den Kolonnen vorbei zur Kasse geschleust, damit sie nicht so lange anstehen müssen, und ein Pärchen mit Kind musste unter den wachsamen Augen zweier Aufsichtspersonen gewisse Artikel an der Kasse wieder auspacken, weil das Geld zum Zahlen nicht reichte.
Nach der Rückkehr ins Hotel, übrigens alles zu Fuss und bei rund 35°C, beschäftigen wir uns mit dem morgigen Grenzübergang nach Zimbabwe, was eine Tortur werden könnte, wenn nicht alles genauestens stimmt. Wir nehmen dazu mit einem Agenten Kontakt auf, den uns unser Hotelier in Victoria Falls angegeben hat und geben ihm per Whatsup und E-Mail die benötigten Daten durch, was sich auch noch etwas schwierig gestaltet, da wir eine fehlerhafte E-Mail-Adresse zugeschickt bekommen haben. Aber nach einigen Anläufen klappt es doch noch. Ich habe sein Foto auf meinem Handy und er meines. Wollen mal schauen, ob es klappt. Das sehen wir dann morgen. Heute haben wir den Schlaf verdient.

Mittwoch, 1. November 2017: Fahrt von Katima Mulilo nach Victoria Falls
Heute Morgen gehen wir sehr gespannt auf die Reise. Wie wird es heute sein, wenn wir an die botswanisch-sambesische Grenze kommen? Wir haben für unsere Fahrt genügend Zeit eingeplant, da wir nicht wissen, wie es klappt mit dem Grenzübertritt nach Botswana.
So fahren wir auf der B8 Richtung Ngoma. Wir erreichen schon bald den namibischen Zoll. Da müssen wir wieder dasselbe Papier ausfüllen, wie wir das bei der Einreise am Flughafen von Windhoek ausfüllen mussten. Wir geben das Formular ab und bekommen einen Stempel in den Pass.
Nun dürfen wir über die Linyanti-Brücke zum botswanischen Zollposten fahren. Der ist viel einfacher ausgestattet. Da müssen wir nicht mehr alle ein Formular ausfüllen, eines genügt hier für alle, dafür müssen wir unsere Schuhsohlen in eine Desinfektionslösung tauchen und unser mitgeführtes Obst entsorgen, d.h. auf der Zollstation essen oder in den Kübel werfen.
Dann geht die Fahrt weiter. Aber schon bald kommt wieder ein Posten an der Strasse, wo Beat nochmals auf eine Liste eintragen muss, mit wie vielen Personen und mit was für einem Auto wir in den Chobe Nationalpark hineinfahren. Zudem müssen wir etwas über 200 Pula Strassen- und Fahrzeuggebühren entrichten, erhalten aber eine Quittung, damit wir bei der erneuten Einreise aus Simbabwe nicht wieder zur Kasse gebeten werden.
Schon bald erreichen wir Kasane. Dort decken wir uns mit botswanischem Geld, Pula, ein, trinken etwas Kühles, ergänzen unsere Vorräte mit frischen Früchten und tanken unser Auto voll.
Unterdessen ist es kurz vor eins geworden. Wir sind immer noch zu früh, da wir um zwei mit dem simbabwischen Agenten, der uns behilflich sein soll beim Grenzpbertritt, abgemacht haben. Aber wir fahren gleichwohl auf gut Glück Richtung Grenzübergang. Die Strasse ist in einem himmeltraurigen Zustand. Löcher reihen sich an Löcher. Die botswanischen Beamten fertigen zügig ab. Darauf rollen wir auf den simbabwischen Zoll zu. Da macht sich unser Agent schon von weitem bemerkbar. Er erklärt uns, wir sollten die Personenabfertigung über uns ergehen lassen, er kümmere sich um das Auto. Wir müssen unser bereits im Voraus ausgefülltes Formular, das uns unser Gastgeber per E-Mail zustellte, zusammen mit dem Pass einem arrogant auftretenden Beamten an einem Schalter einzeln abgeben und jeweils 30 US Dollar in bar übergeben. Von Beat und mir will er den Betrag sogar doppelt erheben, doch wir wehren uns erfolgreich. Unterdessen hat unser Agent wirklich die Einfuhr des Autos erledigt und wir kriegen von ihm die Quittung, bezahlen ihm die hundert US Dollar Gebühr, die er entrichten musste und geben ihm noch ein Trinkgeld. Dann haben wir den Übertritt geschafft. Aber unsere Freude war zu früh. Rund zwei Kilometer kam wie bereits von Hartmut angekündigt eine Polizeikontrolle und verlangte von uns, das zweite obligatorische Pannendreieck zu sehen. Da wir dieses nicht bei haben, verlangt er gegen Quittung einen Betrag von 15 US Dollar, die wir bei der Ausreise zurückfordern könnten. Bei einer allfälligen Polizeikontrolle im Land könnten wir diese Quittung vorweisen, um einer Strafe wegen des fehlenden Pannendreiecks zu entgehen.
Aber schon bald vergessen wir den verursachten Ärger, denn links von der Strasse stehen zwei grössere und ein kleiner Elefant. Wir halten an und fotografieren auf Tod und Leben. Auf beiden Seiten der Strasse tauchen noch mehr Elefanten auf. Dazu kommen noch zwei schwarze, riesige Vögel mit roten Kehllappen und breiten, roten Augenringen, die uns in Atem halten. Wir identifizieren sie als südliche Hornraben. Auch sie werden von unseren Kameras eingefangen.
Nach diesem länger dauernden Intermezzo erreichen wir das Amadeus Garden B&B und werden dort freundlich empfangen. Wir erhalten kurz einen Überblick über unsere Unterkunft und über das Städtchen Victoria Falls.
Schon bald nach dem Zimmerbezug begeben wir uns ins Zentrum. Und da fällt uns ein grosser Unterschied zu unseren bisherigen Destinationen auf. Die Leute rücken uns auf den Pelz, wollen unbedingt etwas verkaufen und verfolgen uns zum Teil über grössere Strecken, wobei sie dann schon bald zu betteln beginnen. Ihr Geld ist rein nichts mehr wert, den höchsten Betrag, den ich auf einer simbabwischen Banknote aufgedruckt war, betrug 50’000’000’000 Simbabwische Dollar. Da ist man schnell mal Milliardär. Und deshalb ist die meist verwendete Währung der US $.
Den Apéro nehmen wir im View Point Café ein, ein Restaurant, von wo aus man einen eindrücklichen Ausblick auf die Sambesibrücke und in die Schlucht hat. Fantastisch!
Ein Taxi führt uns zurück zum Amadeus Garden B&B.

Donnerstag, 2. November 2017: Victoriafälle und Krokodilranch


Nach dem Frühstück gehen wir zu Fuss zum Eingang in das Victoria Falls-Gelände. Der Eintritt beträgt stolze 30 US Dollar. Wir orientieren uns am Eingang über den bevorstehenden Besichtigungsweg und gehen dann schön der Nummerierung nach durch das Gelände. Imposant sind die Aussichten auf die zum Teil über hundert Meter tief fallenden Wassermassen. Da der Sambesi nicht sehr grosse Wassermassen von Sambia herbringt, sind verschiedene Abschnitte trocken. Aber da, wo das Wasser in die Tiefe stürzt, sind gewaltige Gischtwolken auszumachen. An gewissen Aussichtspunkten werden wir ziemlich nass. Zwar ist der ganze Weg schweisstreibend, aber die Gischt trägt auch noch einiges dazu bei, dass wir die ganze Zeit über feucht sind.
Ein spezielles Erlebnis ist die Begegnung mit Schülerinnen und Schülern bzw. mit einer ihrer Lehrerinnen einer katholischen Schule aus Bulawajo. Wir führen mit ihr ein kurzes Gespräch und sie wünscht sich ein Foto mit uns.
Nach dem Besuch der Fälle lassen wir es uns nicht nehmen, uns auf die Brücke über den Sambesi zu begeben. Wenn es auch sehr heiss ist, mein Handy zeigt 37°C an, marschieren wir unverdrossen durch den simbabwischen Grenzposten, wo wir noch einen gestempelten Zettel für uns vier Personen bekommen. Auf der Brücke werden wir, wie fast überall, immer wieder von „Künstlern“ bedrängt, die uns unbedingt die Big Five, aus wertvollem Holz geschnitzt, eine Holzschale, einen Armreifen, eine 50 000 000 000-Note der simbabwischen Nationalbank oder sonst was andrehen wollen. Es ist teilweise recht schwierig, diesen Händlern einen Korb zu geben, denn anfänglich stellen sie sich oft als Helfer und Informanten dar, die sich erfreut darüber zeigen, dass wir ihr Land besuchen. Und zuletzt betteln sie, wenn sie nichts verkaufen können, und beklagen ihr Schicksal. Aber jedenfalls ist die Sicht hinunter in die Schlucht einmalig.
Auf dem Rückweg nehmen wir uns ein Taxi und lassen uns zur Krokodilranch etwas ausserhalb Victoria Falls fahren. Da werden wir von einer jungen Frau durch den Betrieb geführt. Für uns völlig ungewohnt werden hier Krokodile zur Gewinnung von Leder und Fleisch gezüchtet und gehalten. Zuerst zeigt sie uns Jungtiere, die in einem kahlen Betongehege untergebracht sind. Sie packt ein Jungtier mit beiden Händen und reicht es uns zum Halten und zum Anfassen. Wir bekommen Erklärungen zur Anatomie und zur Haltung dieser Echsen. Die „Masttiere“ werden in recht grossen, betonierten Gehegen gehalten, die in der Mitte Mulden mit Wasser aufweisen, wo sich die Tiere hineinbegeben können. Sie werden mit Pellets aus Fleisch gemästet. In einem weiteren Teil der Anlage sind die zur Zucht notwendigen Elterntiere untergebracht. Diese Anlage ist ein naturnahes Weiher- und Flussgelände, wo die Tiere weitgehend artgerecht gehalten werden. Auf ein Männchen kommen rund ein Dutzend Weibchen. Die Tiere sind einiges über 40 Jahre alt. Jedes Weibchen legt im Schnitt 45 Eier, die 90 Tage Brutzeit im warmen Sand benötigen. Zum Abschluss ihrer Führung holt sie ein paar Krokodilfleischbrocken, die sie einen nach dem andern an einen Haken an einer Schnur mit Stange hängt und über dem Wasser den darin befindlichen Krokodilen mit Lockrufen präsentiert. Die Krokodile schnappen mit lautem Zusammenklappen ihrer Kiefer nach diesen Happen. Schon nach kurzer Zeit sind alle Fleischstücke weg. Nun stehen noch drei Löwen, ein Männchen mit zwei Weibchen in einem grossen, eingezäunten Grundstück an.
Von einer anderen Frau werden wir noch in eine neu entstehende Ausstellung mit vielen Schlangen eingeladen. Sie scheint zu jeder dieser Schlangen eine besondere Beziehung zu haben, aber die Schaukästen, in denen diese Tiere ausgestellt sind, sehen teilweise schrecklich aus.
Unser nächstes Ziel ist das Lookout-Café, das wir mit dem Taxi ansteuern. Hier geniessen wir nochmals die Sicht in die Sambesischlucht, auf die mutigen Bundjee-Jumper, die den Sprung in die Tiefe wagen, und ein frühes Znacht.
Zu Fuss gehen wir darauf zu unserer Unterkunft zurück, um uns im Pool noch etwas abzukühlen.

Freitag, 3. November 2017: Fahrt von Victoria Falls nach Kavimba in Botswana
Nach dem Frühstück und Packen unserer Sachen fahren wir aus Victoria Falls weg. Nach einigen km kommen wir am Flugplatz vorbei. Niemand von uns erinnert sich daran, je hier vorbeigefahren zu sein. Nachdem Doris mal auf ihr Handy schaut, wo sie die Fahrt auf dem Display gelegentlich mitverfolgt, stellt sie fest, dass wir in die falsche Richtung fahren. Beat kehrt und fährt zurück Richtung Victoria Falls. Kurz vor der Stadt stellen wir fest, wo wir die Abzweigung Richtung Kasane verpasst haben. Jetzt, wo wir auf der richtigen Strasse sind, kommen wir schnell vorwärts, erreichen schon bald die Polizeikontrolle wenige Kilometer vor der Grenze. Dort kommen wir unbehelligt vorbei. Am Grenzposten werden wir schnell und problemlos abgefertigt, allerdings will von der Rückgabe der 15 US $, die wir bei der Einreise wegen des fehlenden Pannendreiecks bezahlen mussten, niemand etwas wissen. Wir haben eher den Eindruck, dass die uns abfertigenden Beamten verschmitzt darüber lachen, dass wir uns so naiv reinlegen liessen. Also schreiben wir den verlorenen Betrag ins Kamin und fahren weiter zum botswanischen Grenzposten.
Dort müssen wir wieder ein Formular mit allen möglichen Angaben ausfüllen und die Quittung für die Strassengebühr vorweisen, die wir bei der Fahrt von Namibia nach Botswana bereits bezahlen mussten. Der Beamte nimmt die Formulare entgegen, ohne gross einen Blick darauf zu werfen, und dann können wir in Botswana einreisen.
Kurz vor Kasane lassen wir den Tank unseres Autos auffüllen und kaufen noch etwas Proviant ein, denn jetzt geht es in eine dünn besiedelte Gegend, an den Rand des Chobe Nationalparks. Nachdem wir in Ngoma nach Südwesten abgezweigt sind, machen wir noch einen kurzen Halt. Weit ist es nicht mehr bis zur Mwandi Lodge, unserem Aufenthaltsort für die kommenden zwei Nächte. Bevor wir ankommen, queren wir noch einen Elefantentrail, denn Strasse und Umland sind auf eine Breite von einigen Metern mit den Kotballen dieser Tiere stark verunreinigt.
In der Lodge werden wir willkommen geheissen und bekommen unsere beiden Zelte für die zwei nächsten Nächte zugewiesen. Zuerst betrachten wir mit Feldstecher, Fernrohr und den Fotoapparaten die Umgebung. Wir sind unmittelbar östlich des Chobe Rivers untergebracht und können von unseren Terrassen die Gegend ausgezeichnet beobachten. Wir identifizieren zwei Arten Pelikane, wobei eine sicher der Rosapelikan ist, Höckerente, Graufischer, Goliathreiher, Silberreiher, Riesenglanzstar, Rotschnabeltoko. Weitere Vögel sind für uns nicht bestimmbar, da wir sie in unseren Unterlagen nicht finden oder sie zu wenig genau sehen können. Von Südwesten zieht ein Gewitter vorbei, im Nordosten brennt die Steppe.
Da es uns allmählich zu heiss wird, geniessen wir ein kühlendes Bad im Swimmingpool der Lodge und ein kühles Getränk. Und dann geht das Beobachten und Bestimmen weiter: Schwarzstirnwürger, Gelbschnabeltoko, Monteirotoko, Sporngans, Kapturteltaube. In der Ferne sind ein paar Zebras zusammen mit einer Rinderherde zu sehen. Die Hitze bleibt.

Samstag, 4. November 2017: Auf Safari im Chobe Nationalpark
In Badehose, gerade aus dem Pool gestiegen, bei brütender Hitze und nun abgekühlt sitze ich im Schatten und schreibe den heutigen Bericht.
Schon um sieben morgens sitzen wir beim Frühstück, echt Englisch mit Toast, scrumbled Eggs, Mushrooms, Bacon, Tomatoes, Hush Browns and Butter und geniessen im Freien bei angenehmen Temperaturen. Wir beschliessen, heute Beat fahren zu lassen und entlang dem Chobe River auf zum Teil abenteuerlichen Pfaden Richtung Kasane zu fahren. Doris legt einen Ruhetag ein. So fahren wir zu dritt los und starten unsere Safaritour beim Ngoma Gate.
Der erste Abschnitt ist eine steile Passage in die Uferregion des Chobe. Auf unterschiedlichen Pisten, steinig, sandig, festgefahren, geht es auf Pirschfahrt. Beat übt für morgen, dann ist eine längere Überlandfahrt fällig.
Hier treffen wir schon bald auf riesige Herden Zebras in der Ebene draussen. An den Hängen tummeln sich immer wieder Gruppen von Impalas, die einen bestehen aus mehreren Weibchen mit einem Bock, die anderen aus mehreren Männchen. Manchmal tauchen auch hier Zebras auf. Vereinzelt treffen wir auf Kudus, Litschi- und Rappen-Antilopen, Paviane und Warzenschweine.
Eine Reihe Vögel können wir bestimmen, so z.B. Hammerkopf, Rosapelikan, Klaffschnabel, Schwarzstorch, Schreiseeadler, Rotschnabeltoko, Riesentrappe, Waffenkiebitz, Silber-, Seiden- und Kuhreiher, Kaptriel, Stelzenläufer, Nilgans. Andere bleiben unbestimmt oder unsicher.
In der Ferne ist eine Elefantengruppe von drei ausgewachsenen und drei Jungtieren auszumachen. Gegen Ende unserer Pirschfahrt stossen wir auf einen neben der Piste liegenden toten, ausgewachsenen Elefanten, ein unschönes Bild und unangenehm riechend. Aber der Tod schlägt auch in der Wildnis zu.
Bei grosser Hitze beenden wir unsere Safari und steuern unserem Nachtlager zu, wo wir uns im Pool und bei einem eiskalten Getränk abkühlen können. Beat hat sich als Fahrer bestens bewährt und alle kritischen Situationen souverän gemeistert. Froh zeigt er sich darüber, dass der Gegenverkehr minimal war, speziell in Steigungen und Abfahrten.

Sonntag, 5. November 2017: Fahrt von Kavimba nach Maun


Heute steht uns eine besonders abenteuerliche Fahrt bevor. Bis Kachikau wird die Strasse noch einen Asphaltbelag haben, und dann liegen einiges über 200 km Sand-, Schotter- und Feuchtpisten vor uns, um zu unserem Ziel, das Discovery B&B in Maun zu erreichen. Mit etwas über sieben Stunden Fahrt rechnet der Routenplaner von Google Maps. Da heisst es also früh losfahren.
Kurz nach acht begeben wir uns auf die Strecke. Die ersten Kilometer auf der festen Strasse verlaufen problemlos. Und dann liegt die Sandpiste vor uns. Recht steil geht es bergauf und schon stellen sich die ersten Schwierigkeiten ein. Mitten in der Steigung kommen wir nicht mehr weiter. Beat hat nicht daran gedacht, den Vierrad einzuschalten. Nun holt es es nach, und schon bald kann er wieder volle Fahrt aufnehmen. Wir werden durchgeschüttelt, Margrit findet: „Geschüttelt, nicht gerührt! So kommen wir weiter, bis Doris bemerkt, dass ihr Rucksack im Auto fehlt. Anhalten und durchsuchen des ganzen Autos sind angesagt, aber der Rucksack lässt sich nicht finden. Sch…!!! Also Handy zur Hand, Telefonnummer von Mwandy Lodge suchen… Da klingelt bereits Margrits Handy. Wer ruft denn an so mitten im Niemandsland? Emilia von der Lodge ist es, ein Rucksack sei liegen geblieben. Also wendet Beat unser Gefährt, und wir werden wieder durchgerüttelt, einfach in entgegengesetzter Richtung, um den Rucksack abzuholen. Das Problem ist allerdings, dass es unterdessen eine Stunde später geworden ist, und wieder zurück an dieselbe Stelle kostet uns eine weitere Stunde.
Wir gelangen zurück zur zu Mwandy Lodge, wo Doris ihren Rucksack unbeschadet in Empfang nehmen darf, und fahren nun gerade entgegengesetzt weiter nach Kasane und dann Richtung Nata. Zwar ist dieser Weg einige hundert Kilometer länger, aber er scheint uns vernünftiger, vor allem wenn wir unter Umständen noch bei Dunkelheit fahren müssten. Auf Asphaltstrassen lässt sich schneller fahren. Das bekommt Beat schon bald eindrücklich zu spüren. Kurz nach Kasane stellen wir fest, dass dort eine Radarkontrolle stattfindet. Wir kommen ungeschoren durch und meinen noch, dass hier wohl das einzige Radargerät der botswanischen Polizei im Einsatz sei. Aber weit gefehlt. Schon bald danach werden wir von einem Polizisten herausgewinkt. Da steht in den Büschen versteckt das Radargerät und ein Polizeiauto. Unser Auto war ein paar km/h zu schnell unterwegs, was uns eine Busse eintrug. Sie war aber verschmerzbar, nur ging schon wieder Zeit verloren.
In Nata machen wir einen kurzen Zwischenhalt, tanken Diesel und ein kühles Getränk. Die Fahrt geht weiter Richtung Westen, Maun entgegen, jetzt immer schön mit höchstens der erlaubten Geschwindigkeit. Schliesslich haben wir gelernt, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung so lange gilt, bis eine Tafel am Strassenrand steht, die eine neue Beschränkung vorschreibt.
Natürlich begegnen wir auf der ganzen Strecke von über 700 Kilometern auch immer wieder etwa wilden Tieren. Zwischen Ngoma und Kasane liegt ein verkohlter Elefant an der Strasse, später begegnen wir einem lebenden Elefanten, Straussen und verschiedenen kleineren Steppentieren. Gross ist die Zahl der Rinder und Kälber, der Ziegen und der Esel, die am Strassenrand weiden und dabei auch etwa die Strasse überqueren. Da heisst es immer auf der Hut sein.
Eine weitere ungewohnte Prozedur müssen wir an der Veterinärgrenze über uns ergehen lassen. Da gelangen wir urplötzlich an einen Kontrollposten, an dem wir anhalten und aussteigen müssen. Unser Auto wird untersucht auf landwirtschaftliche Produkte, die wir mitführen. Diese müssen wir am Kontrollposten essen oder ansonsten abgeben. Also beissen wir in unsere Äpfel, schälen unsere Bananen und Orangen und vertilgen sie. Unsere Schuhsohlen müssen in einer wie Jauche aussehenden Flüssigkeit desinfiziert werden, indem wir mit den Schuhen in das Gefäss treten. Mit dem Auto muss Beat durch ein Reifendesinfektionsbad fahren. Es geht laut Infos, die wir erhalten, darum, die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche im Landwirtschaftsgebiet zu unterbinden. Beat muss sogar ein paar Schuhe aus dem Kofferraum ins Desinfektionsbad tunken. Dann können wir weiterfahren.
So erreichen wir vor Einbruch der Dunkelheit Maun und unsere Unterkunft, Discovery B&B. Nach dem Einrichten unserer Schlafbungalows fahren wir zur Backpackers Lodge an der alten Brücke, wo wir unser Nachtessen bestellen und dann beim Warten auf unsere Bestellung Aktivitäten für die nächsten zwei Tage buchen: Eine Bootsfahrt ins Okavangodelta mit Lunch und Landspaziergang und eine Fahrt ins Moremi Game Reserve. Da der Anbieter Barzahlung verlangt, fahren wir nach dem Essen noch in die Stadt, um einem Bancomaten einen Besuch abzustatten. Schon der zweite Apparat ist betriebsbereit und speit uns die verlangten Banknoten heraus.

Montag, 6. November 2017: Schifffahrt auf dem Thamalakane River


Pünktlich um acht werden wir von Mark bei der Lodge abgeholt. Er führt uns mit seinem Auto zu einem Bootsplatz und stellt und Cobra vor, der mit uns diesen Ausflug ausführen wird. Zu viert nehmen wir Platz. Zuerst geht die Fahrt flussaufwärts bis zu Einmündung in den Boro River. Cobra kennt die Wasser- und andere Vögel ausgezeichnet und macht uns auf die verschiedenen Arten und auf ihre Eigenheiten aufmerksam. Die Zeit vergeht wie im Flug und wir kennen unterdessen verschiedene Reiher, Entern, Gänse, Kingfischer, Bienenfresser, den Schreiseeadler und viele andere.
Im Boro River stossen wir auf ein junges zwei- bis dreijähriges Krokodil. Cobra entdeckt es aus dem fahrenden Boot während wir zwei-, dreimal nachfragen müssen, wo genau es sich befinde, so gut ist es in den Wasserpflanzen getarnt. Eine spezielle Begebenheit erleben wir, als Cobra das Boot an einer Stelle, wo ein Hag in den Fluss hinausgebaut wurde, anhält, uns zum Aussteigen auffordert und erklärt, er müsse hier die Erlaubnis einholen, um in den nächsten Abschnitt des Flusses hineinzufahren. Er diskutiert länger mit einer älteren, schwarzen Frau von vornehmem Aussehen. Dann kommt er uns holen und fährt mit uns weiter.
Hier erleben wir einen weiteren Höhepunkt unserer Reise. Wir fahren durch ziemlich schmale Wasserstrassen, die von dichten Seelilien und Binsengewächsen beidseitig begrenzt werden. Hier drin weiden Elefanten, die die Wurzeln der ausgezerrten Seelilien mit Genuss fressen. Cobra steuert sein Boot durch die Pflanzen sehr nahe an die Jumbos heran, so dass wir ihnen praktisch Aug in Aug gegenüberstehen. Die Elefanten zeigen sich überhaupt nicht aggressiv und ziehen sich eher zurück. Wir sind beeindruckt von der Friedlichkeit dieser Riesen und fotografieren auf Tod und Leben. Zudem sind verschiedene wasserliebende Antilopen sowie Paviane zu beobachten.
Unser Picknick nehmen wir auf einer Insel ein, nachdem sich Cobra gewissenhaft versichert hat, dass kein gefährliches Tier vorhanden ist. Es gibt gebratenes Hähnchen, Pouletsalat, grünen Salat, kalte Pommes Frites und eine Büchse Süssgetränk. Als Dessert ist ein Erdbeerjoghurt vorgesehen. Allerdings fehlen Messer, Gabeln und Löffel.
Auf der Rückfahrt zeigt uns Cobra noch ein kleines, weisses Fröschchen, den angolanischen Rotfrosch, der an den Binsenpflanzen hochklettert und dort von Vögeln gefressen wird.
Nach der Rückkehr können wir bei Mark gerade den Ausflug von morgen buchen.
Aufs Nachtessen verzichten wir, der Lunch vom Mittag reicht auch für die Nacht.

Dienstag, 7. November 2017: Safari im Moremi Game Reserve


Schon morgens um fünf werden wir von unserem Driver abgeholt. Es ist kühl. Wir besteigen den Safariwagen, Margrit und ich in der vordersten, Doris und Beat in der zweiten Reihe und in der dritten Reihe findet das Reserverad Platz. Dann geht die Fahrt los, rund zehn Kilometer auf Asphalt, die nächsten vierzig Kilometer auf Schotterpiste und dann abwechselnd auf Sand- und Schotterpisten für den Rest des Tages. Teenage holt alles aus seinem Fahrzeug heraus. Das schüttelt uns total durch. Beim South Gate, nach ca. 90 Kilometern und zwei Stunden Fahrt gibt es Frühstück. Wir sind allerdings nicht allein. Sehr schnell haben Baumhörnchen, ein Gelbschnabeltoko und ein Riesenglanzstar unsere Absicht erkannt und betteln unverschämt, ja sie klauen sogar von unseren Speisen.
Anschliessend geht die Fahrt weiter Richtung Black Holes. Unser Driver mit dem Namen Teenage hat wirklich Drive drauf. Er will uns die Höhepunkte dieses Nationalparks möglichst alle zeigen. Wir begegnen schon vor dem Gate einzelnen Tieren, sogar einem Elefanten. Am Wasser begegnen wir dann Tieren, die wir bereits gestern beobachten konnten. Höhepunkte sind der Gelbschnabelstorch, der Braune Sichler, der Glockenreiher und der Afrikanische Löffler.
Teenage führt uns, nachdem er mit anderen Fahrern geredet hat, zu einer Löwenfamilie, die im Schatten ruht. Da liegen zwölf jüngere und ältere Damen herum, zum Teil einzeln, zum Teil in Kontakt zueinander, schauen uns hin und wieder gross an, wenden ihren Kopf weg und zeigen an uns Beobachtern wenig Interesse. Etwas abseits liegt der Löwenmann, ein alter Herr, mehrfacher Grossvater. Er fühlt sich durch unsere Anwesenheit gestört, erhebt sich und legt sich zu seinen Frauen, aber ohne jede Drohgebärde. Und unser Driver weiss unterdessen so viel zu erzählen über diese Löwenfamilie.
Der nächste Höhepunkt ist ein Nashorn. Dazu fährt Greenage ganz nahe an die Büsche heran, wo sich das Tier versteckt hält. Dieses ergreift die Flucht, aber unser Driver lässt sich nicht lumpen und folgt im quer durch die Landschaft, über Stock und Stein, und es schüttelt uns einmal mehr durch und durch, aber wir sehen das Prachtstier. Allerdings fehlt ihm das grosse Horn. Es wurde ihm auf Weisung der botswanischen Behörden gestutzt, da es sonst allzu leicht Wilderern zum Opfer fallen könnte, die es auf das kostbare Organ abgesehen haben. Ein solches Horn bringt immer noch einen ansehnlichen Betrag, da es in gemahlenem Zustand sexuelle Wunderkräfte freimachen soll. Wer’s glaubt, ist ein Tr….
Plötzlich tauchen zwei Männer zu Fuss auf. Was haben die vor? Greenage redet mit ihnen und teilt uns dann mit, dass seine Hilfe nötig sei. So nehmen die beiden die engen Plätze neben dem Reserverad ein und wir fahren in die von ihnen diktierte Richtung. Von weitem sehen wir das Problem: Ein Geländefahrzeug mit Anhänger steht im Sumpf, der Motor läuft, aus dem Auspuff blubbert es. Da können wir auch nicht helfen, also fährt unsere Driver mit uns allen zum Camp der beiden, damit sie dort die benötigte Hilfe organisieren können. Greenage kurvt noch etwas in der Gegend herum und fährt dann nochmals an den Unglücksort, um beim Herausschleppen des Gefährts seinen Kommentar abzuliefern.
Etwas spät geht er dann die Suche nach einem Picknickplatz an, wobei er am ersten gewählten Ort richtiggehend von einer weissen Dame abgekanzelt wird. Also sucht er weiter und findet dann einen Platz, wo wir in der Nähe lauernde Löwen beobachten können. Aber scheinbar setzt auch ihnen die Hitze zu, und sie zeigen sich während unserer Mahlzeit, gebratenes Hähnchen mit Pommes, umgebungswarm, mit eine Büchse Süssgetränk, nicht angriffig.
Natürlich haben wir während der ganzen Herumfahrerei wieder allerlei verschiedene Tiere beobachten können, verschiedene Antilopenarten, Warzenschweine, einen Schwarzrückenschakal, Baumhörnchen u.a.
Nach dem Essen fahren wir etwas gemütlicher zu unserer Lodge zurück. Ein Taucher im Pool und die anschliessende Dusche machen uns wieder munter. Nachtessen brauchen wir nicht mehr, aber etwas Kühles zu trinken.

Mittwoch, 8. November 2017: Fahrt von Maun nach Ghanzi


Leider ist nun die Zeit der Safarifahrten zu Ende. Heute fahren wir nach Ghanzi zur D’qae Qare Lodge. Da sind wir sehr gespannt, was uns erwartet.
Nach dem Frühstück fahren wir ab und machen unseren ersten Zwischenhalt in Maun. Schliesslich wollen wir wieder volltanken, noch etwas Geld vom Bancomaten beziehen und Proviant einkaufen. Dann geht die Fahrt Richtung Ghanzi los. Die Strasse ist gut, alles asphaltiert. Wir kommen zügig voran. An der Strasse wird gearbeitet, marode Stellen ausgebessert. An zwei Stellen sitzen mehrere Arbeiter in signalgrünen Jacken auf der Strasse und bessern Löcher im Asphalt aus. Beat und Doris finden, die putzen irgendwelche Rückstände weg. Ihr Job erscheint uns sehr gefährlich zu sein, da sie eine Fahrbahn praktisch ungesichert versperren. Allerdings ist der Verkehr sehr gering.
In Sehithwa möchte ich den Ngami See sehen. Deshalb zweigen wir rechts ab zum Dorf und Richtung See. Als wir in einer Sackgasse landen, frage ich einen Knaben, der gerade mit einer Axt aus dem Hausgarten kommt, um Rat. Er erklärt mir den Weg und sagt mir, dass wir ca. zwei Kilometer zu fahren hätten. Wir wenden und machen uns auf den Weg. Zur Sicherheit frage ich noch drei junge Frauen nach dem Weg. Die eine von ihnen beschreibt ihn mir bestens und drückt mir dann zum Abschied noch die Hand. So kommen wir durch eine verbrannte Landschaft mit lauter toten Bäumen ans Wasser, wo sich Kühe, Kälber, Stiere und Esel ein Stelldichein geben. Offensichtlich führt hier die Strasse, wenn es ganz trocken ist, auf die andere Seite des Sees. Heute aber ist das nicht möglich. Dort wo die Trasse ins Wasser führt, tummeln sich etliche Wasservögel, die bei unserer Ankunft ihre Platz laut zeternd freigeben. Da das Ufer aber dicht von Wasserpflanzen überwuchert ist, sehen wir vom See nicht sehr viel, dafür riechen wir das Vieh. Da ist kein lauschiges Plätzchen am Ufer, kein Strandcafé. So nehmen wir schon bald wieder Abschied vom See und fahren weiter Richtung Ghanzi.
Die nächste Überraschung ist der Veterinärzaun. Schon wieder! Jetzt haben wir doch in Maun unseren Reiseproviant eingekauft, und jetzt das. Wieder alle Früchte essen oder abgeben? Wir beschliessen, die eingkauften Sachen nicht zu deklarieren. Zu unserer Überraschung fragt uns die kontrollierende Dame gar nicht nach Lebensmitteln, sondern will alle unsere Schuhe sehen, damit sie in die gruslige Brühe in den mit Stoff- und Sackresten bereitgestellten Schalen getunkt werden können. Und so packen wir Koffer um Koffer aus, nehmen die Schuhe heraus und tunken sie in die Schale. Dann wird wieder alles schön säuberlich eingepackt, natürlich mit afrikanischer Eile. Jetzt kann die Fahrt weitergehen.
Etwas mehr als 20 Kilometer vor Ghanzi zweigen wir von der Strasse links ab zu unserer vorgebuchten Lodge. Über eine rund sieben Kilometer lange Sandpiste gelangen wir zur Lodge. Hier werden wir von zwei San-Frauen mit Umarmen begrüsst uns willkommen geheissen. Wir bekommen erklärt, wie die Abläufe in dieser Lodge sind, richten unsere sehr geräumigen Zimmer ein und begeben uns dann auf Safari. Im Lodge eigenen Park sind einige Antilopen- und Vogelarten zu sehen. Den Plan mit den Wegen und Wasserlöchern fotografiere ich mit dem I-Pad, so dass wir einige Anhaltspunkte haben für unsere Fahrt. Allerdings sind die Tiere hier sehr scheu, und wir bekommen die meisten nur aus der Ferne zu Gesicht. Beat und ich klettern noch auf den Aussichtsturm, um uns einen Überblick zu verschaffen. Doch oben fehlt die Plattform und rundherum sehen wir auf Bäume und Büsche hinunter, aber kein Tier. Immerhin haben wir auf der Fahrt hierhin Strausse, Helmperlhühner, Impalas, Gnus, Kudus und Warzenschweine gesehen.
Zurück in der Lodge, kühlen wir uns im Pool ab und geniessen die Dusche nach einem heissen Tag. Zum Essen gibt es Kuduschnitzel mit Kartoffeln, Gemüse und Salat.

Donnerstag, 9. November 2017: Weiterfahrt nach Buitepos, Namibia


Nach den üblichen Abläufen starten wir zur Weiterfahrt Richtung botswanisch-namibische Grenze. Nach der rund sieben Kilometer langen Sandpiste, auf der Beat nochmals brillieren kann, führt eine Asphaltstrasse zur Grenze und dann auch weiter bis nach Windhoek.
Unterwegs beschliessen wir, da wir ja genug Zeit zur Verfügung haben, kurz vor der Grenze einen Abstecher nach Süden zu machen, wo gemäss Strassenkarte Felsmalereien zu besichtigen sind. Allerdings finden wir auch mit Nachfragen niemand, der über das Vorhandensein dieser Sehenswürdigkeit Auskunft geben kann. Es sind am Strassenrand keine Hinweistafeln zu finden, also kehren wir um und machen in Charles Hill einen Zwischenhalt an der Tankstelle. Kaum stehen wir vor der Tanksäule und bestellen: „Diesel, full!“ steht schon ein Polizist auf der anderen Seite unseres Autos und wirft unserem Fahrer Beat vor, er habe einen Stopp überfahren. Doris und Beat diskutieren mit dem Ordnungshüter, während ich mich ums Tanken kümmere. Nach einiger Zeit kommen die beiden lachend zurück: Doris hat sich herausreden können, indem sie darauf bestanden hat, eine allfällige Busse nur mit Kreditkarte bezahlen zu können. Im Tankstellenshop versuchen wir, unsere restlichen Botswana-Pulas zu verputzen, aber das ist ein schwieriges Unterfangen, denn viel gibt es hier nicht zu kaufen. Mit kühlen Getränken, Chips für den Apéritif heute Abend, ein paar Süssigkeiten und übrigen Pulas verlassen wir den Laden. Dennoch bleibt ein Betrag übrig.
Draussen vor dem Shop trinken wir unsere Getränke zusammen mit einem Bike-Pärchen. Sie sind hier bei dieser Hitze auf diesen unendlich langen Strassen mit den Fahrrädern unterwegs und wollen auf diese Weise bis nach Kapstadt fahren, lieber sie als ich. Sie kommen von Victoria Falls her und haben demzufolge schon eine rechte Strecke zurückgelegt. Ihre Fahrräder sind hinten und vorne bepackt. Respekt!
Unsere Reise geht weiter. Die Grenzformalitäten beim Übertritt von Botswana nach Namibia schaffen wir problemlos. Da aber der Andrang gross ist, müssen wir halt etwas anstehen. Aber Doris hat klug vorausschauend unsere Einreiseformulare beim letzten Grenzübertritt mitgenommen und schon vorher beim Fahren ausgefüllt.
Schon bald treffen wir bei der gebuchten Kalahari Bush Breaks Lodge ein, wo wir freundlich empfangen werden und wunderschöne Zimmer mit grossartigem Ausblick zugeteilt bekommen. Eine Abkühlung im Pool ist nach dieser „heissen“ Fahrt willkommen.
Anschliessend begeben wir uns bei stark bewölktem Himmel und einer Temperatur von über 30 °C auf einen Bushwalk. Wir sehen unterwegs einen Strauss, Giraffen, Impalas, Wasserböcke und ein totes, zerlegtes Zebra, daneben auch verschiedene blühende Pflanzen, die tolle Fotosujets abgeben. So kommen wir ziemlich verschwitzt zur Lodge zurück und geniessen die Dusche und anschliessend ein sehr feines Nachtessen.

Freitag, 10. November 2017: Weiterfahrt nach Windhoek
Nach einem schmackhaften Nachtessen in Joe’s Beerhouse in Klein-Windhoek versuche ich jetzt, den heutigen Tag zusammenzufassen.
Am Morgen wachen wir rechtzeitig auf, um den Sonnenaufgang festzuhalten. An der Wasserstelle sind schon die Wasserböcke aktiv. Ab acht gibt es Morgenessen, wir sind dabei.
Anschliessend erledigen wir die Zahlungsmodalitäten, und dann geht die Fahrt los. Erwähnenswert ist, dass wir auf der Strasse Richtung Windhoek unsere Biker von gestern überholen. Wir lassen die Scheiben hinunter und winken ihnen begeistert zu, sie erkennen uns.
In Gobabis machen wir Zwischenhalt und möchten gerne die katholische Kirch St. Conrad besichtigen. Sie ist aber geschlossen. So werfen wir einen Blick ins Kindergartengelände und fahren dann noch zu einem grossen Laden, um unsere Vorräte aufzufrischen. Es liegt sogar eine Glace drin. Dann geht es weiter Richtung Windhoek. An der Strasse ist nichts los. Wegen der paar Pferde, Rinder, Ziegen und wenigen Kälbern lohnt sich ein Stopp nicht. So erreichen wir die namibische Hauptstadt ca. um 14 Uhr und melden uns beim Tamboti Guesthouse zurück. Dort bekommen wir unserer Zimmer zugeteilt, räumen unser Mietauto und geniessen ein kühles Getränk. Anschliessend bringen wir das Mietauto zurück. Es hat uns gute Dienste geleistet, und wir hatten keine Probleme mit ihm. Die Rückgabe verläuft ohne Komplikationen. Wir legten mit diesem Auto 5108 km ohne Panne zurück.
Danach gehe ich in die Stadt, um Postkarten zu kaufen. Schliesslich sollen „meine“ Leute auch noch etwas von mir zu sehen und zu lesen bekommen. Im Guesthouse zurück, werden diese Karten geschrieben, bis die Finger schmerzen.
Gegen sechs gehen wir zu Fuss ins Stadtzentrum und genehmigen uns einen feinen Apéritif in einem Strassencafé mit Band. Da ertönen „The Lion Sleeps Tonight“ und Myriam Makebas Lieder. Die Musiker werden lautstark von einer Gruppe junger Frauen angefeuert und zu Höchstleistungen animiert, ein tolles Erlebnis. Leider räumen aber jetzt die Musiker das Feld und ich rufe unseren bewährten Transfer Manager von unseren ersten Tagen in Windhoek an, er soll uns doch bitte in einer Viertelstunde bei der Post abholen, da ich dort die geschriebenen Karten noch einwerfen muss. Und so gelangen wir in Joe’s Beerhouse, ein Ort, wo sich Touristen und wohlhabendere Namibier treffen. Da ist Betrieb.

Samstag, 11. November 2017: Windhoek


Heute leisten wir uns den Luxus, etwas später zum Frühstück zu erscheinen und etwas länger daran zu machen. Mit dem Junior der Guesthouse-Inhaberin machen Margrit und ich darauf ab, dass er für den Nachmittag einen Ausflug für uns im offenen Landrover durch die Umgebung von Windhoek bucht. Um halb vier werden wir abgeholt.
Dann zieht es uns ins Zentrum Windhoeks, sind doch noch ein paar Einkäufe zu tätigen. Schliesslich kann man nicht ohne kleine Geschenke für die Lieben zu Hause zurückkehren. Also besuchen wir als erstes den Handwerkermarkt. Da werden wir bestürmt von allen Seiten. Alle bieten uns die Ware zum besten Preis an. Wir schauen uns zuerst etwas um, erst dann entschliessen wir uns für bestimmte Produkte: Stoffbahnen, Schlüsselanhänger und Holzschalen sind die Renner.
Anschliessend wünschen sich unsere Frauen noch den Besuch eines Stoffladens in der Nähe des Bahnhofs. Allerdings finden wir schon vorher einen, und zwar mit mehr Auswahl. Auch da werden wir fündig und lassen unseren Obolus liegen.
Der Durst drängt uns zu einem Restaurant, wo ein kühler Drink ansteht. Danach gehen wir noch durch einen Teil des Einkaufszentrums, wo vor allem einheimische Schwarze einkaufen. Zwar hat uns vorher eine weisse Geschäftsinhaberin gewarnt, diesen Teil des Zentrums zu begehen. Wir wagen es trotzdem und fühlen uns dabei sicher und wohl.
Nach unserer Rückkehr im Guesthouse ist bereits der nächste kühle Drink fällig. Ein Taucher im Pool bringt die nötige Erfrischung.
Wir sind nun bereit für den Ausflug. Der Fahrer namens Phileas fährt mit seinem offenen Geländefahrzeug vor und stellt sich auf Deutsch vor. Er ist Ovambo und hat nach seiner Ausbildung ein landwirtschaftliches Praktikum in Norddeutschland absolviert. Da Landwirtschaft in Namibia seiner Meinung nach wegen des Wassermangels und der Hitze keine Zukunft hat, betätigt er sich als Fremdenführer. Er fährt mit uns als erstes zur Christuskirche, wo er uns einige Sachen zu diesem Bauwerk erläutert. Dabei betont er, dass die Namibier die verschiedenen, teilweise grauenvollen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Volksgruppen vergessen müssen. Die Regierung setzt auf Aussöhnung und Kompromissbereitschaft und erreichte bisher damit eine ansehnliche Stabilität im Land. Danach fährt uns Phileas durch das Regierungsviertel mit dem Sitz des Premierminiesters und dem Parlamentsgebäude.
Das nächste Ziel ist das Township Katatura, ein Stadtteil, der zur Zeit der Apartheidpolitik Südafrikas entstand und dazu diente, die schwarze Bevölkerung aus der Innenstadt zu verbannen. Heute leben rund 200 000 Leute in diesem Viertel. Sie sind meist in der Stadt in einfachen Positionen tätig und verdienen um die 2000 Namibische Dollar (knapp CHF 150.–) sofern sie nicht arbeitslos sind. Die Arbeitslosigkeit beträgt über 50 %. Die Bevölkerung wächst ständig, und die Regierung versucht mit Zäunen die ausufernde Erweiterung dieser Slums zu verhindern. Wir besuchen eine Familie im sogenannten Silvertown, das wegen seiner hell glänzenden Wellblechhütten diesen Namen bekommen hat. Trotz der sichtbaren Armut und fehlender Strom- und Wasserversorgung schlagen sich die Leute durch und verhalten sich sehr freundlich und friedlich.
Unser nächster Besuch erfolgt bei einer Institution, die Menschen aus Kututura Arbeit gibt, und einen Restaurant- und Unterkunftsbetrieb für Einheimische und Touristen an einem Stausee, der zugleich als Wasserspeicher für die Hauptstadt dient, anbietet. Die Lage ist sehr attraktiv. Das ganze Projekt ist aber letztlich ein Tropfen auf einen heissen Stein.
Danach fahren wir in das Zentrum zurück und beschliessen, nachdem uns Phileas abgesetzt hat, im Restaurant des Independence Memorials zu essen. Dort schliessen wir unseren letzten Abend in Namibia bei einem prächtigen Sonnenuntergang und Aussicht auf die Stadt und die umliegenden Berge ab.

Sonntag, 12. November 2017: Abschied von Windhoek und Namibia
Nach dem schmackhaften Morgenessen packen wir unsere Koffer und bereiten uns auf unsere Rückreise in die Schweiz vor. Den Vormittag verbringen wir bei schönstem Wetter im Park des Guesthouses Tambuti. Pünktlich um halb zwölf holt uns unser bewährte Taxifahrer ab und bringt uns zum Hosea Katuko International Airport. Nochmals geniessen wir die Fahrt über Land, durch diese trockene und einsame Landschaft, und halten Ausschau nach wilden Tieren. Aber nichts zeigt sich.
Der Flug nach Johannesburg startet stark verspätet. Unsere Maschine muss nach der Fahrt zur Startpiste nochmals zurück, weil irgendein technisches Problem aufgetreten ist. Techniker bemühen sich darum, die Maschine startklar hinzukriegen, was ihnen offenbar gelingt. Unsere Piloten beschleunigen offenbar den Flug noch, so dass sie einiges der verlorenen Zeit wieder aufholen können. Jedenfalls haben wir genügend Zeit, unser übriges Geld in Johannesburg noch in Souvenirs umzusetzen.
Der Flug nach Zürich geht rechtzeitig ab, der Start ist aber furchtbar wackelig, und auch beim Weiterflug werden wir immer wieder dazu aufgefordert, uns wegen Turbulenzen anzuschnallen.

Montag, 13. November 2017: Ankunft zu Hause
Wir erreichen früh morgens Zürich, müssen offenbar noch eine Runde drehen bis zur Landung und sind kurz vor halb sieben am Fingerdock. Die Zollformalitäten und die Gepäckausgabe verlaufen zügig, so dass Margrit und ich nach unserer Verabschiedung vom Doris und Beat noch den Zug nach Olten um 07:13 Uhr erreichen. So sind wir bereits um viertel vor neun daheim und müssen uns an mit Schneeflocken vermischten Regen und kühle Temperaturen gewöhnen. Fast dreissig Grad Celsius beträgt der Unterschied. Dankbar sind wir, dass unsere Reise ohne irgendwelche grösseren Schwierigkeiten verlief und dass wir in Doris und Beat tolle Begleiter und einen fabelhaften Chauffeur hatten.

 

 

 

 

 

 

Ecuador-Rundreise 2014

1. Tag: Mittwoch, 30.07.14
Schon um 5 Uhr müssen wir in Zürich am Flughafen sein. Unsere Tochter fährt uns hin. Die beiden Enkelinnen müssen natürlich auch mit. Gepäckaufgabe, eingecheckt haben wir gestern, gemeinsamer Kaffee mit Gipfeli, Verabschiedung, Start ins Abenteuer! KLM fliegt nach Amsterdam, Wechsel in eine grössere Maschine und dann fliegen wir ruhig, aber laaaang nach Quito. Dort landen wir bereits kurz vor 15 Uhr, dank sieben Stunden Zeitverschiebung, werden von René in Empfang genommen und lernen die drei weiteren Reisegruppenmitglieder kennen: Laura, Annemarie, Nadia. Nach anderthalbstündiger Fahrt mit einem einheimischen Chauffeur treffen wir mitten in der Altstadt bei unserem Hotel ein. Nach dem Zimmerbezug machen wir noch einen kurzen Trip auf den Hauptplatz, knipsen die erste Fotos, geniessen das bunte und chaotische Treiben auf Strassen und Plätzen, besorgen uns Wasser im Lebensmittelladen und gönnen uns anschliessend den Begrüssungsdrink im Hotel und einige Tapas, bevor wir schlafen gehen. Allerdings machen sich da noch der lange Flug und die ungewohnte Höhenlage der Stadt bemerkbar. Aber uns steht eine lange Nacht bevor.
 
2. Tag: Donnerstag, 31. 07.14

Die Nacht dauert wirklich lang. Wir beide kämpfen mit dem Jetlag, mit der Höhenkrankheit, mit den Folgen des langen Flugs. All diese Gründe und dazu das Zimmer ohne Fenster und die ständig einsetzenden Klimageräte lassen uns immer wieder aufwachen und den Schlaf danach schwer wieder finden. Trotz allem fühlen wir uns um ca. sechs Uhr fit genug, aufzustehen, zu duschen und uns für den heutigen Tag vorzubereiten.
Nach einem reichhaltigen Morgenessen zusammen mit unseren „Reisegschpänlis“ machen wir uns mit unserem Führer Luis auf, die ecuadorianische Hauptstadt zu erkunden. Die Plaza de la Independencia und die Plaza Grande, verschiedene nach für Ecuador wichtigen Personen benannte Strassen sowie die beiden wichtigen Kirchen, die Iglesia San Francisco und die Jesuitenkirche Compañia de Jesús, stehen auf unserem Programm. Luis erklärt uns dazu die historischen Hintergründe. Anschliessend fahren wir mit unserem Büsli zur riesigen Statue der geflügelten Madonna auf dem Panecillo-Hügel und geniessen die prächtige Sicht auf die Altstadt Quitos, eine hügelige, ja sogar gebirgige Gegend!
Von da an geht’s zur Mitte der Welt, zur Mitad del Mundo. Das alte Denkmal mit der riesigen Kugel auf einem Steinquader lassen wir beiseite und besuchen das Museum „Sitio Inti Ñan“, das sich am Standort der nach genaueren Methoden vermessenen Äquatorlinie befindet. Hier können wir nun zwischen nördlicher und südlicher Erdhälfte hin und her hüpfen und uns dabei fotografieren und filmen lassen. Viel spektakulärer finde ich aber ein paar Experimente, die uns da vorgeführt werden. Beispielsweise bildet aus einer Wanne abfliessendes Wasser exakt über der Äquatorlinie keinen Wirbel, auf der nördlichen Hälfte bildet es einen links drehenden, auf der südlichen einen rechts drehenden Wirbel. Faszinierend!
Anschliessend fährt uns unser Chauffeur zum Pululahua-Park, wo wir in einen beeindruckenden Blick in einen rund 4000-jährigen Krater werfen können. Auf dem Grunde dieses Kraters soll ein günstiges Mikroklima herrschen, das eine artenreiche Landwirtschaft ermöglicht. In der Nähe unseres Aussichtspunkts erkenne ich am oberen Kraterrand einen modernen Gebäudekomplex. René eröffnet mir, nachdem ich ihn deswegen angesprochen habe, dass wir dort oben das Mittagessen einnehmen. Und das geschieht dann auch so. Uns wird ein feines Mahl serviert, so dass wir gestärkt und erholt in die Stadt zurückkehren können. Hier besichtigen wir noch die weniger sehenswerte Basilica del Voto Bacional. Was sich aber absolut lohnt und auch spektakulär ist, ist die Besteigung des Turms und der Weg über das Dachgewölbe zu einer kleineren Turmplattform im vorderen Bereich der Kirche. Die Aussicht ist fantastisch.
Nach der Rückkehr zum Hotel und einer Erholungspause machen wir uns alle zusammen auf den Weg zu einem Drink. René und Nadia haben ein Restaurant auf einem der Dächer Quitos ausfindig gemacht. Mit einem Lift aus dem Jahre 1948 erreichen wir die Dachterrasse und finden zwei Tische für uns, wo wir den Tag bei prächtiger Rundsicht mit Cuacamole und einem Getränk ausklingen lassen. René hat den Fotoapparat dabei und macht ein paar stimmungsvolle Bilder. Vor dem nach Hause gehen besuchen wir nochmals die Plaza de La Independencia, um Renés Fotosammlung zu ergänzen.
Ein Fruchtsaft in der Hotelbar vor dem zu Bette gehen rundet den spannenden Tag ab.

 
3. Tag: Freitag, 01.08.14

Wieder sind wir beide schon früh wach und vertreiben uns die Zeit bis zum Morgenessen mit Reisebericht schreiben, Reiseprogramm studieren und lesen.
Um 08.30 Uhr geht unser neuer Tag richtig los. Wir besteigen unser „Büsli“, und dann geht’s durch den dichten Morgenverkehr Quitos Richtung Norden, unserem heutigen Ziel Otavalo entgegen. Allerdings sind noch einige Stopps geplant.
Der erste findet auf dem Pannenstreifen der Panamericana statt, und zwar einfach um die prächtige Aussicht auf verschiedene Vulkangipfel, auf den neuen Flughafen von Quito und auf die gestern eröffnete Strasse vom Flughafen nach Quito zu fotografieren.
Ein weiteres Mal halten wir bei der Mitte der Welt an. Ja halt, war das nicht schon gestern? Es gibt offensichtlich noch eine zweite Mitte der Welt. Der Geograf, der uns hier erklärt, was mit der Mitte der Welt gemeint ist, beansprucht diese Bezeichnung allein für diesen Ort. Das was uns am Vortag über die Mitte der Welt erklärt und mit Experimenten bewiesen wurde, nennt er Fake und Joke. Was sollen wir nun glauben? Er bietet uns eine Dokumentation an, wo alle Beweise schriftlich und in Illustrationen aufgeführt sind. Ich werde sie zu Hause genauer studieren.
Die nächste Station ist eine Rosenplantage in Cayambe. Hier erleben wir ein Stück weit, unter welchen Bedingungen wunderschöne Rosen in allen Farben gezogen, geerntet, weiter verarbeitet und für den Export in alle Welt vorbereitet werden. In riesigen Gewächshäusern wachsen die Stöcke heran. Zum richtigen Zeitpunkt wird jede Rose von Hand gepflückt und dann auf verschiedene Arten behandelt, bis sie zusammen mit anderen Rosen in einem Karton verpackt im Kühlraum mit der richtigen Etikette versehen auf ihren Abtransport wartet. Der Ankunftsort kann sowohl in einem europäischen oder vorderasiatischen Land liegen, wie auch in einem fernöstlichen Land oder in einem amerikanischen Staat liegen. Die Russen sollen übrigens am meisten dafür bezahlen.
Anschliessend an diese Betriebsbesichtigung fahren wir zur Mühle San Juan, wo wir in einen Raum mit Kaminfeuer gewiesen werden. Bei einem speziellen Getränk werden wir mit der Geschichte der Mühle bekannt gemacht. Zum Mittagessen gibt es Hühnerbrust auf eine ganz leckere Art zubereitet.
Im Bus geht es dann weiter zum Peguche-Wasserfall in Otavalo. Da machen wir einen Verdauungsspaziergang und geniessen den naturnahen Wald und das beruhigende Rauschen des Wassers.
Der Übernachtunsort in Otavalo ist natürlich wieder ein Hit, ist die Unterkunft doch eine riesige Hacienda mit einem gewaltig schönen Park und liebevoll unterhaltenen Gebäuden aus früheren Zeiten, übernachtete dort drin doch auch einmal der südamerikanische Freiheitskämpfer Simon Bolivar mit seinem Gefolge Tag.

 
4. Tag: Samstag, 02.08.14

Bereits um 4.15 Uhr weckt uns Margrits Handy. Heute geht’s um sechs auf den Viehmarkt von Otavalo. Das ist nun wirklich ein ganz spezielles Erlebnis. Hier werden auf einem grossen Platz neben dem Dorf alle Arten von Haustieren feilgeboten. Schon beim Hinfahren fällt uns auf, dass Junge und Alte mit Kühen, Rindern, Kälbern, Schafen, Ziegen, Schweinen… unterwegs sind und sich zum Marktplatz begeben. Als wir dort eintreffen, ist schon sehr viel los. Beim Rindvieh geht es chaotisch zu und her. Einige Tiere stehen apathisch da. Aber der Grossteil der Rinder ist gestresst und nervös. Sie bocken, versuchen zu fliehen, sind aggressiv gegeneinander. Und als erst ein Mann mit einem Zebustier am Strick auftaucht, ist der Teufel los. Dem Stier gelingt es trotz heftigster Gegenwehr des Hirten zu entkommen. Wir suchen jedenfalls schnellstens das Weite. Der Stier beschädigt in seiner Aufregung Autos und andere Materialien. Scheinbar wurden auch Menschen verletzt, tauchte doch kurz darauf das Sanitätsauto auf. Jedenfalls ist es gelungen, den Zebustier wieder einzufangen. An einem Baum angebunden, mit Stacheldraht an den Vorderfüssen gesichert, mit verklebtem Blut unter den Hörnern steht er einige Zeit später still nebenan. Da geht es auf dem Kleintiermarkt weniger wild zu, obwohl die Schweine auch nicht immer leicht an der Leine zu führen sind. Da kauft sich ein jüngerer Mann mit langen, blonden Haaren und wasserblauen Augen von einer Frau drei hübsche jüngere Alpakas. Beide bestätigen den Kauf per Handschlag. Glücklich zieht der Käufer mit seinen Tieren ab, und auch die Verkäuferin ist über den gelungenen Verkauf erfreut. Niedlich sind die Meerschweinchen und die jungen Hunde. Wenig zart geht man mit den Hühnern um. Die werden an den Beinen zusammengebunden und mit dem Kopf nach unten mitgenommen. Häufig werden sie auch mit dem Kopf nach unten in Stoffsäcke gesteckt.
Anschliessend fahren wir zur Lagune Cuicocha. Dort wandern wir ein Stück weit hoch und geniessen den herrlichen Ausblick auf den Kratersee und die Umgebung. Die vielfältige Pflanzenwelt und die prächtigen Blüten beeindrucken uns sehr.
Darauf steht der Poncho-Markt von Otavalo auf unserem Reiseprogramm. Das ist zwar ein Anlass für die Touristen, der allerdings mehreren Leuten ein Einkommen sichert. Neben Ponchos werden noch viele andere Wollsachen angeboten, die durch die bunten Farben und die andinen Muster eine richtige Farb- und Formenorgie ergeben. Ergänzt werden diese Angebote durch Stände, die ein reiches Früchte- und Gemüsesortiment aufweisen, und durch Strassenküchen, wo auf Grill und in Pfannen die verschiedensten Speisen schmoren.
Dann geht die Reise weiter. Wir sitzen ganz gemütlich in unsern Autosesseln auf der Fahrt von Otavalo Richtung Quito, um unser Nachtquartier in Papallacta zu erreichen. Plötzlich ruft Margrit auf der steil abfallenden Strasse zur Brücke über den Guayaquila-Fluss vor einer Linkskurve: „Stau!“ Und wirklich, vor uns stehen die Autos auf beiden Spuren. Unser Fahrer ist recht rassig unterwegs, reagiert aber an und für sich goldrichtig und bremst stossweise. Aber irgendwie greifen die Bremsen nicht richtig und die stehenden Kolonnen kommen immer näher. Zum Glück lenkt unser Fahrer den Wagen auf die rechte Spur, wo ein Car vor uns steht. „Langsam“ nähert sich unser Auto der linken Heckseite… Und dann macht’s RUMMS! Glücklicherweise ist niemand aus unserer Reisegruppe verletzt. In der Frontscheibe zeigt sich ein Riss. Hinter uns stellt sich ein nachfolgender PW nach einem heftigen Bremsmanöver quer, touchiert unser Auto aber nicht. Jetzt beginnt das Warten. Die Schäden werden begutachtet, es wird herumtelefoniert. Nachdem sich endlich die Kolonnen in Bewegung setzen, fahren der Bus und unser Auto auf den Pannenstreifen. Noch etwas später kommt der Inhaber der Touristikfirma, die den Wagen betreibt, und kriecht persönlich unter den beschädigten Wagen, um den Schaden zu inspizieren. Ein Polizist droht mit Busse, wenn die Autos da stehen bleiben. Ein Ersatzbus ist angesagt, aber der kommt einfach nicht. Nun heisst es einsteigen in den beschädigten Wagen. Der Chef fährt persönlich, und zwar so rassig, dass einige von uns einen nächsten Unfall befürchten.  Bei der nächsten Tankstelle hat diese „Horrorfahrt“ ein Ende. Hier warten wir auf den Ersatzbus mit Fahrer, und der trifft nach mehr als einstündiger Wartezeit ein und bringt uns sicher nach Papallacta, wo wir bei Dunkelheit eintreffen. Trotzdem genehmigen wir uns nach dem Abendessen noch ein ausgiebiges Bad in den Thermalwasserbecken, die sich neben den Hotelbungalows befinden.

 
5. Tag: Sonntag, 03.08.14

Nach einem ausgezeichneten Frühstück mit einem reichhaltigen Buffet treffen wir uns um halb neun in der Réception. Das neue Auto steht bereits vor dem Eingang, ein grosser Hyundai-Bus, in dem wir alle einen Fensterplatz beanspruchen können: Luxus pur. Mit dem neuen Chauffeur Carlos sind wir sehr zufrieden, fährt er doch sehr sicher und bedachtsam. Unser heutiges Ziel ist Tena am Rio Napo, einem Nebenfluss des Amazonas.
Der erste Halt erfolgt schon nach wenigen Kilometern in einem Kolibri-Reservat. Da können wir diese teils winzig kleinen Vögelchen bei der Nahrungsaufnahme an aufgehängten Zuckerwasserbehältern und beim Flug rund um die umliegenden Bäume und Sträucher ganz aus der Nähe beobachten und fotografieren. Trotz des einsetzenden Regens sind alle voll und ganz bei der Sache.
In Baeza machen wir einen kurzen Halt, um uns mit Mückenmittel, Wasser und Zwischenverpflegung einzudecken.
Auf dem folgenden rund 4100 m hohen Pass werfen wir einen ersten Blick Richtung Osten auf das Amazonas-Becken. Die Weiterfahrt erfolgt ab jetzt in einer ganz anderen Landschaft. Die Pflanzenwelt wird reichhaltiger. Alles ist grün. Bromelien und Orchideen wachsen auf den Bäumen. Bunte und speziell geformte Blüten erheischen unsere Aufmerksamkeit. Wir nähern uns Tena am Rio Napo. Nach einigen Kilometern flussabwärts erreichen wir unser Tagesziel, die Cotococha-Lodge, wo uns ein einfaches, aber sehr gutes Mittagsmahl erwartet.
Schon kurz nach dem Bezug unserer Unterkünfte, einfache Hütten mit Mückengittern, starten wir zum ersten Ausflug in den Regenwald. Zuerst werden die dazu notwendigen Stiefel anprobiert. Dann geht es auf Erkundungstour. Mit einem einheimischen Guide dringen wir über feuchten und teilweise glitschigen Boden tiefer in den sekundären Regenwald hinein. Schon bald können wir zur Freude aller kleinere Affen beobachten, die sich von Ast zu Ast schwingen, dann und wann mal tief herunterkommen und wieder einem Stamm entlang hinaufklettern. Dabei kreischen sie aus vollen Kehlen. Ihnen scheint es jedenfalls Spass zu machen. Unser Guide erklärt uns bei verschiedenen Pflanzen, wie sie von den Indigenas genutzt werden. Dabei fällt auf, wie gross die Bedeutung solcher Pflanzen bezüglich medizinischer Anwendungen ist.
Nach dieser schweisstreibenden, feucht warmen Exkursion in der Umgebung der Lodge tut eine Abkühlung im Pool ganz gut und die anschliessende Dusche lässt die Anstrengung vergessen. Ein feines Nachtessen im „Speisesaal“ rundet den Tag wunderbar ab.
Wir schlafen sehr gut, trotz der vielfältigen Geräusche und Töne in der Umgebung.

 
6. Tag: Montag, 04.08.14

Kurz nach sechs, als es zu tagen beginnt, gehen Margrit und ich zum Ufer des Rio Napo hinunter, um den Sonnenaufgang zu verfolgen und Vögel zu beobachten. Er wird durch eine im Weg stehende Wolke behindert, und ausser Webervögeln, ein paar Schwalben und dunkelfarbenen Vögeln können wir keine weiteren Arten beobachten. Aber die Stimmung gefällt uns beiden.
Nach dem Morgenessen fahren wir zusammen mit einer deutschen Gruppe in zwei Motorbooten zu einer Tierhilfestation flussabwärts, in der verletzte, verstossene und unerlaubt gehaltene, einheimische Wildtiere „resozialisiert“ und gesund gepflegt werden. Eine Schweizerin gründete diese Institution. Eine Praktikantin, die sehr gut Deutsch spricht, zeigt uns in verschiedenen Käfiganlagen einige Exemplare und beschreibt uns deren Schicksal und Zukunft. Da sind zum Beispiel der Kapuzineraffe mit einem schweren Schädel-Hirntrauma, ein Tapir, verschiedene Aras, ein Ozelot und vieles Anderes zu sehen. Bei diesem Rundgang begleitet uns irgendein Huhn, das sich offenbar gerne den Besuchern der Station anschliesst. Nicht nur die in Gehegen gehaltenen Tiere interessieren uns. Mehrere Totenkopfäffchen und ein grosser Kapuzineraffe turnen auf den Bäumen und auf den Gittern ausserhalb der Gehege herum, weil sie hier offenbar mit weniger Aufwand als draussen im Wald zu Futter kommen.
Anschliessend gehen wir mit einem Guide auf eine rund anderthalbstündige Wanderung durch den Dschungel und erfahren dabei noch mehr über die Bedeutung von einheimischen Pflanzen und Tieren für die indigene Bevölkerung.
Am Zielort unseres Spaziergangs erwarten uns die beiden Boote. Das nächste Ziel ist eine Kitchwafamilie, die ein paar traditionelle Tätigkeiten vorführt. Eine Frau zeigt uns, wie auf einfachste Art mit einer Holzschale Gold gewaschen wird. Darauf wird uns gezeigt, wie aus Maniok Chicha, eine Art Bier, hergestellt wird. Natürlich dürfen wir auch probieren, mir schmeckt es nicht sonderlich, es ist säuerlich und riecht stark nach Hefe. Die einheimische Jugend aber scheint darauf zu schwören. Jedenfalls lassen sich die jungen Leute rechte Mengen davon geben.
Nach dem Nachtessen, bei Dunkelheit, gehen wir nochmals mit Taschenlampen unterwegs, um nachtaktive Tiere zu beobachten. Wir treffen schon im Aufenthaltsraum der Lodge auf eine Gottesanbeterin uns auf eine langbeinige Spinne. Draussen, am Zugang zur Lodge, finden wir Blattschneiderameisen, riesige Heuschrecken, kleinere und grössere Spinnen, Schaben und Riesenameisen, die uns laut Guide schmerzhafte Bisse zufügen können. Beim Pool treffen wir auf kleine Fröschchen, die gleich ins Wasser hüpfen. Zwischen zwei einen spitzen Winkel bildenden Balken ist in einem dichten Spinnenfadengewebe bei entsprechender Beleuchtung eine Tarantel erkennbar.
Nun ist Nachtruhe angesagt.

 
7. Tag: Dienstag, 05.08.14

Schon früh werden wir vom Regen geweckt. Im Badezimmer sitzt eine Riesenheuschrecke neben dem Wasserhahn. Aber der Regen lässt schnell nach, und die Heuschrecke lässt uns ohne sich zu regen unsere Morgentoilette verrichten und ist nach dem Morgenessen spurlos verschwunden.
Kurz nach neun fahren wir weg, Richtung Puyo. Dort angekommen, suchen René und Carlos, der Fahrer, nach der Casa de la Balsa. Nach einigem Nachfragen landen wir an der richtigen Adresse. Allerdings werden wir beim Aussteigen gerade mit Zuckerrohrstücken zum Aussaugen geködert, denn die Dame, vor deren Geschäft wir aussteigen, möchte ebenfalls von uns Touristen profitieren. Ich kaufe ihr ein Päcklein türkischen Honig ab. Übrigens schmeckt der ausgezeichnet. In der Casa de la Balsa befindet sich ein Laden, in dem lauter nützliche und weniger nützliche Dinge, aus dem sehr leichten Balsaholz gefertigt, ausgestellt und verkauft werden. Wir kaufen einen Brieföffner mit Tukan, Postkarten und Holzfarbstifte.
In Puyo gibt es einen Aussichtsturm, den wir besteigen, um von dort aus ein paar Fotos zu machen. Es regnet zwar ein bisschen, aber dennoch besichtigen wir den botanischen Garten und finden dort einige Pflanzen, die vorzüglich in unsere Kameras passen. Da der Regen nach dem Verlassen des Parks stärker wird, suchen wir eilig unseren Bus auf, denn dort drin ist es trocken.
Die Fahrt führt nun weiter zur Cascada Pailón del Diablo im Pastazatal bei Rio Verde. Da es immer noch regnet, beschliessen wir, in einem Restaurant abzuwarten und noch etwas zu Mittag zu essen. Der Regen lässt wirklich nach. Wir fahren zur Boleteria, René besorgt uns die Eintrittskarten und dann steigen wir zum Fluss hinunter. Er führt viel Wasser, das verspricht spektakuläre Aufnahmen. Über eine Hängebrücke, die recht bedenklich schaukelt, und über Treppenstufen gelangen wir tiefer in den Schlund, in den sich das braungelbe, hochgehende Wasser des Rio Verde ergiesst. Man kann sich auf den hinunterführenden Treppenstufen soweit dem Wasserfall nähern, dass man nass wird. Dabei stürzt das Wasser mit ohrenbetäubendem Brausen in die Tiefe und erzeugt wild drehende Wirbel in der Tiefe. Gischt sprüht durch die Luft und nässt die Kleider. Das gibt wirklich beeindruckende Fotos. Aber noch viel eindrücklicher ist es, wenn man dieses Naturschauspiel vor Ort erlebt.
Danach führt unsere heutige Fahrt noch etwas weiter in die Höhe, hinauf nach Runtun, ca. 400 Höhenmeter oberhalb Baños. Im Hotel Luna Runtun kommen wir unter, und da ist es einfach schön und luxuriös, ein riesiger Kontrast zu den Übernachtungen in der Dschungel-Lodge.

 
8. Tag: Mittwoch, 06.08.14:

Der heutige Tag ist frei. Leider spielt das Wetter absolut nicht mit. Trübe, verhangen und grau sehen der Himmel und die benachbarten Hänge aus. Wir begraben unsere Wanderpläne und lassen uns von Carlos nach Baños hinunter fahren. Aber ein Stadtbummel macht bei ziemlich heftigem Regen auch keinen Spass. Also fahren wir wieder hoch und gehen zuerst zu einem Fruchtsaft ins Café del Cielo, darauf ins prachtvoll gelegene Bad mit Thermalbecken. Und dann klart es wirklich etwas auf. Margrit und ich beschliessen, am späteren Nachmittag doch noch einen Spaziergang zu machen und steigen entlang eines Fussweges Richtung Runtun auf. Der Weg führt ein rechtes Stück oberhalb des Hotelkomplexes in zu einer Reihe nahe beieinander stehender Gewächshäuser mit Baumtomaten. Da plötzlich kläfft und knurrt es gefährlich vor uns. Ein Hund kommt Zähne fletschend angerannt. Wir weichen zurück. Ich erkläre dem „Untier“ in reinstem Schweizerdeutsch, dass es zum Teufel gehen soll. Aber so schnell lässt es sich nicht überzeugen. Jedes Mal, wenn ich ihm den Rücken zukehre, kommt es wieder mit aufgeworfenen Lippen, kläffend und knurrend näher. So entferne ich mich rückwärtsgehend bzw. stolpernd von den Gewächshäusern und kann den Kläffer schimpfend und ihn im Auge behaltend davon abhalten zuzubeissen. Margrit ist schon etwas vorausgegangen. Endlich gibt sich der Hund zufrieden und bleibt zurück. Wir sind ihm, ohne Schaden zu nehmen, entkommen.
Nachtessen, Tagebuch schreiben und dann schlafen gehen sind nun noch angesagt.

9. Tag: Donnerstag, 07.08.14

Da es heute ein strenger Tag werden soll und der vorgesehene Markt ab elf Uhr abgeräumt wird, wird die Abfahrt auf 6.30 Uhr angesetzt. Mit einem Morgenessensäcklein versehen treten wir die Fahrt an.
Unser erster Halt ist in Saquisili, wo uns der lokale Guide Rico in Empfang nimmt. Er führt uns auf den Viehmarkt, wo alles viel geordneter zugeht als in Otavalo. Da sind die Tiere separiert nach Alter und Geschlecht und an festen Geländern angebunden. Da gibt es keine Ausreisser zu beobachten, die Menschen und Tiere verletzen und Sachen beschädigen. Dennoch ist der Umgang vieler Marktteilnehmer mit den Tieren sehr grob. Vor allem Schweine und Hühner sind die Leidtragenden.
Auf dem Warenmarkt, der zu grossen Teilen für Einheimische stattfindet, ist das Angebot  riesig und sehr günstig. Die angebotenen Artikel scheinen zu einem grossen Teil aus dem letzten Jahrhundert zu stammen. Dazwischen gibt es Anbieter von Speisen, die diese vor Ort zubereiten, und das sieht meist sehr appetitlich aus, zum Teil aber werden Mahlzeiten angeboten, die auf uns abstossend wirken, z.B. gegrillte Raupen.
Nach dem Marktbesuch steht der Cotopaxi-Nationalpark auf unserem Reiseprogramm. Wir besuchen zuerst das Parkmuseum, das uns einen Überblick gibt über den Aufbau und die Entstehung der Vulkane, über die Vegetation und den Einfluss der menschlichen Nutzung, über die Tierwelt und über die Probleme die sich aus den verschiedenen Ansprüchen ergeben. Mit der Schaffung des Nationalparks in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts sollte vielerorts der natürlichen Vegetation und Fauna wieder mehr Raum gegeben werden. Danach wandern wir um die Lagune Limpiopungo und beobachten dort neben Pflanzen vor allem die vorkommenden Vögel.
Die Weiterfahrt führt uns auf einen Parkplatz rund 4600 m ü.M. Von hier aus unternehmen wir eine Wanderung zum Refugio José Ribas, unmittelbar unterhalb des Vulkangipfels des Cotopaxi auf 4864 m. Es ist eine anstrengende Bergwanderung und wir geraten recht massiv ins Schnaufen. Aber mit einigen Pausen schaffen wir diesen Aufstieg und haben dabei erst noch das Glück, dass der Gipfel sich vom Nebel befreit und uns die Sicht auf ihn ermöglicht. Schnee- und eisbedeckt erhebt er sich unmittelbar vor uns. Das Refugio ist noch im Umbau. Laura findet das Erreichen dieses Ziels sei ihr persönlicher Höhepunkt dieser Reise.
Die anschliessende Fahrt zur Hacienda El Porvenir, wo wir unser Nachtessen einnehmen und übernachten, dauert wegen miserabler Strassenverhältnisse etwas länger.


10. Tag: Freitag, 08.08.14

Nach einer guten und erholsamen Nacht stehen wir kurz vor sechs auf, duschen, packen unsere Sachen und gehen auf Fototour. Zwar bläst uns ein eiskalter Wind um die Ohren, aber die Landschaft präsentiert sich kurz nach Sonnenaufgang in herrlichen Kontrasten. In der Ferne ist sogar der Gipfel des Cotopaxi zu erkennen.
Nach einem schnellen Morgenessen fährt uns Carlos über eine holprige Strasse, zum Teil sieht sie aus wie ein Bachbett, auf die Transamericana und dann weiter zur Hacienda La Ciénega bei Lasso. Dieser Ort ist bekannt dafür, dass hier Alexander von Humboldt während seiner Lateinamerikareise von 1799  – 1804 längere Zeit verbrachte. Wir können die Anlage besichtigen, und wir bestaunen die reichhaltige, antike Ausstattung. Heute wird die Hacienda u.a. als Hotelbetrieb genutzt.
Die Weiterfahrt führt uns an die Laguna Quilotoa in der westlichen Kordillere. Das ist ein riesiger Kratersee auf rund 3600 m ü.M., während der Kraterrand auf über 4000 m liegt. Der Blick in den Krater hinunter ist atemberaubend. Weit, weit unten füllt das Wasser den Krater, weist schäumende Stellen auf und verfärbt sich je nach Sonnenlichteinfall und Schattenwurf der am Himmel vom stark blasenden Wind voran getriebenen Wolken. Auf der Westseite ist am See unten ein kleiner Strand sichtbar, worauf sich Menschen bewegen. Den steilen Kraterwänden entlang schlängelt sich ein Serpentinenweg nach unten. Margrit und ich steigen ein Stück weit hinunter und geniessen die Aussicht. Mulis mit Leuten auf dem Rücken, die den Aufstieg nicht aus eigener Kraft schaffen, begegnen uns immer wieder und stäuben uns ein. Um halb zwei müssen wir wieder beim Bus sein. Die Fahrt geht weiter nach Riobamba, wo wir bei einbrechender Dämmerung eintreffen.
Aperitif, Nachtessen, Tagebuch schreiben, ins Bett gehen sind die nächsten Tätigkeiten.

11. Tag: Samstag, 09.08.14

Wieder fahren wir rechtzeitig weg. Unser nächstes Ziel ist die Ortschaft Alausí, die wir nach rund 2 3/4 Stunden heftig durchgeschüttelt erreichen, da wir vor allem zu Beginn unserer Fahrt äusserst schlechte Strassenverhältnisse antrafen. Hier fährt um elf Uhr der Zug um die Teufelsnase (La Nariz del Diablo) nach Sibambe. In eindrücklichen Kehren, davon zwei Spitzkehren, überwindet die Eisenbahnlinie eine beträchtliche Höhendifferenz. Man fährt dabei durch eine einmalige Landschaft, geprägt von steilen Felswänden, karger Vegetation und einmaligen Aussichten in tiefe Schluchten. In Sibambe erwarten den Mitreisenden ein kleines Museum und zwei Cafés. Hier besteht die Möglichkeit, sich die Beine etwas zu vertreten und die überwundenen Steilhänge zu fotografieren. Nach einem stündigen Aufenthalt fährt der Zug nach Alausí zurück. Das Spektakel wiederholt sich.
Unsere Fahrt führt weiter zu den Inkaruinen von Ingapirca. Hier sind nur noch minimale Überreste der Vorinkazeit und der Inkas vorhanden, da sie erst in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts unter Schutz gestellt wurden.
Der letzte Abschnitt unsere Fahrt muss nun noch abgesessen werden. Erst kurz vor sieben Uhr treffen wir an unserem Tagesziel in Cuenca ein.
Erfreulich ist heute, dass uns die Reiseagentur als Wiedergutmachung für die glücklich ausgegangene Kollision am vierten Reisetag zum Nachtessen einlädt. Und dieses geniessen wir, wird es uns doch in einem guten Restaurant serviert. Herzlichen Dank!

12. Tag: Sonntag, 10.08.14

Der heutige Tag soll etwas gemütlicher und erholsamer verlaufen. Wir bleiben den ganzen Tag in Cuenca. Nach dem Morgenessen steht eine Stadtbesichtigung mit einem einheimischen Guide auf unserem Programm. Mit einer jungen Frau besuchen wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie z.B. die Neue Kathedrale, den Blumenmarkt vor der Iglesia del Carmen de La Asuncion sowie die Kirche selbst. Wir bekommen den Unterschied mit zwischen kolonialem und republikanischem Baustil und betrachten verschiedene Häuser genauer. Unsere Expertin führt uns an den Rio Tomebamba und erzählt etwas von den weiteren drei Flüssen, die durch Cuenca fliessen. Wir besuchen eine Folklorevorführung mit rassigen Tänzen aus der Region. Nach einem Cafébesuch erreichen wir als Höhepunkt den Mirador Turi, einen Aussichtspunkt über Cuenca im Süden der Stadt. Von hier aus geniessen wir einen herrlichen Ausblick auf die viertgrösste Stadt Ecuadors mit rund einer halben Million Einwohnern.
Nun fährt uns Carlos zum Hotel zurück. Wir gehen zu viert etwas Kleines essen. Margrit und ich spazieren nochmals zum Hauptplatz, dem Parque Calderon. Da ist wenig bis nichts los. In den Gassen herrscht ebenfalls Tote Hose. Es ist heute Sonntag! Da bleibt uns nichts anderes als ein Besuch in der Hotelbar und den vorliegenden Bericht fertig schreiben.
Zum Nachtessen kehren wir zurück zum Parque Calderon.

13. Tag: Montag, 11.08.14

Heute steht als Erstes eine Wanderung im Parque National El Cajas auf unserem Programm. Das Wetter sieht gar nicht vielversprechend aus. Der Himmel ist bedeckt. Kurz nach acht, als der Guide ankommt, fahren wir Richtung Nationalpark los. Etwa 40 Minuten soll die Fahrt dauern. Je höher wir kommen, desto trister sieht es draussen aus. Der Nebel schleicht den Hängen entlang, es beginnt aus dem Nebel zu nieseln. Beim Kontrollzentrum angelangt, müssen wir uns mit Angabe der Passnummer und mit Unterschrift anmelden. Es ist recht kühl und feucht. Jedenfalls nehme ich zusätzlich noch die Regenjacke aus dem Koffer. Zu fünft marschieren wir los, um die Lagune Toreadora zu umrunden. Wir bewegen uns in einer fantastischen Landschaft mit Felsen, farbenprächtigen Blütenpflanzen in ganz verschiedenen Grössen, abgestorbenen und neu aufkeimenden Bromelien, dem ruhig daliegenden Seelein, den am Himmel ziehenden Wolken, die plötzlich wieder Sonnenstrahlen freigeben, den dadurch entstehenden Lichteffekten: mir kommt es vor, als ob wir in uralte Zeiten zurückversetzt würden. Fast zwei Stunden sind wir unterwegs auf über 4000 m Höhe, bis wir wieder beim Bus sind. Der freie Speicherplatz in meiner Videokamera ist geschrumpft.
Unsere Reise geht nach der Verabschiedung von unserem Guide weiter Richtung Guayaquil. Über 4000 Höhenmeter führt die Strasse aus dem kühlen Bergklima hinunter in die tropische Schwüle am Pazifik. Die Pflanzenwelt entlang der Strasse wandelt sich innert rund zwei Stunden ganz gewaltig. Zuerst noch begleiten uns Viehweiden und Brachland, dann tauchen Äcker und Gärten auf und zuletzt fahren wir durch Bananen-, Kakao-und Palmölplantagen.
In Jesus Maria machen wir Mittagshalt an der Strasse. René klärt im “Restaurant“ neben dem Anhalteplatz ab, was es zu essen gibt. Seine Rückmeldung an uns: „Suppe mit Huhn, Suppe mit einem Stück Schweinefleisch, Fisch mit Reis.“ Also schieben wir zwei Tische zusammen und bestellen unser Mittagessen. Ich entscheide mich für Fisch mit Reis, was ganz gut schmeckt. Bananen gibt‘s als Nachspeise. Nebenan hält ein Händler seine Ananas feil. René lässt für uns eine ganze Ananas aufschneiden. Sie schmeckt so frisch vorzüglich.
Darauf fahren wir weiter. Vor 16 Uhr treffen wir vor unserem Hotel in Guayaquil ein und  können gleich unsere Zimmer beziehen. Ein anschliessender Spaziergang führt uns an das Ufer des Rio Guayas, genauer an den Malecón. Spektakuläres gibt es hier nicht zu sehen. Aber die Atmosphäre ist gut. Beim Eindunkeln kehren wir zum Hotel zurück und gehen etwas später noch etwas essen.

14. Tag: Dienstag, 12.08.14

Schon früh sind wir beide wach. Ist es das unüberhörbare Rauschen der Klimageräte rundum oder die Anspannung vor unserem Galapagos-Abenteuer, was uns nicht mehr schlafen lässt? Um halb acht gehen wir zum Morgenessen. Anschliessend möchte ich unbedingt noch zum Cerro Santa Ana. Das ist der eine Stadthügel Guayaquils, auf dem der Leuchtturm steht. Wir geben uns eine Stunde, denn auf halb zehn ist der Transfer zum Flughafen angesagt, und ich muss noch fertig packen. Wir gelange über den Malecón (Uferpromenade) Richtung Norden zum besagten Viertel. Margrit wird schon etwas nervös. Ich schaffe es aber noch, die Treppe hoch zum Mirador (Aussichtspunkt) zu spurten, kurz eine Aufnahme zu machen und in aller Eile die Treppe hinunter zurück auf den Malecón zu gelangen. Margrit ist noch da, so dass wir zusammen rechtzeitig im Hotel zurück sind.
Carlos fährt uns heute zum letzten Mal, nämlich zum Flughafen von Guayaquil. Nach zwei Extrarunden kommen wir dort rechtzeitig an und verabschieden uns von unserem Fahrer. Er hat seine Sache gut gemacht.
Der Flug nach San Cristobal ist kurzweilig, sitzt doch neben mir eine junge Deutsche, die auf Galapagos ein Praktikum absolviert und heute zum zweiten Teil ihres Aufenthalts, zur Arbeit in einer Schildkrötenstation, anreist. Wir haben genügend Gesprächsstoff.
Am Flughafen werden wir von unserem Guide Roberto in Empfang genommen und zum Bus gewiesen, der uns zum Hafen bringt. Dort haben wir noch eine halbe Stunde Zeit, uns mit für eine Minikreuzfahrt notwendigen Dingen zu versorgen. Wir müssten Dollars haben! Zwei Bancomaten gibt es da, aber erstens sind sie schon besetzt und zweitens lassen sie sich, nachdem sie endlich frei sind, mit drei verschiedenen Karten nicht dazu bewegen, uns die dringend nötigen Banknoten auszuspucken. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als in die Bank hinein zu gehen und dort anzustehen. Am einen Schalter wird ein junger Mitarbeiter von einer versierten Fachfrau in die Arbeit mit dem PC eingeführt, und das dauert. Aber endlich sind auch wir an der Reihe. Nun geht es für südamerikanische Verhältnisse schnell, und es klappt. Mit einem Bündel Dollarnoten verlassen wir die Bank. Nun kann das Abenteuer Minikreuzfahrt starten.
Wir werden mit Gummimotorbooten (Dinghies) zu unserer Kreuzfahrtyacht „Galaxy“ gebracht. Dort müssen wir die Schuhe ausziehen, dann gibt’s Mittagessen, um 14.30 Uhr. Nachher erleben wir den ersten „Ernsteinsatz“. Das Schiff fährt zur Isla Lobos, wo wir in die Dinghies umsteigen, um auf diesem kleinen, unberührten Inselchen einen ca. anderthalbstündigen Spaziergang zu machen. Wir begegnen dabei Seelöwen, Landleguanen, Blaufusstölpeln und Fregattvögeln. Zudem zeigen sich auch zwei Goldwaldsänger. Erstaunlich ist, dass die Tiere nicht scheu sind und sich zum Teil von ganz nah betrachten und fotografieren lassen. Allerdings sagt uns Roberto, dass wir zwei Meter Distanz einhalten sollen. Anschliessend steigen wir wieder in die Dinghies und beobachten eine Kolonie Bindenfregattvögel auf der Hauptinsel, wobei einige Hähne unter ihnen ihren roten Kehlsack präsentieren, um den Hühnern die Auswahl zu erleichtern.
Nach  der Rückfahrt in den Hafen von San Cristobal gibt es eine Theorie-Lektion zum Thema Leben und Verhalten auf dem Schiff, und das morgige Programm wird bekannt gegeben. Um halb acht ist Nachtessen, und nachher kehrt schon bald Ruhe ein.

15. Tag: Mittwoch, 13.08.14


Um Mitternacht ist die Galaxy abgefahren und bei recht hohem Wellengang nach Süden zur Isla Española, in die Gardner Bay, gefahren. Wir haben beide beim zu Bett Gehen eine Reisetablette geschluckt, und so vertragen wir das ständige Schaukeln des Schiffs sehr gut.
Um halb sieben werden wir geweckt, Margrit hat mich allerdings schon eine Stunde früher gemahnt, es sei 6.30 Uhr. So bin ich jetzt geduscht und schreibe gerade an diesem Bericht.
Um acht fahren wir mit dem Dinghy an den weissen, feinen Sandstrand und spazieren barfuss dem Vegetationsgürtel entlang. Vom Meer her kommen die Seelöwen an Land und lassen sich von den sich überschlagenden Wellen umspülen, oder sie legen sich an die Sonne und räkeln sich. Vom Land her fliegen die Galapagos-Spottdrosseln auf den Sand und beschimpfen uns Eindringlinge. Im Bereich, wo Pflanzenüberreste herumliegen, suchen sich die mittleren Grundfinken ihr Futter. Rechts drüben, auf den Felsen, liegt der angespülte Kadaver eines Buckelwals. Fliegen in grosser Zahl belästigen sowohl die Seelöwen wie uns. Nachdem alle genügend fotografiert und gefilmt haben, fahren wir zur Galaxy zurück.
Als nächstes ist Schnorcheln angesagt. Ich fasse eine Tauchbrille mit Schnorchel, Flossen und einen Neoprenanzug und ziehe mich entsprechend an. Mit dem Dinghy fahren wir Schnorchler auf die Gegenseite der Bucht zu einer Steilküste. Das Schnorcheln an diesem Ort ist eine Erleuchtung. Bisher schnorchelte ich erst einige Male im Mittelmeer. Aber was ich hier zu sehen bekomme, übertrifft dass alles bei Weitem. Die sagenhafte Farben- und Formenvielfalt beeindruckt mich ausserordentlich. Das Pünktlein auf dem I ist die Anwesenheit der Seelöwen. Vorher haben wir sie am Strand beobachtet, wie sie schwerfällig an ihr Sonnenplätzchen robben. Jetzt bewegen sie sich im Wasser mit äusserster Eleganz, pfeilen zu mir hin, weichen kurz vor mir elegant aus, wenden sich auf den Rücken und inspizieren mich von unten, einfach fantastisch. Und plötzlich sehe ich auf dem Grunde, in eine grosse Felsspalte eingezwängt einen riesigen Rochen. Weitere Höhepunkte sind die recht grossen Fische und ein einzelner grosser „Nemo“ … Schon bald ist es Zeit zur Rückkehr aufs Mutterschiff, wo ich dusche. Dann gibt’s Mittagessen. Übrigens macht das unser Koch ausgezeichnet.
Am Nachmittag fahren wir ans Westende der Insel zur Punta Suárez. Wir machen alle zusammen einen rund dreistündigen Rundgang der Küste entlang und durch das niedrige Gehölz. Unser Guide will uns vor allem die Galápagos-Albatroskolonie zeigen. Wir können diese Riesenvögel wirklich in verschiedenen Stadien ihres Daseins beobachten. Wir sehen ein Paar beim Balzen, Albatroseier in Bodennestern, brütende Vögel, Jungvögel, können ein Elternpaar beim Füttern ihres Jungen beobachten, sehen sie fliegen und landen. Aber da gibt es natürlich sonst noch vieles zu sehen. Wir schauen den mit roten Flecken versehenen Meerechsen zu, die sich hier überall auf und neben dem Gehweg breit machen und die Sonnenstrahlen nutzen, um die notwendige Betriebstemperatur zu erreichen. Längere Zeit verharren wir über einem Steilküstenabschnitt und beobachten verschiedene Vögel im Flug. Da sind u.a. Nazcatölpel, Blaufusstöpel und Rotschnabel-Tropikvögel. Beim nächsten Halt schauen wir zu, wie ein Blasloch im Boden Meerwasser bei entsprechendem Wellengang zischend hoch in die Luft spritzen lässt. Überall sonnen sich zudem Lavaechsen, deren Weibchen einen roten Kopf und Hals aufweisen.
Bei der Rückkehr aufs Schiff werden wir mit Ananassaft und Früchten versorgt.
Nach der Vorstellung des morgigen Programms und dem Nachtessen, das wieder wunderbar schmeckt, gehen wir früh zu Bett. An Schlaf ist vorerst nicht zu denken, da um neun der Schiffsmotor zu arbeiten beginnt, um uns ans morgige Ziel, die Insel Floreana zu bringen. Nicht die Motorengeräusche hindern uns am Schlafen, sondern der hohe Wellengang. Aber irgendwann schlummern wir trotzdem ein.

16. Tag: Donnerstag, 14.08.14


Kurz vor sechs schaue ich mal aus der Kabine: Hell, Himmel grau, die höchste Berge der Insel vor uns verhangen, Vegetation nur gerade an der Küste grün, dahinter graubraun.
Nach dem Morgenessen um sieben ist die Abfahrt mit dem Dinghy auf acht angesagt, mit nasser Landung, Ausflug zu einer Lavahöhle und Schnorcheln in der Post Office Bay. Zuerst aber fahren wir etwas weiter nach Westen, wo die Galàpagos-Pinguine in den Lavafelsen daheim sind. Nach einigem Suchen mit dem Feldstecher findet Roberto auf einem Felsen wirklich einen jungen Pinguin, den wir genauer anschauen können. Bei der Rückfahrt sehen wir noch  zwei Pinguine beim Fischen. Darauf steigen wir am Sandstrand aus dem Boot und gehen zur Post Box. Roberto klaubt drei Plastiktüten aus dem Kasten und verteilt deren Inhalt, das meiste Postkarten, unter uns, um herauszufinden, ob Post an Leute in der Nähe unseres Wohnorts dabei ist. Wir finden jedenfalls zwei Karten, die ins Urnerland gelangen sollen und nehmen diese mal mit in der Absicht, uns bei den beiden Adressaten zu melden. Mal schauen, was dabei herauskommt. Wir selber lassen zwei Karten zurück. Vielleicht meldet sich jemand.
Als nächstes wartet auf uns eine Lavahöhle, in die man hinuntersteigen kann. Gemäss Roberto ist  die Höhle mit dem Meer verbunden, aber die Öffnung ist eng, zu eng, um ins Meer hinaus zu gelangen.
Als Abrundung des heutigen Vormittags ist Schnorcheln in der Bucht angesagt. Leider ist das Wasser sehr trübe. Erst weiter draussen wird es klarer, aber dazu muss man viele unsichtbare Steine am Strand überschwimmen, wenn möglich ohne die Zehen anzuschlagen. Dann sollte man Schildkröten und Rochen beobachten können. Ich sehe zwar verschiedene Fische und zwei Seelöwen, aber keinen Rochen und keine Schildkröten. schon bald gebe ich auf und schwimme an den Strand zurück.
Um zwölf ist Mittagessen. Gleichzeitig ändert die Galaxy ihre Position und fährt zur Punta Cormorán.
Um 14 Uhr fahren wir in Schnorchelausrüstung mit dem Dinghy zur Corona del Diablo, um dort im Wasser Umschau zu halten. Das ist nun der absolute Hit. Wir steigen alle nördlich der Teufelskrone aus dem Dinghy, „bewaffnet“ mit Schnorchel, Brille und Flossen. Roberto erklärt uns, wir müssten links herum um die paar Lavafelsen tauchen, ja nicht durch die Mitte. Er macht uns auf eine starke Strömung aufmerksam, die um diese Lavafelsen herrscht. Ich versuche möglichst nah den Felsen entlang zu schwimmen. Da tut sich eine noch nie gesehene Welt auf. Höhepunkte sind die Sichtung dreier riesiger Rochen, ich schätze zwischen 1.5 und 2 m Spannweite, und zweier Meeresschildkröten. Aber auch andere Fische lassen sich nicht lumpen und erscheinen in noch nie gesehenen Farben und Grössen. Dazu kommen unterschiedliche Seesterne, Seeigel und Seeanemonen und eine Unterwasserlandschaft mit riesigen Trümmerteilen aus Lavabrocken und weissen, feinen Kiesflächen. Fast unbeschreiblich! Leider fehlt mir die Unterwasserkamera.
Schon wieder ist ein Tag verflogen. Was wird der morgige Tag bringen? Schon bald wird das Programm verkündet.

17. Tag: Freitag, 15.08.14


Heute werden wir schon um sechs Uhr geweckt. Scheinbar gehört es hier dazu, dass es am Morgen bedeckt und grau ist. Nachtsüber ist unser Schiff zur Insel Santa Fé gefahren. Es war eine ziemlich unruhige Fahrt. Vor unserer Kabinentüre ist der Boden nass, und es haben sich Pfützen gebildet.
Nach dem Morgenessen findet ein Landausgang mit Nasslandung statt. Also packe ich Feldstecher und Kamera in den Plastiksack, stecke die Socken in die Schuhe und binde diese zusammen. Dann steigen wir alle in die beiden Dinghies und fahren zum Sandstrand, der bereits von den Seelöwen besetzt ist. Höhepunkte dieser Insel sind die Feigenkakteen mit einem verholzten Stamm (Baumopuntien) und die Santa-Fé-Landleguane, urtümliche Echsen von beträchtlicher Grösse. Vor unserer Rückkehr auf die Galaxy, beim Einsteigen in die Boote, können wir noch Haie, die an den Sandstrand geschwommen sind, im untiefen Wasser sehen.
Nun wird gerudert. In Kunststoffkajaks fahren wir zu zweit in der Bucht herum. Vom Kajak aus lassen sich die Meeresschildkröten sehr schön beobachten.
Als letztes steht heute Vormittag noch Schnorcheln auf dem Programm. Das ist wiederum ein fantastisches Ding. Der Höhepunkt ist diesmal Schwimmen mit den Schildkröten. Diese riesigen Dinger tauchen ganz gemütlich durch die Bucht und strecken hie und da den Kopf aus dem Wasser, um Luft zu holen. Ich kann längere Zeit über einem dieser Urtiere schwimmen und genau beobachten, wie es mit seinen Vorderflossen im Gleichtakt und gemächlich rudert, während es Hinterflossen und Schwanz einfach im Wasser hängen lässt.
Nach dem Mittagessen werden die Motoren angeworfen, und die Galaxy nimmt Kurs auf Plaza Sur. Die Fahrt verbringen wir auf dem Sonnendeck. Bindenfregattvögel verfolgen unser Schiff, führen ihre Flugkünste vor und landen u.a. auf dem Deckgeländer. Da  zeigt sich, dass auch sie wenig Scheu vor Menschen zeigen, denn sie lassen uns ganz nah kommen und posieren prächtig für unsere Fotos. Sie setzen sich aber auch auf den Rand des Sonnendachs. Daran haben aber nicht alle Sonnenbadenden Freude, denn diese Vögel könnten ja auch etwas fahren lassen. Diese Aussicht lässt die Sonnenanbeterinnen aufjucken und ihre Liegestühle verschieben, was wiederum die Vögel zu verscheuchen vermag.
Die Ausschau nach blasenden Walen und Kapriolen machenden Delphine bleibt leider erfolglos.
Kurz nach Ankunft vor Plaza Sur legen wir mit den Dinghies ab Richtung Insel. Wir machen einen ca. anderthalbstündigen Rundgang, auf dem wir nochmals verschiedene Echsen und viele Seelöwen sehen. Das Besondere an dieser Insel ist, dass die Feigenkakteen hier anders aussehen, dass hier der Boden mit einer Pflanze bedeckt ist, die zu dieser Jahreszeit rot gefärbt ist und weite Flächen der Insel bedeckt, und dass hier an der südlichen Steilküste eine Rotschnabeltropikvogelkolonie angesiedelt ist, deren Mitglieder immer wieder schrille Töne von sich gebend über uns hinweg fliegen. Zudem können wir mehrmals in die Kinderstube von Gabelschwanzmöwen gucken, da diese ihre Eier in unmittelbarer Umgebung des markierten Fusspfads ablegen, da brüten und die Jungen aufziehen. Alle beobachteten Paare mit Nachwuchs haben nur ein Junges. Wir können zudem beobachten, wie ein Fregattvogel einen Rotschnabeltropikvogel angreift und mit den Krallen packen will, aber der Tropikvögel wehrt sich gegen diese Attacke erfolgreich und kann fliehen. Leider ist das unsere letzte Exkursion von der Galaxy aus. Heute ist noch Wellfare-Apero und Nachtessen. Dann fährt unser Schiff nach Santa Cruz in den Hafen von Ayora, wo wir noch in unserer Kabine schlafen werden.

18. Tag: Samstag, 16.08.14

Nach einer wellenreichen Nacht mit mehreren Schlafunterbrüchen werden wir morgens um halb sieben geweckt. Nach dem Morgenessen packen wir unsere Koffer fertig, geben Rückmeldung und Trinkgelder ab, stellen unsere Koffer hinaus auf Deck, fassen unsere Schwimmwesten, verabschieden uns von der Schiffsbesatzung und werden mit den beiden Dinghies an Land gebracht, und zwar zur Aufzuchtstation von Riesenschildkröten. Diese urtümlichen Viecher waren vor Jahrhunderten auf den Inseln in grosser Zahl heimisch, wurden dann aber nach und nach sehr stark dezimiert, da sie den Seefahrern, die hier anlegten, als lebende Fleischkonserven dienten. In dieser Station werden die Schildkröten erfolgreich gehalten und gezüchtet, um sie später wieder auf den Inseln, auf denen sie heimisch sind, auszusetzen. In Freiheit haben wir bisher nur Meeresschildkröten gesehen, hier können wir ausgewachsene Riesenschildkröten in Gehegen bestaunen. Es ist beeindruckend, mit welcher Langsamkeit sie sich bewegen. Wir sehen auch Jungtiere verschiedenen Alters. Was ich speziell interessant finde, ist die Methode, wie das Geschlecht der Tiere festgelegt wird. Ausschlaggebend ist die Bruttemperatur für die Eier. Liegt diese bei 28° Celsius, so schlüpfen weibliche Tiere, beträgt sie 29.5°, so schlüpfen Männchen aus dem Ei. Schildkröten von verschiedenen Inseln lassen sich nicht erfolgreich miteinander kreuzen.
Der Rest des Tages ist für den Transfer nach Puerto Villamil auf der Isla Isabela reserviert. Puerto Ayora ist ein typischer Touristenort mit Souvenir- und Schmuckläden, Reiseagenturen, Restaurants und Hotels. Im Hafen herrscht geschäftiges Treiben. Von hier aus werden einerseits die Kreuzfahrtyachten mit Lebensmitten versorgt, andrerseits ist hier offenbar ein wichtiger Zu- und Umsteigeort.
Um halb zwei müssen wir am Hafen sein. René hat organisiert, dass unser Gepäck bereits dahin transportiert worden ist. Er hat für uns das Ticket für die Überfahrt nach Isabela besorgt, ein handgeschriebener Zettel. Nun suchen die Schnellbootfahrer oder ihre Gehilfen mit handgeschriebenen Passagierlisten in der Hand krampfhaft ihre Kunden. Irgendwann findet uns der beauftragte Gehilfe. Unser Gepäck wird nun einen Holzsteg hinunter zu einer Anlegestelle gebracht und dort zusammen mit uns auf ein Taxiboot verladen, das uns für einen halben Dollar pro Person zum Schnellboot GABI bringt. Nun können wir umsteigen, und das Gepäck wird umgeladen. Das Schnellboot ist nicht gerade das, was wir uns als Schweizer Touristen unter einem solchen Gefährt vorstellen. Margrit und ich sitzen nebeneinander zuvorderst auf der linken Längsbank unter Dach, via-á-vis des Fahrers, der auf einem Hochsitz thront. Hinter uns sitzen die übrigen rund 20 Passagiere dicht an dicht. René, Annemarie und Laura haben das Glück, dass sie zuhinterst auf der Querbank, also in Fahrtrichtung, und zudem im Freien sitzen können mit genügend Frischluftzufuhr. Die Fahrt geht los, noch mit gedrosselten Motoren im Hafenbereich, dann aber volle Pulle Richtung Südwesten. Die Meeresoberfläche ist unruhig, die Wellen hoch. Vorsichtshalber haben wir beide eine Reisetablette geschluckt, was sich bewährt, denn wir überstehen die gut zweieinhalbstündige Fahrt gut. Es wird sehr heiss in der Kabine, und ich ziehe die Schwimmweste mit dem stillen Einverständnis unseres Fahrers aus. Nun heisst es einfach, die Enge durchzuhalten. Kurz vor fünf gelangen wir in den Hafen von Puerto Villamil, wo uns nach einigem Warten ein Taxi abholt und zum Landungssteg bringt, allerdings mit dem Unterschied, dass hier der Taxidienst doppelt so teuer ist. Wir werden von einem Pickup abgeholt. Hintendrauf werden die Koffer geladen plus Nadja und ich. Der Rest der Reiseteilnehmenden setzt sich in die Kabine. Glücklich gelangen wir so zu unserem Hotel, wo uns eine herrliche Dusche erwartet.
Das Nachtessen geniessen wir nach einem Rundgang im Dorf in einem Gartenrestaurant im Zentrum.

19. Tag: Sonntag, 17.08.14


Um ca. sechs Uhr sind wir wach. Was erwartet uns heute?
Nach dem Morgenessen spazieren wir alle gemeinsam zur Schildkröten-Aufzuchtstation von Isabela, die etwas westlich von Puerto Villamil liegt. Dorthin gelangt man über einen speziell angelegten Fussweg mit langen Holzstegen über verschiedene Lagunen. In diesen können wir einerseits schwimmende Leguane entdecken, andererseits sind hier auch verschiedene Wasservögel zuhause. Wir können die Bahamaente, den Stelzenläufer, den amerikanischen Sandregenpfeifer, den Regenbrachvogel, das Teichhuhn und den Krabbenreiher bestimmen. Nachdem wir uns längere Zeit in der attraktiv gestalteten Schildkrötenstation aufgehalten und hier heimische Riesenschildkröten in allen Lebensaltern gesehen haben, gehen wir noch zu einer nächsten Lagune. Darin stolzieren rund ein Dutzend Rosaflamingos herum und sieben sich mit ihrem darauf spezialisierten Schnabel ihre Nahrung aus dem seichten Brackwasser. Dazu trampeln sie mit ihren Füssen in schneller Folge auf den Untergrund, ich denke, um diesen und damit Organismen aufzuwirbeln. Dabei erzeugen sie schmatzende Geräusche. Auf unserem Spaziergang begegnen wir noch weiteren Vögeln, u.a. dem bisher nie beobachteten Glattschnabel-Ani. Danach ist ein Mittagessen fällig in einem wunderschön am Strand gelegenen „ Beizli“ unter einem Sonnenschirm. Wir werden freundlich bedient und mit vorzüglichen Spezialitäten versorgt, z.B. Ceviche, Tintenfisch mit Knoblauchsauce, frischen Shrimps, Kochbananen…
Den Nachmittag gestalten alle individuell. Ich widme mich der Bestimmung der beobachteten Vögel und gehe anschliessend noch etwas im Meer schwimmen. Dann mache ich mit Margrit einen Spaziergang im Dorf. Zum Nachtessen gehen wir wieder zusammen in ein Restaurant und beschliessen, am nächsten Tag zu Fuss zur Mauer der Tränen zu gehen. 

20. Tag: Montag, 18.08.14


Schon um fünf sind wir wach. Ein Hahn kräht unermüdlich. Um sechs hören wir Kinder plaudern, schreien und lachen. Dazu poltert es immer wieder, so als ob sie auf einem Holzboden herumtrampelten. Ich gehe hinaus und umrunde das Hotel. Da scheint wirklich eine Schulklasse mit ihrem Lehrer Turnunterricht zu haben. Auf dem neben dem Hotel liegenden Basket- und Volleyballfeld sitzen jetzt Jugendliche geordnet im Kreis und führen die Dehnungs- und Steckübungen durch, die der Lehrer ihnen vormacht. Frühstunde auf ecuadorianisch!
Nach dem Morgenessen machen wir uns für die Wanderung zur Muro de las Lágrimas auf. Rund 8 km soll ein Weg messen. Diese Mauer wurde in den Jahren zwischen 1946 und 1959 von Sträflingen, die auf der Insel in einem Gefangenenlager eingesperrt waren, mit grossen Lavabrocken erstellt. Ihr Bau diente offenbar ausschliesslich der Beschäftigung dieser Sträflinge. Die Mauer erfüllte sonst keinen Zweck. Die Häftlinge litten unter den grausamen Haftbedingungen und starben frühzeitig. Kurz vor dem Bauwerk ist ihnen eine Gedenktafel gewidmet. Die Mauer besteht aus lauter behauenen Lavasteinen und weist am Fuss eine   Dicke von gegen zehn m auf. Die Mauerlänge schätze ich auf gegen hundert Meter.
Auf unserer Wanderung kommen wir wieder an Lagunen vorbei, worin dieselben Wasservögel heimisch sind, die wir schon gestern beobachten konnten. Am Strand, der teilweise parallel zum Weg verläuft, sind vor allem Regenbrachvögel in grosser Zahl auf Nahrungssuche. Der Hit sind die insgesamt drei oder vier Riesenschildkröten, die wir frei lebend am Strassenrand vorfinden. Sie sehen schon urtümlich aus, diese Viehcher. Und sie posieren wunderbar für unsere Fotos.
Ein weiterer Höhepunkt ist ein Mirador. Ein steiler Weg führt uns zu Metalltreppen, die auf einem Hügel, auf einer Plattform, enden. Von da aus haben wir eine prächtige Sicht aufs Meer hinaus und ins Hinterland. Leider hangen die Wolken tief, so dass wir den Vulkan Sierra Negra nicht sehen. Nur der Fuss des Kegels ist sichtbar.
Mit einem Taxi, das Nadia bestellen liess, fahren wir zurück und geniessen anschliessend ein frisch zubereitetes Mittagessen in „unserem Beizli“, zur Freude des Wirts.
Am Abend stellt sich aber heraus, dass uns nicht der bestellte Taxifahrer mitnahm, sondern ein anderer, der, als er gefragt wurde, ob er Edoardo sei, diese Frage bejahte. Der bestellte Fahrer meldet sich im Hotel und verlangt den ihm entgangenen Fahrpreis. Nadia bezahlt ihm zehn Dollar, womit er dann zufrieden ist.
Ich genehmige mir noch ein erfrischendes Bad im Pazifik und eine letzte Dusche auf Isabela. Das letzte Abendessen in Ecuador und auf den Galapagos steht noch an. Ich liebe hier die Fischtranchen vom Holzkohlengrill, das wird wohl die letzte sein für längere Zeit. Auch sie schmeckt wunderbar. Wir verabschieden uns von Laura und Annemarie, die noch zwei weitere Nächte auf der Insel Isabela verbringen werden.

21. Tag: Dienstag, 19.08.14
Wir fahren heim. Um 5.20 Uhr werden wir vom Taxi im Hotel abgeholt und mit allem Gepäck zum Hafen gebracht. Dort besteigen wir unser Schnellboot, diesmal etwas moderner und mit mehr Platz. Da das Meer relativ ruhig ist, dauert die Fahrt nach Puerto Ayora keine zwei Stunden. Hier erwartet uns wieder ein Taxi, das uns über die Insel Santa Cruz zur Fähre hinüber nach Baltra bringt. In Baltra müssen wir nun warten, bis das Flugzeug nach Guayaquil landet. Und nun geht es Schlag auf Schlag: Ruhiger Flug nach Guayaquil, Abschied von René, der nach Quito fliegt, Warten, sehr ruhiger Flug nach Amsterdam!
 
22. Tag: Mittwoch, 20.08.14
Am frühen Nachmittag landen wir in Amsterdam bei Regen und müssen auf den Flieger nach Zürich umsteigen. Bei der Sicherheitskontrolle wird mir die tropische Konfitüre (Maracuja und andere Früchte), die Margrit für mich auf der Isla Isabela in einer Kooperative erstanden hat, leider, leider abgenommen, mit der Begründung, das sei eine Flüssigkeit. Der Flug nach Zürich ist kurz und angenehm zu ertragen. Da werden wir bereits von Tochter und Grosskindern erwartet und nach Hause gefahren. Es war eine tolle Reise! Und trotzdem ist es schön, wieder zuhause zu sein.

Peru und Regenwald

Mittwoch, 20. April:

 

Das Telefon reisst uns aus dem seligen Schlaf. Margrits Weckradio zeigt 4:19 Uhr. Hat das Gerät versagt oder war ich die Ursache? Ich stehe flink neben dem Bett und gehe ins Büro, nehme den Hörer ab, aber da ertönt einfach das Besetztzeichen an meinem Ohr. Sofort ist klar: Das ist Beatrice oder Judith. Sicher erwarten uns die beiden schon seit ein paar Minuten in der Tiefgarage. Im Pijama und barfuss spurte ich hinunter, wo die beiden bereits mit Gepäck-Umladen beschäftigt sind und mich grinsend empfangen. Schleunigst zurück zu Margrit in die Wohnung, aufs WC, mich in die bereitgelegten Kleider stürzen, Handy und Tablett vom Strom trennen, verpacken und einige Minuten später stehen auch wir abfahrbereit in der Garage. Das Gepäck hat Judith bereits zum grösseren Teil im Auto verstaut.
Nach wenigen Kilometern muss Judith nochmals anhalten: Ist mein Passport auch dabei! Ja, er ist…
Um halb sechs sind wir am Flughafen Zürich, verabschieden uns dankend von Judith und geben dort in aller Ruhe das Gepäck auf, geniessen noch einen Kaffee mit Gipfeli und passieren dann die Sicherheitsschleusen. Unterdessen ist ein weiterer Mitreisender in unser Bewusstsein gerückt, ein Plüschteddy ohne Namen, der sich zwischen Beatrice’ Gepäck versteckt hat. Von ihm wird ein Foto gemacht und ins Facebook gestellt, und schon bald   trifft auf Beatrice’ Handy ein Namensvorschlag ein. Rudi soll er heissen.
Rechtzeitig steigen wir in unseren Flieger nach Madrid. Vorerst mit prächtiger Aussicht auf die Mittellandseen, dann auf die Alpen, Thuner- und Genfersee. Schon bald braut sich unter uns und später neben uns eine graue Nebelsuppe zusammen, was unser Flieger mit recht heftigem Rumpeln quittiert.
In Madrid verbringen wir die rund dreistündige Wartezeit bei Sushi und einem Glas Weisswein in einem der vielen Restaurants. Da es viel zu reden gibt über Vergangenes und Bevorstehendes, verfliegt die Zeit in Windeseile.
Etwa um halb zwei hebt die Maschine Richtung Lima ab. Der Flug dauert… Wir sitzen bei eintönigem Rauschen in unseren Sitzen, lesen, dösen vor uns hin, schreiben, lösen Sudoku und hie und da etwas Wasser, während Teddy Rudi im Handgepäckkasten eingepfercht, über unseren Köpfen, klaglos schläft.
Nach der letzten verteilten Mahlzeit, einem Schinken-Käse-Sandwich mit einem Glas Vino tinto und nach fast zwölfstündigem Flug, zeigt uns der Bildschirm auf der Rücklehne des Vordersitzes an, dass unser Flug nur noch 37 Minuten dauern wird. Die Sonne geht im Nordwesten rotglühend unter. Riesige weiss-grau-rote Wolken türmen sich auf. Es ist 18:19 Uhr Lokalzeit.
Und endlich setzt das Flugzeug auf der Landepiste auf. Mit steifen Gliedern lösen wir nach dem Andocken die Sicherheitsgurten, stehen auf und sammeln unsere persönlichen Sachen zusammen.
Nachdem wir die Einreiseformalitäten hinter uns gebracht haben, werden wir von Alex, einem Bekannten von Beatrice, beim Ausgang in Empfang genommen und in einer für uns spektakulären Fahrt mit viel Tempo und Bremsen, Drängeln und Hupen, zum Hotel in der Nähe der Plaza de Armas geführt.
Zimmerbezug, ein Pisco sour in der Hotelbar und Ceviche, eine peruanische Fischspezialität, in einem Strassenrestaurant runden den Abend ab. 

Donnerstag, 21. April:

Ausgeruht erwache ich schon frühmorgens. Wir haben mit offenem Fenster, hinaus auf einen trostlosen Hinterhof mit unverputzten Backsteinmauern und grauer Hotelfront, geschlafen. Auf der gegenüberliegenden Seite ist eine Lücke mit Sicht auf eine vorbeiführende Strasse. Von da dringt Verkehrslärm und Stimmengewirr herein und wecken uns.
Um neun trifft unser vorbestelltes Taxi ein. Trotz geduldigem Abwarten im Stau treffen wir rechtzeitig auf dem Flughafen ein. Problemlos können wir unser Gepäck aufgeben und einchecken für den Flug über Pucallpa nach Iquitos. Leider sind die Fensterplätze alle vergeben, und wir müssen mit den übrigen Sitzplätzen Vorlieb nehmen. Kaum haben wir abgehoben, beginnt die Maschine schon wieder mit dem Sinkflug, und wir landen auf einer holprigen, vielfach geflickten Piste. Etwas zurückversetzt liegen Tower und Flughafengebäude, auf das unsere Maschine zurollt. Je von zwei kräftige Männern werden die Ausstiegstreppen zugeschoben. Der Grossteil der Passagiere steigt aus, 25 Minuten Aufenthalt werden angesagt, und wir nutzen die Zeit, uns Fensterplätze mit möglichst sauberen Scheiben zu ergattern.
Währen des ebenfalls kurzen Weiterflugs nach Iquitos bewundern wir das dünn besiedelte Regenwaldgebiet am Ucayali- und Marañon-Fluss. Sowohl beim Aufstieg als auch beim Landeanflug lassen sich die hohen Baumwipfel, die für die Landwirtschaft kahl geschlagenen sowie die verlassenen, neu überwucherten Flächen erkennen. Dazwischen liegen grössere und kleinere Wasserflächen und die mäandrierenden Flussläufe. Während vor allem die fliessenden Gewässer hellbraune Farbtöne aufweisen, hervorgerufen von den gewaltigen Mengen an Schwebstoffen, sind stehende Gewässer von dunkler, blau-grau und grüner Tönung. Dazwischen liegen Einzelgebäude und Siedlungen der einfachsten Bauart.
Im Flughafen von Iquitos werden wir von Keila, der Lodge-Betreiberin von „Fuente del Amazonas“, ihrem Baby Diego und ihrem Vater Pablo erwartet und herzlich begrüsst. Eine furchtbare Hitze treibt uns Touristen aus Europa den Schweiss aus den Poren. In zwei Taxis fahren wir alle zusammen zur Casa Fitzcarraldo, wo wir die Zimmer zugewiesen bekommen. Margrit und ich wohnen in der Suite, in der Caudia Cardinale lebte, als der Film „Fitzcarraldo“ hier in dieser Gegend gedreht wurde. Beatrice ist im Zimmer untergebracht, wo Mick Jagger während der Dreharbeiten hauste.
Den Rest des Nachmittags verbringen wir im Schatten der vielen Pflanzen im Hotelpark. Im Baumhaus, hoch über dem Swimmingpool filmen und fotografieren Beatrice und ich den farbenprächtigen Sonnenuntergang.
Das Abendessen nehmen wir nach einer halsbrecherischen Fahrt zu dritt in einem der für Iquitos berühmten Mototaxis, auf der Terrasse eines Restaurants am Boulevard ein. Die servierten Menüs mit Fisch (Paiche) und Kaimanfleischstückchen schmecken ausgezeichnet. Müde und zufrieden legen wir uns nach einer erneuten Mototaxifahrt zurück zu unserer Unterkunft ins Bett.  

Freitag, 22. April:

Nach einigen nächtliche Ruhestörungen durch bellende Hunde erwachen wir wieder, als es draussen bereits hell ist. Ein ausgiebiges Morgenessen mit Orangensaft, Früchten, Spiegeleiern, Schinken, Käse, Brötchen, Butter, Marmelade und Kaffee stärkt uns. Wir fahren mit dem Mototaxi auf die andere Seite von Iquitos, nach Nanay-Bellavista.
Als wir dort aussteigen, kommt gleich ein „alter Bekannter“ auf Beatrice zu und begrüsst sie ganz herzlich. Es ist Sandro, der ein Ausflugsboot besitzt. Mit ihm fahren wir auf dem Rio Nanay zur Schmetterlingsfarm Pilpintuwasi. Auf einem sumpfigen Weg, der mit einem Maschendrahtzaun in Tunnelform überdeckt ist, gelangen wir zum Kassenhäuschen, wo uns eine ältere englischsprachige Praktikantin empfängt und uns nach Einkassieren des Tickets durch den Park führt. Im mit feinmaschigen Netzen abgetrennten Bereich lebt eine riesige Anzahl verschiedenartiger Schmetterlinge. Wir foto- und videografieren, was uns vor die Kamera kommt. Wirklich prachtvolle Sommervögel, in unterschiedlicher Färbung und Grösse, gaukeln um uns herum und setzen sich auf die rundum auf Stäbe aufgesteckten Obststücke. Der von uns in der Hitze abgesonderte Schweiss auf unserer Haut zieht verschiedene Schmetterlinge an. Sie setzen sich auf unseren Kopf, aufs Gesicht und auf die Arme, fahren ihren Rüssel aus und tasten mit ihm unsere Haut ab. Ob es das Salz unseres Schweisses ist, das sie anlockt?
Anschliessend besuchen wir die „Puppenstube“, wo lauter Schmetterlingspuppen aufgereiht an Korkwänden hängen. Bei genauerem Hingucken erkennen wir, dass da und dort bereits Schmetterlinge ihre unansehnlichen Hüllen verlassen haben und nun ihre Flügel trocknen lassen.
Ein nächster Besuch gilt den einheimischen Tieren, die verletzt oder illegal gehalten, hier eingeliefert wurden. Da sind Tiere darunter, die sich gegenüber Menschen nicht mehr scheu verhalten. Wir werden darauf aufmerksam gemacht, dass wir auf unsere Sachen wie Brille oder Kamera aufpassen sollen, da sie von diebischen Affen gestohlen werden könnte. Hier sehen wir Tierarten wie Jaguar, Ozelot, Tapir u.a., die sich in freier Wildbahn kaum zeigen.
Danach gehen wir zum Boot zurück und lassen uns zum Restaurant Bufeo beim Zusammenfluss von Rio Nanay und Momón fahren. Es ist heiss, wir trinken einen Fruchtsaft und geniessen einen gemischten Salat dazu. Währenddessen suhlen sich ein paar Frauen unterschiedlichen Alters beim Steg im kühlen Wasser. Leider blieb meine Badehose im Hotel zurück, sonst hätte ich ihnen gerne Gesellschaft geleistet.
Danach führt uns Sandro noch zur Mündung des Rio Nanay in den Amazonas. Er meint, dass wir hier noch Amazonasdelfine sehen könnten. Zwar kann Margrit zwei Exemplare kurz beobachten, aber dann herrscht tote Hose. Wir können ein paar Seeschwalben zuschauen, wie sie Wassertiere jagen, indem sie spähend wenige Meter über der Oberfläche fliegen und sich dann urplötzlich fast senkrecht hinunter auf die Beute stürzen. Es sind sicher zwei verschiedene Arten, die hier jagen.
So gegen zwei Uhr fahren wir dann zurück zum Hafen und drängeln uns noch durch die vielen Essstände, wo vor Ort ein sagenhaftes Angebot an auf Holzkohle gegrillten Fischen aus dem Amazonas angeboten wird. Hier sitzen auch viele Einheimische auf Bänken an einfachen Holztischen und geniessen einen frisch zubereiteten Fisch mit einheimischen Zutaten wie Maniok, Kochbananen u.a.
Ganz verschwitzt im Hotel angekommen geniessen wir das kühlende Wasser des Swimmingpools und dazu die Milch einer frisch geöffneten Kokosnuss. Im Schatten der zahl- und artenreichen Sträucher und Bäume des Hotelgartens geniessen wir den Rest des Tages beim Lesen, Schreiben, Diskutieren und Pläne-Schmieden für den morgigen Tag.  

Samstag, 23. April:

Die Nacht war unruhig. Zuerst ertönte von irgendwoher südamerikanische Musik mit Gesang, dann hörte man Leute laut reden und lachen, Töffmotoren heulten auf, eine Katze miaute erbärmlich unter unserem Fenster und Hunde bellten. Später erklangen Sirenentöne und eine weibliche Stimme, über Lautsprecher verstärkt, plärrte durch die Nacht. Dazwischen schlief ich recht gut und fühle mich erholt. Schon bald gibt’s Morgenessen.
Heute steht zuerst der Markt von Belen auf unserem Programm. Mit dem Mototaxi, wie immer zu dritt auf die enge Sitzbank hineingequetscht, erreichen wir den sehenswerten Markt. Alle Leute hier scheinen etwas zu verkaufen zu haben. Da gibt es kaum etwas, was man nicht bekommt. Stände mit Lebensmitteln aller Art sind in der Mehrzahl. Die geschlachteten Tiere werden aufgeschnitten mit den essbaren Eingeweiden in ihrem Bauch auf den Markttischen präsentiert. Da werden neben den bei uns ebenfalls in den Metzgereien erhältlichen Haustieren auch verschiedene Wildtiere wie Tapir, Schildkröte, Wildschwein, Rotwild u.a. angeboten. Aber auch fingerdicke Raupen, gebraten, gesotten oder gegrillt, sind zu kaufen. Wunderschön gezeichnete Fische in verschiedenen Grössen werden auf den Tischen vor den Augen der Käufer zerteilt. An den Tischen sitzen Frauen, oft mit ihrem Bébé neben sich, und zerlegen Palmherzen in Streifen, die in Salaten Verwendung finden. Der nahe Regenwald liefert eine ungeahnte Zahl von Früchten, die wir bei uns kaum kennen. Zudem werden aber auch Früchte und Gemüse aus der Andenregion und aus dem Küstenstreifen Perus verkauft. Heilmittel natürlicher Herkunft für jedes «Bobochen» und «Wehwehchen», aber auch von der Pharmaindusrie hergestellte Medikamente sind zu günstigen Preisen erhältlich. Eine Zehnerschachtel eines den Viagratabletten ebenbürtigen Produkts wird für sage und schreibe 2 Soles (rund 70 Rappen verkauft) – unglaublich. Und zudem gibt es Schmuck, Kleider, Hygiene- und Kosmetikartikel, Reinigungs- und Waschmittel, lebende Katzen und Enten… Einige Verkäufer bieten ein Riesesortiment an und andere haben gerade nur einen Artikel im Angebot. Wenn du einen Verkäufer nach einem bestimmten Artikel fragst und er ihn nicht im Sortiment hat, dann anerbietet er sich, ihn dir zu besorgen, verlässt seinen Stand und taucht schon nach kurzer Zeit mit ihm auf.
Der Markt ist ein sinnliches Erlebnis sondergleichen, nicht vergleichbar mit europäischen Märkten. Aber wir müssen uns schon überwinden, über gewisse Praktiken hinweg zu sehen und unsere Vorstellungen und Ansichten ausschalten.
Beatrice trifft auf einen Guia, der ihr eine Bootsfahrt inkl. Besuch seiner Familie offeriert, was wir ohne zu zögern akzeptieren. Aber bevor wir aufs Boot gehen, steht uns noch ein anderes Erlebnis bevor. Da steht eine ältere Frau auf einer blumengeschmückten Terrasse an einem Haus mit wunderbar freier Aussicht auf den Rio Itaya. Beatrice kommt mit ihr ins Gespräch, und sie lädt uns ein, zu ihr auf die Terrasse hinaufzusteigen, was wir umgehend in die Tat umsetzen. Ein paar Aufnahmen von ihrer Terrasse aus und die Bewunderung ihrer Familienfotos im Wohnraum lassen uns erfahren, dass sie 80 Jahre zählt und dass sie in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts einmal zur Miss Peru gekürt wurde. Zum ersten Mal in meinem Leben lerne ich eine richtige Miss persönlich kennen.
Kurz nach diesem Zusammentreffen, steigen wir zu einer Rundfahrt durch den schwimmenden Teil des Stadtviertels Belen in ein Boot. Da stehen viele Häuser im Wasser, weil es dieses Jahr überdurchschnittlich hoch steht. Überall hat man Stege erstellt, um den Bewohnern den Zugang zu ihren Häusern trockenen Fusses zu ermöglichen. Etwas weiter draussen, wo die Häuser über längere Zeit im Wasser stehen, sind sie entweder auf Stelzen oder auf Flossen gebaut. Wir fahren durch die Kanäle durch das Venedig Südamerikas. Allerdings ist da nichts vom Prunk vergangener Zeiten zu sehen. Die Häuschen sind mit wenigen Ausnahmen aus Holz gebaut und sehen zum grösseren Teil recht armselig aus.
Unser Guide, Carlos, führt uns kurz vor Abschluss der Fahrt zu seinem Haus und zu seiner Familie in der schwimmenden Stadt. Das Boot legt auf der Hinterseite der Hütte an, und wir steigen auf das Floss, worauf die Behausung ca. einen Meter erhöht steht. Oben, in einer Lücke in der Wand, erscheint sein kleiner Sohn und guckt erwartungsvoll und scheu auf uns. Seine hübsche, sehr junge Frau zeigt sich ebenfalls mit ihrem älteren, ca. vierjährigen Buben. Das Betreten der aus einem einzigen Raum bestehenden Wohnung fällt uns nicht so einfach, denn es ist keine brauchbare Leiter vorhanden. Mit Hilfe eines Holzhockers und des Besitzers schaffen wir den Aufstieg. Wir luxusgewohnte Europäer stehen in der Wohnung einer einfachstens lebenden, jungen peruanischen Familie. Unmittelbar neben diesem Hintereingang steht die Kochstelle. Sie ist ein grob gezimmerter Holztisch mit einem vielleicht zehn Zentimeter über die Platte stehenden Rand. Darin liegt die Asche vom zuletzt entfachten Feuer. Um zu verhindern, dass der Herd selber zu brennen anfängt, wurde vorgängig Erde darauf verteilt. Möbelstücke fehlen, die Kleider sind an Nägeln aufgehängt, die an der einen Seite unter dem Hüttendach eingeschlagen wurden. Die Spielgeräte der Kinder sind auf dem Boden verstreut. An einer Wand steht ein Fernseher an erhöhter Stelle. Eine Hängematte ist an den Holzverstrebungen angebracht. Ich werde beim Filmen darauf aufmerksam gemacht, das ich auf dem „Bett“ der Eltern stünde, d.h. die Bewohner schlafen auf dem Boden. Das Ganze sieht wirklich armselig aus, und wir können einfach hoffen, dass Carlos den „Lohn“, den er von uns bekommt, zugunsten seiner Familie einsetzt.
Nach diesem eindrücklichen Familienbesuch in Belen, fahren wir noch zu einem schwimmenden Tante Emma-Laden, wo wir unseren Flüssigkeitsverlust mit Inka-Cola ergänzen – auch das ein nachdenklich machendes Erlebnis.
Wir werden zurückgefahren zu unserem Ausgangspunkt, und Carlos führt uns durch den Markt, wo viele Händler in Aufbruchstimmung oder neben ihrem Stand eingeschlafen sind. Wir erreichen den Ausgangpunkt, verabschieden uns von unserem Guia, nehmen ein Mototaxi und fahren zum Boulevard, wo wir uns eine Erfrischung gönnen. Wir haben viel gesehen, Eindrücke gesammelt, die jetzt noch verarbeitet werden müssen.
Am Abend gehen wir in ein neueres Restaurant, eine Holzkonstruktion, die auf Stelzen an das Ufer des Rio Itaya gestellt wurde. Neben ein paar Jugendlichen, die etwas trinken, sind wir die einzigen Gäste. Wir essen gut, und weil sich die anderen Gäste allmählich verabschieden, wird auch die Musik etwas leiser gestellt.
Am Boulevard, wo wir noch einen Schlummertrunk geniessen, ist heute Abend sehr viel los. Zwei Schauspieler, der eine als Frau verkleidet, der andere als Mann agierend, bringen die in Scharen rundum stehenden Zuschauer immer wieder zum Lachen. Aber die Strassencafés sind schlecht besetzt und die Strassenhändler, die Schmuck, Ballone und Zuckerwatte anbieten, machen schlechte Geschäfte.
Mit einem Mototaxi fahren wir zurück zum Hotel. Die beiden Frauen haben den Eindruck, dass wir zu dritt etwas besser in den engen Sitz passen als am Morgen noch. Haben sie abgenommen vom vielen Schwitzen?  

 
Sonntag, 24. April:

Unser Programm für heute Sonntag sieht einen Zoobesuch vor. Nach dem üppigen Zmorge lässt Beatrice ein Taxi rufen. In gewohnt zügiger und für unsere Verhältnisse halsbrecherischen Fahrt erreichen wir nach gut halbstündiger Fahrt den Eingang zum Zoo und zur Lagune von Quistococha. Zuerst widmen wir und den „ausgestellten“ Tieren. Leider befindet sich die Zooanlage in einem desolaten Zustand. Zwar sind trotz Sonntag mehrere Angestellte mit dem Rechen der Wege beschäftigt. Das Delfinarium mit einem einzigen Amazonasdelfin scheint neueren Datums zu sein. Am einen Rand des Beckens scheint noch eine Zuschauertribüne im Anfangsstadium stecken geblieben zu sein. Die Gehege sind alt, eng und bröcklig, ebenso die Wege für die Besucher. Ein einsamer Otter schreit erbärmlich, schwimmt nervös von einem Punkt zum andern, begibt sich an Land und stürzt sich wieder in den Teich im Gehege. Der eine Jaguar zeigt deutliche Symptome von Hospitalismus, indem er hinter dem Gitter immer hin und her läuft. Sicher werden hier einige der eingesperrten Tiere nicht nach den neueren Erkenntnissen zur Tierhaltung in Zoos gehalten. Wir bekommen aber einen Eindruck davon, was für Arten im Amazonasgebiet anzutreffen sind.
Noch etwas möchte ich zum Delfinbecken anmerken. Da ist eine Frau im Badekleid darin und bringt den Delfin dazu, sich dem Publikum zu zeigen. Augenscheinlich hat sie einen guten Draht zu ihm, denn er folgt ihr offensichtlich gerne und geht auf ihre Wünsche bzw. Befehle ein. Allerdings sind seine vorgeführten Kunststücke nicht so spektakulär wie ich sie von Meeresdelfinen gesehen habe.
Nachdem Beatrice und ich im einen Restaurant am Strand des Sees einen wohlschmeckenden Fisch vom Grill verzehrt haben, versuchen wir uns im Wasser noch etwas abzukühlen. Aber das bleibt ein Wunschtraum. Das Wasser ist sicher so um die dreissig Grad. Aber angenehm ist es dennoch, hier etwas im Wasser zu planschen. Ich staune, wie diszipliniert hier die Besucher aus der Umgebung sind, denn ausser uns beiden geht niemand weiter hinaus als bis zur markierten Grenze. So kommen wir doch noch ein wenig zum Schwimmen. Die Abkühlung hole ich mir anschliessend an die Rückfahrt mit dem Taxi im Hotelpool.
Das Abendessen ist heute im Restaurant Al Frio y Al Fuego vorgesehen. Doch es kommt anders. Als wir um ca. 19 Uhr an Beatrice’ Zimmertüre klopfen, klagt sie über Unwohlsein. Also machen wir uns halt zu zweit auf den Weg und halten ein Mototaxi an. Damit fahren wir zur Übersetzstelle, denn das schwimmende Restaurant befindet sich mitten in einem See, der durch den Rio Itaya vor seiner Einmündung in den Amazonas gebildet wird. Aber dort werden wir abgewiesen, da das Lokal sonntags nicht so lange geöffnet habe. Also lassen wir uns zum Boulevard führen und nehmen unser Abendessen auf der Terrasse des La Noche ein, wie am zweiten Abend in Iquitos. Darauf geniessen wir das laute und lebensfreudige Treiben auf dem Boulevard und auf der Plaza de Armas, bevor wir uns von einem Mototaxi zum Hotel zurückführen lassen.  

 
Montag, 25. April:

Um sechs soll das Expeditionsschiff „Bremen“ mit Urs an Bord, Beatrice’ und Margrits Cousin, in Iquitos ankommen. Walter Saxer, der Hotelbesitzer, hat für uns herausgefunden, dass es im Handelshafen beim peruanische Zoll zwischen sieben und acht anlegen soll. Das müsste doch unbedingt foto- und videografisch festgehalten werden. Aber da spielen die peruanischen Zollangestellten nicht mit.
Also machen wir uns um ca. halb sieben auf den Weg. Als wir beim Eingang zum Hafengelände Eintritt verlangen, werden wir nicht eingelassen. Da müssten vorerst noch einige Abklärungen getroffen werden, aber dann könnten wir schon zur Anlegestelle gehen. Das Schiff trifft ein, wir können seine Einfahrt aus der Ferne mitverfolgen, aber eben aus der Ferne und mit vielen Sichtbehinderungen. Und immer werden wir vertröstet, dürfen mal den Personalausweis zeigen, unsere Namen aufschreiben, und plötzlich ist der Verhandlungspartner weg und ein anderer Zollangestellter übernimmt, ohne orientiert zu sein, seinen Job. Verschiedene Leute, die ein- und ausgehen, bieten Beatrice ihre Hilfe an. Es wird telefoniert, aber wir werden nicht eingelassen. Um ca. Viertel nach neun platzt Beatrice der Kragen, und sie marschiert, nachdem sie schon vorher auf die andere Seite des Eingangsportals eingedrungen ist, ohne um sich zu schauen, Richtung Anlegestelle. Und siehe da, nach rund einer Viertelstunde kommt sie zusammen mit Cousin Urs auf einem Mototaxi zurück. Nun lassen wir uns ins Hotel zurückfahren.
Der Nachmittag ist für den Besuch eines Yagua-Dorfes reserviert. Einer der ehemaligen Guias, Leo, selbst ein Yagua, hatte ihr von einem Dorf berichtet, das eine eigene Schule bauen und gerne unterstützt werden möchte, da die Ressourcen fehlen. Sie informierte uns bereits vor der Reise, dass sie da einsteigen möchte. Urs und wir sagten ihr eine Beteiligung zu, und so organisierte sie im Voraus zusammen mit Leo einen Besuch im Dorf, wobei den Kindern und den Dorfbewohnern Schulmaterial überreicht werden soll. Leo kaufte darauf zusammen mit seiner Frau einiges an nützlichen Dingen ein, stellte Lehrer- und Schülerpakete zusammen und brachte die Sachen vorgängig ins Dorf. Und heute fahren wir nun mit dem Boot zum Dorf. Ausserordentlich herzlich werden wir da begrüsst und zum Platz geleitet, wo der Aushub und das Grundgerüst für das geplante Schulhaus bereit sind. Der Dorfvorsteher, Leo und Beatrice richten an die Dorfbevölkerung und insbesondere an die Kinder einige Worte. Darauf werden die Geschenke verteilt und verdankt. Grossen Anklang findet die Verteilung von Schoko-Branches. Manches Kindergesicht bekommt braune Flecken ab, und auch den Erwachsenen schmecken sie offensichtlich. Was auch immer gut ankommt, sind Fussbälle. Schon sehr bald haben sich zwei Kindermannschaften gebildet, und da ich als einziger sichtbar an meinem Arm eine Uhr trage, werde ich beauftragt, die Zeit für das Match zu stoppen. Die Erwachsenen freuen sich am Fotoalbum, das ihnen Beatrice vom Chocolatata- Fest im letzten Jahr mitgebracht hat. Für einige von ihnen ist es das erste Mal, dass sie sich selber auf einem Foto sehen können. Zum Abschluss werden alle nochmals zusammengerufen für ein Gesamtbild mit vielen strahlenden Gesichtern.
Mit etwas zwiespältigen Gefühlen kehre ich zurück in unser Hotel. Ist diese Art der Hilfe richtig? Sicher haben wir viel Freude und etwas Abwechslung ins Dorf gebracht. Und vielleicht war auch die Branches-Aktion nachhaltig, hat doch Margrit mit dem Zusammenlesen der achtlos weggeworfenen Verpackungen Einheimische dazu animiert, diese auch vom Boden aufzuheben und sie in eine bereitgestellte Kartonschachtel zu legen.
Den Tag lasse ich am kühlenden Pool ausklingen. Morgen früh geht’s in die Lodge.  

 
Dienstag, 26. April:

Um halb acht ist Morgenessen angesagt. Bereits zuvor erstellen wir unsere Dschungelpackung. Nach dem Morgenessen bringen wir unser Gepäck, das in der Casa Fitzcarraldo zurückbleibt, ins Büro von Walter Saxer. Unser Guia für den Regenwald, Monó alias Edwin, kommt und holt uns mit einem Fahrer mit Van ab. Er gibt uns das heutige Programm bekannt.
Der erste Stopp findet bei einer Aufzucht- und Pflegestation an der Strasse nach Nauta statt. Hier werden Seekühe, die mutterlos oder verletzt aufgefunden werden, aufgepäppelt und später wieder ausgesetzt. Seekühe sind urtümliche Tiere mit aussehensmässig sehr grosser Ähnlichkeit zu Robben, leben im Amazonasgebiet in Lagunen und ernähren sich von Pflanzen, und zwar sollen das 80-100 kg sein pro Tag. Sie sind stark gefährdet, da sie gejagt und die Jungtiere zwei Jahre gesäugt werden. So kommen viele Junge um, weil die Mutter getötet wird und sie dann die besonders eiweisshaltige und laktosefreie Milch nicht mehr erhalten. Wir dürfen da auch zwei Jungtiere füttern und bestaunen die spezielle Ausbildung des Mundes, der gleichsam Blätter an der Wasseroberfläche ansaugen kann und mit den seitlich ausgestülpten Lippen, die mit dicken Borsten ausgestattet sind, in den Schlund befördern. Schneidezähne besitzen sie keine. Die Betreiber dieser Station haben die Anlage so gestaltet, dass vor allem Kinder angesprochen werden, denn vor allem diese sollen für den Schutz dieser Tierart sensibilisiert werden. Zudem sind wie schon im Schmetterlingspark Pilpintuwasi eine stattliche Anzahl Gehege vorhanden, worin Tiere, vor allem Affen, gehalten werden, die aus illegaler Haltung stammen.
Nun geht die Fahrt weiter nach Nauta, wo wir die Sapi Sapi Lagune mit einer darauf hinausgebauten Plattform besuchen. Auf zwei künstlich angelegten Inseln sonnen sich mehrere Schildkröten. Die Sehenswürdigkeiten in dieser Lagune sind aber die darin lebenden Fische. Mit Brotstücken, die man ins Wasser wirft, lockt man sie an. Sehr schnell schnappen sie nach den schwimmenden Brocken und zeigen sich an und teilweise über der Oberfläche. Es sind drei Arten: der Paiche oder Arapaima von dunkelgrauer Farbe mit leuchtend orangefarbenen Streifen im Schwanzbereich, der Monkeyfish oder Arowana von hellgrauer Farbe mit gelblich getöntem Bauch und der Catfish, eine Welsart, von ganz dunkler Farbe mit grossem Maul und je grossen seitlichen Barten.
In einem einfachen Restaurant gibt’s Mittagessen, Lomo saltado und Saft dazu.
Als nächstes besteigen wir ein typisches Boot, recht lang, mit zwei seitlichen Bänken und einem Heckmotor mit Schraube, die sich am Ende einer langen Stange befindet, so dass sie je nach Wasserstand verschieden tief eingetaucht werden kann. Unser Gepäck, das wir im Van gelassen haben, ist bereits eingeladen. Es geht zuerst ein Stück flussabwärts auf dem Rio Marañon und dann den Ucayali hinauf. Treffsicher – für uns sieht das Ufer überall gleich aus – hält der Fahrer auf eine bestimmte Stelle am rechten Ufer zu. Da stehen bereits Pablo und ein weiterer Helfer, die uns in Empfang nehmen und an Land helfen. Wir ziehen die mitgebrachten Stiefel an und behängen uns mit unserem Gepäck.
Jetzt kommt der abenteuerlichste Abschnitt unserer Reise zur Lodge. Ein Stück legen wir im Boot zurück, indem vorne Pablo und hinten ein Gehilfe staken. Dann heisst es aussteigen und ein Stück durch glitschigen Sumpf waten. Unterdessen schleppen Pablo und Gehilfen das Boot durch die seichte Stelle. Wir steigen erneut ein. Ein Stück weit geht es per Motor weiter, dann wieder staken, aussteigen, zu Fuss weitergehen, einsteigen, Bootsfahrt… Ordentlich verschwitzt und dampfend erreichen wir die „Fuente del Amazonas Lodge“, wo wir mit markant aufgehängter Schweizer Fahne empfangen werden.
Nachdem wir unsere Bungalows bezogen, den Schweiss abgeduscht und uns etwas erfrischt haben, schwitzen wir weiter. Schon bald wird es dunkel, und es ist eine erste Exkursion mit Taschenlampen und in Stiefeln angesagt. Edwin, unser Guia, leuchtet vom Steg der Lodge aus Richtung Wald, sagt: „There is a caiman!“ und rennt barfuss durch die Pfützen zu einer bestimmten Stelle. Dort greift er mit beiden Händen in den Morast, aber diese bleiben leer. Wir folgen ihm und leuchten mit unseren Taschenlampen in die Tümpel. Er erklärt uns, wenn rot reflektierende Punkte sichtbar würden, handle es sich um die Augen von Kaimanen. Also halten wir Ausschau nach solchen Reflexionen, und schon haben wir Erfolg. Blitzschnell ist Edwin zur Stelle, greift hinein in die Pfütze und schon hat er einen Jungen Kaiman von gut 30 cm Länge in den Händen. Nachdem er mit Erklärungen dazu angefangen hat, werden wir zu einer anderen Stelle gerufen, wo sich fast ein Meter lange Schlangen in einer Pfütze tummeln. In einer Hand den Kaiman, fasst Edwin nach einer Schlange und schon hält er sie in der Hand. Nun noch die richtigen Griffe, so dass die beiden Tierchen nicht entfliehen und nicht unnötig leiden, und wir können sie uns genauer ansehen. Einen weissen Kaiman und eine Wasserschlange haben wir vor uns. Wir erhalten noch ein paar Erklärungen dazu, wir können fotografieren, und dann werden die beiden wieder in die Freiheit entlassen.
Schon bald nach dem ausgezeichnet schmeckenden Nachtessen gehen wir in die Klappe. Es herrscht keineswegs Ruhe, rundherum zirpt und pfeift und zwitschert es und zwischendurch ertönen auch tiefe Brummtöne oder ein Gezeter. Ich schlafe aber trotzdem schnell ein und höre nur einmal Motorenlärm, wohl von einem auf dem nahen Ucayali vorbeifahrenden Schiff.  

 
Mittwoch, 27. April:

Schon kurz nach sechs ist es hell. Die Vögel sind bereits mit ihrem Morgengesang beschäftigt. Da drängen sich erste Beobachtungen auf. Rund um die Lodge können wir zum Teil recht farbenfrohe Exemplare beobachten. Mit dem Bestimmen hapert es allerdings, da das Buch über die peruanische Vogelwelt in der Lodge-Bibliothek nicht mehr zu finden ist und das aufgelegte Tableau nur eine kleine Artenzahl zeigt. Mit Gewissheit ist der Social Flycatcher (ein Fliegenschnäpper) dabei.
Weil es während des Morgenessens recht intensiv zu regnen beginnt, wird der Start zur heutigen ganztägigen Exkursion an den Rio Yarapa verschoben.
Nach dem von gestern bekannten Procedere in umgekehrter Reihenfolge verlassen wir die Lodge kurz um ca. halb zehn zum Beobachten, zusätzlich mit Regenschutz ausgerüstet. Bevor wir dann am Ucayali mit dem bereitstehenden Boot losfahren können, muss es noch „umgebaut“ werden. Aus dem Boot, das wir benutzt haben, um das Ufer des Ucayali zu erreichen, werden eine Platte der Bodenabdeckung in ihre Bestandteile zerlegt und anschliessend daraus zwei zusätzliche Sitzbänke auf dem anderen Boot montiert.
Nun geht die Fahrt Ucayali abwärts bis zum Amazonas und noch etwas weiter. Durch eine schmale Schneise im Uferbewuchs zweigt das Boot rechts ab und gelangt zum viel schmaleren und ruhiger fliessenden Rio Yarapo. Nun fahren wir wieder flussaufwärts. Wir schalten hie und da einen Halt ein, um Tiere und Pflanzen genauer zu beobachten. So sehen wir in den Baumkronen verschiedene Affen herumturnen, können einem Linienspecht vor seiner Nesthöhle und den Seeschwalben bei der Jagd zuschauen. Verschiedene Papageien und sogar einmal ein Trupp Jabirus (Storchenvögel) fliegt über uns hinweg. Wunderschön finden wir sie blau-weissen Schwalben, die in grösseren Gruppen auf dürren Gehölzen im Wasser sitzen und beim Näherkommen unseres Schiffes wegfliegen und elegante Schleifen um uns ziehen.
Wir besuchen das Dorf Puerto Miguel, wo sich bei der Entsorgungsstelle ein paar nacktköpfige Rabengeier aufhalten.  Gerade bei der Anlegestelle tummeln sich zwei Amazonasdelfine und zeigen immer wieder ihre Rückenflossen. Natürlich wollen auch die Dorfbewohner ihre Raritäten präsentieren. So werden wir zur Dorfbar geleitet, wo uns ein putziges, junges Faultier angehängt wird. Und da sich bei uns der jöh-Effekt einstellt, anerbietet sich ein weiterer Dorfbewohner, für uns seine Anakonda zu holen. Schon bald dürfen wir das Prachtsstück von geschätzten vier Metern Länge bewundern und streicheln. Gerne würde er sie jemandem von uns um die Schultern legen, aber niemand ist bereit dazu. Das Schicksal solcher „Haustiere“ ist oft tragisch, da das nötige Umfeld für eine tiergerechte Haltung fehlt.
Zum Glück wird es im Laufe des Tages heller, und bei der Rückfahrt zur Lodge kommen wir bereits wieder etwas ins Schwitzen. Um ca. halb fünf sind wir zurück und werden gleich zum Essen gerufen. Nachher ist Ruhezeit. Später treffen wir uns noch zu einem Schlummertrunk. Es regnet wieder und im Freien sieht man Wetterleuchten und hört Donnergrollen in der Ferne. Als ich im Bett liege, blitzt es einmal ganz hell und Sekunden später erschüttert ein gewaltiger Donnerschlag das Bett.  

 
Donnerstag, 28. April

Schon früh werden wir geweckt. Es regnet in Strömen und ist recht kühl geworden. Beatrice bringt uns um vier Wolldecken, die Margrit gerne entgegennimmt.
Beim Morgenessen ist noch immer alles grau und es giesst weiterhin. Unser Bootsführer ist unterdessen fischen gegangen und hat reichlich Beute gemacht. Pablo nennt mir alle Arten. Die nicht zum Essen geeigneten Exemplare werden ausgelegt, damit sie von Karakaras, einer Unterfamilie der Falken, geholt werden könne. Es dauert wirklich nicht sehr lange, und zwei dieser Vögel holen sich je ein Stück. Der eine fliegt damit auf ein Dach, ein anderer auf einen am Boden liegenden Baumstamm. Da wird die Beute verzehrt, was wir gut beobachten können.
Als es endlich etwas aufhört zu regnen, fahren wir los. Zuerst muss aber wieder der Ucayali erreicht werden. Im etwas grösseren Schiff geht es heute bis zur Einmündung des alten Rio Tarapo und dann diesen hinauf. Schon bald beobachten wir sicher zwei verschiedene Arten Eisvögel (Kingfischer). Allerdings sind sie sehr scheu und verschwinden pfeilschnell in den Büschen.
Einen Halt legen wir am Platz ein, an dem Pablo in Zusammenarbeit mit Jorge, dem Bootsführer, mit dem Bau einer neuen Lodge begonnen hat. Das Grundgerüst für die zweistöckige Rezeption steht bereits. Wenn sich in der Lodge, wo wir sind, keine Gäste aufhalten, arbeitet er am Neubau. Wir alle sind eingeladen, ihm gute Ideen mitzuteilen.
Danach schalten wir auf dem Rückweg einen Halt in Vista Alegre, einem Dorf am Ucayali, ein. Dort machen wir einen Dorfrundgang und besuchen die Kulturpflanzungen der Bewohner. Edwin zeigt uns bekannte und auch unbekannte Gemüse und Früchte, die hier angebaut werden. Es handelt sich hier um extreme Mischkulturen, und die Grundstücke sind nicht mit Zäunen vor den Passanten abgesperrt, sodass wir immer aufpassen müssen, dass wir nicht plötzlich frisch angesäte Kulturen zertrampeln. Wir sehen hier Yucca, Tomaten, Ingwer, Papaya, Reis und verschiedene andere Früchte, die u.a. zu Säften verarbeitet werden.
Die Einwohner des Dorfes sind recht innovativ und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. So sind sie dabei, eine gedeckte Küche neben der Schule zu bauen, wo die Schulkinder dereinst ihr Mittagessen einnehmen können. Sie setzen sich zudem für naturschützerische Anliegen ein. So wird uns eine Station gezeigt, die der Aufzucht einer bedrohten Säugetierart dient. In einem grossen Gehege aus einfachen Netzen gebaut, werden vier Arten Schmetterlinge gehalten. Im Gehege wachsen die entsprechenden Futterpflanzen und im Holzhäuschen nebendran befinden sich in einfachen Kunststoffbechern mit Deckel Raupen, Puppen, frisch ausgeschlüpfte Schmetterlinge und natürlich auch ein Kässeli für Spenden. Wir dürfen anschliessend im Gehege je einen frisch geschlüpften Schmetterling fliegen lassen. Die uns führende Frau versichert uns, dass auch Schmetterlinge in die Freiheit entlassen würden.
Anschliessend fahren wir Richtung Lodge und erreichen sie ziemlich durchnässt und teilweise frierend, da die Lufttemperatur unterdessen massiv gefallen ist. Nach einem feinen Mittag-Nachtessen verschwinden wir in unsere Bungalows. Um halb acht ist ein Früchteznacht angesagt, das allerdings nur noch Urs und ich nutzen. Wie immer gibt es früh Nachtruhe, denn frühmorgens ist eine Vogelexkursion angesagt.


Freitag, 29. April


Um fünf weckt uns Edwin und teilt uns mit, dass er die Frühexkursion auf morgen verschiebt, da das Wetter zu wenig sicher sei. Also schlafen wir weiter.
Um acht gibt es Frühstück, um neun starten wir zu einer Bootsexkursion ins Dorf Castilla, da unsere beiden Mitreisenden heute Mittag nach Iquitos zurückfahren und Beatrice sich dort noch verabschieden will. Für uns beide ist dieser Besuch spannend, da wir schon vor drei Jahren in diesem Dorf waren. Beatrice macht uns darauf aufmerksam, dass sie sehr enttäuscht sei über das Verhalten vor allem des Dorfchefs, der sich ihrer Meinung nach zu stark auf Staats- und andere Hilfen verlässt und zu wenig Eigeninitiative entwickelt. Ein Angebot für neue Wandtafeln für die Schule hat er vor zwei Jahren ausgeschlagen, weil der Staat sowieso eine neue Schule errichten wolle. Ca. hundert Meter entfernt von der alten Schule wurde dann aber von einer Beatrice unbekannten Institution eine gemauerte WC-Anlage gebaut. Und heute, als wir ans Ufer kommen, ist die Schule eine Ruine, vom Hochwasser führenden Ucayali zerstört, unmittelbar am Ufer gelegen. Die WC-Anlage steht noch, wird aber kaum genutzt. Viele Häuser fielen ebenfalls dem Hochwasser zum Opfer, ebenso die „Hauptstrasse“ und die Strassenbeleuchtung. Das Dorf sieht noch ärmlicher aus als vor drei Jahren.
Wir besuchen zuerst Miguel, einen alten Bekannten von Beatrice. Sie schenkt ihm ein Fotoalbum mit Bildern ihrer Begegnungen im Laufe der letzten Jahre. Den Dorfbewohnern schenkt sie ebenfalls ein Album mit Fotos von ihren Besuchen in den letzten Jahren, wobei sie jedes Mal auch Geschenke mitbrachte. Die beiden Alben finden sehr grossen Anklang, da die Leute hier kaum Bilder von sich und von Anlässen im Dorf besitzen.
Eine Zusammenkunft mit dem Dorfchef dient der offiziellen Verabschiedung Beatrice’ vom Dorf, da sie die Lodge endgültig an Keila übergeben hat.
Am Nachmittag unternehmen wir nach der Verabschiedung von Beatrice und Urs noch einen Spaziergang in den Dschungel. Edwin haut uns mit der Machete einen Pfad durch das Dickicht. Er zeigt uns u.a. einen Verwandten des Kautschukbaums. Er schlägt eine Kerbe in die Rinde, und sofort läuft ein weisser, klebriger Saft heraus, den er Rubber nennt. Zudem führt er uns zu einem Riesenbaum mit riesigen Brettwurzeln. Als ich ihn nach dem Alter dieses Baumes frage, meint er, der sei sicher über zehn Jahre alt. Als es langsam zu dunkeln beginnt, gehen wir denselben Weg zurück. Die Mücken sind jetzt sehr aggressiv, und wir wehren uns trotz Mückenmittel mit allen Kräften gegen die stechenden Biester.

Samstag, 30. April


Wir sitzen jetzt, um 17 Uhr, zum letzten Mal in der Hängematten-Hütte und geniessen den Abend in der Lodge. Während des Schreibens lassen sich ausgezeichnet die Vögel, die in der Umgebung leben oder hier vorbeiziehen, beobachten und hören. Im Augenblick ist das „Geglubsch“ des Krähenstirnvogels (Oropendula), der melodische Gesang eines unsichtbaren Singvogels und das Schimpfen eines weiteren im Laub versteckten Vogels zu hören. Am Morgen wurde die Vogelexkursion nochmals verschoben, auf morgen Samstag. Morgenessen war um acht.
Eine Stunde später machen wir uns per Boot auf den Weg zu einer Lagune einige Kilometer südlich der Lodge. Zuerst geht es rund eine Stunde lang den Ucayali hinauf. Unser Bootsführer fährt nahe am Ufer entlang. An Tieren sehen wir wenig. Uns fasziniert aber die Pflanzenwelt.
Nach der Passage des Dorfes Vista Alegre schwenken wir in den Rio Yarapo ein und folgen ihm bis zu einem nächsten Nebenfluss. Hier tauchen nun plötzlich verschiedene, teilweise noch nie gesehene Arten auf. Braune Schwalben fliegen um unser Boot herum. Mehrmals können wir Eisvögel, die pfeilschnell über die Wasseroberfläche flitzen, beobachten. Am Ufer stehen weisse Reiher mit bräunlichen Hälsen und einem hellblauen Schnabel (Kappenreiher). Sie fliehen, sobald wir näherkommen. In einem. Strauch, der weit ins Wasser hinausragt, verschwindet ein etwa amselgrosser Vogel mit leuchtend rotem Kopf. Quer zu unserer Bahn fliegen schwarzbraun gefärbte Anis übers Wasser.
Und jetzt gerade ist auf den Ästen eines nahen Strauchs ein Trupp wunderschön gefärbter Vögel eingetroffen. Die einen sind ganz schwarz mit einem ganz hell gefärbten Schnabel, die andern haben ein leuchtend rotes Gesicht, einen roten Kopf, eine rote Brust und einen ebensolchen Bürzel.
Gegen Ende unserer Hinfahrt muss sich das Boot durch eine dichte Pflanzenschicht, die die Wasserfläche vollständig überdeckt, drängen. Währen der Mittagspause ist Fischen angesagt. Als Angelruten dienen einfache Stecken, an deren einem Ende jeweils ein ca. ein Meter langer Nylonfaden mit Angel befestigt ist. Als Köder dienen Fischstücke. Aber die Pirañas haben keine Lust zu beissen. Nur gerade Edwin erwischt ein kleines Fischchen, das er als Köder verwendet. Unverrichteter Dinge machen wir uns auf den Rückweg, der noch von einigen Beobachtungsstopps verlangsamt wird.
In der Lodge gibt’s feinen Fisch, Reis, Kochbananen und einen gemischten Salat. Anschliessend duschen wir und machen uns frisch. Und dann geniessen wir das Dschungeldasein in der Hängematten-Hütte, allerdings im Schaukelstuhl.

Sonntag, 1. Mai


Heute ist unser letzter Tag in der Lodge.
Um halb sechs stehen wir auf und machen uns für die Frühexkursion bereit. Edwin ist bereits am Machete-Schleifen. Wir sprühen unsere Kleider ordentlich mit Mückenmittel ein. Für die Haut verwenden wir ein einheimisches Mittel. Im frühmorgendlichen Dschungel lassen sich von allen Seiten die verschiedensten Töne und Geräusche hören. Da klopft zum Beispiel ein Specht energisch auf Holz, hoch in den Bäumen zetern die Papageien, aus dem Sumpf gluckst es immer wieder, Zikaden und Heuschrecken zirpen in allen Stimmlagen, Edwin ahmt Vogel- und Affenlaute nach, um die Tiere anzulocken. Aber das Glück ist uns nicht besonders hold. Auf einem Baum bewegt sich etwas. Edwin sagt: „Monkeys, eine nachtaktive Art.“. Auf einem anderen Baum bewegt sich ein Bushdog abwärts, Margrit findet mit dem Bestimmungsblatt heraus, dass es sich um ein Tyana handelt. Die vielen Blätter behindern die Sicht ungemein. Zudem hackt Edwin einen grossen Teil des Weges, den wir machen, mit der Machete aus dem Dickicht, vorwiegend wildwachsenden Ingwer, so dass die Tiere in der Nähe ohnehin verschwinden. Ein paar farbenprächtige Schmetterlinge zeigen sich dennoch, und auch die Pflanzenwelt ist spannend. Um acht sind wir zurück, es gibt Morgenessen.
Danach duschen wir nochmals kalt, packen unsere Sachen und machen uns bereit für die Rückreise nach Iquitos. Nach der Übergabe einiger Geschenke und einem Abschiedsfoto vor der Lodge steigen wir mit allem Gepäck ins erste Boot, werden damit zum zweiten Boot mit Motor gefahren und tuckern damit durch den Wald, die Lagune und wieder durch den Wald zur nächsten Ausstiegsstelle. Nun legen wir gegen hundert Meter zu Fuss zurück, während die Lodgeangestellten das Boot zur nächsten Einstiegsstelle schleifen. Hier können wir wieder einsteigen, um nachher noch gegen zweihundert Meter zu Fuss zum Ufer des Ucayali zu gehen. Kurz vor elf sind wir da. Das eine Boot schleppen wir dann noch über Land zum Fluss, wassern es und nehmen es ins Schlepptau.
Nun führt die Fahrt den Ucayali hinunter und dann nach dem Zusammenfluss mit dem Marañon diesen hinauf nach Nauta. Da werden wir von einem Taxi abgeholt. Die Fahrt nach Iquitos erfolgt rasend schnell, und schon stehen wir wieder vor der Casa Fitzcarraldo. Hier verabschieden wir uns von Monó, alias Edwin, von Pablo und von Keila, die mit Bruder und Söhnchen auf dem Roller hierherkommen.
Nach einem kühlenden Bad im Pool treffen Beatrice und Urs ein, und wir machen einen Termin ab. Am Boulevard essen wir zusammen Fisch aus dem Amazonas und Yucca. Margrit und ich entschliessen uns nach mehreren Gesprächen mit Kennern der Szene, morgen einen Platz auf einem Eduardo-Schiff nach Yurimaguas zu buchen.

Montag, 2. Mai


Um acht sollen wir beim Hafen sein, um die Schiffahrt nach Yurimaguas zu buchen, wurde uns gesagt. Mit dem Mototaxi und den Hängematten unterm Arm machen wir uns auf zum Puerto Masusa. Wir werden vor das richtige Schiff, die Eduardo VI, geführt. Ein hilfsbereiter älterer Mann kümmert sich um uns und führt uns aufs bereitstehende Schiff. Schnell und problemlos bekommen wir unsere Fahrkarten und eine Kabine zugewiesen. Unser Helfer steigt mit uns aufs Oberdeck und knüpft unsere Hängematten in der Nähe unserer Kabine an die dafür vorgesehenen Stangen an der Decke. Unsere Kabine wird unterdessen desinfiziert und die Matratzen bekommen ein sauberes Leintuch. Nach einer Viertelstunde begeben wir uns zu Fuss auf den Rückweg, mit dem Kabinenschlüssel im Sack. Um drei sollen wir uns mit unserem Gepäck einfinden. Unterdessen überwache unser Helfer unsere Schlafsäcke, deutet er uns mit Gesten und Worten.
In der Casa Fitzcarraldo erwarten uns Beatrice und ein feines „Zmorge“ im Schatten. Es schmeckt wunderbar.
Um zehn kommen Pablo und Keila vorbei. Da wir noch etwas Geld wechseln möchten, schlägt Keila vor, dass Pablo mich mit dem Roller ins Zentrum fahren und mich zu einer vertrauenswürdigen Person zum Wechseln führen würde. So schwinge ich mich hinter Pablo auf den Sitz, kralle mich an ihm fest, und los geht die Fahrt, natürlich ohne Helm und in Shorts und Shirt. Eine Fahrt auf einem Zweirad auf löchrigen Strassen, mit unzähligen Mototaxis und überbreiten Bussen, und alle fahren chaotisch, überholen, reihen sich auf vor Rotlichtern, weichen links und rechts aus, das ist ein höchst riskantes Unterfangen und erfordert höchste Konzentration. Pablo schafft das problemlos und ich sitze immer lockerer hintendrauf. Da mir Margrit noch ihre Uhr mitgab, bei der die Schnalle zum Schliessen des Armbandes verloren ging, machen wir bei einem Uhrmacher Halt. Er sitzt in einem engen, gläsernen Kabine auf dem Gehsteig, auf einem erhöhten Stuhl, vor einer kleinen Arbeitsfläche. In einer Schublade rechts von ihm „grümschelt“  er in einem unübersehbaren Sortiment solcher Schnallen und findet schon bald die gesuchte. Mit ein paar Handgriffen und einer Zange montiert er sie, und siehe da, das Armband tut seinen Dienst wieder.
Als nächstes ist der Geldwechsel angesagt. Pablo führt mich zu einer älteren Dame, die auf einem Stuhl am Trottoirrand sitzt. Sie trägt eine grüne Jacke mit vielen Taschen. Höflich begrüsst er sie per Händedruck mit Señora Maria und bringt ihr mein Anliegen vor. Jetzt erst stelle ich fest, dass sie offenbar sehr schlecht sieht. Sie drückt Pablo einen Taschenrechner in die Hand, nennt ihm den Wechselkurs und lässt ihn die Eingabe mit dem Betrag multiplizieren. Er nennt ihr das Ergebnis und sie verlangt nun von mir den Betrag. Einzeln befühlt sie jede Banknote mit ihren Fingerkuppen und zählt sie zweimal. Dann bündelt sie die gereichten Noten und steckt sie in eine der vielen Taschen. Als nächstes nimmt sie aus verschiedenen Taschen Hunderter-, Fünfziger-, Zwanziger- und Zehnernoten in Zehnerbündeln hervor und zählt sie ab. Zuletzt holt sie noch mit Klebband zusammengehaltene Rollen zu je zehn Münzen hervor. Sie zählt alles nochmals nach und lässt sich den Betrag durch Pablo nochmals nachrechnen. Dann übergibt sie uns die Soles zum Nachzählen. Da es nicht ganz einfach ist für mich, Zwei- und Fünfsolesmünzen voneinander zu unterscheiden, kratzt Señora Maria am Randstein unter sich das Klebband an der Oberfläche der Münze weg, so dass ich die Fünf sehen kann. Alles ist perfekt und wir können uns von Señora Maria verabschieden.
Nun folgt noch ein Abstecher in eine Farmacia. Wir benötigen eine Salbe gegen das lästige Jucken der Mückenstiche. Dann geht’s zurück zu Casa Fitzcarraldo.
Am Nachmittag fahren Margrit und ich per Mototaxi nochmals zum Boulevard und besuchen das sich auf einem ausgemusterten Amazonasdampfer befindliche Schifffahrtsmuseum, eine spannende Sache.
Um drei machen wir uns mit unserem Gepäck auf den Weg zur Eduard VI. Seit heute früh ist hier einiges passiert. Auf der Ladefläche sind schon einige Frachtgüter abgestellt worden, z.B. „nigelnagelneue“ Mototaxis, noch zerlegt und vieles Anderes. Auf dem Mittel- und auf dem Oberdeck sind schon einige Hängematten aufgehängt worden.  Wir deponieren unser Gepäck in der Kabine, und dann beobachten wir das Treiben im Hafen und an Bord. Da werden schwere Metallgestelle von vier bis fünf Männern über zwei vom Schiff auf das Hafengelände, übrigens eine grosse, schmutzige Sandfläche, gelegte Holzbretter auf Deck getragen. Die Bretter biegen sich „gefürchig durch. Mototaxis fahren hinzu und bringen neue Passagiere und neue Fracht. Auf dem Schiff bieten fliegende Händler Hängematten, Taschenlampen, Decken, Einwegrasierer, Ladegeräte, Hühnchen mit Reis, frisch gekocht, frische Früchte usw. an.
Die Abfahrtszeit naht. Je näher sie kommt, desto hektischer das Treiben auf und ums Schiff. Um halb sechs, dem geplanten Start, ist noch so viel los. Es denkt niemand an Abfahrt. Erst eine Dreiviertelstunde später ertönen die Sirenen, es gilt ernst.  Da fällt noch jemandem ein, dass vor dem Schiff noch ein hoch beladenes Mototaxi steht. Die Läden sind auf Deck gebracht. Helfer tragen Stühle und weitere Einrichtungsgegenstände zur Ladefläche und dort werden sie von Leuten auf dem Schiff entgegengenommen. Sie haben’s geschafft. Jetzt fährt unser Schiff, denken wir. Aber es fährt nur zum Zollhafen, legt dort an und dann geht nichts mehr, mindestens bis nach halb acht und dann erst gilt Leinen los.
Die Nacht verbringen wir bis ca. zwei Uhr in der Hängematte, dann verziehen wir uns in die Kabine und machen es uns auf den harten Pritschen „bequem“.

Dienstag, 3. Mai


Um fünf weckt uns die Sirene: kein Alarm, sondern Ankunft in Nauta. Wir verlassen die Kabine und lassen uns durch das geschäftige Treiben rundum in Bann ziehen. Es ist noch dunkel. Am Himmel steht der abnehmende Mond. Im Osten rötet sich der Himmel. Am Ufer ist Betrieb. Die Marktstände sind beleuchtet. Die Händler preisen ihre Waren an. Neue Passagiere besteigen das Schiff und neue Fracht wird verladen. Aber schon bald fährt das Schiff wieder. Die Sonne geht auch auf. Wir können uns unserer Morgentoilette widmen, allerdings nur minimal. Wir verlegen unseren Aufenthaltsort wieder aufs Deck. Um viertel nach sieben wird das Frühstück zur Kabine gebracht, ein Becher heisse Reismilch, ein Brötchen mit Butter und eins mit einem Wurstrad. Margrit verschenkt ihre Portion einem einheimischen Mädchen, dass dieses Geschenk mit freudigem Gesicht entgegennimmt. Schwesterlich teilt es das Morgenessen mit seinem kleineren Bruder.
Nun zieht die Landschaft an uns vorbei: sehr viel Wald, riesige Lagunen, Dörfer der Amazonasbewohner und Lodges für Touristen. Verkehr hat es wenig, mal ein Touristenboot und mal ein Boot eines Einheimischen.
Beim einen Halt steigen rund zwanzig Frauen aus dem Dorf mit Tablaren, Körben und anderen Behältnissen ein. Darauf und darin sind Wegwerfteller mit frisch zubereiteten Fischen vom Grill, mit Reis, Kochbananen, Yucca und anderen Köstlichketen. Das Schiff fährt ohne diese Händlerinnen von Bord zu schicken, weg und hält ein paar hundert Meter weiter flussaufwärts, um sie nach erfolgreichem Geschäft wieder abzusetzen.
Steht jemand am Flussufer und winkt mit einem roten Tuch, dann heisst das darauf zu- und anhalten. So finden solche Stopps immer wieder statt. Es werden Leute und Materialien ab- und aufgeladen. Anschliessend muss die Fracht auf der Ladefläche wieder neu eingeordnet werden. Teilweise sind die Frachtstücke offenbar sehr schwer, und die ganze Lademannschaft, ein Dutzend junge Burschen, müssen wirklich alle Kraft aufbieten. Zudem sieht es teilweise recht gefährlich aus. Als Zuschauer bin ich froh, dass sich niemand dabei verletzt. Vergisst jemand, sein Gepäck einzuladen oder ist er zu spät dran, dann kann das Schiff auf offener Strecke anhalten und darauf warten, bis ein nachgesandtes Boot mit dem Fehlenden eintrifft.
Man kommt mit den Leuten in Kontakt. Ein junges französisches Paar belegt die Kabine neben uns. Der Mann stammt aus Paris, die Frau aus der Normandie. Sie sind schon zwei Jahre unterwegs und wollen noch weitere zwei bis drei Monate anhängen. Neben unserer hängt die Matte einer jungen Frau mit zwei Kindern. Das Mädchen hat heute Vormittag schon Margrits Frühstück bekommen. Gerne kommt es immer wieder in unsere Nähe und interessiert sich für mein i-Pad. Ich mache ein Foto und zeige es ihm. Da staunt es aber. Ein Lehrer aus Iquitos ist mit zwei seiner Schüler unterwegs. Er spricht ein paar wenige Brocken Englisch und möchte wissen, woher wir sind. Von der Schweiz weiss er zwei Sachen: Die Schweizer sind reich und geschäftstüchtig, und die Alpen sind ein hohes Gebirge und liegen in der Schweiz. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass die Anden höher sind. Er bekommt Margrits Mittagessen, das er gerne entgegennimmt, so muss er nicht anstehen.
Die An- und Ablegemanöver werden häufiger, da wir offenbar in dichter besiedeltes Gebiet kommen. Die Siedlungen vermitteln ganz unterschiedliche Eindrücke. Da und dort scheint ein gewisser Wohlstand zu herrschen, die Häuser sehen gepflegt und sauber aus, es wird Zement, ein Betonmischer, Isoliermaterial abgeladen. Andere sehen sehr armselig aus.
Es ist wieder heiss heute. Wenige Male regnet es ein paar Tropfen. Der Fahrtwind macht die Hitze erträglich. Trotzdem gönne ich mir am Abend eine Dusche. Die Verhältnisse unterscheiden sich wesentlich von den bei uns üblichen Anlagen. WC und Dusche sind im selben grossen Raum. Zwischen der Klosettschüssel und dem Duschkopt oben an der Decke ist ein  rund 15 Zentimeter hoher Raumteiler. Im Duschteil befindet sich in der Höhe ein Hahn ohne Brause, aus dem kaltes Wasser plätschert. Alles rundherum ist nass. Im WC-Teil sind  auf fast zwei Meter Höhe drei Haken angebracht. Ablagefläche existiert keine. Aber das kühle Wasser wirkt erfrischend.
Um sechs ist es dunkel. Der Sternenhimmel kommt in der rundum herrschenden Dunkelheit in seiner ganzen Pracht zum Vorschein. Sehr deutlich ist das Band der Milchstrasse sichtbar. Die Sternbilder kenne ich zu wenig, glaube aber, den Grossen Bär zu erkennen.
Wir legen uns in die Hängematten, da es in der Kabine zu warm ist. Wenn das Schiff wieder anlegt, stehen wir auf und verfolgen das Geschehen vom Oberdeck aus: immer wieder spannend, nicht nur für uns, auch für andere Mitfahrende.
Nach zehn Uhr verziehen wir uns in unsere spartanisch ausgerüstete Kabine. Auf den harten Pritschen können wir recht gut schlafen. Ich muss einfach etwa jede Stunde einmal die Lage verändern, damit alle Knochen und Muskeln gleichmässig drankommen.

Mittwoch, 4. Mai


Kurz vor fünf werde ich richtig wach. Vom Steuerhaus her ertönt Musik. Ans Wieder-Einschlafen ist nicht mehr zu denken. Das Schiff legt an. Also stehe ich auf und begebe mich nach draussen. Da werden schon wieder Waren umgeschlagen. Es ist sagenhaft, was die Verlademanschaft in kürzester Zeit schafft. Es werden Getränkeflaschen, zu sechst oder mehr in Plastik verschweisst, hinausgetragen. Die Burschen nehmen drei bis fünf Packkungen auf einmal auf ihren Buckel und tragen sie nur in Flip-Flops oder sogar barfuss über ein Brett mit ein paar senkrecht dazu aufgenagelten Leisten an Land.
Heute Morgen ist der Himmel bedeckt, und es beginnt schon bald, recht heftig zu regnen. Allerdings währt der Niederschlag nicht sehr lange. Schon bald reissen die Wolken auf und die Sonne scheint zeitweise.
Um zehn nehmen wir Abschied von unserer Nachbarn, der jungen Mutter und ihren beiden Kindern, Luciola und Brize. Sie steigen an einem Ort aus, wo gerade nur ein Haus steht und ein Mann mit dem Aushöhlen eines Einbaums beschäftigt ist. Wir winken den dreien noch, als das Sciff weiter stromaufwärts fährt. Sie scheinen jemanden zu erwarten, der sie abholt. Unterdessen geht wieder ein Regenschauer nieder.
Um ca. halb zwei erreichen wir die Einmündung des Rio Huallaga in den Rio Marañon und zweigen in jenen ab. Der Fluss hier ist nun wesentlich schmaler. Die Umgebung bleibt in etwa die gleiche: Regenwald. Vor einigen Minuten regnete es noch, jetzt scheint wieder die Sonne. Den ersten Halt am neuen Flusslauf haben wir auch schon gemacht, in San Luis. Und siehe da, zum ersten Mal sehen wir hier ein Hausschwein, das frei und ohne Scheu bei den Menschen lebt. Irgendwie sind wir froh, dass wir unseren Reiseplan geändert haben. So wie es zurzeit aussieht, werden wir noch eine Nacht an Bord der „Eduard VI“ verbringen. Das reicht uns. Wir waren gut beraten, die kürzere Strecke auf dem Marañon zu wählen statt die ursprünglich geplante Schifffahrt auf dem Ucayali.
Um vier erreichen wir Lagunas, ein wichtiger Ort für Touristen, die ins Pacaya-Semiria-Reservat wollen. Wir aber möchten nur schon bald in Yurimaguas sein.
Das Nachtessen besteht heute aus einer Reis-Gemüsesuppe mit einem Stück Kochbanane und einem Stück Poulet. Sie schmeckt solala.
Um sechs geht die Sonne unter. Zudem herrscht Gewitterstimmung. Margrit versucht diese mit dem Fotoapparat festzuhalten. Nun bekommen wir auch die Information, dass unser Ziel morgen um sechs erreicht werden soll.
Um ca. neun Uhr räumen wir unsere Hängematten ab und verziehen uns in unsere Kabine. Die Nacht verbringen wir auf den harten Pritschen.

Donnerstag, 5. Mai


Schon vor fünf Uhr sind wir wieder wach, erledigen unsere Morgentoilette und erscheinen bald an Deck. Unser Schiff fährt mit reduzierter Geschwindigkeit. Wir überholen in der Dunkelheit ein anderes gleichartiges Schiff mit einer grossen Ladefläche und mit einem Aufbau hinten, wo ebenfalls Hängematte an Hängematte aufgehängt sind. Eine grosse Siedlung können wir nirgends erkennen. Am rechten Ufer aber ändert sich die Landschaft, das Gelände ist hügelig und zum Teil gerodet. Wiesen und Felder sind erkennbar und die Hütten sind höher gelegen, so dass sie nicht mehr dem Hochwasser ausgesetzt sind.
Es ist unterdessen Tag geworden und vor uns. In einer Flussschlaufe drin wird eine grosse Siedlung mit Funk-, Handy-, Radio- und TV-Antennen sichtbar. Schon bald beginnt das Anlegemanöver. Neben einem weiteren Eduardo-Schiff, am unausgebauten Ufer, legt unser Schiff an. Die Verladeläden werden von Helfern ans Ufer gezogen, und schon strömt eine Menge Männer, die beim Entladen helfen, aufs Schiff.
Wir sind gerade dabei, unser Gepäck aus der Kabine zu nehmen, da ist schon ein hilfsbereiter Mann da und nimmt uns die schweren Sachen ab, fragt wohin wir wollten und als er den Namen Tarapoto hört, deutet er uns, ihm zu folgen. Draussen am Ufer dirigiert er uns zu einem bereitstehenden Pick-up mit, reicht unsere Rucksäcke einem auf der Brücke bereit stehenden Mann und macht uns klar, dass dieses Auto nach Tarapoto fahre und wir umgehend einsteigen sollen. Die Rücksitze sind bereits mit vier Personen und einem Kind belegt, wir beide sollen vorne auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Das akzeptieren wir nicht, und ich verlange umgehend unsere Rucksäcke zurück. Die bekommen wir problemlos. Unterdessen hat unser Helfer bereits ein Mototaxi organisiert. Unsere Rucksäcke verladen wir umgehend auf die Ladefläche und entlohnen den Helfer, der uns erklärt, dass uns der Fahrer zu einem Taxibetrieb bringen werde, wo wir ein Taxi engagieren könnten. Und wirklich, unser Fahrer bringt uns zu einem Betrieb, der sogenannte colectivos betreibt, d.h. der Fahrer fährt erst los, wenn er seinen Wagen gefüllt hat. Ein Mitfahrer sitzt bereits im Taxi, und wir zwei enscheiden uns für drei zu zahlen, so dass wir umgehend losfahren können.
Wie bereits andernorts verläuft die Fahrt rasant und in unseren Augen öfters auch riskant. Zu unserem Glück landen wir nach rund zwei Stunden wohlbehalten in Tarapoto, wo wir uns in einem einfachen Restaurant ein Frühstück genehmigen. Mit dem Mototaxi fahren wir zu unserem aus dem Reiseführer ausgewählten Hotel La Posada Inn. Da können wir unser Zimmer unmittelbar beziehen und unter eine wohltuende Dusche stehen.
Wir sehen uns etwas in Tarapoto um und kümmern uns vor allem um unser Weiterkommen. Mit einem Mototaxi fahren wir zu einem der recht zahlreich vorhandenen Busterminals und buchen die Weiterfahrt nach Trujillo, eine 18stündige Fahrt über die Anden.
Anschliessend geniessen wir die Rückkunft in die Zivilisation, indem wir im Städtchen herumschlendern, ein Bierchen und/oder einen Jugo trinken und uns im Souvenirkomplex umsehen.
Den Abend geniessen wir in der „Ausgehmeile“ – die ist allerdings nicht so lang – und die Nacht in unserem richtig bequemen Bett.

Freitag, 6. Mai


Den Vormittag verbringen wir nach dem Frühstück und dem Packen unserer Sachen im Städtchen Tarapoto. Wir schlendern durch die Gassen, geniessen einen frischen Jugo, schauen uns nochmals im Souvenir-Bereich um und erfreuen uns am schönen Wetter.  Rechtzeitig holen wir im Hotel unser Gepäck ab und fahren mit einem Mototaxi zum Busterminal.
Hier hole ich mir bei einer Strassenküche ein Mittagessen. Ich kann aus verschiedenen Pfannen, die auf einem Gasherd warmgehalten werden, auswählen: Reis, Geschnetzeltes mit Gemüse, weisse Bohnen… Die Köchin gibt von allem nach Wunsch in eine Styropor-Schale, verlangt dafür vier Soles und leiht mir noch eine Gabel aus. Im Warteraum des Busunternehmens esse ich. Die einfache Mahlzeit schmeckt mir. Die Gabel bringe ich zurück.
Um drei fährt der Bus. Wir geben das Gepäck auf und warten auf die Öffnung des Gates. Endlich dürfen wir den Bus nach einer Kontrolle mit einem Metalldetektor und der Aufnahme eines Fotos von uns besteigen. Wir sitzen ziemlich weit hinten. Die Beinfreiheit ist gross, die Rückenlehne lässt sich recht weit hinunterklappen und am Vordersitz ist eine ausklappbare Ablagefläche für die Beine angebracht. Bequemlichkeit wird also grossgeschrieben. Und so starten wir denn zu unserem Busfahrtabenteuer durch die Anden.
Nach rund eineinhalb Stunden Fahrt können wir noch einmal aussteigen. Hier ist auch ein Kiosk vorhanden, wo ich uns etwas zu knabbern kaufe.
Die Nacht über versuchen wir zu schlafen, was uns allerdings nicht so leicht fällt. Aber hie und da schlummern wir doch ein. Das lange Sitzen macht uns einige Mühe. Die Fahrt verläuft eher ruppig, aber wir überleben sie. Da und dort zwickt es etwas im Rücken, in den Waden, im Nacken.

Samstag, 7. Mai

Nach einer Buspanne und längerem Warten an einer Haltestelle kommen wir wohlbehalten in Trujillo an, wo wir unser Gepäck entgegennehmen und mit einem Taxi in die Nähe unseres Hotels fahren, das wir aus dem Lonely Planet Reiseführer ausgewählt haben. Es liegt in einer Fussgängerzone, an einer Strasse zur Plaza de Armas. Das Zimmer können wir gleich beziehen. Eine Dusche tut jetzt gut.
Als erstes gehen wir zu Fuss zur Plaza de Armas und machen anschliessend einen aus dem Reiseführer ausgewählten Rundgang mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Stadt. Trujillo präsentiert sich als sehr gepflegte und saubere Stadt. Viele Häuser aus der Kolonialzeit sind restauriert und leuchten in allen Farben.
Wir wollen morgen weiterreisen nach Lima. Aus diesem Grunde suchen wir eine Reiseagentur auf, um entsprechende Tickets zu kaufen. Nach der langen Busreise möchte ich eigentlich einen Flug buchen. Aber wir bekommen die Auskunft, dass nur noch ein Platz am Sonntag frei ist. Zudem sind auch alle Busplätze am Sonntagabend in den von der Agentur vertretenen Gesellschaften ausgebucht.  Nachdem wir uns für einen teuren Flug am Montag entschieden haben, können wir allerdings nicht mit der Karte zahlen, und genügend Bargeld haben wir auch nicht dabei. Das Personal verweist uns an ein anderes Büro. Wir gehen darauf zu einer weiteren, nahegelegenen Reiseagentur und bekommen dort zwei Plätze in einem Nachtbus in der ersten Reihe im Oberdeck angeboten. Die nehmem wir. Und der Terminal der Gesellschaft ist erst noch sehr nahe beim Hotel gelegen.
Was uns erstaunt, ist die Tatsache, dass in Trujillo an diesem Samstag auf der Strasse für die Erdbebenopfer im Nachbarstaat Ecuador gesammelt wird. Offensichtlich sind hier die Leute trotz geringem Wohlstand bereit, die Geschädigten im Nachbarland grosszügig zu unterstützen. Chapeau!
In der Fussgängerzone sind des weiteren Tafeln mit Neugeborenen, mit glücklichen Müttern, mit Ultraschallaufnahmen und mit Bildern von Foeten aufgestellt. Zudem stehen Texte darauf und es sind Auskunftspersonen anwesend. Es handelt sich unserer Meinung nach um eine Kampagne gegen Schwangerschaftsabbruch. Viele Menschen schauen sich die Tafeln genauestens an und lassen sich auch auf Diskussionen mit den bereitstehenden Auskunftspersonen ein.
Vor dem wieder rechtzeitigen Zubettgehen – Schliesslich war die letzte Nacht eine anstrengende Sache – besprechen wir noch das Programm für morgen. Wir beschliessen, ein Taxi zu chartern und damit ein paar Ausgrabungsstätten ausserhalb der Stadt und den Strand in Huanchaco zu besuchen.
 

Sonntag, 8. Mai


Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen und bringen sie zur Hotelrezeption, um sie hier bis zum Abend einzustellen. Nun begeben wir uns nochmals auf die Plaza de Armas, um ein paar Fotos bei anderem Sonnenstand zu knipsen. Das Wetter ist wie gemacht dafür.
Wir steuern auf ein freies Taxi zu und machen mit dem Fahrer ab, dass er uns für hundert Soles zu zwei Ausgrabungsstätten und anschliessend an den Strand von Huanchaco führt und dass er jeweils auf uns wartet. Das klappt mit unseren wenigen Spanischkenntnissen, mit etwas Englisch, Italienisch und Gebärdensprache wunderbar. Wir steigen ein und werden zu den beiden Huacas de Moche gefahren.
Zwei ungeordnete Haufen erheben sich in der umgebenden Wüste. Beim einen Haufen sind Überdachungen aus Wellblech und anderern Materialien sichtbar. Was erwartet uns wohl hier? Unser Chauffeur führt uns zu einem Parkplatz mit niedrigen Gebäuden. Wir steigen aus, bekommen aber von einem Parkplatzwärter mitgeteilt, dass wir Eintrittstickets kaufen müssten und dass diese bei den Gebäuden ein paar hundert Meter weiter südlich gekauft werden können. Also fahren wir zurück und besorgen uns die Tickets. Damit kommen wir problemlos aufs Gelände. Wir müssen noch etwas warten, bis genügend Besucher zusammen sind für eine Führung. Eine Guia begleitet uns mit erklärenden Worten durch den fantastisch anmutenden Komplex. Sie spricht deutlich und langsam spanisch, so dass wir doch das eine und andere an Informationen mitbekommen. Wir befinden uns in der Huaca de la Luna (Mondpyramide). Und wir sind erstaunt, was sie uns alles über die hier ab ca. 500 n. Chr. herrschende Moche-Kultur erzählt, und was wir hier an Bauten und ihrer Ausgestaltung zu sehen bekommen. Nicht weit davon erhebt sich die Huaca del Sol, die im Gegensatz zum besuchten Ort noch wenig erforscht ist.
Als wir auf den Parkplatz zurückkommen, werden wir von einem Wärter erwartet. Er reicht uns einem anderen Taxifahrer weiter, da der vorherige mit seinem gelben Taxi nur im Stadtgebiet herumfahren dürfe. So jedenfalls haben wir ihn verstanden. Mit dem neuen Fahrer geht es nun nach Chan Chan, der Hauptstadt des Chimú-Reiches weiter. Sie ist wie schon die beiden besuchten Pyramiden vollständig aus ungebrannten Lehmziegeln erbaut und gilt mit mehr als 20 km2  Fläche und rund 100 000 Einwohnern im 12./13. Jahrhundert als grösste prähistorische Stadt Südamerikas. Wir können nur den Tschudikomplex der Ausgrabungsstätte besuchen und sind wiederum sehr beeindruckt von den Bauwerken und den verschiedenen Ornamenten, die verwendet wurden.
Nun steht uns noch der gemütliche Teil unseres Ausflugs bevor. Wir lassen uns an die Pazifikküste nach Huanchaco führen, entlassen dort den Taxifahrer und sehen uns noch etwas in diesem Badeort um. Berühmt soll er sein, weil hier noch die historischen Binsenboote verwendet werden. So sehen wir vereinzelte dieser Wassergefährte in Aktion. Der Grossteil aber steht zum Trocknen aufgestellt am Strand. Dafür ist aber eine Unmenge von Wellensurfern im Wasser. Mit grösserem und geringerem Können warten sie die hohen Wellen ab, stellen sich zum richtigen Zeitpunkt auf ihr Brett und lassen sich auf den Wellen stehend Richtung Küste treiben, ein eindrückliches Schauspiel.
Bei einem Pisco sour erwarten wir den Sonnenuntergang, natürlich für ein „Föteli“, und fahren anschliessend nach Trujillo zurück.
Nach dem Nachtessen in einem guten Restaurant holen wir im Hotel unser Gepäck ab und begeben uns zur Busstation. Der Bus fährt um Viertel vor zehn.

 

Montag, 9. Mai


Irgendwann nach fünf Uhr erwache ich in meinem Sessel. Dass er eine unbequeme Liege ist fürs Schlafen, spüre ich in Form von Schmerzen und Verkrampfungen an verschiedenen Stellen meines Körpers. Der Nacken macht sich schmerzhaft bemerkbar, die rechte Wade ist irgendwie verkrampft, die Schultern, insbesondere die rechte, tun weh und das Kreuz fühlt sich ganz steif an. Mit etwas Bewegen und Strecken kann ich mir Linderung verschaffen. Ich schiebe die Vorhänge, soweit es geht, auf die Seite und schaue, wo wir sein könnten. Draussen herrscht noch stockdunkle Nacht. Lichter sieht man wenige ausser der roten und orangen Rück- und Bremslichter der vor uns fahrenden Reisecars und der weissen und gelben Scheinwerfer der entgegenkommenden Autos. Die Lichter von Lima sind nirgends zu sehen.
Kurz vor acht treffen wir im City-Terminal der Busgesellschaft ein. Der Ausstieg und die Entgegennahme des Gepäcks wickeln sich zügig ab. Beim Ausgang werden wir von einem Mann gefragt, wohin wir wollen. Er nennt uns den Taxipreis und übergibt uns einem bereitstehenden Taxifahrer, der uns ins Hotel der ersten Nacht führt. Dort werden wir im Restaurant bereits von Beatrice erwartet. Ich geniesse das Frühstück mit Fruchtsaft, Spiegeleiern, Brot, Butter und Marmelade, Margrit bekommt einen Früchtecoup.
Nach der Dusche gehen wir zu dritt auf die Plaza de Armas, wir kommen gerade rechtzeitig zu einer Galavorführung des Militärblasorchesters. Vor dem Regierungspalast marschiert das Musikcorps in streng geordneter Weise auf und bietet den Zuschauern ein hochstehendes Konzert. Ein Wermutstropfen dabei ist, dass zwischen Publikum und Kapelle ein hoher schmiedeeiserner Hag steht und zudem das ganze Trottoir von Sicherheitsleuten abgesperrt wird. Dafür ist während des Konzerts die Strasse verkehrsfrei.
Der Besuch der Kathedrale mit dem Grab Francisco Pizarros, des spanischen Eroberers des Inkareichs, und eines zugehörigen Museums mit reichlich Kunstschätzen beeindruckt uns, lässt aber auch die Frage der Finanzierung des Unterhalts eines solchen Kulturschatzes offen. Fototermin vor dem Bischofspalast und Besuch dieses Gebäudes mit nochmals so vielen Kulturzeugen gehören zum heutigen Programm. Aber nun ist eine Erholungspause nötig.
Aber dazu kommt es nicht. Der Fall Petra Lee hält uns auf Trab. Beatrice wird von einer Dame ohne Gepäck und nur in T-Shirt und Leggins um Hilfe gebeten. Sie erzählt uns eine haarsträubende Geschichte, wie sie mit dem Bus von Quito in zwei Tagen nach Lima fuhr und dort ein Taxi orderte, wie der Fahrer mit ihrem ganzen Gepäck inklusive Pass, Kreditkarte, Bargeld und allen mitgeführten Gegenständen verschwand, wie sie ohne Pass bei der Polizei chancenlos Anzeige machen wollte. Da sie Südafrikanerin sei und in Peru keine Botschaft existiere, müsse sie nach Ecuador zurück. Sie bittet um ein Darlehen von hundert US-Dollar. Wir gehen gemeinsam einen Jugo trinken und verhandeln im Restaurant weiter. Beatrice gibt ihr die erbetene Summe. Wir sind aber nicht überzeugt, dass ihre Geschichte auch wirklich stimmt. Gespannt warten wir ab, ob sich die Frau bei Beatrice noch einmal meldet.
Wir fahren per Taxi zur Huaca Pucllana, einer Ausgrabungsstätte im Stadtteil Miraflores. Da wir knapp nach 17 Uhr ankommen, können wir die ganze Anlage nicht mehr besichtigen. Aber auch so ist der Anblick dieses Bauwerks eindrücklich. Adobe-Bausteine sind fein säuberlich an- und aufeinander angeordnet wie die Bücher in den Regalen einer riesig grossen Bibliothek. Im Gelände der archäologischen Stätte befindet sich ein Restaurant. Eigentlich wäre  geplant, hier ein frühes Nachtessen einzunehmen und dann in einem nahen Park einer Vorführung von Licht- und Wasserspielen beizuwohnen. Aber da macht uns das Schicksal gerade zweimal einen Strich durch unsere Rechnung. Essen im gewählten Restaurant wird erst ab sieben serviert, und die Vorführung findet montags nicht statt. Bei einem Pisco Spezial – Schliesslich kennt Beatrice den Barman von früheren Besuchen – beschliessen wir, per Taxi zur Rosa Nautica, einem Restaurant auf einem Pier an der Meeresküste, zu fahren und dort unser letztes Dinner in Peru zu geniessen. Zuerst bewundern wir draussen die Farbenspiele am Himmel über dem Stillen Ozean, die kreischenden und wunderhübsch aussehenden Inka-Seeschwalben und halten die Stimmung fotografisch fest. Darauf geniessen wir die Speisen im Innern. Das Essen schmeckt vorzüglich, die Atmosphäre stimmt. Schon bald lassen wir uns zum Hotel zurückfahren, denn schliesslich bot die letzte Nacht im Bus nicht gerade die optimale Erholung.

Dienstag, 10. Mai

Unser letzter Tag in Peru ist angebrochen. Zwar ist es draussen noch dunkel. Von der Strasse hört man nur wenig, aber die ersten Leute sind unterwegs. Im Hotel ist es ruhig. Ich schreibe noch Eindrücke von den vergangenen Tagen auf und lese online die aktuelle Luzerner Zeitung. Nochmals einschlafen kann ich nicht. Was wird uns der letzte Peru-Tag bringen? Bis jetzt lief ja wirklich alles gut.
Beim Morgenessen machen wir ab, dass wir heute zuerst zu Merced-Kirche, anschliessend auf die Plaza San Martin, zum Largomar und nochmals zur Rosa Nautica gehen. Beatrice möchte noch Alex, ihren Bekannten und unseren Taxichauffeur vom ersten Tag, treffen.
Nachdem wir alles gepackt, die Rechnung bezahlt und das Gepäck in der Rezeption deponiert haben, starten wir zum heutigen Programm.
Die Merced-Kirche liegt ganz in der Nähe unseres Hotels in der Union-Strasse. Sie ist offen, und wir können hinein. Das Innere ist überwältigend. Von aussen scheint die Kirche nicht sehr gross zu sein. Befindet man sich aber im Hauptschiff, erkennt man die Grösse dieses Gebäudes. Die Seitenaltäre sind in der Mehrzahl der Jungfrau Maria gewidmet. Die Statuen sind mit kostbaren, schweren Gewändern bekleidet. Einige der mehrere Meter hohen Altäre sind geschnitzt und bestehen aus dunkelbraunem, lackiertem Holz. Links und rechts vom Hochaltar befindet sich ein kunstvoll geschnitztes Chorgestühl von riesigen Ausmassen.
Wir sind alle drei begeistert und beeindruckt.
Wir spazieren gemütlich auf dem Jiron de la Union zur Plaza San Martin. Was ist denn da los? Lautes, anfeuerndes Rufen ist hörbar. Am Ende der Strasse, bei der Einmündung auf den Platz, stehen dicht nebeneinander rund zehn Polizisten mit Helmen auf, einen durchsichtigen, mannshohen Schild vor sich, mit dem Rücken zu uns. Auf der Strasse rund um den Pllatz werden jetzt fahnen-, plakat- und spruchbändertragende Menschen sichtbar, die lauthals protestieren. Wir nähern uns Ihnen, um mitzubekommen, worum es geht. Die Plakate und selbstgemalten Bänder sind gegen Bohr- und Ausbeutungsrechte in der Provinz Loreto gerichtet, die von staatlichen Amtsstellrn offenbar ziemlich freizügig vergeben werden. Die Menschen werden aufgerufen, sich für die Anliegen Loretos einzusetzen und ihre Lebensgrundlage, die Natur, zu schützen. Nachdem die Protestierenden den Platz zweimal umrundet haben, eine lange Auto- und Motorradkolonne hinter sich her ziehend, schwenken sie zur Mitte des Platzes ein und versammeln sich dort. Wir verlassen die Szene und fahren mit einem Taxi zum Larcomar im Stadtteil Mirasoles.
Alex soll sich laut Beatrice immer in diesem Bereich der Stadt aufhalten, um als frei schaffender Taxifahrer Kunden anzuwerben. Sie braucht nicht lange nachzufragen. Schon der zweite Angesprochene ruft ihr Alex per Handy herbei. Und er hat auch gleich ein Angebot bereit, um mit uns ins Geschäft zu kommen. Er schlägt uns vor, uns zu der grossen Christustatue, die weithin auf einem nahen Hügel zu sehen ist, zu fahren. Wir machen mit ihm den Preis ab, gehen noch einen Kaffee trinken bzw. ein Eis essen und steigen dann zu ihm ins Taxi. Er führt uns auf den vorgesehenen Aussichtspunkt, nicht ohne einen Zwischenhalt zum Fotografieren  am Meer zu machen. Bei der Christustatue angekommen, erklärt er uns auch, dass er öfter hierher komme, um nachzudenken. Hier, an diesem Ort Limas, könne man hören, was in der ganzen riesigen, rund zehn Millionen Einwohner zählenden Stadt abgehe. Wir verbringen einige Zeit an diesem wirklich spektakulären Ort, fotografieren, machen uns gegenseitig auf Dinge aufmerksam, die von hier aus zu sehen sind, und staunen. Rund um Lima erstreckt sich die Wüste. An den Hängen kleben bis weit hinauf die Bretter- und Blechbuden der Ärmsten. Unten in den Strassen, zwischen modernen Hochhäusern,  teilweise heruntergekommenen Ruinen und Baustellen pulsiert der laute Verkehr. Wir besuchen auf demselben Hügelzug noch das nachts weit herum sichtbare, beleuchtete Papstkreuz und eine sehr gepflegte Marienkapelle, die zur Erinnerung an den Besuch des Papstes Juan  XXIII 1998 erstellt wurde. Dann fährt uns Alex zur Rosa Nautica. Wir verabschieden uns von ihm mit der Abmachung, dass er uns um halb vier beim Parque Kennedy abhole, um uns dann mit einem Umweg übers Hotel, wo unser Reisegepäck noch auf uns wartet, zum Flugplatz zu bringen.
Hier beobachten und foto- bzw. videografieren wir die Riesenkrabben auf den Felsblöcken am Rand des Piers und die lautstark krächzenden Inkaseeschwalben, die sich vor allem im Gebälk des Unterbaus des Gebäudes aufhalten und dort miteinander streiten und schäkern.
Irgendwann meldet sich Beatrice zu Wort und gibt uns bekannt, dass sie für uns drei im Lokal drin einen Tisch am Fenster mit Sicht auf ein nahes  Geländer und auf das Meer reserviert habe. Und da geniessen wir noch unser letztes Essen in Peru, leckere Spezialitäten aus dem umgebenden Stillen Ozean: Ceviche, Fischspiesschen vom Tagesfang, Teigtaschen mit Fischfüllung und Jakobsmuscheln – einfach herrlich. Immer wieder abgelenkt werden wir von den Vögeln draussen auf dem Gebäudedach und insbesondere von einer auf dem Geländer vor dem Fenster lauthals bettelnden Möwe. Nach dieser in jeder Beziehung einmaligen Mahlzeit machen wir uns auf den Weg zum Parque Kennedy, Beatrice per Taxi, Margrit und ich zu Fuss.
Noch einmal geniessen wir beim Aufstieg vom Strand in die Stadt die einmaligen Aussichten, kommen noch mit einem Touristenehepaar aus New York ins Gespräch, müssen uns nun beeilen und sind halt dennoch zu spät dran. „Aber hier, in Peru, ist das kein Problem,“ erklärt uns die wartende Beatrice. „Hier ist niemand pünktlich.“ Aber Alex war es doch, und da er nicht einfach sein Auto am Strassenrand stehen lassen konnte, hat er noch eine Runde gedreht und taucht wieder auf. Wir steigen alle ein, und ab geht die Fahrt.
Und nun sitze ich im Flieger nach Madrid, büschle meine Eindrücke und tippe sie in mein Tablett ein.
 
 
Mittwoch, 11. Mai
In Lima ist es jetzt bald sieben, in Madrid zwölf Uhr mittags. Der Flug dauert lange. Verschiedene Körperpartien machen sich unangenehm bemerkbar: schmerzende Gesässknochen, steifer Nacken, Verspannungen im Kreuz, trockener Mund.
Um halb drei kommen wir in Madrid an. Wir müssen rassig wechseln, denn unser Weiterflug ist auf 15:45 Uhr angesagt. Wir finden es aber toll, dass wir bei der Ankunft am angesagten Gate gleich einsteigen können. Beatrice bekommt einen Businesseclasssitz zugewiesen. Kurz vor der angesagten Abflugzeit scheint es noch ein paar Probleme zu geben, da sehr spät noch viele Passagiere zusteigen. Aber zehn Minuten nach der flugplanmässigen Startzeit scheinen alle einen Platz gefunden zu haben.
Und wir landen kurz nach sechs in Zürich. Wieder zu Hause!

Offa’s Dyke Path

Zu Fuss von Chepstow an der Severnmündung nach Prestatyn an der Irischen See

Am 17. August 2012 fliegen Margrit und ich von Genf nach Bristol, mit Sack und Pack, voll ausgerüstet zum Wandern, genügend Wäsche und Kleider im Rucksack. Gebucht ist unser erster Hotelaufenthalt in Chepstow und der Rückflug von Liverpool zurück nach Genf. Schnell finden wir den Busbahnhof und den Bus, der uns nach Chepstow bringt. Allerdings macht das Wetter nicht mit, so dass wir die erste Etappe von der Severnmündung nach Chepstow auslassen und uns lieber in den zahlreichen Pubs umsehen und uns geistig auf den „Mordsmarsch“ vorbereiten.
Am nächsten Morgen beginnt unser Abenteuer. Nach einer lauten Nacht im Städtchen – schliesslich ist es Freitagabend und die Leute haben am Samstag frei – machen wir uns bei grau verhangenem Himmel frühzeitig auf den Weg.

Gegen Abend erreichen wir Monmouth und finden auf Anhieb eine Unterkunft im Ebberley House, wo wir freundlich empfangen und am nächsten Tag zum Breakfast reich bewirtet werden.
Am nächsten Morgen verlassen wir Monmouth über die Monnow-Bridge. Wir kommen zum White Castle und dann geht es weiter Richtung unser heutiges Tagesziel Pandy. Heute haben wir hie und da mit den Tücken der Wegmarkierungen zu kämpfen, denn nicht immer ist der Weg klar gekennzeichnet, so dass wir uns zwei-, dreimal verlaufen. Über Zäune zu klettern und Gräben zu überspringen lernen wir schnell. Jedenfalls erreichen wir Pandy gegen Abend und finden dort problemlos eine Unterkunft.

Nun ändert sich die Landschaft. Nach einem steilen Aufstieg gelangen wir auf einen Höhenweg durch die Black Mountains. Wir wandern jetzt nicht mehr durch Felder und Weiden, sondern durch Heidelandschaft. Links und rechts wachsen Erika, Heidelbeeren und Stechginster.
Ein absoluter Hit ist der Hay Bluff, die Erhebung oberhalb Hays. Die Sicht ist fantastisch, die Landschaft liegt uns zu Füssen. Müde erreichen wir Hay-on-Wye und übernachten in Kilverts Hotel.
Anderntags treffen wir beim Aufstieg auf den nächsten Hügel einen Vater mit seinem jugendlichen Sohn. Sie fotografieren uns, wir sie.
Am nächsten Tag verirren wir uns auf eine Bullenweide. Zwar machen uns die Tiere kurz etwas Angst, verlieren dann aber schnell das Interesse an uns. Mittagsrast machen wir in Newchurch auf dem Friedhof. Dort hat die Kirchgemeinde einen Tisch mit Bänken hingestellt. In der Kirche steht zudem ein Tisch mit verschiedenen Getränken und Biscuits. Wanderer können sich hier bedienen und einen kleinen Obolus hinterlassen.

Im weiteren Verlauf unserer Wanderung treffen wir auf den Gedenkstein, der an das Werk von König Offa erinnert. Allerdings zweifeln die Gelehrten an seiner Echtheit. Einen weiteren Stopp machen wir in Knighton.
Auf unserer nächsten Etappe von Knighton nach Newcastle-on-Clun lassen wir uns durch eine neue Wegmarke „verführen“. Statt der Marke mit der Eichel folgen wir einer Marke mit einem Porträt von König Offa. Das kostet uns zwischen ein und zwei Stunden Mehrweg. Den Irrtum bemerken wir erst, als wir praktisch im Sumpf landen, was uns zu Studium der Karte animiert. Nun heisst es, auf den richtigen Weg zurück finden, ohne die ganze falsch gelaufene Strecke wieder zu machen. Das gelingt uns nach intensivem Kartenstudium und dem Einsatz von Kompass und Höhenmeter sowie der freundlichen Mithilfe eines Einheimischen. So beschliessen wir, bereits in Newcastle zu übernachten und reservieren uns ein Zimmer aus unserem Führer telefonisch.

Heute können wir uns gratulieren: Wir haben die Hälfte des Pfads geschafft!
Dafür folgt ein anderer Schreck. In Montgomery suchen wir uns eine Unterkunft. Sogar Einheimische helfen uns suchen. Aber da ist einfach nichts zu machen. Der Freitag ist Bankholiday-Beginn! Da auf dem Land eine Unterkunft zu finden, ist scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit. Wie wär’s, mit dem Bus in die nächste Ortschaft zu fahren? Aber der verkehrt auch nicht. Ein Taxi nehmen! Die angegebene Telefonnummer ist ungültig. Also dann, da bleibt nichts anderes als zu Fuss zu gehen. Die Wolken sind schwarz, erste Tropfen fallen vom Himmel, und vor uns liegen noch 4 Meilen. Da haben wir Glück: Am rechten Strassenrand steht ein Schild „B&B“. Und da ist dann wirklich noch ein Zimmer frei. Nass und schmutzig geniessen wir den Begrüssungstee und dann die warme Dusche.
In Oswestry erinnert das Denkmal eines Schafzüchters an die landwirtschaftliche Nutzung des Umlandes.
Für den nächsten Tag ist intensiver Regen angesagt. Wir beschliessen, den Bus nach Chirk zu nehmen. Aber es ist immer noch Bank Holiday, und da verkehren halt keine Busse. Vom Taxi lassen wir und zur alten Pferderennbahn von Oswestry fahren. Ab hier wandern wir im Regen weiter. Die Engländer sind sich aber offensichtlich an solche Verhältnisse gewöhnt, denn unterwegs treffen wir einige Wandernde. So gelangen wir in wenigen Stunden nach Chirk, wo wir, nachdem der Regen etwas nachgelassen hat, noch einen Rundgang machen und den Aquädukt und die Eisenbahnbrücke bestaunen.

Die zweitletzte Etappe, sozusagen die Königsetappe, von Llandegla nach Bodfari steht uns bevor. Hier geht es durch pure Natur von Gipfel zu Gipfel. Allerdings müssen wir dazu nicht klettern, da die Berge doch einiges weniger hoch und steil sind als bei uns zu Hause. Aber anstrengend ist es dennoch. Der Regen zwingt uns immer wieder, unsere Pellerinen anzuziehen. Durch wunderschöne Heidelandschaften, vorbei an Steinmauern und rund gewölbten Hügeln gelangen wir relativ spät ans Ziel.

Wie finden wir jetzt unser am Morgen reserviertes Zimmer? Ein Telefon genügt, und wir werden freundlicherweise am Weg per Auto von unserer Gastgeberin abgeholt. Nach dem Duschen führt uns ihr Mann in die Ortschaft zurück, wo wir neben dem Totengräber unser Nachtessen im Pub geniessen. Übrigens ist der Ruf der englischen Küche bei uns schlechter als sie wirklich ist. Praktisch überall werden wir mit Frischprodukten verwöhnt, und die Speisen sind köstlich zubereitet.
Die letzte Wanderetappe, führt uns zu unserem Ziel, Prestatyn an der Irischen See. Zum letzten Mal geht es durch Weiden, über Stiles und durch sumpfiges Gelände zu Fuss dem Zielstein entgegen. Im Kaffee an der Küste tragen wir uns ins Gästebuch ein, und dann wird mit einem holländischen Single-Wanderer noch etwas gefachsimpelt, bevor wir uns auf Zimmersuche begeben. Es klappt auf Anhieb. Uns stehen noch drei Tage Aufenthalt in England bevor. Wir nutzen sie, indem wir nach rund 300 km Fussmarsch noch etwas den Strand geniessen. Immerhin können wir aber ein paar wenige Robben und Tausende von Möwen beobachten. Aber bei dem hier herrschenden Wetter ist das wirklich kein Genuss. Und so entschliessen wir uns, Chester noch einen Besuch abzustatten und dort noch einmal zu übernachten, bevor wir von Liverpool zurück in die Schweiz fliegen.

Peru-Rundreise

1. Reisetag
Um 6 Uhr fuhren wir nach Zürich Flughafen, wo nach und nach auch die anderen Reiseteilnehmer eintrudelten.
Lang war der Flug über den Atlantik. Elf Stunden im Flugzeug sitzen macht keinen Spass. Aber irgendwann sind diese Stunden auch vorbei, irgendwann kommt man am Ziel an. Wenigstens waren die Sitze bequem, das Personal freundlich und das Essen ausgezeichnet. Wir flogen mit Air France.
René holte uns am Flugplatz ab und konnte auch gleich das Resultat des Champion League Finals verkünden: 2:1 für Bayern.
In Lima ist es 17.00 Uhr, aber in der Schweiz wäre es jetzt Mitternacht. Im Hotel treffen wir uns zu einem kleinen Begrüssungsdrink. Ein Pisco Sour auf Kosten des Hauses. René hat eine mobile Bank organisiert, so dass jeder ein paar Dollars in Soles umtauschen kann und danach machen sich ein paar Unentwegte auf zum Bummel durch Miraflores, dem modernen Viertel der Stadt. Es gibt so viel zu entdecken: ein Hochzeitspaar, das vor der Kirche neben der weissen Stretchlimousine posiert, die Katzen, die sich im Kennedypark unter den Bäumen versammeln, die Maler, die ihre naiven Bilder präsentieren und all die Menschen, die den Samstagabend geniessen. In einem Strassenkaffee genehmigen wir uns einen Schlummertrunk. Die Musik aus den Boxen konkurrenziert lautstark mit dem Beat des nächsten Bistros und dem Sound der gegenüberliegenden Bar. Und dann kommt auch noch der Strassensänger mit der Gitarre und schmettert sein romantisches „Guantanamera“. Also eigentlich ein ganz gewöhnlicher Samstagabend in Lima.

2. Reisetag
Treffpunkt nach dem Frühstück ist um halb neun in der Hotellobby. Nach dem wunderbaren Frühstücksbuffet sind alle gestärkt und gut gelaunt bereit und gespannt, was dieser Sonntag in Lima zu bieten hat.
Mit dem Touribus fahren wir nach Pueblo libre ins Archäologische Museum. Zuerst bewundern wir das typische Gebäude im Haziendastil mit dem wunderbaren Innenhof. Eine riesige Engelstrompete wächst da und Bougainvilleas säumen die Bogensäulen. Carmen, die deutschsprachige Touristenführerin, erklärt uns die verschiedenen Epochen von Perus Geschichte, und wir erkennen, dass die Inkas zwar ein bedeutender Volksstamm waren, aber längst nicht der einzige. Der Sagen umwobene Goldschatz Perus stammt zum Beispiel von den Monchas, die viel früher gelebt und eine grosse Fertigkeit in der Goldverarbeitung entwickelt hatten. Das Gold der Inkas nahmen die Spanier mit und schmolzen es ein. Das existiere nicht mehr in Peru, erklärt uns Carmen.
Nach dem informativen Museumsbesuch fahren wir in die Innenstadt. Bei der Plaza San Martin spazieren wir durch die ziemlich leere Fussgängerzone zur Plaza Mayor. In der Kathedrale ist Messe, beim Regierungssitz spielt die Musikkapelle, es ist Wachwechsel: genug zu sehen für einen kleinen Bummel. Vor dem Bischofssitz treffen wir uns zur Gruppenfoto und weiter geht der Spaziergang, vorbei am ältesten Restaurant Limas beim alten Bahnhof.
Im Convento San Francisco besuchen wir die Katakomben. Das Wetter ist wunderbar warm, ja gegen Mittag schon fast heiss, der Himmel ungewöhnlich blau, denn Lima liegt sehr oft unter einer Dunstglocke, so sagt man uns. Die Lage am Meer und die hohen Berge im Rücken bringen es mit sich, dass sich der Dunst hier sammelt. Es regnet übrigens sehr selten in der Gegend, das Wasser für die Stadt kommt von einem Fluss aus 40 km Entfernung. Alles hier ist künstlich bewässert.
Zum Mittagessen fahren wir zurück nach Miraflores, zum Larcomar, einem modernen Einkaufs- und Vergnügungszentrum hoch über der Pazifikküste. Die Aussicht hinunter auf das Meer ist überwältigend. Schäumend werfen sich die Wellen an den Strand, was von zahlreichen Wellensurfern ausgenützt wird. Hier in Larcomar gibt es auch jede Menge Restaurants, um unseren Hunger zu stillen. Am Nachmittag steigen wir hinunter ans Meer, schauen den Wellensurfern zu, beobachten die Inkaseeschwalben beim Fischfang und geniessen einen Drink im wunderschönen Restaurant Rosa Nautica.
Am Abend treffen wir uns zum Briefing in der Hotellobby. Morgen werden wir nach Iquitos fliegen. Vom Flugplatz geht es direkt weiter zur Urwaldlodge, daher heisst es, richtig packen, denn die Koffer werden in Iquitos bleiben. Natürlich ist die Spannung jetzt hoch. Was wird uns im Dschungel erwarten, was muss mitgenommen werden? Regenschutz, Taschenlampe, Ersatzkleider, Sonnencreme, Badekleider usw. gehören ins Handgepäck der Rest bleibt im Koffer.
In der Nähe des Hotels gehen wir zu einem kleinen Nachtessen und dann ist relativ früh Nachtruhe. Der Weckruf ist für drei Uhr organisiert.

3. Reisetag
Am frühen Morgen verlassen wir Lima. Im Flughafen reicht es für einen Kaffee mit Croissant. Dann fliegen wir mit der Peruvian Airline in die Dschungelstadt Iquitos. Sie empfängt uns mit schwülfeuchter Hitze. Wir werden erwartet. Horacio und Keyla aus dem Büro der Urwaldlodge „Fuente del Amazonas“ erwarten uns mit den Guias May, David und Leoncio.
In einem einfachen Lokal hat uns Horacio ein Frühstück organisiert. Die Besitzer kommen ganz schön ins Schwitzen bei dieser Kundschaft. Sie haben noch nie vorher Ausländer bedient, gestehen sie René, aber wir finden, sie haben ihre Sache ganz gut gemacht. Es gibt Huevos fritos (Spiegeleier), Brot, zwei Sorten Fruchtsäfte und Kaffee. Während unserem Frühstück entdeckt René auf der anderen Strassenseite eine kleine Autowerkstatt. Natürlich muss er seinen Kollegen kurz über die Schulter schauen, wie sie einen Pneu ersetzen, dessen Profil sich nur noch erahnen lässt.
Nach dem Frühstück bringt Keyla unsere Koffer ins Hotel in der Stadt, und wir fahren mit dem kleinen Gepäck im Bus Richtung Nauta. Die grüne, üppige Vegetation fasziniert. Manchmal stehen ein paar Hütten am Strassenrand, aber die meiste Zeit fahren wir durch grüne üppige Vegetation. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir Nauta, den kleinen Fischerort am Río Marañón. Hier erwartet uns Papa Horacio mit den Booten. Bevor wir losfahren, schlendern wir noch kurz über den kleinen Markt, besuchen die Halle, wo es unbekannte Früchte zu entdecken gibt, wie Camu Camu oder Aguaje, die Palmfrucht.
Und dann ist es soweit, wir steigen in die Boote und fahren den Marañón hinunter. Nur der Schiffsmotor stört die Idylle. An den Ufern erkennen wir hohe Bäume und dichte Wälder. Manchmal gleitet ein Boot an uns vorbei, ein einsamer Fischer in seinem Einbaum, ein Motorboot, das Wellen schlägt, die wir noch einen Moment spüren. Beim Zusammenfluss von Marañón und Río Ucayali entdeckt May den ersten Delfin. Wir versuchen noch einen Moment, einen Blick auf eines der scheuen Tiere zu erhaschen. Schon bald legen wir am Ufer an. Wir sind angekommen. Noch ein kurzer Spaziergang durch den Dschungel und wir stehen vor der Lodge, unserem Heim für die nächsten zwei Tage.
In der offenen Küche brutzelt schon unser Mittagessen und es gibt einen Begrüssungsdrink: Camu Camu-Saft.
Nach dem Mittagessen mit gekochtem Fisch, Reis und viel frischem Salat fühlen wir uns gestärkt für die erste Exkursion. Gummistiefel fassen, Moskitospray versprühen und los geht es. Eine Gruppe fährt hinaus auf den Fluss, Piranjas fischen. Wir sind gespannt, ob es für ein Nachtessen reicht. Die zweite Gruppe wählt den Anaconda-Trip und kämpft sich durch den Busch. Der Rest geht mit May den Jaguar-Way.
Mit David sind wir zu viert unterwegs. Achtsam und möglichst lautlos bewegen wir uns vorwärts. Er zeigt uns die alternative Moskitoabwehr. Dazu hält er die Hand in ein aufgekratztes Termitennest und wartet, bis die Termiten seine Hand erobert haben. Danach zerreibt er sie und streicht sie sich über Hände und Arme. Die Termiten hinterlassen einen ganz speziellen Duft, der die Moskitos abwehrt. David zeigt uns verschiedene Pflanzen, lässt uns Früchte kosten und erzählt uns von deren Wirkungen bei Krankheiten. Er macht uns auf Tierlaute und Vögel aufmerksam und weiss, wo Taranteln leben. Diese können wir auf dem Rückweg beim Eindunkeln an einem Baum beobachten. Er zeigt uns noch, wie man mit Palmblättern einen Fächer basteln kann. Der ist bei dieser Hitze auch sehr nützlich.
Nach dem Nachtessen nehmen wir zu zweit an einer Ayahuasca-Zeremonie mit einem Schamanen teil und lassen uns in die magische Welt der Eingeborenen einführen – ein unvergessliches Erlebnis. Draussen ist der Vollmond aufgestiegen und scheint dazu gespenstig in unsere „Hütte“. Nach diesem rund dreistündigen feierlichen Akt schlafen wir bei den intensiven Geräuschen und Tönen des Dschungels schon bald ein.

4. Reisetag
Schon vor dem Frühstück sind wir unterwegs, um Vögel zu beobachten, und können einige mit dem Feldstecher sehen. Zudem taucht die aufsteigende Sonne die ganze Gegend in eine magisches Licht.
Nach dem Frühstück fahren wir auf den Ucayali hinaus. Schon bald sehen wir die Amazonasdelfine in gebührendem Abstand rund ums Boot schwimmen und ihre Schnauze und Rückenflosse aus dem trüben Wasser strecken. Zu zweit lassen wir es uns nicht nehmen, mit den Delfinen um die Wette zu schwimmen. Sie lassen sich aber deswegen keineswegs näher heranlocken. So müssen wir sie halt aus der Ferne beobachten. Leoncio, unser Guia, führt uns darauf in einen Seitenarm, wo eine riesige Anzahl weisser Reiher auf ihre Beute lauert. Bei einem Fischer holt er sich einige kleinere Fische, die er dann später zu Ködern zerteilt. Damit fischen wir nach Piranhas. Praktisch jeder hat dabei mindestens einmal einen dieser gefürchteten Raubfische an der Angel. Da es aber immer nur kleine Exemplare sind, schenken wir ihnen die Freiheit wieder.
Zum Mittagessen sind wir zurück und erwarten die anderen Gruppen. Etwas länger warten wir auf die Leute, die mit May in Richtung Lagune unterwegs war. Sie sehen ziemlich mitgenommen aus. Alle sind mehrmals im sumpfigen Gelände stecken geblieben. May hat Bäume gefällt, Brücken gebaut und ihnen immer wieder aus dem Sumpf geholfen. Der Schrecken steht allen noch im Gesicht, aber auch die Befriedigung, den Spaziergang überlebt zu haben.
Am Nachmittag waten wir ebenfalls mit aktiver Hilfe der Guias durch den Sumpf zur nahen Lagune und fahren mit einem Boot hinaus, um dort die wunderschöne Victoria Regia bzw. Amazonica, eine Riesenseerose, zu bewundern. Unterdessen befestigt Segundo, der Ayudante der Lodge, den Weg mit Blättern und Ästen, um das Einsinken zu verhindern.
Am Himmel haben sich nun grosse Gewitterwolken aufgetürmt. Im immer stärker werdenden Regen begeben wir uns nun möglichst schnell zurück zur nahegelegenen Lodge. Abgekämpft, müde und nass, aber mit strahlenden Gesichtern kommen wir zurück.
Langsam werden die trockenen und sauberen Kleider rar, und die Garderobe beim Nachtessen wäre vielleicht nicht mehr in jedem Restaurant angebracht. Da wir aber in der Lodge keinen Strom haben, und beim Schein der Petroleumlampen essen, stört das niemanden. Draussen geht unterdessen ein gewaltiges Gewitter über den Dschungel.
Heute schlafen wir mit dem Regen ein. Im Speiseraum müssen ein paar Kübel aufgestellt werden, wo das Dach nicht mehr dicht ist. Der Wind weht durch die Bäume, rüttelt an den Palmdächern und rund um die Lodge verwandelt sich das Gelände in eine Wasserlandschaft.

5. Reisetag
Weil es fast die ganze Nacht geregnet hat, verzichten wir auf nasse Vogelbeobachtungstouren vor Sonnenaufgang.
Nach dem Frühstück brechen wir auf nach dem nahen Dorf Castilla. Am Ufer werden wir bereits von den ersten Einwohnern und Kindern erwartet. Sie begleiten uns ins Dorf. Schon beim ersten Haus werden wir aufgehalten, der Besitzer hält in seinem Haus ein junges Stachelschwein und möchte es uns zeigen. Dass wir mitten in seinem Yuccafeld stehen, sagt er uns nicht, erst Leoncio, unser Guia macht uns darauf aufmerksam, auf die jungen Pflanzen Rücksicht zu nehmen. Immer mehr Kinder gesellen sich zu uns und bereits finden ein paar unserer flauschigen Begleiter neue Besitzer. Scheu nehmen die Kleinen das Geschenk entgegen, wissen nicht richtig, was sie damit anfangen sollen. Sie sind sich nicht gewohnt, Geschenke zu erhalten. Aber heute ist „Weihnachten“ im Dorf.
In der Schule werden wir vom Lehrer und der Schulleiterin erwartet. 44 Kinder besuchen die Schule in fünf Klassen. Alle werden in eines von drei Schulzimmern gerufen, und wir werden mit einem lauten Buenas dias begrüsst.
Horacio erklärt, dass wir aus der Schweiz seien und ein paar Geschenke mitgebracht hätten. Er hat auf Kosten der Gruppe Schulmaterial eingekauft wie Hefte, Bleistifte, Kugelschreiber, Lineale, Farbstifte, Filzstifte, Radiergummis und Leim. Andächtig hören die Kinder zu, wir merken aber schnell, dass die Blicke der Buben vor allem den Bällen gelten, die vor dem Lehrerpult abgelegt wurden. Es folgen noch ein paar kurze Reden vom Lehrer und Beatrice muss auch noch etwas dazu sagen und dann geht es ans Verteilen der Sachen.
Die Kinder werden klassenweise aufgerufen, und wir verteilen die Sachen schön gleichmässig, so dass jedes Kind etwas aus der Geschenkkiste erhält. Ich glaube, dass unsere Freude ebenso gross ist wie die Freude der Kinder und ihrer Eltern. Und dann gibt es kein Halten mehr. Auf dem Spielfeld draussen gibt es einen Fussballmatch. Oskar hilft den Mädchen beim Volleyball und alle haben ungeheuer viel Spass und René spielt Fussball mit den Buben. Schnell geht die Zeit vorbei, und wir kehren zurück zum Schiff, reich beschenkt mit all der Freude des ganzen Dorfes.
Als nächstes überqueren wir den Amazonas. Auf der anderen Seite liegt das kleine Dorf Grau. Man sieht, dass hier öfters Touristen vorbei kommen und dass die Vegetation leicht anders ist. Vielleicht ist es auch nur, dass die Leute bewusster anbauen, jedenfalls macht das Dorf einen etwas weniger desolaten Eindruck.
Wir steigen auf den Aussichtsturm Mirador, den die Regierung hier vor ein paar Jahren aufstellen liess, um den Tourismus in der Gegend zu unterstützen. Von hier aus haben wir beste Sicht auf den Zusammenfluss der beiden Flüsse Marañòn und Ucayali und damit auf den Anfang des Amazonas. Dann kehren wir im kleinen Laden ein und lutschen an Zuckerrohrfasern und trinken frische Kokosmilch.
Bald geht es zurück über den Amazonas. In der Mitte, da wo das Geschiebe der beiden Flüsse eine Insel bildet, legen wir an. Unsere Küchenmannschaft hat ein Picknick aufgebaut. Unter Palmzweigen steht ein Grill und unter Tüchern ist der Salat bereit zum Servieren.
Vor dem Essen tauchen einige von uns in die Fluten des Flusses, schwimmen im Amazonas, der ab hier so heisst: Was für ein Gefühl! Allerdings ist die Strömung hier sehr stark, so dass man sich nicht zu weit vom Ufer entfernen sollte. Nach der Abkühlung stellen wir uns zum Essen Fassen an. Es gibt Poulet vom Grill, Reis und eine halbe Kartoffel, dazu frisches Gemüse und zum Dessert eine geschälte grüne Orange, die an Grapefruits erinnert: ein wunderbarer Abschluss unseres Urwald-Abenteuers.
Dann fahren wir den Ucayali hinauf. Noch einmal sehen wir ein paar Delfine und nach knapp zwei Stunden erkennen wir die Antennen von Nauta, wir sind zurück in der Zivilisation.
Keyla erwartet uns mit dem Chauffeur des Busses. Knapp vor Sonnenuntergang kommen wir in Iquitos an. Der dunkle Eingang zum Hotel Casa Fitzcarraldo irritiert ein paar Gruppenmitglieder. Doch das ist gewollt, das Hotel will diskret bleiben.
Walter Saxer, der Besitzer, begrüsst uns persönlich. Weil man in Iquitos früh isst und spät abends nicht mehr unterwegs ist, bleibt nicht viel Zeit zum Umziehen und frisch Machen. Schon bald sind wir in den typischen Mototaxis unterwegs zum Bulevard.  Dort lassen wir den Abend in der Pizzeria Antigua ausklingen. Kurz nach 22 Uhr sind wir zurück im Hotel.

6. Reisetag
Der Tag begrüsst uns mit strahlendem Sonnenschein und einem opulenten Frühstück. Walter hat extra Schweizer Brot aus Lima mitgebracht. Dazu gibt es eine Schale frische Früchte, Butter, Quark, Schinken, Konfitüre und Spiegeleier oder Rührei.
Frisch gestärkt fahren wir um neun Uhr mit den Mototaxis los, Richtung Belen Mercado. Unsere Führer May, David und Horacio führen uns in Gruppen durch die Stände, und es gibt so viel Unbekanntes zu entdecken. Immer wieder fällt auf, wie freundlich die Verkäufer sind. Obwohl wir nichts kaufen, dürfen wir probieren, werden uns Früchte aufgeschnitten, Fische gezeigt. Niemand wehrt sich gegen Fotos. Man lächelt, freut sich über ein Buenos dias, ein Gracias.
Wir geraten immer tiefer in den Markt, und es gilt, auf Fotoapparat und Geld aufzupassen. Manchmal macht uns sogar ein Marktverkäufer aufmerksam, die Kamera nicht nur am Handgelenk zu schlenkern, sondern wirklich in der Hand zu halten. Irgendwann kommen wir hinunter zum Fluss. Hier erwartet uns Miguel mit seinem Boot. Wir fahren durch die schwimmende Stadt zurück zum Bulevard. Hier, in Belen, sind die meisten Häuser auf Stelzen gebaut oder sie sind als Flosse konstruiert und schwimmen bei Hochwasser. Bei Trockenzeit sind sie irgendwo parkiert.
Beim Bulevard ist die Schule aus. Die Kinder verlassen das Schulhaus, und wir können beobachten, dass die meisten eine Uniform tragen: frisch gewaschene, weisse Blusen, fast nicht vorstellbar, wie die Wäsche so sauber wird, denn die meisten Frauen waschen mit kaltem Flusswasser.
Nach einem kurzen Zwischenstopp geht es mit den Mototaxis weiter zum Hafen von Nanay. Ab hier fahren wir mit dem Motor-Schnellboot hinaus zum „Buffeo rosado“. Hier, am Ufer des Rio Momon und Rio Nanay, wurde in den letzten Monaten ein ganzer Komplex aufgebaut. Es gibt Disco, Motorboote, Wasserscooter und jede Menge Musik und Spass. Heute wird ein Promotionsfilm für Iquitos gedreht. Am Ufer tanzen zwei leicht bekleidete Mädchen, und draussen im Wasser kurvt einen Sängerin auf dem Jetboot und singt Playback zu den lauten Klängen aus den Boxen. Ein Regisseur dirigiert mit schwingenden Armen, und das Ganze wird von einer grossen Kamera aufgenommen.
Bald fahren wir mit dem Boot weiter. Wir besuchen das Pilpintuwasi, den Schmetterlingsgarten. Eine Schweizer Volontärin führt uns durch den Garten und den kleinen Zoo. Besitzerin diese Parks ist die Österreicherin Gudrun Sperrer, die uns zusätzliche, spannende Informationen liefert.
Der nächste Besuch gilt den Boras, einem Eingeborenenstamm. Die Angehörigen verdienen sich etwas Geld durch folkloristische Vorführungen. Nach vier Tänzen kann man verschiedene Handarbeiten kaufen.
Zurück fahren wir bei den Strahlen der tief liegenden Sonne. Es gibt eine kurze Rast im Hotel, den die einen für eine Abkühlung im Pool nutzen, während andere hinauf aufs Baumhaus steigen.
Zum Nachtessen gehen wir ins „Al Frio y al Fuego“, das für uns alle eine Überraschung ist. Mit einem Boot werden wir über den Flussarm gefahren. Das Restaurant ist auf allen Seiten offen, aber als ein starker Wind aufkommt, werden Plastikplanen heruntergelassen, so dass wir gut geschützt das feine Nachtessen geniessen und anschliessend zufrieden und satt ins Hotel zurückfahren können.

7. Reisetag
Heute gilt es Abschied nehmen von Iquitos, von der Selva (Dschungel), von der Hitze. Es gibt ein schnelles Frühstück, und um sieben Uhr fahren wir los. Der Flieger geht um 8.30. Doch er hat Verspätung. Eine gute Stunde später sitzen wir immer noch im Flughafen von Iquitos fest. Doch dann ist es endlich soweit, der Flieger der Peruvian Airlines landet, und kurz darauf heben wir ab, nach Lima.
Weil wir die Wartezeit in Iquitos verbracht haben, verkürzt sich die Zeit in Lima, und schon bald startet der Weiterflug nach Cusco.
Wir fliegen über die Anden, diesmal in südlicher Richtung. Nach einer kurzen Strecke, auf der uns die Sicht nach unten von Wolken versperrt ist, sehen wir unter uns gleissende Schneeberge, braune Berge, vereinzelte Dörfer und Strassen mit vielen Serpentinen, die hinauf zu den Dörfern führen.
Schon bald erreichen wir Cusco. Tief unter uns liegt eine Piste. Die Vorstellung, da unten landen zu müssen, ist Horror. Doch das Flugzeug zieht noch eine Schlaufe um einen Berg und landet nach einem spektakulären Landeanflug sanft auf dem Flugplatz.
Wir sind auf 3400 m angekommen. Ob man das spürt? Als wir aussteigen, spüren die einen und andern leichte Schwindel, so als ob wir gerade erst aus einem Boot auf aufgewühltem See entstiegen wären.
Im Hotel ist Entspannung angesagt, nichts tun, den Körper an die Umstellung gewöhnen.
Später gehen wir zusammen zu einem kurzen Spaziergang auf den nahen Hauptplatz mit der Kathedrale. Irgendwie spüren alle die Höhe. Sie zeigt sich mit Schwindel, Übelkeit oder Kopfweh. Jemand von uns hat sogar etwas Fieber und auch die Verdauung schlägt Purzelbäume.
Daher kehren wir zu einem leichten Nachtessen ein. Ich versuche eine Suppe mit Quinoa, einem Getreide, das inzwischen auch bei uns bekannt ist, aber ursprünglich aus Peru stammt. Auf Alkohol verzichten wir alle, aber viel trinken ist angesagt. In der Hotellobby gibt es Cocatee. Davon bedienen wir uns, bevor wir früh in unsere Zimmern verschwinden.

8. Reisetag
Ein kühler Morgen erwartet uns. Man spürt die Höhe. Wir sind warm angezogen mit Langarmpullovern und Windjacken. Die meisten haben gut geschlafen. Wenn auch die einen oder anderen noch Kopfweh plagt oder Magenprobleme haben, fühlen sich alle fit genug für den Ausflug in die Umgebung von Cusco. Cesar erwartet uns mit dem Bus vor dem Hotel, und wir fahren hinauf nach Saqsaywaman, der grossen Ritualanlage der Inkas.
Zuerst besuchen wir Tambomachay, die heilige Quelle. Hier erreichen wir unseren ersten Höhenrekord: 3765 m.ü.M. Auf dieser Höhe spüren alle die Anstrengung. Es braucht gar nicht viel, und auch gut trainierte Wanderer kämpfen mit dem Atem. Wir sind früh unterwegs. Die Verkäuferinnen, die hier ihre Handarbeiten verkaufen, sind erst dabei, ihre Waren auszupacken. Wir sind die ersten auf der Stätte und können uns in Ruhe umsehen. Doch schon bald stürmt eine Schulklasse auf das Gelände. Wir können nur staunen, wie die Kinder in ihren roten Schuluniformen die Hänge hoch rennen, während wir uns jeden Schritt überlegen.
Das Interessante an den Quellen von Tambomachay ist die Tatsache, dass das Wasser das ganze Jahr regelmässig mit gleicher Menge aus der Erde kommt, egal ob gerade Regenzeit oder Trockenheit herrscht.
Unsere nächste Station ist der Monolith von Kenko. Im Inneren dieses riesigen Steines gibt es eine Art Altar. Hier wurden die Inkas mumifiziert, um bei allen Festen in Prozessionen mitgetragen zu werden.
Etwas weiter unten liegt die riesige Anlage von Saqsaywaman. Die Spanier vermuteten eine Festung und versuchten alles, die riesige Anlage zu zerstören. Heute stehen nur noch rund 20 % der ursprünglichen Mauern, aber auch diese sind noch immer sehr eindrücklich. Man fragt sich vor allem, wie die riesigen Kolosse an die Stelle transportiert wurden, denn man weiss heute, dass die Steinbrüche, von denen das Material stammt, in über 20 km Entfernung liegen. Es müssen Tausende von Arbeitern beteiligt gewesen sein, und der Bau hat Jahre gedauert. René erklärt, dass der grösste Monolith mehr wiegt, als das ganze Flugzeug, das uns gestern nach Cusco gebracht hat. Unsere Führerin Gioana erzählt von den Riten und Festen, die man früher an dieser Stelle abgehalten hat. Über einen Felsen, der wie eine Rutschahn geformt ist, rutschen derweil die Schulkinder und amüsieren sich königlich.
Von hier gibt es auch eine wunderbare Aussicht auf Cusco und die Plaza des Armas mit der Kathedrale.
Inzwischen ist es wärmer geworden, die Jacken sind in den Rucksäcken verschwunden, und wir holen die Sonnencreme heraus. Cesar ist mit dem Bus losgefahren, und wir steigen zu Fuss hinunter in die Stadt. Durch schmale Gässchen geht es abwärts. Wir kommen durch das Künstlerviertel und erreichen einen kleinen Handarbeitermarkt, wo unsere Frauen ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen können: EINKAUFEN.
Gioana führt uns zum berühmtesten Stein von Cusco. 12 Ecken weist er auf und passt genau in die Mauer. Faszinierend, diese alten Mauern, bei denen all die schweren Steine nahtlos ineinander passen, ohne dass auch nur ein bisschen Mörtel die Verbindung sichert.
Unser nächstes Ziel ist die Coricancha, der Sonnentempel, Sitz des Inkas. Hier haben die Spanier nach der Eroberung des Inkareiches eine Kirche mit Kloster erbaut. Gioana zeigt uns die alten Mauern, den Klosterinnenhof und die Gemäldesammlung. Und dann mögen wir plötzlich keine englischen Erklärungen mehr hören, der Hunger regt sich. Zum Glück ist hier der offizielle Teil zu Ende. Unser Hotel liegt gleich in der Nähe. Die einen und anderen Mitglieder unserer Gruppe legen sich etwas hin.
Margrit und ich unternehmen beim Eindunkeln noch einen längeren Spaziergang und besuchen das Pachacutec-Monument am Stadteingang. Der Turm ist offen und von oben geniessen wir einen herrlichen Rundblick auf die Stadt, in der immer mehr Lichter angehen.
Anschliessend geniessen wir eine typisch peruanische Speise in einem Einheimischenrestaurant (Saltado die lomo). Die anderen geniessen den programmfreien Abend ebenfalls und erzählen am nächsten Morgen von ihren spannenden Erlebnissen.

9. Reisetag
Heute fahren wir noch einmal in die Höhe, auf die Hochebene von Cinchero. Bereits im ersten Laden mache ich begeistert eine neue Anschaffung: einen Mützenschal. Der sieht aus wie ein gewöhnlicher Schal, kann aber bei Bedarf als Mütze mit integriertem Schal getragen werden.
Gioana zeigt uns die Torritos, die in dieser Gegend oft auf den Häusern stehen. Sie dürfen nicht gekauft, sondern müssen von einem Freund bei der Einweihung des Hauses geschenkt werden. Sie stehen für die Dualität und sollen Glück und Segen über das ganze Haus und seine Bewohner bringen.
Bevor wir in das Dorf kommen, sehen wir uns die Terrassen an, die schon die Inkas angelegt hatten. Auf den verschiedenen Höhen konnten verschiedene Gemüse angebaut werden. Überall findet man solche Terrassen, aber hier sind sie besonders schön. Dann besuchen wir die Kirche, die auf die Fundamente eines Inkatempels gebaut wurde. Über dem Eingang erzählen Bilder aus dem Leben Jesu, da die Spanier ihren neuen Glauben übermitteln wollten und die Bevölkerung noch nicht lesen konnte. Das Innere der Kirche ist mit Blumen reich geschmückt, in einer Stunde soll hier eine Hochzeit stattfinden.
In einem Laden erhalten wir eine Demonstration, wie die Eiheimischen aus Wolle Tücher werden. Aus einer Wurzel wird eine Art Seifenlauge gemacht, in der die Schurwolle gewaschen wird. Dann wird sie zweimal gesponnen. „Spinnen können wir Frauen immer“, meint Marisa, die die Vorführung leitet, mit einem Augenzwinkern. „Ganz egal, ob wir Kinder beaufsichtigen oder unseren Mann küssen.“
Danach wird die Wolle gefärbt. Dazu werden verschiedene Pflanzen und Blätter benutzt. Die Zweige werden mit Wasser aufgekocht und die Wolle hineingetaucht. Je nach Länge des Färbvorgangs und mit Hilfe von Zitrone werden Tonnuancen erzielt. Interessant ist die Herstellung der roten Farbe. Auf Feigenkakteen werden weisse Läuse gezüchtet. Wenn man sie zerreibt, entsteht ein roter Farbstoff, aus dem zum Beispiel Lippenstift hergestellt wird. Marisa trägt ihn sich gleich auf und verspricht, dass er 1000 Küsse lang hält.
Nach dem Färben kommt das Weben. Marisa erklärt die verschiedenen alt überlieferten Symbole: Kondor für die Luft, Puma für die Erde und die Schlange für die Unterwelt. Diese Symbole kommen immer wieder vor.
Nach dieser interessanten und witzigen Demonstration besuchen wir den Markt, der hier jeden Sonntag stattfindet. Natürlich finden alle etwas Schönes zum Heimbringen. Es gibt ja so viel.
Auf der Weiterfahrt machen wir einen kurzen Halt, um die Produktion der Adobe-Ziegelsteine zu sehen. Sie werden aus Lehm zusammen mit Heu geformt und in der Sonne getrocknet.
Unsere Fahrt geht weiter über staubige Nebenstrassen durch reife Getreidefelder. Einmal sehen wir einen Pflug, der von zwei Ochsen gezogen wird. Wir sehen Bauern, die auf den Feldern arbeiten oder gerade dabei sind, das Mittagessen zu kochen. Weit hinten erkennen wir Schneeberge, und vom Himmel erstrahlt die Sonne. Wir sind noch immer auf 3700 m Höhe.
In Moray ist unser nächster Halt. Hier gibt es drei tiefe Krater in der Landschaft. Wie sie entstanden sind, ist nicht klar, aber sie wurden schon zu Inkazeiten terrassiert, und man nimmt an, dass hier geforscht wurde, welche Bedingungen für die Gemüsekulturen am besten geeignet sind. Sie strahlen eine unglaubliche Ruhe aus. Wir können beobachten, wie weit unten auf dem Grund eines Kraters eine Gruppe im Kreis eine Meditation durchführt.
Weiter geht die Fahrt, die staubigen Strassen scheinen kein Ende zu haben. Die Salzbecken von Maras sind unser nächstes Ziel. Wie ein Wespennest kleben sie an einem Talhang. Das Wasser, das hier aus dem Berg quillt, hat einen Salzgehalt von 30% und wird in die Becken geleitet. An der Sonne verdampft es, zurück bleibt das Salz, das von den Besitzerfamilien gewonnen wird.
Im kleinen Restaurant gibt es ein einfaches Mittagessen aus Quinoa-Suppe und riesigen Sandwiches. Frisch gestärkt fahren wir weiter nach Ollantaytambo.
Uns bleibt noch eine knappe Stunde, bis der Zug fährt, und die vertreiben wir uns in den bunten Läden rund um den Hauptplatz und in den engen Gassen, die noch aus der Inkazeit stammen. Spannend ist es, dem Verkehr zuzusehen. Riesige Lastwagen machen sich den Platz streitig mit den vielen Touristenbussen und den wenigen Privatfahrzeugen. Zum Glück ist Cesar ein guter Chauffeur, so dass er uns pünktlich zur Bahnstation bringt. Wir steigen in den Zug, der uns entlang des Urubamba nach Aguas Calientes bringt.
Zum Nachtessen gehen wir in den Indio Feliz, wo uns wirklich exzellente Speisen serviert werden. Nachtruhe ist zeitig, wir wollen morgen früh starten.

10. Reisetag
Früh sind wir unterwegs. Ab Viertel vor fünf gibt es Frühstück, wir starten um sechs Uhr. Es scheint nicht so viele Leute zu haben, wir können mit dem nächsten Bus fahren. Die Busse fahren alle paar Minuten, sobald alle Sitzplätze besetzt sind.
Es geht eine schmale Serpentinenstrasse mit engen Kurven hinauf. Immer wieder kommt uns ein Bus entgegen, und der Chauffeur muss anhalten, ausweichen, manchmal zurücksetzen. Zum Glück kennen die Chauffeure die Strecke. Vor dem Eingang begrüsst uns Diana, sie wird uns durch die Anlage führen. Die Führung wird englisch durchgeführt. Zuerst geht es bergauf zum klassischen Aussichtspunkt. Diana gibt einen Überblick über die Anlage.
Noch schickt die Sonne erst wenige Strahlen an den Spitzen der Berge vorbei, beleuchtet ganz sanft den Gipfel des Wayna Picchu, um ein paar Minuten später mit aller Macht über den Berg zu steigen. Blendend zeichnet sie scharfe Schatten, und wir öffnen die Reissverschlüsse unserer Windjacken. Diana führt uns von Punkt zu Punkt, erklärt interessante Details, doch manchmal ist es schwierig, den englischen Erklärungen zu folgen. Zum Glück mischt sich René ein und fasst die wichtigsten Aussagen zusammen.
Diana zeigt uns, wie sich Klänge durch die dicken Mauern verteilen und auf der anderen Seite des Raumes verstärkt wieder ertönen, wie Wasser durch Rinnen geleitet wird und wie sich der Schall über den zentralen Platz verstärkt. Ausserdem erzählt sie, dass sich in der Mitte von Machu Picchu ein Riss befindet, der sich in den letzten Jahren verbreitert hat. Man vermutet, dass die Anlage ab 2020 geschlossen werden wird, um die Spaltung aufzuhalten. Zur Demonstration wurde über den ganzen Platz ein Seil gehängt, an dem die Wissenschaftler die Verbreiterung erkennen können.
Nach knapp zwei Stunden ist die offizielle Führung abgeschlossen, Diana verabschiedet sich, und wir können das Gelände auf eigene Faust erkunden. Ein paar von uns wollen den Wayna Picchu erklimmen, andere zum Sonnentor wandern.
Reiseleiter René macht uns auf die Schwierigkeiten dieses Unternehmens aufmerksam. Zuerst heisst es anstehen, da jeder „Wagemutige“ mit dem Eintrittsticket, mit Pass und der Unterschrift bestätigen muss, dass er bereit ist, diese Bergtour zu bestehen. So begeben wir uns nach den Formalitäten in grösseren und kleineren Grüppchen, teilweise mit Herzklopfen, auf den Pfad.
Ganz einfach ist es nicht für alle, müssen doch hohe Treppenstufen, enge Passagen entlang an steilen Felsen und ungesicherte Stellen überwunden werden. Fast oben angelangt, ist ein Tunnel auf allen Vieren zu durchkriechen. Der letzte Knackpunkt ist eine kurze Holzleiter.
Und dann hat man den Gipfel erreicht! Zwar sind da noch viele andere Besteiger, aber wenn man sich ein Plätzchen ergattert hat, wird man mit einer sensationellen Aussicht belohnt. Restlos alle zehn Bergsteiger unsere Gruppe schaffen es, aber nicht alle in einer halben Stunde wie Reiseleiter René. Die Begeisterung ob der fantastischen Aussicht ist gross, und wir geniessen sie, bis ein Aufseher zum Abstieg aufruft.
Knapp unterhalb des Gipfels kommt ein Gruppenfoto zustande, allerdings ohne Köbi, weil der genau zu diesem Zeitpunkt aus der Schweiz angerufen wird und deshalb mit seinem Handy beschäftigt ist. Der Abstieg gestaltet sich auch nicht für alle ganz problemlos, da die Treppenstufen unterdessen nicht niedriger und die steilen Passagen nicht flacher wurden. Aber wir können uns am Fusse des Wayna Picchu gratulieren, und sogar Küsschen werden verteilt.
Gegen Mittag gehen alle zurück zum Eingang, wo zur vereinbarten Zeit, um halb zwei, die ganze Gruppe wieder eintrifft. Alle haben ihre Ziele erreicht, alle hatten wunderbare Erlebnisse.
Der Bus bringt uns wieder hinunter nach Aguas Calientes. Dass es jetzt ganz sanft anfängt zu tröpfeln, kann unsere Euphorie nicht mehr trüben.

11. Reisetag
Heute präsentiert sich der Himmel nicht mehr so strahlend wie gestern, aber das ist nicht weiter schlimm, wir fahren zurück nach Cusco. Unser Zug, ein einziger Wagen,  erwartet uns schon im Bahnhof. Die Crew bedient uns aufmerksam mit Getränken und Zwischenverpflegung, und bald erreichen wir den Bahnhof von Ollantaytambo, wo wir von Gioana und Cesar mit dem Bus erwartet werden.
Gioana lädt uns ein, eine typische Familie zu besuchen, die noch wie zu Inkazeiten wohnt. Einzig, dass sie im Hof Souvenirs verkaufen, stammt aus neuerer Zeit. In der dunklen Rauchküche werden Minipigs resp. Cuys (Meerschweinchen) gezüchtet. Sie kommen an Festtagen oder Geburtstagen auf den Tisch. Vor allem in den ländlichen Gegenden sind sie eine beliebte Delikatesse. Mit einem grossen Messer schält die Hausfrau Kartoffeln, und um ihre Füsse quietschen die kleinen Viecher und stürzen sich mit grossem Appetit auf die Überreste.
Um den Kontakt mit den Verstorbenen nicht zu verlieren, zieren Totenköpfe eine Nische in der Wand, und von der Decke hängen Maiskolben und getrocknetes Fleisch. Eine beklemmende Idee, wenn die Grosseltern aus hohlen Augen auf einen herunterschauen.
Ollantaytambo wurde als Zwischenstation mit Landwirtschaftseinrichtungen gegründet. Tambo bedeutet „ein Ort zum Verweilen“. Hierher kam der Inka mit seiner ganzen Entourage auf dem Weg von Cusco nach Machu Picchu und wurde verpflegt und untergebracht. Heute kommen die Touristen hierher, um die gewaltige Inkaanlage zu besichtigen.
„Was schon wieder in die Höhe“, höre ich jemanden seufzen, aber nachdem heute niemand wegen Muskelkater klagt, erklimmen wir die Terrassen mit Leichtigkeit. Ganz oben, wo die fein geschliffenen grossen Feldblöcke liegen, sollte der Sonnentempel gebaut werden. Er wurde nie fertiggestellt. Dass die grossen Platten und Blöcke aus dem Steinbruch von der gegenüberliegenden Talseite stammen, ist schlichtweg unvorstellbar, und es gibt noch heute keine Erklärungen, wie das die Inkas ganz ohne Maschinen mit reiner Manneskraft geschafft haben.
Es ist Mittagszeit. Darum schwenken wir in Urubamba in die Hazienda Alhambra ein. Wir sind ganz begeistert von der schönen Anlage. Im Garten betätigen sich Alpacas und Lamas als Rasenmäher, ganz hinten gibt es sogar ein paar Vicunas und unter schattigen Bäumen, wohnen ein paar Papageien. Unter den Arkaden ist ein vielfältiges Buffet aufgebaut, so dass kulinarisch alle auf ihre Kosten kommen.
Nach dem gemütlichen Halt verlassen wir das heilige Tal und kehren zurück nach Cusco. An den Hängen kommen wir an einer Siedlung vorbei, die wir vorgestern schon passierten. Viele arme Familien hatten hier ihre provisorischen Hütten aufgebaut in der Hoffnung, das Gelände mit der Zeit in legalen Besitz nehmen zu können. Wie Gioana weiss, kam es gestern hier zu Ausschreitungen, Steine wurden geworfen und heute sind die meisten Hütten zerstört, die Landbesetzer hocken am Strassenrand.
Am späteren Nachmittag kommen wir in Cusco an. Fast ist es wie ein Heimkommen, zurück ins Hotel, in dem wir schon zwei Nächte waren. Der Rest des Tages steht zur freien Verfügung. Wir gehen noch etwas in die Stadt und gucken uns ein seltsames Schauspiel auf der Plaza de Armas an, wo sich viele Leute versammelt haben. Vor der Kathedrale findet die Aufführung eines religiösen Spiels mit viel Musik, Gesang, Tanz und dramatischen Szenen statt. Da wir aber kein Spanisch verstehen, können wir nur erahnen, welche Bedeutung die gespielten Szenen haben. Schuld und Sühne scheinen hier eine wichtige Rolle zu spielen.

12. Reisetag
Elf Stunden Busfahrt sind heute angesagt. Das könnte leicht zu einem äusserst langweiligen Tag ausarten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Abfahrt nach dem Frühstück in Cusco ist um sieben Uhr. Ein grosser bequemer Bus mit 20 Plätzen steht vor dem Hotel.
Der erste Halt ist bei der alten Kirche von Andahuaylillas. Man nennt sie auch die sixtinische Kapelle von Südamerika, denn ihr Inneres ist komplett mit Bildern bedeckt. Die drei Altäre sind ausserdem mit viel Gold geschmückt und auch die Decke ist reich bemalt. Auf dem Altar stehen frische Callas. Die Kirche ist neu renoviert, ein paar Gerüste sind noch aufgestellt. Leider darf man nicht fotografieren, immer steht irgendwo eine Aufseherin hinter einer Säule und passt auf. Nachdem wir noch einen Moment die Souvenirs studiert haben, die vor der Kirche angeboten werden, fahren wir weiter.
Der nächste Halt ist in Raqchi. Hier hatten die Inkas ein Vorratslager gebaut. Es gibt Häuser für die Administration und ein paar Wohnhäuser. Und hinter einer Mauer stehen 160 Vorratsspeicher. Dank den dicken Mauern und kleinen Fenstern konnten hier riesige Mengen Vorräte kühl und luftig gelagert werden. In den Ruinen sind ein paar alte Frauen. Für ein paar Soles lassen sie sich fotografieren.
Auf dem Marktplatz vor der Kirche bieten die Leute ihre Handarbeiten an. Hier fallen vor allem die verschiedenen Hüte der Frauen auf. Der typische Hut des Dorfes ist ein flacher, schwarz-roter Hut, der an Chinesenhüte erinnert.
Weiter geht die Fahrt durch das weite Tal. Bei einem neuen modernen Gebäude halten wir an. Hier gibt es Mittagessen. Wir sind ziemlich früh, noch sind keine anderen Touristen unterwegs. Die Strecke Cusco-Puno wird in beide Richtungen von kleineren und grösseren Busbetrieben regelmässig befahren. Mittagessen ist für beide Richtungen ungefähr da, wo wir jetzt sind, so dass sich hier ein paar Mittagsbuffet-Restaurants etabliert haben. Im Moment sind wir die einzigen Gäste und stürmen daher das Buffet.
Kaum merklich steigt das Gelände an. Nach dem fruchtbaren Tal geht es in die Berge und kurz nach der Mittagessen erreichen wir den vorläufig höchsten Punkt unserer Reise: La Raya mit 4335 m.ü.M. Es ist kühl und die Luft dünn. Hier macht auch der Zug von PeruRail einen Halt. Die Züge fahren in Cusco und Puno am Morgen los und treffen sich hier in der Mitte der Strecke. Vor einer halben Stunde hatten wir den Zug von Cusco überholt und ihn etwas weiter vorne mit gezückten Kameras erwartet. Mit einer Höchstg­eschwindigkeit von 50 km/h zuckelt er durch die Gegend.
Wir haben jetzt den Altiplano erreicht, die Hochebene von Peru. Noch geht es etwas hinunter, aber wir bleiben in einer Höhe von fast 4000 m.
In Pukara gibt es einen nächsten Halt. Hier werden die Torritos hergestellt, die wir schon überall auf den Häusern gesehen haben. Auch neben der Kirche stehen ein paar auf Säulen. Die Kirche ist dunkel und im Gegensatz zu der Kirche von Andahuaylillas fast schmucklos.
Wir fahren weiter. Die Gegend hat sich verändert. Fuhren wir vor La Raya noch durch ein fruchtbares Tal, sind wir hier auf dem kargen Altiplano, dem Andenhochland. Hier gibt es nur noch trockenes Weideland. Wir sehen grosse Schaf- und Alpakaherden und manchmal Kühe, einfache Bauernhöfe und kleine Dörfer.
Und dann erreichen wir den Titicacasee. Wir müssen uns noch ein wenig durch den Verkehr von Puno kämpfen, aber um punkt sechs Uhr erreichen wir das Hotel. Weil der Himmel in den letzten Stunden bedeckt war, gibt es keinen Sonnenuntergang, und es ist ziemlich kühl.
Wir beziehen unsere grossen Zimmer mit den breiten und bequemen Betten. Nach Ausgang ist niemand mehr zumute, daher machen wir es uns gemütlich vor dem Kamin in der Bar, wo es Tapas mit Wein gibt.
Es war eine lange aber abwechslungsreiche Fahrt von Puno nach Cusco. Wir sind auf 3800 m, dem höchsten Punkt unserer Reise, an dem wir übernachten.
Gegen acht Uhr sitzen wir gemütlich beim Wein. Da hören wir draussen einen Pfiff. Der Zug ist soeben auch in Puno eingetroffen.

13. Reisetag
Direkt vor unserem Hotel liegt schimmernd der Titicacasee. Er ist fast 8300 Quadratkilometer gross und der höchste kommerziell schiffbare See der Welt.
Wir sind auf 3800 m, und hier spürt man jede Anstrengung. Das Restaurant liegt zwei Treppen tiefer. Den Aufstieg nehmen wir vorsichtig unter die Füsse. Zuerst stärken wir uns aber am umfangreichen Frühstücksbuffet.
Um halb neun holt uns Rene ab. Rene ist ein Uro und arbeitet als Touristenführer. Er ist mit dem grossen Binsenboot gekommen. Drei Uros rudern und steuern das Boot hinaus auf den See, aber natürlich wollen auch wir wissen, wie sich das anfühlt und so übernehmen schon bald Köbi und Oski die Ruder. Angefeuert von den anderen Reisegruppenmitgliedern steuern sie uns durch die Binsen. „Mehr rechts! Nein, mehr links! Jetzt! Gib mehr Kraft! Halte dich zurück!“ Die Anweisungen sind manchmal etwas verwirrend, so dass die beiden nach einer Viertelstunde das Ruder der nächsten Crew übergeben.
Inzwischen schickt die Sonne ein paar Strahlen über den See, aber es bleibt kühl heute.
Nach einer guten Stunde erkennen wir in der Ferne die Hütten der Uros. Sie wohnen hier draussen im See auf ihren Binseninseln. Alles ist aus Binsen: Boote, Inseln, Häuser. Ja, man kann sie auch essen und sie helfen bei Fieber. Rene erklärt uns die verschiedenen Anwendungen.
Bald schon legen wir an. Die Frauen begrüssen uns fröhlich und laden uns ein, ihre Welt zu besuchen. Rene zeigt uns, wie die Inseln aufgebaut sind. Binsenwurzeln, die sich bei Hochwasserstand vom Boden lösen, werden zusammen gebunden und mit Binsen belegt. Die Inseln müssen immer wieder ausgebessert und mit neuen Binsen repariert werden. Die Uros leben schon seit Jahrhunderten auf dem See, haben ihr Leben an die schwierigen Umstände angepasst.
Nach den Erklärungen zeigen die Frauen ihre Handarbeiten und kleiden uns gleichzeitig ein. Schon bald gibt es ein paar Uros mehr. Kleider machen Leute!
Die Uros sind sehr offen und fröhlich. Plötzlich kommt Wind auf. Unser Schiff wird fast fortgetrieben. Im letzten Moment können es die Männer wieder festbinden. Allerdings entscheiden sie, dass der Wind zu stark ist, darum fahren wir mit drei kleinen Motorbooten weiter.
Nun steht ein Schulbesuch auf dem Programm. Verteilt auf die drei Motorboote, die von Uros gelenkt werden, gelangen wir zu einer schwimmenden Insel, auf der zwei Schulhäuschen mit je einem Klassenzimmer stehen.
Kaum haben unsere Boote angelegt, stürmen bereits mehrere Schüler im Alter von sechs bis ca. elf Jahren aus einem der Gebäude und begrüssen uns mit hellem Gelächter und freudigem Geplapper. Schnell versammeln sich rund vierzig fröhliche Kinder in ihren schmucken Schuluniformen unter Anleitung ihrer zwei Lehrpersonen im vorderen Teil eines der Schulzimmer, während uns Sitzplätze im anderen Teil des Raumes angeboten werden.
Nach einer kurzen Begrüssung durch eine Lehrerin singen die aufgeregten Kinder ein paar Lieder in verschiedenen Sprachen. Darauf singen wir alle zusammen den Kindern das Lied „Es Burebüebli man i ned“ vor und schunkeln beim Refrain, was die Kinder offenbar sehr lustig finden. Jedenfalls versuchen sie ebenfalls begeistert mitzumachen beim „… noch vore, noch hinde, noch rächts…“.
Zuletzt muss ich zwei interessierten Mädchen den Text in eines ihrer Hefte schreiben und das Lied nochmals vorsingen. Ich bin gespannt, ob die Kinder das „Burebüebli“ in ihr Repertoire aufnehmen und künftigen Besuchern vorsingen werden.
Gerne werfen wir vor der Weiterfahrt noch einige Münzen und Noten in die bereitstehende Sammelbox. Aber vor dem endgültigen Abschied lassen sich einige der Kinder noch gerne von uns etwas herumwirbeln und freuen sich über diese Abwechslung vom Schulalltag, der sich von dem unserer Schweizer Kinder doch wesentlich unterscheidet. Nur schon der Standard der Schulzimmerausstattung lässt erahnen, wie gross der Unterschied der Unterrichtsgestaltung im Vergleich zu unseren Schulen ist.
Wir aber verabschieden uns von den Kindern mit zwiespältigen Gefühlen und hoffen, dass alle diese Kinder trotz materieller Benachteiligung glückliche Erwachsene werden können.
Auf einer grösseren Insel gibt es ein Restaurant. Hier erwartet man uns. Es gibt eine feine Quinoa-Suppe und eine gebratene Forelle mit Reis, Kartoffeln und Gemüse. Wir sind froh, dass wir in einem Raum sitzen können, denn draussen ist es inzwischen empfindlich kalt geworden, so dass wir auch beim Essen die Jacken und Mützen aufbehalten.
Im Gegensatz zu uns sind viele Uros barfuss. Allerdings sieht man ihren Gesichtern die grossen Strapazen und schwierigen Lebensumstände an, denn viele Backen der jungen Leute weisen die typischen dunklen Flecken auf, die von der Kälte stammen. Auch bei den Kindern ist uns das schon aufgefallen.
Nach dem Essen fahren wir mit den drei Motorbooten zurück ins Hotel. Unter der warmen Dusche oder im heissen Bad, oder wenigstens vor dem offenen Feuer in der Bar oder dem Restaurant wärmen wir uns wieder auf.
Wir nutzen dann noch zu zweit die Gelegenheit, auf dem Steg draussen vor unserem Hotel die Wasservögel des Titicacasees zu beobachten. Wir sehen u.a. den Punaibis, das Teichhuhn, das Andenblässhuhn, die Punaente.
Das Nachtessen nehmen wir im Hotel ein und sitzen in der Hotelbar beim Cheminee noch gemütlich zusammen.

14. Reisetag
Wir nehmen Abschied von unserem Hotel in Puno und vom Titicacasee. Heute Abend werden wir ein tiefer gelegenes Quartier beziehen, wir verlassen den Altiplano.
Zuerst steuern wir die Grabtürme von Sillustani an. Sie stehen auf einer Halbinsel am Umayo-See. Eine Kultur, die schon vor den Inkas hier blühte. In den Türmen bestatteten die hier wohnhaften Ureinwohner ihre Toten. Allerdings übernahmen die Inkas diesen Brauch, denn ihre Taktik bei der Eroberung von Volksstämmen war nicht die Unterdrückung sondern die Integration. So stehen hier also auch neben den runden Türmen aus groben Steinen, ein paar elegante Inkatürme aus fein geschliffenem Stein. Für uns ist die Besichtigung ein angenehmer Spaziergang. Zwar geht es wieder etwas aufwärts, aber wir nehmen den Anstieg Schritt für Schritt. Wir sind immer noch auf 3800 m ü.M., da spürt man jeden Schritt. Die Aussicht auf den blauen See entschädigt uns für alle Strapazen.
Nachdem wir auch hier die Souvenir-Verkäuferinnen berücksichtigt haben, fahren wir weiter. Noch immer steigt das Gelände stetig an, und wir erreichen einen neuen Höhepunkt: 4400 m ü.M. Beim Aussichtspunkt Alta Lagunillas halten wir an, geniessen die Aussicht hinunter auf eine wunderbar blaue Lagune. Als wir daran vorbei fuhren, entdeckten wir ein paar Flamingos, die einen Teil des Jahres hier in dieser kalten Gegend verbringen. Weit hinten grüssen weisse Schneeberge. Die Vegetation besteht nur noch aus dürren Grasbüscheln, niedrigen grünem Gebüsch und gelben oder grünen Flechten. Doch noch immer entdecken wir kleine Gehöfte: Alpakabauern.
Auf unserer Strecke begleitet uns schon seit Puno ein Schienenstrang. Es ist die Verbindung Puno – Arequipa, auf der nur Güterzüge fahren. Zudem begegnen uns viele schwer beladene Camions. Sie bringen Maschinen und Geräte in die Minen, von denen es hier in den hohen Anden sehr viele gibt. Noch immer werden Gold, Silber und andere Bodenschätze abgebaut. Weit in der Ferne grüsst der Vulkan von Arequipa, der Misti. Er wird heute seinem Namen gerecht: der In-Weiss-Gehüllte. Nicht nur auf dem Vulkan liegt Schnee, die ganze Gegend ist frisch überzuckert und bietet einen ungewohnten Anblick.
Irgendwo in dieser Wildnis, da wo sich die Strassen von Puno, Arequipo und Chivay kreuzen, steigt unsere lokale Guia zu: Ute. Sie lebt schon seit Jahren in Arequipa, ist mit einem Peruaner verheiratet und wird uns die nächsten Tage begleiten. Ute bestätigt, dass es sehr selten ist, dass es in der Gegend hier schneit. Im Gegenteil, es gibt hier kaum Niederschläge.
Kurz darauf erreichen wir den absolut höchsten Punkt unserer Reise, 4910 m ü.M. Es ist jetzt empfindlich kalt geworden, und wir sind froh um unsere Pullover und Jacken und um den Bus, der uns weiter führt. Die Verkäufer, die hier oben ihre Handarbeiten anbieten, müssen in der Kälte ausharren.
Wir erreichen unser heutiges Ziel. Unter uns im Colca-Tal liegt Chivay, ein Ort mit 3000 Einwohnern, Ausgangspunkt für die Ausflüge zum Cruz del Condor.
Es gibt hier im Tal einige Thermalquellen, und natürlich lassen wir uns die Gelegenheit zu einem warmen Bad nicht entgehen. So kommt es, dass wir schon bald im heissen Wasser planschen. Alle Kälte, die wir in den letzten Tagen bis in die Knochen spürten, wird dadurch verdrängt. Herrlich ist es, inmitten der Berge das warme Gefühl zu geniessen.
Zum Nachtessen bleiben wir im Hotel, wo wir eine kurze Vorführung traditioneller Tänze erhalten.

15. Reisetag
Wieder einmal früh aufstehen, frühstücken und losfahren. Die Kondore warten nicht. Hoch oben über dem Colca-Fluss fahren wir ins Colcatal. Die Aussicht ist fantastisch. Auf der anderen Talseite erstrecken sich Terrassen über mehrere hundert Meter hoch. Ute erzählt uns von der Vergangenheit dieses fruchtbaren Tales. Schon die Inkas erkannten seinen Wert. Von den hohen Bergen fliessen viele Bäche hinunter ins Tal. Durch ein ausgeklügeltes System leiteten die Inkas das Wasser über die Terrassen und erzielten dadurch eine weit höhere Effzienz als heutige moderne Sprühsysteme. Die Felder wurden den Familien zugeteilt, und zwar nicht waagrecht, sondern senkrecht, so dass jede Familie die verschiedensten Gemüse und Früchte auf allen Höhenlagen anbauen konnte.
Ute erzählt und erzählt unbeirrt, während wir immer mehr staunen über die Strasse, auf der wir durch das Tal fahren. Die Strasse würde zurzeit saniert, erklärt sie uns, als wir in einer Sprechpause danach fragen. Weil viele Arbeiter nur eine Anstellung für die Dauer der Sanierung haben, eilt es ihnen nicht immer. Wir umfahren die Strasse auf einer provisorischen Umleitung, die aussieht, als ob sie nur für die Baumaschinen gedacht wäre. Später geht es einen Canyon hinunter und auf der anderen Seite wieder hoch. Da ist vor ein paar Monaten die Strasse eingestürzt. Weil es am Morgen geregnet hat, ist die Piste zu allem Übel auch noch nass, so dass sich unser Bus richtig durchkämpfen muss. Zweimal schert er hinten leicht aus, schlipft in dem schweren Terrain und wir merken wieder einmal, dass das Motto „Abenteuer Peru“ richtig gewählt ist. Zum Glück kommt uns niemand entgegen, am Morgen fahren alle ins Tal hinein, gegen Mittag fahren die Touristenbusse in die andere Richtung. Es ist uns unverständlich, dass über diese provisorische Strasse täglich Hunderte von Touristen geschleust werden dürfen.
Nach fast zwei Stunden kommen wir beim Kreuz des Kondors an. Erst ein Bus steht da, es sind nicht viele Touristen unterwegs. Wir suchen einen Platz mit guter Sicht, spazieren ein wenig entlang der Wege. Es ist kalt. Langsam trudeln mehr Leute ein, das Gelände füllt sich doch ein wenig. Noch ist kein Kondor zu sehen. Und dann ist plötzlich einer in der Luft. Mit weit ausgebreiteten Schwingen schwebt er unter uns im Canyon. Es wird ganz still rundum, jeder hat ihn gesehen. Und dann folgt ein zweiter, ein dritter. Sie sind da. Noch fliegen sie tief, noch haben sie nicht die Höhe erreicht. Elegant, ganz ohne Flügelschlag drehen sie ihre Runden vor uns. Und dann, alle sehen in die Höhe, da oben über uns schwebt einer. Schaut mit seinen scharfen Augen auf all die Touristen, dreht eine tiefe Runde. Es sieht aus, als ob er sich gleich auf uns stürzen möchte. Oder will er nur kontrollieren, ob genug Menschen da sind, ob es sich lohnt zu fliegen?
Er dreht ab, sinkt langsam und ist verschwunden. Auch die Leute rundum sind verstummt, fangen sich wieder. Wahrscheinlich hat kaum jemand auf den Knopf gedrückt und ein Foto gemacht.
Weiter unten drehen die Kondore wieder ihre Kreise. Und da landet einer ganz in unserer Nähe auf einem Fels, sieht sich um, und gleich ist ein zweiter bei ihm. An den kleinen Kämmen kann man erkennen, dass es zwei Männchen sind. Sie kümmern sich nicht um ihre Zuschauer, begrüssen sich, fast könnte man meinen, sie balzen. Und wieder herrscht andächtige Stille. Rundherum wird geknipst. Ein dritter Kondor landet auf dem gleichen Stein. Sie hocken zusammen, strecken die Schnäbel zusammen, scheinen etwas zu besprechen. Und dann sind sie weg, alle drei. Ein Aufatmen geht durch die Menschen, man wagt wieder zu sprechen, beobachtet noch eine Weile die grossen Vögel, die unter uns ihre Kreise ziehen, und dann ist plötzlich keiner mehr da. Das Schauspiel ist zu Ende.
Wir treffen uns beim Bus, wo uns die nächste Überraschung erwartet. Der Motor kann nicht gestartet werden, die Batterie ist leer. Es braucht etwas Überzeugungskraft von Ute, bis einer der anderen Chauffeure hilft. Die Batterie wird ausgebaut, mithilfe einer anderen startet der Bus und dann funktioniert es wieder.
Die Rückfahrt ist nicht mehr so schlimm wie die Hinfahrt. Unterdessen ist die Sonne hervorgekommen, die Strasse ist trocken. Wir halten irgendwo auf dem Rückweg an. selbstverständlich bewundern wir die Aussicht hinunter ins Tal, doch Ute zeigt hinauf. Da oben in den Felsen gibt es Mumiengräber. Nachdem die Toten einige Jahre bei allen Zeremonien und Prozessionen mitgetragen wurden, fanden sie hier oben in den Felsen ihre letzte Ruhestätte.
Wir halten in Maca an. Hier gibt es vor allem die Kirche zu bewundern. Und auf dem Marktplatz steht ein Mann mit einem Habichtsadler. Er setzt ihn zuerst Beatrice, dann Margrit auf den Arm, dann stellt er sich auf ihre Köpfe, auf die der Mann vorerst einen Hut gesetzt hat und dann klettert er auf ihre Hände. Sanft hält er sich fest. Seine Krallen sehen eindrücklich aus, doch er benutzt sie nur sehr sachte.
Zum Mittagessen gibt es in Chivay ein Buffet. Etwas anderes wird in dieser kleinen Stadt nicht angeboten. Bevor wir weiter fahren, erkunden wir den kleinen Ort. Wir spazieren über den Hauptplatz, finden die Markthalle und beobachten die Handwerker und Verkäufer, die ihre Dienste und Waren anbieten.
Danach geht es zurück in die Höhe. Wieder passieren wir den Pass auf 4910 m ü.M. und dann folgen wir der Strasse nach Arequipa. Unterwegs treffen wir auf einen LKW, der von der Strasse abgekommen ist. Wahrscheinlich war der Schnee schuld, der noch immer auf beiden Seiten der Strasse liegt.
Gegen fünf Uhr kommen wir in Arequipa an. Wir sind gut 1300 m abgestiegen. Fühlen uns schon wieder pudelwohl, ja es ist sogar möglich, ohne Probleme in den 5. Stock aufzusteigen, wenn der Lift gerade besetzt ist. Und dabei liegt Arequipa mit seinen 2300 m ü.M. noch immer höher als der Pilatus.
Nach dem Zimmerbezug treffen wir uns zu einem kurzen Spaziergang zur Plaza des Armas, die zwei Häuserblocks entfernt liegt. Wir bewundern die Kathedrale und können sogar hinein gehen, weil kurz vorher eine Messe zu Ende gegangen ist.
Der Abend ist frei, wir gehen zusammen mit einem Teil der Gruppe in ein nahes Restaurant essen.Wieder geht ein reich gefüllter Tag zu Ende.

 16. Reisetag
Wir sind in der weissen Stadt Arequipa, die ihren Beinamen vom weissen Tuffstein hat, mit dem sie weitgehend gebaut wurde.
Nach dem Frühstück trifft Ute ein. Sie führt uns auf den zentralen Markt. Dieser ist jeden Tag geöffnet, auch heute, obwohl Sonntag ist. Märkte sind immer interessant. Farbenfroh sind die Früchtestände, und es gibt so manche Frucht, die wir nicht so genau kennen. Wir lassen uns eine Cherimoya aufschneiden, essen kleine süsse Bananen und lassen uns von Ute den neu entdeckten Süssstoff Stevia erklären. Hier in Südamerika wird das Kraut schon lange verwendet, in Europa kommt es langsam in Tablettenform auf den Markt. Es ist sehr stark. Ein kleines Säcklein getrocknete Blätter ersetzt 30 kg Zucker. Unglaublich! Ein weiteres Mittel, das schon seit mehr als 2000 Jahren in den Anden angebaut wird, aber bei uns erst in letzter Zeit bekannt wird, ist Maca, eine Art Kresse. Es wird in Pulverform verkauft und eine Kur damit verspricht schönere Haut, starke Haare und Nägel und auch sonst noch allerlei Verbesserungen. Natürlich wollen wir Frauen uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen und greifen freudig zu.
Der nächste Stand ist dann eher etwas grausig. „Jugo de Rana“ (Froschsaft) steht auf der Tafel. Dieser wird an Ort frisch hergestellt, aber auf die Bekanntgabe des Rezepts möchte ich an dieser Stelle verzichten.
Wir verlassen den Markt, kommen zur Jesuitenkirche, gebaut aus dem typischen weissen Vulkansandstein Sillar. Die Hauptfassade ist reich verziert mit Bildern und Geschichten, mit Blumen und Ornamenten. Man nennt diesen Stil Mestizen-Barock.
Als nächstes schlendern wir über die Plaza des Armas, sie ist voller Leute. Hier trifft man sich nach der Messe zum Schlendern, Plaudern, Tauben füttern und Fotografiert Werden. Einzelne Personen und Gruppen stellen sich vor den grossen Brunnen und lassen sich von einem Freund oder einem der Fotografen, die hier überall sind, ablichten.
Inzwischen ist es Zeit für eine Erfrischung. Wir setzen uns auf die Terrasse in einem der kleinen Restaurants hinter der Kathedrale. Hier gibt es einen tollen Blick auf den Hausberg Arequipas, den Misti.
Nach der Pause steht die Besichtigung des berühmten Katharinenklosters auf dem Programm. Hier verbrachten die besseren Frauen, in der Regel die zweitgeborene Tochter einer reichen Familie, ihr Leben als Klosterfrauen. Sie wohnten in einzelnen kleinen Häuschen und waren von ihren eigenen Dienerinnen und deren Kindern umgeben. Diese Ordnung ergab ein Kloster, das wie eine kleine Stadt aufgebaut ist. Es gibt viele Wohnhäuser und Strassen mit den Namen spanischer Städte und sogar einen Marktplatz.
Zum Sonnenuntergang treffen wir uns im Restaurant auf gleicher Höhe mit den Glocken der Kathedrale. Von hier hat man einen überwältigenden Blick auf die Plaza des Armas. Nachdem die Sonne ihre letzten Strahlen über den Platz geschickt hat, verfärbt sich der Himmel und erstrahlt mit der einsetzenden Beleuchtung des Platzes in ständig wechselnden Farben. Jetzt ist es auch Zeit, Sigrids Geburtstag zu feiern. Alle stimmen ein in ein herzliches Happy Birthday, sogar die Musiker und die Leute an den anderen Tischen.
Nach dem sehr stimmungsvollen Apero geht es weiter ins Restaurant Zig Zag, wo wir für heute Abend einen Tisch reserviert haben. Es gibt Alpaca oder Rindsfilet vom heissen Stein und es wird ein wunderbarer Abend. Dass Sigrids Geburtstag auch hier noch einmal gefeiert wird, versteht sich von selber.

17. Reisetag
Wir verlassen Arequipa am frühen Morgen. Uns steht eine lange Fahrt mit dem Linienbus bevor, eine Fahrt ohne Stopp, mit Verpflegung im Bus, fast schon wie im Flugzeug.
Ein kleiner Touristenbus bringt uns zum Terrapuerto, zum grossen Busbahnhof. Hier geben wir unser Gepäck auf und untersuchen die kleinen Läden, was sie uns für unsere Fahrt anbieten können: Erdnüsse, Chips, Bonbons, Wasser. Um halb acht Uhr geht es los. Die Sitze sind bequem, die Sicht aus dem zweiten Stock grandios, nur das Wetter dürfte etwas besser sein.
Zuerst fahren wir durch die Berge. Auch wenn wir das nicht direkt spüren, es geht abwärts. Irgendwann verkündet René die neue „Tiefe“: 500 m. Schroff sind die Berge. Es wächst nur noch Gras, das schon beim Austrieb aus dem Boden dürr erscheint. Manchmal passieren wir eine einsame Hütte, manchmal treffen wir auf eine Alpaka- oder Schafherde. Wie kann man in diesen einsamen Höfen überleben? Wovon leben die Menschen, was tun sie?
Immer wieder überholen wir schwere Lastwagen, werden überholt oder es kommt uns ein Sattelschlepper mitsamt Anhänger entgegen. Zudem herrscht trotz Wüstenklima ein recht dichter Nebel. In den engen Kurven ergeben sich manchmal brenzlige Situationen, jedenfalls für uns, die wir diese Verhältnisse nicht gewohnt sind. Stark ist der Verkehr allerdings nicht. Die Lastwagen, ein paar Touristenbusse und ganz wenige private PKW, aber meistens gehört die Strasse uns allein.
Kurz nach der Abfahrt wird ein kleines Frühstück serviert: Zwei Kekse und ein Glas Mangosaft. Später gibt es Mittagessen. Das ist sogar warm: Pouletschnitzel mit Reis und Pommes. Es schmeckt recht gut, ist nur etwas kompliziert zu essen, da die Strasse trotz gut gefedertem Bus ziemlich holprig ist.
Irgendwann kommen wir ans Meer. Von weitem sehen wir den weissen Saum der Wellen, und als wir näher kommen, sehen wir, wie wild diese Wellen sind, wie hoch, wie weit draussen sie sich in hohen Bergen überschlagen. Zischend brodelt die Gischt an den steinigen Strand, ergiesst sich über Felsen, zieht sich wieder zurück, um gleich darauf mit neuer Kraft wieder über die Steine zu schwappen. Wir fahren jetzt entlang des Pazifikstrandes. Die Strasse windet sich hinauf bis auf 200 m, um hinter der nächsten Biegung wieder auf Meereshöhe herunterzukommen. Manchmal durchschneiden fruchtbare Täler, Flussoasen, das Kettengebirge. Dann entfernt sich die Strasse vom Meer, schlängelt sich in das Tal, auf schmalen Brücken über den Fluss, um auf der anderen Seite wieder hinauf zu steigen. Gras gibt es kaum mehr, einmal passieren wir einen Kaktushain, wo alte verstaubte Kakteen mit dem wenigen Nass, das die Witterung bietet, zu überleben versuchen.
Es sind fast nur noch Felsen und Sand, was sich unseren Augen bietet. Doch die Farben wechseln in einer magischen Weise. Mal erscheint alles grün, dann gibt es rote, braune Stellen und dann wieder erscheint die ganze Gegend in weissen und beigen Schichten. Es gibt hartes dunkles Gestein und leicht scheinende Schichten, die Geschichten von längst erloschenen Vulkanen erzählen.
Es ist fünf Uhr, als wir Nasca erreichen. Die Stadt liegt landeinwärts, wir haben die Wüste verlassen und sind jetzt wieder auf 550 m ü.M. Wir beziehen unser Hotel, und nach einer kurzen Rast gehen wir in einem gemütlichen Restaurant in der Nähe gemeinsam zum Nachtessen.

18. Reisetag
Es ist nie sicher, wann gestartet werden kann, wie die Sicht ist, ja ob überhaupt geflogen werden kann. Die Linien und Zeichnungen in der Steinwüste von Nasca sind immer eine Art Lotterie. René erwartet am Morgen um halb acht Bericht.
Der Morgen begrüsst uns mit herrlichem Sonnenschein und der Bericht von René ist gut. Also heisst es packen, unser Bus erwartet uns, wir fahren zum Flugplatz. Nachdem wir alle gewogen und registriert wurden, warten wir auf den Aufruf. Und schon bald sind wir in der Luft.
In kleinen Flugzeugen fliegen wir über die Steinwüste. Zuerst muss man sich etwas an die Sicht gewöhnen, den Überblick für die Zeichnungen bekommen und plötzlich sieht man sie: Feine Linien, die in den Grund gescharrt wurden – der Affe, der Astronaut, die beiden Kolibris. Die Sicht ist fantastisch. Ganz klar erkennen wir die Zeichnungen am Boden. Unter uns breitet sich die weite Steinwüste aus, überzogen mit Linien und Trapezen, die von Menschen vor Jahrhunderten in den Sand gescharrt wurden. Und diese Leute hatten keine Möglichkeit, ihre Werke mal von oben zu betrachten. Oder doch?
Ein paar Hügel und die Panamericana unterbrechen die Weite. Da wo der Fluss fliesst, gibt es grüne Flecken, fruchtbare grüne Felder. Dreissig Minuten dauert der Flug, und alle kommen völlig begeistert zurück, niemandem ist es schlecht geworden, obwohl wir natürlich wieder alle versucht haben, die schönsten Motive für die Kamera einzufangen.
Noch vor dem Mittag sind wir zurück und wir können weiterfahren. Nach einem kurzen Stopp bei dem Aussichtssturm an der Panamericana, wo wir die Plattform erklimmen und noch einmal auf Baum und Hände schauen, geht es weiter, Richtung Ica.
Ica ist das Zentrum der Pisco-Produktion. Und nach den vielen Pisco sour, die wir bisher getrunken haben, ist es an der Zeit, endlich einen Pisco-Fabrikationsbetrieb zu besuchen. Allerdings ist es bereits Mittag und die Zeit reicht nur noch für eine Piscodegustation und das Mittagessen, auf die Besichtigung der traditionellen Piscoherstellung mit den grossen Fässern und dem alten Brennofen müssen wir verzichten.
Jetzt ist es nur noch eine kurze Strecke bis zu unserem Ziel, der Laguna von Huacachino. Gleich hinter Ica beginnt eine Sanddünenlandschaft, wie man sich das gar nicht vorstellen kann. Nach dem Zimmerbezug besteigen Margrit und ich die Düne hinter dem Hotel zu Fuss, ein Schweiss treibendes Unterfangen. Wir werden aber belohnt mit einer fantastischen Fernsicht und einem traumhaften Sonnenuntergang. Das Geknatter der verschiedenen Sandbuggys, die mit Touristen unterwegs sind, stört hie und da die absolute Stille, die hier in dieser weltabgeschiedenen Gegend herrscht. Nach dem lustbetonten Abstieg durch den unter unseren Füssen immer wieder weggleitenden Sand drehen wir noch eine Runde zu Fuss um den Oasenweiher und beobachten u.a. einen kleinen Reiher beim Fischen.
Zum Nachtessen gehen wir in ein gut besuchtes Restaurant über dem Gewässer und geniessen ein feines Mahl.

19. Reisetag
Nur eine Stunde dauert die Fahrt von Nasca bis Paracas. Wir fahren direkt ans Meer und machen im Hotel Libertador Zwischenhalt. Staunen! Sowas gibt es also auch in Peru? Das Hotel gehört zur Luxusklasse. Am grossen Pool gibt es elegante Sitznischen, im grossen Speisesaal frühstücken ein paar wenige Touristen. Die Anlage ist grossartig und sehr gepflegt.
Wir warten auf das Boot, das uns hinaus zu den Islas Ballestas bringen wird. Am Strand vorne lassen sich verschiedene Vögel sehr gut beobachten. Ein schneeweisser Reiher (Ist es ein Schmuckreiher?) kommt uns sehr nahe und lässt sich ohne weiteres fotografieren. Auf einem Steg draussen sitzen Pelikane, Kormorane und Möwen. Im Sand pickt eine einzelne Möwe an einem Stück Styropor herum. Ob das wohl schmeckt?
Um zehn fahren wir los. Abgesehen von einem Vater mit seiner pubertierenden Tochter ist unsere Gruppe allein auf dem Boot.
Los geht die Fahrt hinaus in die Bucht und dann ins offene Meer. Wir steuern eine Halbinsel an und sehen am Ufer eine Pelikankolonie. Schön sind sie, in ihrem grauen Gefieder und den grossen Schnäbeln. Den langen Hautsack am Schnabel kann man in dieser Stellung nicht sehen, aber die Vögel sind trotzdem sehr eindrucksvoll, wie sie da stolz am Ufer stehen.
Dann kommen wir zum Candelabro, einer Zeichnung im Sand, die wahrscheinlich aus der gleichen Vor-Inka-Kultur stammt wie die Linien in Nasca. Die Sonne strahlt von einem blauen Himmel, die Sicht ist grossartig und das Meer ruhig, auch jetzt, da wir auf das offene Meer hinaus steuern.
Ein paar Vögel fliegen über uns, ein paar Kormorane strecken ihre Köpfe aus den Wellen. Und dann sind wir plötzlich inmitten eines riesigen Vogelschwarmes. Rund um uns Vögel, sie scheinen alle in der gleichen Richtung zu fliegen. Und es werden immer mehr. Ein paar fliegen gegen den Strom, aber die meisten fliegen uns entgegen. Über uns, neben uns, vorne, hinten, überall Vögel.
Es dauert nur ein paar Minuten, dann ist der Spuk vorbei, wir sind wieder allein, sehen jetzt die felsigen Inseln vor uns. Unterdessen sind alle aufgestanden, der Vogelschwarm hat niemanden kalt gelassen, fasziniert erwarten wir jetzt die Inseln. Ob da überhaupt noch ein paar Vögel geblieben sind?
Und ob da welche geblieben sind. Gegen acht Millionen Vögel sollen auf den beiden Felsen leben, erzählt unser Guia. Sie umschwirren die Inseln in riesigen Schwärmen, hocken auf Felsvorsprüngen, in Nischen. Es sind riesige Kolonien von Seevögeln. Ihr Kreischen übertönt fast den Schiffsmotor, jedenfalls wenn er gedrosselt wird, um rund um die Insel zu kreisen.
Der Bootsführer nähert sich dem Ufer, dringt in kleine Buchten ein, versucht alles, um uns die beste Sicht, die fantastischsten Bilder zu verschaffen. Abgesehen von ein paar Ohhh… Hast du das gesehen?…. und dem Knipsen der Kameras ist auf dem Boot nichts mehr zu hören.
Staunend betrachten wir die Szenerie vor uns, und rümpfen nur ein wenig die Nase ob dem Gestank, den die ganze Pracht verbreitet. Auf diesen Inseln wird im Abstand von jeweils sieben Jahren der Guano-Dünger geerntet. Irgendwann landet er vielleicht in unseren Blumenkisten.
Auf der hinteren Seite der Felsen liegen ein paar Seelöwen matt in der Sonne. Sie lassen sich von den Besuchern nicht stören. Aber da drüben wird einer verjagt. Es scheint, dass sich ein Männchen, das nicht zu der Familie gehört, einen Platz verschaffen möchte. Sofort wird es von den anderen angefaucht und weggestossen. Minuten dauert der Kampf, dann gibt der Eindringling auf, lässt sich elegant ins Wasser fallen. Der Chef des Clans hat unterdessen diskret weggesehen, solange seine Jungen die Situation im Griff haben, braucht es ihn nicht zu kümmern.
Unser Guia macht uns auf Krabben aufmerksam, die knapp über der Wasserkante am Felsen kleben. Sie krabbeln langsam, halten sich fest und werden immer wieder fast vom Felsen gespült. Auch einen Seestern gibt es zu sehen.
Hinter den Felsen ankern die Fischerboote. Die Fischer lassen sich weder von den Vögeln, noch den wenigen Touristenbooten irritieren. Ja, manchmal winken sie sogar zurück, wenn man ihnen zuwinkt.
Wir nehmen wieder Fahrt auf und fahren zurück zum Pier.
Ganz in der Nähe des Luxushotels Libertador liegt unser Hotel, La Hacienda. Es liegt ebenfalls direkt am Meer. Es ist Mittagszeit, und wir setzen uns ins Restaurant am Pool. Mehrheitlich wird Fisch bestellt.
Nach dem Essen haben wir freie Zeit, die je nach Temperament und Vorlieben rund um den Pool genutzt wird. Obwohl das Wasser im Pool noch etwas kühl ist, wagen sich ein paar hinein, um eine Runde zu schwimmen. Das Meer allerdings lädt nicht zum Baden ein, denn die Strandregion ist mit Wasserpflanzen und sogar ein paar riesigen Quallen durchsetzt.
Nach Sonnenuntergang treffen wir uns frisch und entspannt in der Bar zum Apero. Es wird Bilanz gezogen. Was war gut, was könnte man verbessern und was muss unbedingt im Programm gelassen werden. Jeder hat seine eigenen Erfahrungen, seine eigenen Erlebnisse. Man spricht über die Reise, übers Reisen und über die nächste Reise.
Und ganz leise schleicht sich neben der Wehmut um den baldigen Schluss dieser Reise auch die Freude ein, auf die Heimkehr. Zu Hause sein, in der vertrauten Umgebung, die Souvenirs auspacken (und die schmutzige Wäsche), Geschenke verteilen, erzählen, ausruhen. Draussen hängt der Halbmond schief am Himmel – wir sind noch immer auf der südlichen Halbkugel.

20. Reisetag
Vier Stunden bis Lima durch eine abwechslungsreiche Gegend. Eigentlich wäre alles Wüste, doch durch künstliche Bewässerung wird die Gegend sehr fruchtbar. Baumwolle, Mais, Artischocken, Mangos, Zitrusfrüchte und vieles mehr entdecken wir auf den Feldern. Manchmal gibt es Strände mit verlassener Infrastruktur. Noch ist nicht Saison, noch ist Winterbeginn auf der südlichen Halbkugel.
Auch ein paar grosse Hotelressorts können wir entdecken, dazwischen Industrie, kleine Dörfer mit den typischen unfertigen Häusern. Man ist jederzeit bereit, noch einen Stock aufzubauen, ein Zimmer mehr zu erstellen, wenn Geld vorhanden ist oder eines der Kinder heiratet. Man lebt hier ein Leben lang im Provisorium.
Lima empfängt uns unter dem typisch bedeckten Himmel.
Wir fahren zur Rosa Nautica. Dieses Restaurant, draussen an der Pier von Miraflores, haben wir alle schon am ersten Tag vom Larcomar aus gesehen, und wir beide haben es bereits bei unserem Aufenthalt in Lima besucht.
Bevor wir einkehren, schauen wir noch einem Moment den Surfern zu, wie sie da auf den Wellenkämmen tanzen, eintauchen, wieder aufs Brett klettern und sich von neuem hinaus wagen. Das Meer ist wild, der Himmel trüb. So soll sich Lima die meiste Zeit des Jahres präsentieren. Auf den Steinen am Ufer liegen Krabben. Das ist ihr Revier, hier werden sie mit genug Wasser und Sauerstoff versorgt, krabbeln über die Steine.
Im Restaurant ist ein Tisch für uns reserviert: Das letzte gemeinsame Mittagessen, zur Feier des Tages in gediegener Atmosphäre, mit Pianobegleitung und eleganten Kellern.
Und dann fahren wir zum Flughafen: Einchecken und noch einen gemeinsamen Kaffee trinken. Mit gemischten Gefühlen verabschieden wir uns von Beatrice und René, die beide noch ein paar Tage in Peru bleiben: Einerseits Bedauern, dass es schon vorbei ist, andererseits aber auch die Vorfreude, wieder nach Hause in unsere Wohnung und zu unseren bekannten Leuten zurückzukehren.
Wir haben zusammen in einer ausgezeichnet harmonierenden Gruppe mit sachverständiger und gut vorbereiteter Reiseleitung viele tolle Dinge gesehen und erlebt. Es war wirklich super!!! Danke für alles.
Und dann besteigen wir das Flugzeug und nehmen den langen Flug zurück nach Europa unter die Flügel.

Den Reisebericht habe ich weitgehend von Beatrice übernommen. Er ist nachzulesen unter
www.umdiewelt.de/Die-Amerikas/Suedamerika/Peru/Reisebericht-7544/Kapitel-0.html